FührungsstilWas ist transformationale Führung?

Was bedeutet transformationale Führung? Und wie setzt man den transformationalen Führungsstil um? Der Autor erläutert die besonderen Herausforderungen. Anforderungen an die Führungskraft und Mitarbeiter stehen im Fokus.

In deutschen Unternehmen ist die direktive Führung noch weit verbreitet. Dabei stehen Vorgaben, Disziplin und Leistungsorientierung im Zentrum. In Umfeldern ohne Dynamik, ohne Veränderung und ohne Innovationszwang ist dieser Führungsstil auch nicht unangebracht. Im heutigen Umfeld sind neues Denken, Eigenverantwortung, dezentralisierte Entscheidungen und Offenheit für Veränderung und Innovation wichtige Erfolgsfaktoren.

Hier ist direktive Führung kein passender Führungsstil. Stattdessen braucht es die transformationale Führung.

Was ist transformationale Führung?

Die transformationale Führung gilt heute als der Führungsstil schlechthin, wenn es um dynamische Umfelder geht. Der Begriff wurde maßgeblich geprägt vom amerikanischen Wirtschaftspsychologen Bernard Morris Bass, der sich wiederum auf die Vorarbeit von James MacGregor Burns bezog.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren summiert Bass unter vier Kriterien: Führungskräfte müssen als Vorbild fungieren, inspirierend motivieren, intellektuell anregen und individuell unterstützen. Transformationale Führung ist keine Art Plansystem, sondern wurde vor allem aus tatsächlichem Beobachten von erfolgreichen Managern abgeleitet.

Transformationale Führung soll prinzipiell dabei helfen, das Verhalten der Mitarbeiter zu beeinflussen. Faktoren wie Engagement, Loyalität und Selbstdisziplin sind zentral. Einfach ausgedrückt soll die transformationale Führung Mitarbeiter selbstständiger machen und sie motivieren, in Eigeninitiative herausfordernde Ziele anzugehen.

Voraussetzung dafür ist eine offene und klare Kommunikation und eine stabile Vertrauensbasis. Dazu gehört auch die Entwicklung individueller Stärken, eines Gefühls des Zusammenhalts im Team und eine kreative und selbstbewusste Annäherung an zu lösende Probleme. Die transformationale Führung will Mitarbeiter sozusagen zu unternehmerischem Handeln inspirieren. Gerade die digitale Welt und ihre Anforderungen fordern und fördern derartige Zugänge.

In der Praxis ist die transformationale Führung eine ziemliche Herausforderung. Führungskräfte müssen dafür sorgen, dass es offene Diskurse gibt. Sie müssen die Diskurse so moderieren, dass die einzelnen Zugänge der Beteiligten auch transparent aufeinandertreffen können. In den Entscheidungen der Führungskräfte müssen sich die Ansichten der Mitarbeiter dann auch wiederfinden.

Gleichzeitig verlieren die Führungskräfte die Unternehmensziele nicht aus den Augen. Die Führungskraft braucht für all das nicht nur gute Fähigkeiten als Coach, sondern auch großes Vertrauen – das Vertrauen der Mitarbeiter ebenso wie das in sich selbst. Obwohl manche dieser Ansätze etwas schwammig klingen, arbeitet die transformationale Führung mit klaren Zielen und setzt durchaus hohe Erwartungen in alle Beteiligten.

Die Führungskräfte gehen mit einer Vision voran und motivieren die Belegschaft durch Inspiration, durch Sinngebung und – ganz wichtig – durch ihre Vorbildwirkung. Das Vorleben der Werte ist enorm wichtig. Werte sind ein wichtiger Ankerpunkt, doch einen Wertewandel kann man nicht vorschreiben. Durch das Vorbild werden Werte beobachtbar und damit replizierbar.

Wirkungen der transformationalen Führung

Die Wirkungen des transformationalen Führungsstils sind gut untersucht. Die wichtigsten Effekte: Mehr Innovation, mehr Kreativität, höheres Vertrauen, klarere Rollenverteilungen, höhere Selbstwirksamkeit und Gruppenkohäsion, weniger Stress, mehr Commitment.

Transformationale Führung hebt die Jobperformance der Mitarbeiter ebenso wie ihre Zufriedenheit. Auch objektivere Kriterien wie etwa höhere Verkaufszahlen konnten eindeutig belegt werden.

Die transformationale Führung will – wie der Name schon sagt – in erster Linie transformieren. Sie ist deshalb vor allem wirksam, wenn Veränderungen erreicht werden sollen. Zwar „menschelt“ es bei diesem Konzept an allen Ecken und Enden. Doch letztlich soll das höhere Engagement zu einer höheren Innovationsleistung anregen und die Produktivität verbessern.

Herausforderungen bei transformationaler Führung

Führungskräfte sollten sich bei transformationaler Führung hauptsächlich um Führungsaufgaben kümmern können. Je umfangreicher die Führungskraft in das operative Geschäft eingebunden ist, desto schwieriger ist die transformationale Führung.

In gewisser Hinsicht ist die transformationale Führung ein „wertebasiertes Führen“. Deshalb können große Differenzen zwischen den Anschauungen problematisch sein: Anschauungen der Mitarbeiter untereinander und Anschauungen zwischen Mitarbeitern und Führungsperson. Transformationale Führung ist ebenfalls problematisch, wenn der direkte Kontakt zu den Mitarbeitern nicht einfach einzuhalten ist.

Schwierig ist es bei der transformationalen Führung, die Themen "individuelle Unterstützung" und "transparente Gleichbehandlung" zu vereinen. Auch die Balance aus Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung zu finden, ist nicht einfach. Was auf dem Papier griffig klingt, ist in praxi eine ganz schöne Herausforderung.

Anforderungen an die Personalentwicklung

Transformationale Führung funktioniert nur, wenn neben der Führungskraft auch die Belegschaft dafür bereit ist. Personalentwicklung ist deshalb ein wichtiger Faktor. Die Übertragung von Entscheidungskompetenzen setzt passende Kenntnisse voraus. Die Entwicklung individueller Stärken, eines Gefühls des Zusammenhalts im Team und eine kreative und selbstbewusste Annäherung an zu lösende Probleme sind im Kontext bedeutend.

Die einzelnen Personen brauchen dafür Selbstvertrauen und müssen alle nötigen Kompetenzen entwickeln. Um Selbstvertrauen aufzubauen, müssen die Beteiligten ein Gefühl der eigenen Wichtigkeit haben. Das geht nur über gute Beziehungen, die wahrgenommene Sinnhaftigkeit der eigenen Aufgabe und die Orientierung an den passenden Werthaltungen.

Veränderung beginnt immer in den Köpfen der Menschen. Eben deshalb sind Coaching-Ansätze so bedeutend, ebenso wie die Individualität der Mitarbeiter. Die Individualität der Mitarbeiter mag zuerst eine Hürde darstellen, wenn man versucht, Informationen so aufzubereiten, dass sie alle erreichen. Langfristig wird sie ein wertiges Asset werden.

Anforderungen an die Führungskräfte

Für die Führungspersonen selbst ist transformationale Führung vor allem zu Beginn sehr aufwendig. Der Führungsstil verlangt einiges an Selbstbewusstsein und -sicherheit. Für die meisten Führungskräfte heißt das, dass sie sich zuerst selbst entwickeln müssen. Nur wenige schaffen zugkräftige Zugänge durch transformationale Führung, wenn sie zuvor nicht die nötigen Fähigkeiten erworben haben. Welche sind das?

Den Mitarbeitern vertrauen und ihnen eigene Entscheidungen ermöglichen. Dieses Vertrauen in die Mitarbeiter geht dabei mit durchaus fordernden Zielsetzungen einher. Die Mitarbeiter sollen ja auch einiges schaffen. Wo es geht, Flexibilität ermöglichen. Feedback ist immer möglichst rasch zu geben. Dabei auch immer auf das große Ganze achten, also die Ziele des Gesamtunternehmens.

Die eigene Vorbildwirkung ist immens wichtig. Inspiration bedeutet, die Mitarbeiter zur Kreativität zu befähigen, über den Tellerrand zu blicken, ihre Kenntnisse innovativ einzusetzen. Das geht nicht, wenn sie einfach nur Handlungsanweisungen folgen. Führungskräfte sollen auf die Mitarbeiter individuell eingehen. Das geht besser in kleineren Teams.

Transformationale Führung soll Einstellungen ändern und wird deshalb immer auch auf Widerstände stoßen. Die Führungskräfte brauchen nicht nur eine Vision, sondern auch ausreichend Ressourcen, um auf diese Widerstände individuell eingehen zu können. Je ähnlicher die Werthaltungen, desto einfacher wird es. Dennoch brauchen solche Angleichungen immer Zeit.

Passende Organisationsstrukturen machen gute Hilfsmittel aus, ebenso wie bestimmte, agile Management-Tools, die mit vergleichbaren Voraussetzungen arbeiten (zum Beispiel Kanban oder Objectives and Key Results) und ein strukturelles Rückgrat bilden können.

Plädoyer für eine bessere Führung

Als Interim Manager mit Fokus auf Transformation im Vertrieb bin ich stets zu raschen Ergebnissen gezwungen. Hier spielen Erfahrung und passende Methoden eine wichtige Rolle. Im Grunde schaffe ich aber nur einen kleinen Teil der Ergebnisse selbst.

Eine einzelne Person könnte das gar nicht alles schultern. Aber ich achte auf das Potenzial der Mannschaft und richte wesentliches Augenmerk darauf, die Belegschaft auch emotional hinter sinnvollen Veränderungen zu vereinen. Ich schaffe Entwicklungsperspektiven, teile Rollen zu und erzeuge Vertrauen in die eigene Effektivität der Beteiligten.

Ich zeige den Mitarbeitern, was ich kann, aber besonders auch, was sie können. Themen, die nicht unbedingt verlangen, von einer Führungsperson bearbeitet zu werden, sind nach einer entsprechenden Personalentwicklung bei den Mitarbeitern besser aufgehoben. Durch die Aufgabendelegation werden persönliche Kenntnisse der Führungsperson zu langfristigem Organisationswissen.

Deutsche Unternehmen sind durch Zentralisierung, hierarchische Führung und Effizienzstreben groß geworden. In der modernen Zeit müssen sie lernen, durch dezentrale Führung, Flexibilität und Innovationskraft auch groß zu bleiben. Dafür brauchen sie die richtige Führung.

Dazu im Management-Handbuch

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