ITDigitalisierung im Mittelstand – fünf Schritte am Beispiel erklärt

Was sollten mittelständische Unternehmen beachten, wenn ihre IT fit für die Digitalisierung gemacht werden soll? Welche Probleme können auftreten und wie geht man damit um? Antworten auf diese Frage liefert der folgende Autorenbeitrag, basierend auf einem konkreten Digitalisierungsprojekt im Mittelstand.

Schritt 1: Bestandsaufnahme durchführen

Auch wenn in den Medien der Eindruck erweckt wird, die Digitale Transformation der Industrie bestehe aus lauter Erfolgsgeschichten: Der Schein trügt. In der Praxis kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) stellt sich Digitalisierung als eine enorme Herausforderung dar.

Der erste logische Schritt bestand für uns in einem Review der vorhandenen IT-Infrastruktur mitsamt den installierten Applikationen. Und diese Bestandsaufnahme förderte Überraschendes zutage:

  • veraltete Betriebssysteme,
  • nicht aufgespielte Updates
  • und dergleichen mehr.

Insofern ist jedes Team gut beraten, genau hinzusehen, um die möglichen Bruchstellen einer Transformation zu erkennen.

Nachdem die Landschaftsaufnahme der IT abgeschlossen war, wurde sie im Hinblick auf ihre Zukunftsfähigkeit sowohl technisch als auch kaufmännisch bewertet. Dabei zogen wir auch das Geschäftsmodell mit in Betracht; schließlich sollte die künftige digitale Landschaft so entwickelt werden, dass sie zum künftigen (lies: zukunftsfähigen) Geschäftsmodell des Unternehmens passt. IT ist längst mehr als ein Treiber und Enabler, sie ist integraler Bestandteil zukünftiger Geschäfte, egal in welcher Form und in welcher Branche.

Wichtig dabei: Digitalisierung sollte mit einer Analyse der informationstechnischen Gesamtsituation beginnen.

Schritt 2: Lösung entwerfen

Um die IT-Landschaft und IT-Infrastruktur der Zukunft zu gestalten, ist eine Basis nötig. Deswegen entwickelte das Team ein digitales Zielbild für das spezifische Geschäft.

Und zwar aus dem einfachen Grund, weil eine übergestülpte vermeintliche Patent- oder Universallösung das eine entscheidende Defizit aufweist: Sie achtet nicht auf die „Persönlichkeit“ des Unternehmens. Dieses Vorgehen hat nie wirklich funktioniert und ist fast immer (viel zu) teuer.

Vielmehr muss Schritt für Schritt eine digitale Lösung aufgebaut werden, die zum Geschäftsmodell und zu den Prozessen des eigenen Unternehmens passt. Auch dabei kann „one size fits all“ nicht die Lösung sein, denn zu unterschiedlich sind die Unternehmen, zu verschieden die Geschäfte.

Tipp

Führen Sie Belastungstests durch

Zwischenstadien der Lösung müssen stufenweisen Belastungstests unterzogen und im Unternehmen ausgerollt werden. Auf diese Weise stellte das Team sicher, dass die wichtigsten Schwachstellen bevorzugt bearbeitet werden konnten.

In diesem Zusammenhang ist es notwendig, das Zielbild stets klar vor Augen zu haben, da die Teilsysteme stark miteinander vernetzt sind und einander beeinflussen.

Schritt 3: Taskforce bilden

Auch die beste Vorbereitung verhindert nicht, dass die Umsetzung nicht so läuft wie geplant. Besser, man stellt sich auf alle Eventualitäten ein. Deswegen formierten wir bereits im Vorfeld der Umstellung eine Taskforce aus IT-Spezialisten der Unternehmensgruppe.

In unserem praktischen Fall wurde diese Taskforce mit ihren Experten mehr als einmal benötigt. Die waren buchstäblich Tage und Nächte damit beschäftigt, das System zu stabilisieren und das neue System anzufahren. Dass dies gelungen ist, haben wir dem Engagement des Teams zu verdanken. Und einer flexiblen Strategie, die nicht mit der Brechstange kommt, um zu erzwingen, was nicht zu erzwingen ist.

Tipp

Ermöglichen Sie Flexibilität

Von „Blindflug“ ist unbedingt abzuraten. Der Weg in die digitale Zukunft kann gelingen, auch wenn erhebliche, unvorhergesehene Störeinflüsse auftreten. Dennoch sollte ein derartiges Vorhaben nicht blauäugig oder ohne gute Vorbereitung angepackt werden.

Am Ende zählt auch Flexibilität. Das Team hatte sich bei der Einführung stets nach den Gegebenheiten gerichtet, ohne die Richtung der Transformation aus den Augen zu verlieren. In diesem Zusammenhang bewährte sich das Zielbild der digitalen Landschaft. Auch wenn zum Ziel mehrere Pfade führen: Das Ziel blieb unverändert – die digitale Fabrik.

Schritt 4: Organisation, Führungssystem und Kommunikation hinterfragen

Damit die digitale Transformation gelingt, ist die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten nötig, auch und vor allem der IT-Abteilung. Fehlt diese Bereitschaft, ist dies eine Hypothek, die den Prozess schwer belastet.

In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass Expertenteams bereits im Tagesgeschäft an der Belastungsgrenze arbeiten. Kommt dann noch die Belastung einer großflächigen Umstellung der Systeme dazu, besteht die Gefahr, dass das Fass schnell überläuft. Aus Überlastung wird dann Widerstand. Und der ist bei der Digitalisierung ebenso wenig gewünscht wie bei jeder anderen Veränderung.

Daher muss die Unternehmensleitung die Weichen stellen: Organisation, Führungssystem und Kommunikation sind kritisch zu hinterfragen und müssen im Zweifel angepasst werden. Wenn die digitale Fabrik Wirklichkeit werden soll, muss nicht nur die technologische Infrastruktur auf dem bestmöglichen Stand sein. Auch Qualifikation und Organisation müssen passen.

Tipp

Situation der internen IT-Abteilung berücksichtigen

In den meisten mittelständischen Unternehmen gibt es Expertinnen und Experten, die für den Zustand der hauseigenen Informationstechnik zuständig sind und bei der Transformation eine tragende Rolle übernehmen müssen.

Im vorliegenden Praxisfall hatte die IT eine besondere Bedeutung: Häufig waren die IT-Fachleute nur unzureichend in die betrieblichen Prozesse integriert und hatten eine Art Sonderstellung inne. Dies führte in letzter Konsequenz zu einer Entfremdung mit den Linienfunktionen und zu gegenseitigen Vorbehalten. Deshalb brauchte es einen praktikablen und pragmatischen Weg, damit die Taskforce mit der IT-Abteilung zusammenarbeitet.

Schritt 5: Insellösungen zulassen

Im Zuge der Abarbeitung von Umsetzungsproblemen stieß das Team auf eine Maschine, der mit den verfügbaren Mitteln nicht beizukommen war:

  • Softwarelizenzen waren abgelaufen,
  • Dokumentationen unauffindbar und
  • die SPS-Programmierung ein Buch mit sieben Siegeln.

Der Urheber der Programmierung hatte das Unternehmen längst verlassen, doch konnten wir den Ehemaligen ausfindig machen. Er besah sich die Lage und kam zu dem Urteil, die Finger besser wegzulassen. Denn andernfalls könnte großflächig Schaden entstehen.

Die einzig mögliche Lösung bestand darin, die Maschine auf dem bestehenden Stand der Technik als Insellösung weiterlaufen zu lassen. Eine Integration in die dann digitale Fabrik setzt eine komplett neu zu beschaffende Anlage voraus, inklusive Steuerung und Peripherie.

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