ArbeitnehmerüberlassungWodurch sich Werkvertrag und Leiharbeit unterscheiden

Unternehmen können viele Aufgaben als Werkvertrag vergeben. Doch daraus kann schnell verdeckte Arbeitnehmerüberlassung und Leiharbeit werden. Wodurch unterscheiden sich Werkvertrag und Leiharbeit? Und worauf müssen Unternehmen achten?

Werkvertrag beliebt zur Realisierung von Outsourcing

Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit oder Zeitarbeit – das sind Begriffe, die sowohl innerbetrieblich als auch auf dem Arbeitsmarkt häufig fallen. Outsourcing von Aufgabenbereichen ist in vielen Branchen ein gängiges Mittel der Personalabteilungen. Besonders beliebt: der Werkvertrag.

Doch nicht alles, was sich realisieren lässt und hilfreich ist für eine erfolgreiche Betriebsführung, steht auch juristisch auf gesicherter Grundlage. So kochte das Thema der zunehmenden missbräuchlichen Vereinbarung von Werkverträgen immer wieder hoch.

Was ist bei einem Werkvertrag konkret erlaubt und was nicht?

Einsatz von fremdem Personal durch Werkvertrag

Der Personaleinsatz auf der Basis von Werkverträgen steht bei Unternehmen immer noch hoch im Kurs: Einzelne Aufgabenbereiche werden als „Werk“ definiert, um sie dann an Fremdarbeitnehmer zu vergeben. Das verspricht größtmögliche Flexibilität.

Außerdem gelten bei externen Dienstleistern meist deutlich günstigere Arbeitsbedingungen. Insbesondere der Personaleinsatz von fremdem Personal auf werkvertraglicher Basis erweist sich oft als vermeintlich innovatives Modell zur Kostensenkung.

Der Abschluss solcher Verträge ist für sich genommen nichts Verwerfliches und auch nicht neu. Betriebe vergeben mittels Werkverträgen Aufgaben an andere Firmen: Kantinenbetrieb, Reinigungsdienste, Zulieferung von Bauteilen oder Maschinenwartung. Eine Firma übernimmt einen Auftrag und liefert das Werk in der vereinbarten Qualität.

Wie viele Stunden dafür benötigt werden, wie viele Mitarbeiter eingesetzt werden und wie diese bezahlt werden, muss den Auftraggeber nicht interessieren. Die Unternehmen können sich so auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.

Mögliches Problem: Niedriglöhne und Ausbeutung

Doch in der Vergangenheit häuften sich Berichte über Arbeiter, die für die Hälfte des Tariflohns oder für Niedriglöhne in Schlachthöfen schuften oder im Supermarkt Regale einräumen. Kritisiert wurde vor allem die Aushebelung der Arbeitnehmerüberlassung, bekannt als Leiharbeit oder Zeitarbeit, durch die intensive Nutzung von Werkverträgen.

Den Statistiken konnte man jedoch nicht entnehmen, ob durch den Abschluss eines Werkvertrags ein Arbeitsverhältnis mit den daraus folgenden Arbeitnehmerrechten umgangen werden sollte. Was ist also zu beachten, um diese Bewertung zu vermeiden? Welche Situationen werden aus rechtlicher Sicht als anstößig angesehen? Wann ist Zeitarbeit legal und wann nicht?

Unterschied zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag

Die Arbeitnehmerüberlassung als Leiharbeit oder Zeitarbeit wird im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt. Es ist gekennzeichnet durch eine Dreiecksbeziehung zwischen dem (Leih-) Arbeitnehmer, dem Verleiher und dem Entleiher:

  • Der (Leih-) Arbeitnehmer schließt einen Arbeitsvertrag mit dem Verleiher ab.
  • Dieser wiederum überlässt seinen Arbeitnehmer dem Entleiher, der das arbeitsrechtliche Weisungsrecht übernimmt.
  • Damit tritt der Entleiher aus Sicht des Arbeitnehmers in die Arbeitgeberrolle ein.

Für den Arbeitnehmer, der selbst keine vertragliche Beziehung zum Entleiher hat, fallen faktischer Arbeitgeber und Vertragsarbeitgeber also auseinander.

Beim Abschluss eines Werkvertrags fehlt bei der Einbindung des (Leih-) Arbeitnehmers das Weisungsrecht. Es besteht zwar eine vertragliche Beziehung zwischen dem Auftraggeber (Entleiher) und dem Auftragnehmer (Verleiher); allerdings verbleibt das Weisungsrecht beim Auftragnehmer. Er bleibt der Vertragsarbeitgeber für den (Leih-) Arbeitnehmer. Aus Sicht des einzelnen Arbeitnehmers fehlt also im „klassischen Werkvertrag“ die oben beschriebene gespaltene Arbeitgeberstellung.

Merke

Unterschiedliches Weisungsrecht bei Werkvertrag und Leiharbeit

Bei einem Werkvertrag hat nur der Werkunternehmer (Personaldienstleister) das formale Weisungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer. Bei der Leiharbeit oder Zeitarbeit muss der Entleiher umfänglich Anweisungen erteilen können, wie er es bei eigenen Arbeitnehmern vornehmen kann.

In der Praxis ist diese Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Leiharbeit also nicht immer leicht. Beide gleichen sich von außen betrachtet darin, dass es sich um sogenannte Fremdarbeit handelt; ein Unternehmer nimmt also Leistungen von Personal in Anspruch, das nicht sein eigenes ist. Mit einer lupenreinen Vertragsgestaltung alleine ist es jedoch nicht getan.

Welches Rechtsverhältnis vorliegt, war bisher nur anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letzteres maßgebend, wie das Bundesarbeitsgericht zuletzt im Jahr 2017 bestätigt hat (Urteil vom 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16).

Abgrenzung von Werkvertrag und Leiharbeit

Nach herrschender Rechtsprechung werden vor allem Vorgehensweisen kritisch gesehen, bei denen betriebliche, zum „Kerngeschäft“ gehörende Aufgaben, die unmittelbar den Betriebszweck verwirklichen, dauerhaft auf Werkvertragsbasis fremd vergeben werden.

Aufgrund des im Jahr 2017 ergangenen Urteils des Bundesarbeitsgerichts (Aktenzeichen: 9 AZR 133/16) ist darüber hinaus auch die Unternehmensstruktur des Werkunternehmers ausschlaggebend und sollte daher vor Abschluss eines Werkvertrages kritisch untersucht werden. Demnach muss der Werkunternehmer über die betrieblichen und organisatorischen Voraussetzungen verfügen, die vertraglich vereinbarte Werkleistung erbringen zu können.

Das Unternehmen des Werkunternehmers muss daher insgesamt eine Struktur aufweisen, die ihm eine Tätigkeit nach dem Werkvertrag ermöglicht, die über die bloße Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern hinausgeht. Wenn es an einer solchen Struktur fehlt und die zu erbringenden Leistungen erst durch den Auftraggeber durch Weisungen konkretisiert werden können, wird vermutet, dass eine Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit oder Zeitarbeit, vorliegt.

Maßgeblich für einen korrekten Werkvertrag ist die tatsächliche Vertragsdurchführung. Zu beachten ist, dass der einzelne Werkunternehmer oder die Arbeitnehmer eines Werkunternehmers nicht derartig in den Beschäftigungsbetrieb eingegliedert sein dürfen, dass in Wahrheit eine Arbeitnehmerüberlassung, also ein Leiharbeitsverhältnis, vorliegt.

Leiharbeitnehmer sind in den Betrieb eingegliedert

Gerade die Eingliederung von Leiharbeitnehmern in den Betrieb ist bei der Arbeitnehmerüberlassung typisch. Die Leiharbeitnehmer werden geführt wie eigene Beschäftigte. Der entleihende Betrieb ist allein dafür verantwortlich, dass diese Mitarbeiter sinnvoll und effizient eingesetzt werden. Und er haftet für Schäden, die sie verursachen.

Beim Werkvertrag ist das anders: Hier übernimmt der Werkunternehmer einen konkreten Auftrag, dessen Erfüllung er selbst organisieren muss. Die Grenze zur Leiharbeit wird dann überschritten, wenn derjenige, der den Werkauftrag erteilt, den Personaleinsatz genauso steuert wie bei eigenen Arbeitnehmern und damit den Arbeitnehmern des Werkunternehmers Weisungen erteilt.

Aus Werkvertrag wird Leiharbeit

Wenn der Betrieb selbst entscheidet, wer wann was macht, und er die Beschäftigten des Werkunternehmers exakt nach Bedarf bestellt und sie dann eigenverantwortlich einsetzt, wird aus dem eigentlich als Werkvertrag geplanten Unterfangen verdeckte Leiharbeit.

Folgen unerlaubter Leiharbeit

Die illegale Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung ist für Verleiher und Entleiher eine Ordnungswidrigkeit. Und da es sich um vorsätzliches Vorenthalten von Vergütung handelt, kommt auch der Straftatbestand der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeträgen in Betracht.

Keine Bedeutung für die Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung hat, ob der Einsatz von Arbeitnehmern über einen Werkvertrag unter bewusster oder unbewusster Außerachtlassung des AÜG erfolgt ist. Eine illegale Arbeitnehmerüberlassung liegt auch dann vor, wenn das AÜG ohne Vorsatz nicht berücksichtigt wurde.

Vermeidung von Scheinwerkverträgen durch die AÜG-Reform

Der vermeintliche Werkvertragsunternehmer und sein Auftraggeber sind bei Vorlage einer Verleiherlaubnis nicht besser gestellt als diejenigen, die unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betreiben. Dem Entleiher sind bei der Gestaltung von Verträgen formale Hürden gestellt: So gilt der Grundsatz, dass Arbeitnehmerüberlassung dann vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt (§ 1 Abs. 1 S. 2 AÜG).

Darüber hinaus werden dem Entleiher bei der Gestaltung des Überlassungsvertrags Offenlegungs- und Informationspflichten auferlegt. So muss die Arbeitnehmerüberlassung ausdrücklich im Überlassungsvertrag als solche bezeichnet und die Person des jeweiligen (Leih-) Arbeitnehmers konkretisiert werden. Die Folge: Die beteiligten Parteien können bei Scheinwerkverträgen und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr auf das Konstrukt der vorsorglichen Verleiherlaubnis zurückgreifen, da sie nun von Anfang an zur Offenlegung der tatsächlichen Vertragsgestaltung verpflichtet werden.

Zudem kommt es auf die tatsächliche Durchführung des Vertrags an (§ 12 Abs. 1 S. 2 AÜG). Der geschlossene Werkvertrag ist daher gemäß § 117 Abs. 1 BGB unwirksam und auf das verdeckte Geschäft – die Arbeitnehmerüberlassung – findet gemäß § 117 Abs. 2 BGB dann das AÜG Anwendung. Die Arbeitnehmerüberlassung ist jedoch auch dann unwirksam, mithin illegal, da die im AÜG verankerte zwingende Formvorschrift nicht beachtet wurde (§ 12 Abs. 1 AÜG).

Umfassendes Unterrichtungsrecht des Betriebsrats

Die Rechte des Betriebsrats im Entleiher-Unternehmen erstrecken sich ausdrücklich auch auf die Leiharbeitnehmer. Dem Betriebsrat steht ein Unterrichtungsrecht auch für den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben des Leiharbeitnehmers zu (§ 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Für den Entleiher besteht eine Vorlagepflicht bezüglich des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages (§ 80 Abs. 1 S. 3 BetrVG).

Geldbuße bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung

Neben den bestehenden Rechtsfolgen einer Ordnungswidrigkeit für Verleiher und Entleiher und der Gefahr der strafbaren Hinterziehung von Sozialversicherungsbeträgen, wenn es sich um vorsätzliches Vorenthalten von Vergütung handelt, kommen weitere Sanktionen hinzu: Im Falle der Verletzung der Offenlegungspflichten aus § 1 Abs. 1 S. 5 und 6 AÜG kommt jeweils ein gesonderter Tatbestand der Ordnungswidrigkeit in Betracht; im Falle eines Verstoßes droht eine Geldbuße von bis zu 30.000 Euro.

Entstehen eines Arbeitsvertrags zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher

Darüber hinaus führt die kumulative Verletzung der Offenlegungspflichten zur Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer. Es entsteht ein Arbeitsvertrag zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher, wenn der Leiharbeitnehmer dem nicht durch eine sogenannte Festhaltenserklärung innerhalb einer Frist von einem Monat widerspricht.

Dabei muss der Leiharbeitnehmer gegenüber dem Entleiher oder dem Verleiher schriftlich erklären, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhalten möchte. Die einmonatige Frist beginnt mit dem vorgesehenen Zeitpunkt des Beginns der Überlassung. Problematisch ist dies, wenn die tatsächliche Überlassung zu einem späteren Zeitpunkt beginnt als es zwischen Verleiher und Entleiher vorgesehen war, denn im Zweifel hat der Leiharbeitnehmer davon keine Kenntnis.

Dem Leiharbeitnehmer wird eine zusätzliche formale Hürde gestellt: Er ist verpflichtet, die Festhaltenserklärung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit persönlich vor ihrer Abgabe vorzulegen und spätestens am dritten Tag nach dieser Vorlage die Erklärung gegenüber dem Entleiher oder Verleiher abzugeben.

Fazit

Die Offenlegungspflicht verhindert versteckte Zeitarbeit und damit einhergehende unfaire Bedingungen für Arbeitnehmer.

Die Pflicht vermeidet zudem die praktische Umgehung eines Scheinwerkvertrags mittels einer Verleiherlaubnis. Dadurch sind Leiharbeitnehmer geschützt und es entstehen formale Hürden für Verleiher und Entleiher. Der missbräuchliche Einsatz des Werkvertrags wird verhindert.

Dennoch wird es auch in der Zukunft auf die tatsächliche Durchführung des Vertrags ankommen und damit auf die Frage der Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Einsatzbetrieb. Die Frage nach der Weisungsgebundenheit spielt nach wie vor eine große Rolle bei der Arbeitnehmerüberlassung.

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