BonuszahlungFördert eine Anwesenheitsprämie die Motivation?
Die Anwesenheitsprämie ist eine Sonderleistung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die keine Fehlzeiten haben oder nur selten fehlen. Der Bonus wird auch als Gesundheitsprämie bezeichnet.
Der Grundgedanke: Wer nicht fehlt, leistet mehr und verdient entsprechend mehr Geld. Sorgt dieser finanzielle Anreiz wirklich für mehr Motivation?
Rechtliche Grundlagen zur Anwesenheitsprämie
Es gibt kein spezielles Gesetz zur Anwesenheitsprämie. Arbeitgeber beachten bei der Ausgestaltung das Entgeltfortzahlungsgesetz (kurz: EFZG) und insbesondere § 4a EFZG. Dort steht:
- Die Kürzung des Entgelts infolge von Fehltagen ist rechtlich zulässig.
- Pro Fehltag darf das Entgelt nur um die Summe gekürzt werden, die einem Viertel des jahresdurchschnittlichen Entgelts pro Arbeitstag entspricht.
Berechnung der Anwesenheitsprämie
Aus dem Gesetz lässt sich als Regel für die Berechnung der Anwesenheitsprämie ableiten: Die Anwesenheitsprämie wird für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit um ein Viertel des Arbeitsentgelts gekürzt, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt.
Rechtliche Grundlagen sind der Arbeitsvertrag, ein etwaiger Tarifvertrag und die betrieblichen Vereinbarungen. Unternehmen können keine spontanen oder individuellen Regeln aufstellen, welche einzelnen Arbeitnehmern Nachteile gegenüber anderen mitbrächten.
Die Bonuszahlung für Anwesenheit zählt zum Gehalt. Entsprechend ist sie sozialversicherungspflichtig und wird versteuert.
Bei der Abwesenheit wegen Urlaubs oder während des Mutterschutzes wird der Bonus nicht gekürzt. Unbezahlter Sonderurlaub kann sich auf die Höhe des Bonus auswirken – sofern vorab zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern vereinbart.
Bonus für Anwesenheit oder Gehaltskürzung wegen Fernbleibens?
Meist steht die Anwesenheitsprämie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu, wenn sie entweder
- keine Fehlzeiten innerhalb eines Kalenderjahres haben oder
- eine zuvor festgelegte maximale Anzahl an Fehltagen unterschreiten.
Der Bonus für die Anwesenheit am Arbeitsplatz wird nur gekürzt, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit kommt. Das heißt: Aus Sicht des Arbeitnehmers handelt es sich in der Praxis eher um eine Kürzung als um einen Bonus.
Wegen dieses Aspekts gilt die Anwesenheitsprämie als umstritten. Erkrankte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten sich demotiviert oder gar frustriert fühlen.
Finanzielle Anreize in Form der Anwesenheitsprämie können für mehr Motivation sorgen. Warum nutzen trotzdem nicht alle Arbeitgeber dieses Mittel? Ein Überblick über die Vorteile und Nachteile der Gesundheitsprämie.
Vorteile der Anwesenheitsprämie
Weil keiner aus der Belegschaft auf die Bonuszahlung verzichten möchte, verringern sich die Fehlzeiten. Des Weiteren können sich die folgenden Vorteile ergeben:
- potenzielle Kostenreduktion durch die Aufspaltung in Grundgehalt und Bonus
- Anreiz zur eigenverantwortlichen Gesundheitsvorsorge und gesünderem Lebenswandel
- geringere Zusatzbelastung für Kolleginnen und Kollegen, die im Krankheitsfall vertreten
Nachteile der Anwesenheitsprämie
Die Vorteile des Bonus scheinen gewichtig. Nachteile ergeben sich eher auf den zweiten Blick. Doch sie können sich nachhaltig negativ auf Einzelne, das Team oder das ganze Unternehmen auswirken.
Ansteckung der Kollegen
Um die Prämie zu erhalten, kommen manche Arbeitnehmer trotz einer Erkrankung zur Arbeit. Je nach Krankheitsbild stecken sie dort ihre Kolleginnen und Kollegen an.
Höhere Fehlerquote
Kranke Menschen sind weniger leistungsfähig, Konzentrationsfähigkeit und Kondition sind herabgesetzt. Die Folge: Es passieren mehr Fehler, die das Arbeitsergebnis negativ beeinflussen.
Schlechte Stimmung im Team
Wenn manche Mitarbeiter einen Bonus bekommen und andere nicht, kann das zu Mobbing oder zumindest zu einem schlechteren Arbeitsklima führen. Wer niemals fehlt ist, könnte als „Streber“ abgestempelt werden.
Psychische Leiden können verstärkt werden
Sofern jemand wegen einer psychischen Erkrankung fehlt, kann der Druck durch die Existenz der Anwesenheitsprämie zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands führen.
Prämie drückt Misstrauen aus
Indirekt unterstellt die Prämie, dass manche Krankschreibung nur vorgetäuscht ist. Der Arbeitgeber misstraut den Angestellten offenbar.
Anwesenheit statt Leistung wird belohnt
Unternehmen belohnen mit der Prämie die Anwesenheit und nicht Leistung. So bekommen Arbeitnehmer mit Abwesenheitstagen weniger Geld, auch wenn sie mehr leisten als Kollegen, die nie fehlen, aber immer in der Kaffeeküche anzutreffen sind.
Gründe für Fehltage bleiben bestehen
Kritiker schreiben der Anwesenheitsprämie eine negative Signalwirkung zu. Wenn Fehltage aus einem schlechten Betriebsklima oder schlechten Arbeitsbedingungen resultieren, dann wirkt die Bonuszahlung nur als „Pflaster“, das die eigentlichen Probleme verdeckt.
Beispiel: Wie Arbeitgeber die Anwesenheitsprämie ausgestalten
In der Praxis hängt die Höhe des Anwesenheitsbonus von der Anzahl der Fehltage ab. Das heißt: Wer nie fehlt, bekommt den vollen Bonus. Wer selten fehlt, bekommt einen großen, mittleren oder kleinen Anteil. Wer häufiger fehlt, bekommt keinen Bonus.
Um Streitigkeiten und Unzufriedenheit zu vermeiden, könnten Unternehmen die folgenden Regeln aufstellen:
- Wer seltener als 5 Tage im Jahr fehlt, erhält die Anwesenheitsprämie in voller Höhe.
- Wer zwischen 5 und 10 Tagen pro Kalenderjahr fehlt, bekommt 50 % des Bonus.
- Wer häufiger als 10 Tage fehlt, bekommt keinen Bonus.
Die Gesundheitsprämie wird entweder als jährliche Sonderzahlung oder als Entgeltzuschlag zum laufenden Gehalt realisiert. Alternativ dazu zahlen Unternehmen die Anwesenheitsprämie monatlich als Zusatzleistung.
Ist eine Anwesenheitsprämie sinnvoll?
Diese Frage beantwortet jeder Arbeitgeber für sich selbst. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass die Nachteile überwiegen.
Der Anwesenheitsbonus wirkt sich häufig auf den Krankenstand aus – Mitarbeitende fehlen insgesamt seltener. Der Haken: Öfter anwesend sind nicht nur die Mitarbeitenden, die früher gerne „blaugemacht“ haben, sondern auch diejenigen mit einer echten Erkrankung.
Die Belegschaft wird häufiger angesteckt, wenn Menschen zum Beispiel mit einem grippalen Infekt zum Arbeitsplatz kommen. Zudem verschleppen Arbeitnehmer die Krankheiten, wenn sie sich nicht auskurieren.
Die Symptome werden mittelfristig stärker und die Genesungsphase dauert länger. Manche Krankheiten können sich chronifizieren, wenn sich Erkrankte nicht ausruhen – getrieben von der Sorge um den Verlust den Bonus.
Zusammengefasst heißt das: Zuerst geht die Zahl der Krankheitstage zurück. Langfristig sind die Mitarbeitenden erst recht häufiger und länger krank. Das Einführen der Anwesenheitsprämie ist daher aus der Sicht vieler Arbeitgeber ein „Eigentor“.
FAQ – Häufige Fragen kurz beantwortet
Ist eine Anwesenheitsprämie erlaubt?
Damit die Anwesenheitsprämie rechtskonform ausbezahlt werden kann, müssen die Details dazu im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung festgehalten werden.
Wie hoch darf die Anwesenheitsprämie sein?
Das deutsche Recht gibt nicht vor, wie hoch die Anwesenheitsprämie mindestens sein muss oder maximal sein darf. Die Unternehmen legen die Höhe selbst fest.
Ist eine Anwesenheitsprämie pfändbar?
Da Prämien aus rechtlicher Sicht wie Arbeitsentgelt behandelt werden, ist die Anwesenheitsprämie ebenso pfändbar wie das reguläre Gehalt. Es gelten Pfändungsfreigrenzen.
Ist eine Anwesenheitsprämie steuerfrei?
Die Anwesenheitsprämie wird aus steuerrechtlicher Sicht wie Entgelt behandelt. Deshalb werden sowohl Steuern als auch Sozialabgaben darauf erhoben.
Wer bekommt eine Anwesenheitsprämie?
Das entscheidet der Arbeitgeber. Er könnte zum Beispiel formulieren: „Wer seltener als 5 Tage im Jahr fehlt, erhält die Anwesenheitsprämie in voller Höhe.“ und „Wer häufiger als 5 Tage fehlt, bekommt keinen Bonus.“