AbsageBewerber rechtssicher ablehnen
Warum Rechtssicherheit bei Absagen wichtig ist
Unternehmen tun sich mit der Nennung von Gründen für eine Absage schwer. Selbst Juristen warnen regelmäßig vor zu viel Offenheit. Der Grund: die Regelungen des AGG und die bei einem Verstoß resultierenden Schadenersatzforderungen.
Viele Unternehmen nutzen deshalb bei Absagen neutrale Standardformulierungen, obwohl diese den Erwartungen der Bewerber nicht gerecht werden. Um diesem Dilemma zu begegnen, sollten Arbeitgeber sich mit den Inhalten des AGG beschäftigen.
Nicht erlaubte Absagegründe nach dem AGG
Problematisch sind Absagen immer dann, wenn sie klar auf einem der in § 1 AGG benannten Benachteiligungsgründe beruhen:
- Rasse oder ethnische Herkunft
- Geschlecht
- Religion oder Weltanschauung
- Behinderung
- Alter
- Sexuelle Orientierung
Beispiele: Diskriminierende Absagegründe gemäß AGG
„Sie passen vom Alter her leider nicht in unser junges Team.“
„Wir haben uns für einen Mann entschieden, weil die Aufgabe einen hohen körperlichen Krafteinsatz erfordert.“
„Andere Bewerber haben aufgrund ihres Migrationshintergrundes besser zu unserer Kundschaft gepasst.“
Selbst wenn man solch unmittelbar diskriminierende Absagen nicht formuliert, liefert man schnell Indizien für eine mittelbare Diskriminierung. In der Vergangenheit ist das insbesondere bei der Rücksendung von Papierbewerbungen passiert.
Notizen darauf wie „Ossi“ oder Unterstreichungen und Anmerkungen wie „verheiratet, 1 Kind => 7 Jahre“ können Ansatzpunkte für AGG-Klagen bieten. Das gilt auch für ungeschickt formulierte Stellenanzeigen oder Fragen im Vorstellungsgespräch, die Argwohn erregen können.
Absagen aufgrund von Qualifikation oder Persönlichkeit
Wie sieht es aber mit anderen Absagegründen aus, die klar in der Qualifikation, in der Eignung oder Persönlichkeit eines Bewerbers liegen? Ein AGG-konformer Absagegrund liegt dann vor, wenn in einem Anforderungsprofil für eine Stelle klare Anforderungen gestellt werden und ein Bewerber diese offensichtlich nicht erfüllt. Solche Anforderungen können sein:
- Bestimmte Berufsausbildung oder Studium
- Fach-, Sprach- oder IT-Kenntnisse
- Berufserfahrung (Führungserfahrung, Auslandserfahrung, Erfahrung mit speziellen Kunden, Produkten oder Technologien)
- Persönliche Kompetenzen wie zum Beispiel Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Ausdrucksweise, Auftreten oder verkäuferisches Geschick
Wichtig ist dabei allerdings, dass die Anforderung für die erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit nachvollziehbar erforderlich ist. Auch wenn für die Erfüllung der Tätigkeit bestimmte auf die Stelle bezogene Gegebenheiten unumgänglich sind, diese aber nicht mit den Vorstellungen des Bewerbers korrespondieren, sind das ebenfalls Absagegründe, die nichts mit dem AGG zu tun haben. Beispiele: Arbeitsort, Umfang von Dienstreisen, Gehaltsvorstellung oder Arbeitszeitrahmen.
Können die Anforderungen nicht direkt durch entsprechende Unterlagen überprüft werden, müssen Arbeitgeber entsprechende Indizien und Belege im Auswahlverfahren sammeln. Dies gilt insbesondere für die erwähnten persönlichen Kompetenzen und die Vorstellungen des Bewerbers zu den Arbeitsbedingungen.
Subjektive Gründe in der Person des Bewerbers rechtfertigen eine Absage
Auch wenn ein Bewerber alle stellen- und arbeitsplatzbezogenen Anforderungen erfüllt, hat er keinen Anspruch auf Einstellung. Weitere subjektive Gründe, die in der Person des Kandidaten liegen oder zur Bevorzugung anderer Kandidaten führen, können durchaus auch eine Ablehnung rechtfertigen.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Das AGG verbietet keine Ungleichbehandlung aus anderen Gründen als den im AGG genannten. Daher sind Absagegründe, die die Benachteiligungsmerkmale im AGG nicht betreffen, aber auch nicht in der Qualifikation, der Eignung oder anforderungsbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen liegen, rechtlich unkritisch. Beispiel: eine Ablehnung aufgrund fehlender Sympathie.
Auswahlverfahren lückenlos dokumentieren
Unabhängig davon, ob Unternehmen den Grund für die Absage nennen oder nicht, können sich Bewerber diskriminiert fühlen und eine Klage anstreben. Dabei haben sie die Möglichkeit, innerhalb von zwei Monaten nach Zugang einer Absage Klage einzureichen und Schadenersatz zu verlangen. In einem solchen Fall sind Arbeitgeber gut aufgestellt, wenn sie ein diskriminierungsfreies Auswahlverfahren belegen und die gegebenenfalls genannten Absagegründe nachweisen können.
Das kann durch eine lückenlose Dokumentation des Vorgehens und der Ergebnisse der Kandidaten geschehen:
- Diskriminierungsfrei formulierte Stellenausschreibung
- Vorab definierte Anforderungen der Stelle: fachliche, soziale, persönliche Kompetenzen als Voraussetzung zur Erledigung der Aufgaben
- Interviewleitfaden oder Fragenkatalog für Vorstellungsgespräche inklusive stichpunktartige Dokumentation der Antworten
- Teilnahme mehrerer Unternehmensvertreter am Gespräch (Zeugenfunktion)
- Festhalten der Ergebnisse der teilnehmenden Kandidaten bei weiteren Auswahlverfahren wie Testverfahren oder Assessment Center
- Vergleichende Bewertung der Kandidaten vor dem Hintergrund der gestellten Anforderungen und der Ergebnisse der Auswahlschritte
- Absageschreiben, idealerweise inklusive Dokumentation des Zugangs beim Bewerber (zum Beispiel bei postalischer Absage durch Einwurf-Einschreiben)