GesprächsführungMit dem Eisbergmodell zwischenmenschlich besser kommunizieren

Was besagt das Eisbergmodell? Wie lassen sich die Erkenntnisse zur zwischenmenschlichen Kommunikation im Unternehmen sinnvoll nutzen? Erfahren Sie anhand von Beispielen, wie Führungskräfte das unbewusste Aussenden von negativen Signalen verhindern können.

Was besagt das Eisbergmodell?

Mit dem Eisbergmodell werden die verbalen und nonverbalen Anteile der zwischenmenschlichen Kommunikation ins Verhältnis zueinander gesetzt. Für das Verbale steht die Spitze des Eisbergs. Sie befindet sich zwar über der Wasseroberfläche und ist daher sichtbar, jedoch verhältnismäßig klein im Vergleich zur Basis des Eisbergs.

Die Basis ist unter der Wasseroberfläche angelegt und daher auf den ersten Blick nicht sichtbar. Sie stellt im Eisbergmodell das Nonverbale dar. Wie bei einem Eisberg ist das, was nicht sichtbar ist, viel größer als das Sichtbare.

Bei der Beziehungsebene (Eisbergbasis) geht es darum, wie miteinander gesprochen wird. Ausschlaggebend sind die nonverbalen Signale. Auf der Sachebene (Eisbergspitze) geht es um den Inhalt des Gesagten. Die zwischenmenschliche Kommunikation spielt sich immer auf beiden Ebenen ab.

Beispiel: Wie das Nonverbale die Bedeutung einer Aussage beeinflusst

Student Paul erhält seine korrigierte Klausur zurück. Durch einen Leichtsinnsfehler hat sich seine Note deutlich verschlechtert. Er sagt in genervtem Tonfall: „Toll!“ Dabei sieht er seine Kommilitonin mit zusammengezogenen Augenbrauen an und zeigt auf den Aushang mit den Klausurergebnissen.

Nachmittags trifft er seine Schwester, die gerade erfahren hat, dass ihr kürzlich absolviertes Bewerbungsgespräch erfolgreich war und das Unternehmen sie einstellen möchte. Paul streckt beide Daumen nach oben, lächelt und sagt: „Toll.“

Sie sehen: Die Wortwahl ist jeweils gleich; die Nachricht eine ganz andere.

Eisbergmodell mit Eisbergspitze und Eisbergbasis

Man geht davon aus, dass verbale Äußerungen bei der Kommunikation weniger wichtig sind als nonverbale Signale. Gestik, Mimik, Stimme und Körpersprache transportieren die meisten – oftmals ungefilterten – Informationen. Diese zusätzlichen Signale ermöglichen es uns erst, Gesagtes richtig einzuordnen und die Stimmung, Emotionen oder Motive unseres Gegenübers besser einzuschätzen.

Nonverbale Signale werden oft unbewusst gesendet und empfangen. Sie bewusst zu nutzen oder absichtlich zu unterdrücken, ist nicht so einfach.

Warum ist das Eisbergmodell relevant in Unternehmen?

Wer sich mit Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten, Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden oder Partnern austauscht, kommuniziert niemals nur auf der sachlichen Ebene. Häufig geht es im professionellen Kontext zwar um Zahlen, Daten, Fakten, Argumente oder direkte sowie indirekte Fragen und Feedback. Unbewusst schwingen jedoch viele nonverbale Signale mit, wie:

  • Nicken
  • Kopfschütteln
  • Schulterzucken
  • Lächeln
  • veränderter Tonfall
  • lockere oder angespannte Körperhaltung
  • Verschränken der Arme
  • Stirnrunzeln

Diese und viele weitere vermeintliche Details in unserem Verhalten beeinflussen, wie Nachrichten vom Gegenüber interpretiert werden.

Signale auf Beziehungsebene basieren größtenteils auf echten, ehrlichen Gedanken, Empfindungen und Wahrnehmungen. Sie werden zumindest teilweise unverfälscht gesendet und ungefiltert empfangen. Somit haben sie einen großen Einfluss darauf, ob der Gesprächspartner das Gesagte akzeptiert und ob er es positiv oder negativ auffasst.

Für die Kommunikation in Unternehmen ist es wichtig, sowohl auf Sachebene (Eisbergspitze) als auch Beziehungsebene (Eisbergfundament) bewusst zu kommunizieren.

Man will vermeiden, dass Missverständnisse oder vermeintliche „Zwischentöne“ die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden oder unter Kolleginnen und Kollegen negativ beeinflussen, den Teamgeist schwächen, für gegenseitige Ablehnung oder Frust am Arbeitsplatz sorgen.

Eine klare, faire, sachliche und freundliche Kommunikation ist die Basis für

  • ein harmonisches Miteinander
  •  die funktionierende Teamarbeit,
  • die Bindung an das Unternehmen und
  • das Vertrauen in Führungskräfte.

Wird die zwischenmenschliche Interaktion als negativ wahrgenommen, kann sich das auf die Arbeitsergebnisse auswirken.

Eisbergmodell anwenden – Beispiele

Folgend einige Inspirationen für Führungskräfte, die Erkenntnisse aus dem Eisbergmodell praktisch anwenden möchten:

  • Jeden Morgen wird ein kurzes Blitzlicht-Meeting anberaumt. Es dauert nicht länger als ein paar Minuten. Wer Hilfe bei einem akuten Problem benötigt, Schwierigkeiten mit Arbeitsmitteln hat oder aus irgendeinem anderen Grund nicht sofort oder vollumfänglich arbeitsfähig ist, meldet sich. Details klären Sie im Vieraugengespräch.
  • Eine Aufgabe wurde missverstanden und das Ergebnis entspricht daher nicht den Anforderungen? Suchen Sie nicht sofort die Schuld beim Mitarbeitenden.
    Gab es ein schriftliches Briefing? Falls ja, prüfen Sie es auf Eindeutigkeit und Vollständigkeit. Wenn nein, erstellen Sie komplexe oder umfangreiche Arbeitsaufträge ab sofort schriftlich, damit sich alle darauf beziehen und verlassen können.
  • Wenn Sie Aufgaben delegieren, prüfen Sie vorab, in welchem Verhältnis Sie zur betreffenden Person stehen. Kennt man sich lange und versteht sich gut, dürfen Anweisungen knapp und direkt sein. Bei neuen Mitarbeitenden sollten sie etwas behutsamer kommunizieren, damit diese keinen Befehlston in das Gesagte hineininterpretieren. Achten Sie bei der Aufgabendelegation besonders auf einen freundlichen Gesichtsausdruck, eine offene Gestik und eine entspannte Körperhaltung.
  • Holen Sie regelmäßig Feedback zur Führung und zur Bewertung der Teamzusammenarbeit ein. So erkennen Sie Konflikte und Unzufriedenheit auch dann, wenn Sie nicht gut darin sind, die feinen nonverbalen Signale Ihrer Mitarbeitenden zu erkennen.
  • Seien Sie ehrlich: Gibt es eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, der fachlich vielleicht top, aber Ihnen unsympathisch ist? Dann achten Sie im persönlichen Gespräch besonders darauf, dass Ihre Stimme, Mimik, Gestik und Körperhaltung das nicht verrät. Auf verbaler Ebene legen Sie Wert auf Sachlichkeit und eine klare, neutrale Wortwahl.

Das Eisbergmodell in der Unternehmenskultur

Das Eisbergmodell lässt sich auf den Bereich Unternehmenskultur übertragen. Bei der Unternehmenskultur gilt ebenso wie bei der Kommunikation und beim Eisberg: Der unsichtbare Teil ist der größere. Bei der Unternehmenskultur enthält der verborgene Teil Werte, Gefühle, Gedanken, Bedürfnisse sowie leitende Grundannahmen.

Zum sichtbaren Bereich (Eisbergspitze) gehören etwa Raumgestaltung, Verhaltensregeln und der Dresscode. Zum unsichtbaren Bereich (Eisbergbasis) gehören Vision, Mission, Unternehmensziele und Purpose.

Zu den Faktoren, die „unter der Oberfläche schlummern“, zählen außerdem die Stimmung und Meinung der Mitarbeitenden. Die Eisbergbasis diesbezüglich abzubilden, kann so funktionieren:

Initiieren Sie häufiger Umfragen, bei denen Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach deren Ideen, Gedanken zu Veränderungen, Kritik am Unternehmen oder positivem Feedback zu verschiedenen Bereichen befragen. Wird die Basis des Eisbergs auf diese Weise sichtbar, lassen sich daraus wichtige Rückschlüsse ziehen und Maßnahmen ableiten.

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