Business DevelopmentSo ermitteln Sie neue Marktchancen
Kaltakquise ist teuer und zeitaufwändig
In der Tat sind Kaltakquisition und Neukundengewinnung undankbare und teure Wege, den Umsatz zu steigern. Sie stellen auch ein gewisses Risiko dar, weil sie Zeit, Personal und finanzielle Mittel binden, aber zumindest kurzfristig und meist nur in geringem Maße zum Unternehmenserfolg beitragen. Mit einer rein ressourcenorientierten Sicht werden hier jedoch wichtige Potenziale verschenkt.
Wenn man die Aufgabe eines Unternehmers als das Verfolgen einer günstigen Gelegenheit – unabhängig von den aktuell verfügbaren Ressourcen – versteht, so ist dies kein Aufruf, betriebswirtschaftliche Überlegungen einfach über Bord zu werfen. Vielmehr geht es um eine möglichst breite, realistische Einschätzung von Geschäftschancen und Wegen zu deren Erschließung. Wird diese ureigenste Aufgabe zu lange vernachlässigt, droht das Unternehmen von aktuellen Entwicklungen überrollt zu werden.
Wie können Unternehmen neue Marktchancen systematisch identifizieren und entwickeln? Eines der bekanntesten Werkzeuge des strategischen Managements ist die sogenannte Produkt-Markt-Matrix oder auch Ansoff-Matrix. Die folgenden Handlungsoptionen lassen sich abhängig von der Konzentration auf Produkte oder Märkte unterscheiden:
Eine alternative Darstellung dieser Handlungsoptionen liefert Hagen Lindstädt, Leiter des Instituts für Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung der Universität Karlsruhe:
Neue Marktchancen identifizieren und mit vorhandenen Kompetenzen verbinden
Grundlage für die Entscheidung, ob die Erschließung neuer Märkte oder die Entwicklung neuer Produkte forciert werden sollen, ist eine eingehende Informationssammlung und -analyse zu den jeweiligen Marktgegebenheiten und den eigenen Stärken.
Neben den Basisinformationen zum Potenzial des Zielmarktes wie Größe, Margen oder Marktwachstum und dem Zugang zu Vertriebswegen und -partnern, haben sich dafür insbesondere die Instrumente der Allgemeinen Umfeld-Analyse (STEP-Analyse) sowie des Stärken-Schwäche-Profils (SWOT-Analyse) als geeignet erwiesen.
Die STEP-Analyse wird meist mit der spezifischeren Wettbewerbsanalyse kombiniert. Diese bewertet die Attraktivität einer Branche und der eigenen Marktposition – zum Beispiel erzielbare Marktanteile – anhand von fünf qualitativen Dimensionen:
Leitfragen für das Business Development
Stärken und Schwächen können Ressourcen, Fähigkeiten oder andere Vorteile beziehungsweise Nachteile sein, die ein Unternehmen von den Wettbewerbern unterscheidet. Als Leitfragen können dienen:
Was sind Ihre Stärken?
- Wie lassen sich diese nutzen, um die Chancen des Umfelds wahrzunehmen und eine ungünstige Situation bestmöglich zu überleben?
- Wie lassen sich Stärken für den Aufbau eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils nutzen?
Was sind Ihre Schwächen?
- Wo oder wann können diese zur Gefahr werden?
- Wie lässt sich das Gefährdungsrisiko kompensieren beziehungsweise minimieren?
- Welche Defizite müssen unabhängig vom Umfeld überwunden werden – intern oder durch Outsourcing?
Welche Chancen bietet Ihnen das Umfeld?
- Welche Kompetenzen, Fähigkeiten und Ressourcen werden benötigt, um diese zu nutzen?
- Sind diese vorhanden? Definieren Sie Ihre vorhandenen und erforderlichen Kernkompetenzen!
Welche Risiken ergeben sich aufgrund der Entwicklung des Umfelds?
- Wie wahrscheinlich ist das Eintreten negativer Ereignisse?
- Wie können diese im Vorfeld verhindert werden?
- In welchen Bereichen müssen Sie beim Eintreten welcher Ereignisse welche Maßnahmen ergreifen (Notfallplanung)?
Neue Geschäftsgelegenheiten durch Outgrowing nutzen
Damit attraktive Märkte und Chancen sowie die eigenen Stärken erfolgreich genutzt werden können, sind Partnerschaften ein geeigneter Ansatz, um Risiko und Kosten zu minimieren und den Umsatz zu steigern (Outgrowing). Dabei geht es darum, durch die Zusammenarbeit mit starken Partner zu wachsen. Die vier Hebel dieser Strategie:
Umsatz
Neue Umsatzpotenziale erschließen sich, wenn es Geschäftspartnern gelingt, ihre Stärken in gemeinsamen Projekten zu überlegenen Produkten und Leistungen zu bündeln und damit deren Attraktivität für die Kunden zu steigern. Im Ergebnis werden diese bei gleichem Preis mehr nachfragen und bereit sein, dafür einen höheren Preis zu bezahlen.
Kosteneffizienz
Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen findet sich häufig bei Back-Office-Aufgaben wie Lohnbuchhaltung oder Raumpflege. Aber auch für den Kunden wahrnehmbare Ressourcen wie etwa Besprechungsräume in einem Bürogebäude werden zunehmend gemeinschaftlich genutzt. Wenn eine Firma dadurch bei gleichen Umsätzen weniger Kosten produziert als ein Wettbewerber, steigen damit Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit.
Marktrisiko
Muss ein Unternehmen eine eigene Vertriebsinfrastruktur aufbauen, bleiben die Kosten auch dann bestehen, wenn die Geschäftsidee scheitert. Nutzt das Unternehmen hingegen den vorhandenen Marktzugang eines Kooperationspartners oder baut mit diesem gemeinsam einen neuen Vertriebskanal auf, so minimiert sich für alle Beteiligten nicht nur das individuelle Risiko. Idealerweise entsteht auch ein Mehrwert für den Kunden durch Leistungen aus einer Hand beziehungsweise „One-Stop-Shopping“, was wiederum die Gefahr des Scheiterns senkt.
Organisationsrisiko
In drei Bereichen können unternehmensinterne Risiken durch Partnerschaften reduziert werden, weil sich die Partner auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können:
- Innovation: Je komplexer ein Geschäft, desto weniger Aufmerksamkeit wird Detaillösungen zuteil. Viele Branchen delegieren deshalb nicht nur die Herstellung, sondern auch die Entwicklung von Baugruppen an spezialisierte Zulieferer.
- Motivation: Je spezialisierter ein Unternehmen ist, desto leichter wird für den einzelnen Mitarbeiter sein individueller Beitrag zum Endprodukt erkennbar – und sein Engagement wird steigen.
- Kontrolle: Durch die professionelle Gestaltung von Partnerschaften auf der Basis klar definierter Schnittstellen und Leistungskennziffern steigt die Transparenz. Kontrolle wird sekundär.
Kerngedanke von Outgrowing: In solchen Strukturen trägt ein Unternehmen zum gemeinschaftlichen Erfolg bei, ohne dass seine individuellen Grenzen die Grenzen seines Potenzials bestimmen. Ganz im Sinne der unternehmerischen Leitidee verfolgen diese Unternehmen unternehmerische Gelegenheiten unabhängig von ihren eigenen Ressourcen.
Internationale und regionale Ausdehnung der Geschäftsfelder
Eine empirische Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zu den Erfolgsfaktoren mittelständischer Weltmarktführer, die über mehrere Jahre kontinuierlich und profitabel gewachsen sind, zeigt deren Internationalisierungsstrategien. Sie charakterisiert auch die Erfolgsfaktoren, Herausforderungen und Risiken:
Es zeigt sich, dass die Outgrowing-Strategien der „Begleiter“ bei der Erschließung neuer geographischer Märkte helfen, Risiken zu begrenzen und Umsatzchancen zu maximieren. Diese setzen nämlich auf Kundennähe und wachsen auch mit bestehenden Geschäftsbeziehungen. Andererseits kann es sinnvoll sein, mit einer konsequenten Nischen- beziehungsweise Marktführer-Strategie Märkte selbst zu erobern, wenn man – wie die „Visionäre“ – auf eine starke Technologie- und F&E-Orientierung bauen kann.
Gefahr des Verlustes des Kontakts zu den Zielmärkten
Funktioniert diese Strategie auf Märkten, die an den Heimatmarkt angrenzen, noch recht gut, steigt bei den „Eroberern“ mit zunehmender Distanz von der Heimatbasis die Gefahr, den Kontakt zu den Zielmärkten zu verlieren. Die in wettbewerbsstarken Märkten gesuchten Impulse sind aus der Ferne weniger gut wahrnehmbar, ein Messen mit den Besten nur bedingt möglich.
Die dafür notwendige Präsenz vor Ort ist jedoch teilweise mit erheblichen Investitionen in Mitarbeiter und Infrastruktur verbunden. Gelingt dieser Schritt, kann sich das Unternehmen jedoch erfolgreich zum „Globalisierer“ mit international verteiltem Management entwickeln. Die so erweiterte Produkt-Markt-Sicht liefert wiederum positive Impulse für den Heimatmarkt. Mit etwas Abstraktionsvermögen lassen sich diese Überlegungen zur Internationalisierung auch auf lokale, regionale und nationale Markteintrittsstrategien oder die Eröffnung neuer Niederlassungen übertragen.