ArbeitszeitWas Sie als Führungskraft mit Teilzeitabsicht bedenken sollten
Sie sind Führungskraft, wünschen sich aber mehr Zeit außerhalb Ihres Berufs? Führung in Teilzeit hat viele Vorteile, aber auch Risiken und Nebenwirkungen, die Sie gegeneinander abwägen sollten. Die folgenden Fragen und Antworten helfen Ihnen bei Ihrer Entscheidung.
Kann ich mir Arbeiten in Teilzeit leisten?
Als Führungskraft verdienen Sie in der Regel überdurchschnittlich und Sie können einen gewissen Einkommensverlust verkraften. Dennoch: Wenn Sie in Teilzeit arbeiten, haben Sie definitiv weniger Geld zur Verfügung als in Vollzeit. Das Bruttoeinkommen wird um die Teilzeitquote gekürzt, genauso wie die Sonderzahlungen.
Aber wie hoch ist der Einkommensverlust wirklich? Wenn Sie die Arbeitszeit auf 80 Prozent der Vollzeitarbeit reduzieren, verdienen Sie brutto ebenfalls noch 80 Prozent eines Vollzeitgehalts. Das bedeutet aber nicht, dass Sie auch nur noch 80 Prozent Ihres Nettoeinkommens zur Verfügung haben. Bedingt durch die Steuerprogression ist das Nettogehalt prozentual deutlich höher. Ihr persönliches Nettogehalt in Teilzeit lässt sich für jede beliebige Wochenstundenzahl problemlos ermitteln. Dafür stehen im Internet diverse Teilzeitrechner zur Verfügung. Rechnen Sie es für sich einmal durch!
Wenn Sie ermitteln möchten, was Sie der Wechsel in Teilzeit tatsächlich kostet, machen Sie Ihren persönlichen Finanzcheck. Berücksichtigen Sie dabei auch mögliche Einsparungen: Wegfall von Fahrtkosten, Wegfall von Kosten für die Kinderbetreuung, eine Haushaltshilfe oder Pflegekraft. Im Falle einer Familiengründung planen Sie besser langfristig.
Recht auf Brückenteilzeit nutzen
Denken Sie daran, dass sich eventuelle Risiken besser abfedern lassen, wenn beide Partner arbeiten. Erfragen Sie unbedingt die konkreten Folgen für Ihre Altersversorgung! Es ist auch zu empfehlen, eine Teilzeitbeschäftigung nur befristet einzugehen. Das Recht auf befristete Teilzeit (Brückenteilzeit) ist 2019 in Kraft getreten. Damit haben Sie unter bestimmten Bedingungen einen gesetzlichen Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeit.
Wie soll ich die Arbeit schaffen?
Diese Frage ist berechtigt, denn Sie müssen bei einem Teilzeitjob Ihr ohnehin schon üppig bemessenes Arbeitspensum auch noch in einer kürzeren Arbeitszeit erledigen. Befürchtungen, dass eine Teilzeitbeschäftigung lediglich zu mehr Arbeitsverdichtung führt, sind nachvollziehbar. Knüpfen Sie daher Ihren Antrag auf Teilzeit immer an die Forderung, auch das Arbeitsvolumen zu überprüfen und entsprechend zu reduzieren.
Teile Ihrer Fachaufgaben können – im Gegensatz zu Ihren Führungsaufgaben – nach entsprechender Einweisung an andere geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter delegiert werden. Ein verantwortungsvoller Arbeitgeber wird nicht nur Ihren Teilzeitantrag genehmigen, sondern im eigenen Interesse dafür sorgen, dass Sie auch künftig Ihren Aufgaben gewachsen sind.
Selbst bei optimalen Voraussetzungen bleibt es nicht aus, dass es zu einer weiteren Arbeitsverdichtung kommt, wenn Sie in Teilzeit tätig sind. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie sich als Führungskraft in Teilzeit eine noch besser durchorganisierte Arbeitsweise aneignen müssen.
Wie passt ein Teilzeitjob in die Unternehmensstrukturen?
In vielen Unternehmen gibt es noch keine strukturellen Voraussetzungen für die Arbeit einer Führungskraft in Teilzeit. Wenn Sie auf Teilzeitarbeit umstellen, bedeutet das für beide Seiten – für Sie und fürs Unternehmen – Mut zur Veränderung, Pionierarbeit und gegenseitiges Entgegenkommen.
Wird Ihrem Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung entsprochen, dürfen Sie auch erwarten, dass die Verantwortlichen bereit sind, Sie bei der praktischen Umsetzung zu unterstützen oder zumindest nicht zu behindern.
Sollte es bei einzelnen Abläufen in der Umsetzung haken, sollten Sie das ansprechen und Lösungsvorschläge unterbreiten. Beispielsweise dann, wenn Meetings über den verabredeten Zeitpunkt hinaus andauern und Sie so unverschuldet in Konflikte mit kollidierenden Verpflichtungen geraten. Finden Sie für solche Fälle zusammen mit Ihren Vorgesetzten praktikable Lösungen.
Bleiben Sie konsequent darin, die Umsetzung Ihrer Absprachen einzufordern und auch selbst einzuhalten. Seien Sie geduldig. Bei gutem Willen von beiden Seiten wird Ihre Teilzeit nach ein paar Monaten Teil einer neuen Normalität.
Wird mein Ansehen wegen der Teilzeitarbeit leiden?
Es kann tatsächlich passieren, dass Ihnen als Teilzeit-Führungskraft anfänglich eine Mischung aus Bewunderung und Skepsis entgegengebracht wird. Gerade in der Implementierungsphase, wenn Sie Ihre ersten zaghaften Schritte als Führungskraft in Teilzeit machen, werden Sie von Ihren Vollzeit-Kollegen argwöhnisch beobachtet, vielleicht sogar hämisch oder neidvoll.
Manch einer mag für sich Nachteile wittern, wie zum Beispiel Mehrarbeit. Andere wiederum halten das Konstrukt vielleicht für nicht umsetzbar. Auf jeden Fall stehen Sie im Fokus. Sie werden allen – inklusive sich selbst – beweisen müssen, dass das, was Sie sich vorgenommen haben, machbar ist.
In dieser Anfangsphase ist innere Stabilität besonders wichtig. Kümmern Sie sich nicht allzu sehr um die Meinungen der anderen, sondern konzentrieren Sie sich auf Ihren Weg. Greifen Sie berechtigte Kritik auf und nutzen Sie diese zur Verbesserung. Sprechen Sie Kolleginnen und Kollegen, aus deren Richtung Sie hämische Sprüche hören, direkt an. Stehen Sie ansonsten über den Dingen. Wenn Sie trotz Teilzeit deutlich für Ihren Bereich Verantwortung beweisen, wird Ihr Umfeld Ihre Teilzeitarbeit akzeptieren.
Werde ich im Büro entbehrlich werden?
Viele Führungskräfte befürchten, Teilzeitarbeit könnte als Zeichen ihrer Entbehrlichkeit und Ersetzbarkeit im Betrieb gewertet werden. Ein solcher Gedankengang ist oberflächlich, aber nicht auszuschließen. Wichtig ist, wie Sie selbst darüber denken. Sie sind für das Unternehmen nicht weniger wertvoll, weil Sie statt fünf nur vier Tage auf Ihrem Bürostuhl sitzen.
In Ihrer Abwesenheit übernimmt kein anderer die volle Verantwortung oder trifft wichtige Entscheidungen, sondern diese werden in aller Regel vertagt, bis Sie wieder da sind. Sie setzen mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung Akzente, und kein anderer könnte Ihre Arbeit auf die gleiche Weise erledigen.
Nur wenn Sie von Ihrem eigenen Wert für das Unternehmen überzeugt sind, können Sie auch entsprechend argumentieren und die Zweifler überzeugen.
Werde ich an Einfluss verlieren?
Eine Situation, in der Ihr Einfluss spürbar sinkt oder gar Intrigen gegen Sie gesponnen werden, könnte auf Dauer mürbe machen. Immer wieder stellen Sie sich vielleicht Fragen wie: Wird meine Stellvertretung in meiner Abwesenheit meine Anweisungen so umsetzen wie abgesprochen? Wird man mir Informationen vorenthalten oder in meiner Abwesenheit negativ über mich sprechen?
Zwischen einer Teilzeit-Führungskraft und ihrem Stellvertreter oder auch zwischen Teilzeitpartnern – zum Beispiel beim Jobsharing – kann es durchaus zu Machtkämpfen kommen. Aber solche Rivalitäten gibt es genauso zwischen Vollzeit-Führungskräften oder zwischen der Vollzeit-Führungskraft und ihrem Stellvertreter.
Sie können durch Ihr eigenes Verhalten Einfluss auf den Konflikt nehmen und umgehend ein klärendes Gespräch suchen, sobald Sie Anhaltspunkte für eine den Arbeitsergebnissen nicht zuträgliche Kursabweichung entdecken. Durch lange Anwesenheitszeiten im Büro lassen sich Missverständnisse und Machtkämpfe jedoch weder verhindern noch lösen.
Werde ich während meiner Abwesenheit Wichtiges verpassen?
Heutzutage ist es kein unlösbares technisches Problem mehr, auch in einer Teilzeitbeschäftigung oder im Home-Office an alle benötigten Informationen zu kommen. Über einen externen Server-Zugang und die Weiterleitung Ihres E-Mail-Accounts können Sie zeitgleichen Zugang zu Informationen gewährleisten und sich über aktuelle Ereignisse regelmäßig berichten lassen.
Was für Teilzeit-Führungskräfte tatsächlich oft auf der Strecke bleibt, ist die Möglichkeit des Netzwerkens nach Feierabend. Wer aufgrund seiner privaten Verpflichtungen pünktlich nach Hause gehen muss, kann seltener an den informellen Treffen nach Dienstschluss teilnehmen.
Es bleibt, auch zeitlich eingeschränkt, die Möglichkeit, berufliche Beziehungen im betrieblichen Alltag zu pflegen. Die Gratulations-E-Mail zum Geburtstag, ein paar persönliche Worte im Telefongespräch statt eines rein fachbezogenen Austauschs und auch eine nette Ansprache oder Grußformel anstatt der Standardformulierungen im Schriftverkehr können Wunder bewirken und Türen öffnen oder geöffnet halten.
Begebe ich mich mit Teilzeit ins Karriere-Aus?
Führungskräfte, die in Teilzeit arbeiten, landen auf dem Karriere-Abstellgleis, weil sie sich mehr um ihr Privatleben als um die Firma kümmern. Dass so gedacht wird, ist nicht von der Hand zu weisen, doch lässt es sich auch nicht verallgemeinern. Teilzeitarbeit und Karriere sind stets in dem Maß miteinander vereinbar, in dem die beteiligten Akteure diesen Weg ermöglichen. So manche Führungskraft gestaltet ihren Aufstieg auch heute schon während einer Teilzeitphase oder danach, wenn sie wieder mehr Zeit in den Beruf einbringen kann.
Wenn Ihre Vorgesetzten Ihr Engagement schätzen und Sie über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, mit denen Sie sich von anderen Bewerbern abheben, werden Sie auch in Teilzeit befördert. Ihre Vorgesetzten werden in diesem Fall Mittel und Wege finden, Sie für die neue Aufgabe zu gewinnen und Ihnen bei der Gestaltung der Arbeitszeit entgegenzukommen.
Passt es zur Vorstellung von mir selbst, in Teilzeit zu arbeiten?
Bei der Überlegung, ob Sie in Teilzeit arbeiten wollen, wirken auch Ihre Glaubenssätze unbewusst mit. Verinnerlichte, oft klischeebesetzte Vorstellungen davon, wie etwas oder jemand zu sein hat oder sich verhalten sollte. Menschen haben sie durch ihre Erziehung und als gesellschaftliche Regeln verinnerlicht. Die Wertvorstellungen des persönlichen Umfelds prägen schon in der Kindheit und können deshalb auch nicht so ohne Weiteres abgestreift werden.
Wichtig ist, sich seine unbewussten Gedanken bewusst zu machen. Nur wenn Sie deren Einfluss kennen, ist es möglich, nach den eigenen Regeln zu leben und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Überprüfen Sie daher, ob die Hinderungsgründe für eine Teilzeitbeschäftigung tatsächlich faktisch vorhanden sind oder vor allem in ihrem eigenen Kopf bestehen.