InnovationsmanagementWie das Neue ins Unternehmen kommt

Freiräume für neue Ideen sind der Nährboden für Innovationen. Lesen Sie, wie Unternehmen gute Ideen aber noch immer be- und verhindern – und wie es besser geht. Mit vielen Tipps für eine erfolgreiche Innovationskultur.

Innovationen sind der Umsatz von übermorgen. Sie müssen rechtzeitig entwickelt werden, um sie startklar in der Pipeline zu haben, wenn die alten Lösungen es nicht mehr bringen.

Basis dafür sind Innovationssachverstand sowie Vorgehensweisen, die den Mitarbeitenden Innovationsfreiräume geben. Zudem braucht es eine Kultur, die neue Ideen willkommen heißt und das Vorwärtsdenken für alle Beschäftigten im Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit macht.

Wie Innovationen verhindert werden

„Für meine Meinung interessiert sich niemand bei uns, ich bin ein viel zu kleiner Fisch“, erklärt mir Lars sichtlich desillusioniert. Der junge Mann war mir schon in der Diskussionsrunde nach meinem Vortrag aufgefallen. Beim anschließenden Umtrunk sprach ich ihn nochmal an.

Er war erst kürzlich eingestellt worden und wollte ein paar neue Dinge einbringen. Seine Gedanken waren glasklar, seine Vorschläge hatten Hand und Fuß. „Ich weiß“, sagt Lars enttäuscht, „doch ich finde einfach kein offenes Ohr.“

„Bei uns sitzen in den Entscheidungsmeetings immer nur die zusammen, die die passenden Titel haben, aber nicht die mit dem Zukunftsdenken. Die haben gar keinen Zutritt. Es ist doch geradezu tragisch, dass wir jungen Leute, die wirklich Neuartiges einbringen könnten, bei solchen Treffen nicht erwünscht sind.“

Ja, es ist tragisch, wenn ein Unternehmen seine Zukunft verspielt, indem jeglicher interne Innovationsgeist versiegt. Seine Kollegen, sagt Lars ganz traurig zum Schluss, haben längst resigniert.

Den unverstellten Blick der „Neulinge“ nutzen

Ein Unternehmen, das die Zukunft erreichen will, darf die vielversprechenden Flugversuche seiner begabten Talente, seiner mutigen Innovatoren und eifrigen Übermorgengestalter nicht verhindern. Denn vielen klugen Köpfen fällt immer mehr ein als einem allein.

Es braucht viele Ideen, damit schließlich bahnbrechende Innovationen gelingen. Nur, wer viel würfelt, der würfelt am Ende auch Sechser.

Egal, auf welcher Ebene und in welchem Bereich, jeder Mitarbeiter kann auf seine Weise Ideen einbringen, die den entscheidenden Unterschied machen. Das gilt ganz besonders für fähige Neuankömmlinge, weil die noch nicht betriebsblind sind.

Leider sind gar nicht so selten gerade die hoch engagierten Talente bereits nach den ersten Arbeitstagen derart frustriert von dem, was sie gleich anfangs erleben, dass sie das Unternehmen am liebsten sofort wieder verlassen. Und oft genug tun sie das auch.

Die Oberen bekommen die wahren Gründe für das frühe Ausscheiden der Neuen meist gar nicht mit. Für sie ist es völlig normal, diese zunächst „einzunorden“, indem man sie vor allem mit dem im Unternehmen üblichen „richtigen“ Verhalten vertraut macht, statt ihre anfangs noch unverstellten Sichtweisen klug zu nutzen.

Insofern sollten Sie in einen gut gemachten Onboarding-Prozess die Suche nach innovativen Ideen integrieren.

Wie „Neulinge“ das Innovationspotenzial entdecken

Natürlich braucht es für Neuankömmlinge einen Integrationsprozess, doch gerade am Anfang auch Spielraum, um Eigeninitiative zu zeigen. Neue Mitarbeitende sollten intensiv ermutigt werden, ihren noch frischen, ungetrübten Blick konstruktiv einzusetzen.

Was sie stattdessen meist lernen: bloß nicht anecken, in keine Tretminen stolpern, die geltenden Verhaltensregeln beachten, damit man die Probezeit übersteht. So fädeln sich die meisten „Neuen“ unreflektiert in die vorgefundene mehr oder weniger stark ritualisierte Betriebskultur ein.

Um stattdessen den Neueinsteiger-Effekt zu nutzen, könnte man es zur Bedingung machen, dass Mitarbeitende in den ersten sechs Monaten eine eigene Initiative oder einen Optimierungsvorstoß in Gang bringen. Dann gilt die Probezeit als bestanden und idealerweise zeigen sich zu deren Ende schon erste Erfolge.

Schicken Sie dazu die Neuen, begleitet von einem forschen Kollegen, mit einem Tablet-Computer – oder, wenn so was nicht da ist, mit einem Klemmbrett – durch die Firma. Der Auftrag an sie ist: Überholtes zu identifizieren und sich auf die Suche nach Verbesserungsideen zu machen.

So können sie sogar zum Sprachrohr der Beschäftigten werden, die Veränderungen längst ebenfalls wollen, dies aber nicht zu sagen wagen.

Sind Neudenker tatsächlich willkommen?

Leider geht nach der Probezeit die Anpasserei oft erst so richtig los. Statt den Neuen Freiraum zur Eigenentwicklung zu geben, werden ihnen im Rahmen standardisierter Weiterbildungsprogramme vorgezeichnete Trainings verordnet. Diese sollen sie im Rahmen einer festgezurrten Stellenbeschreibung auf Aufgabenstellungen vorbereiten, die dann routinemäßig abzuspulen sind.

Doch Vorsprung entsteht nicht durch mehr vom Gleichen, sondern durch Andersmachen und neue Ideen als Basis für Innovation.

Genormtes Vorratslernen schafft Klone, die ähnlich denken, ähnlich ticken und ähnlich handeln. Zu Zeiten der industriellen Massenproduktion war solche „homosoziale Reproduktion“ vielleicht richtig. Doch in Hochgeschwindigkeitswildwasserzeiten ist das gefährlich, weil es den Konformismus begünstigt und damit Stillstand bewirkt.

Denn Konformismus favorisiert die Regel, das Übliche, das, was alle machen - und nicht die Ausnahme, die Varianz und das nützliche Neue, das uns Fortschritt bringt.

Insofern stellen sich zunächst folgende Fragen:

  • Wie bereit ist unsere Firma wirklich für Vorwärtsdenker, die unkonventionelle Ideen einbringen wollen? Und wie gehen wir mit ihnen und ihren Vorstößen um?
  • Welche Rahmenbedingungen müssen wir schaffen oder verändern, damit interne Neudenker zügig ins Wirken kommen, um uns fit für die Zukunft zu machen?

Machen Sie im Vorfeld dazu eine anonyme, interne Kurzumfrage, um festzustellen, ob Neudenker bei Ihnen tatsächlich willkommen sind und welche erlebten Geschichten es dazu gibt. Sie werden sich womöglich wundern, was Sie so alles zu hören bekommen.

Vorsprung entsteht durch Andersdenken und Anderstun

Für das Neudenken nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch offen zu sein, das sind zwei ganz verschiedene Dinge.

  • Darf man bei Ihnen überhaupt spontane, kreative Ausbrüche haben? Eine atemberaubende Idee ungefragt präsentieren?
  • Darf man sich in Eigenregie mit zwei, drei Kollegen aus anderen Bereichen mal für ein paar Stunden zusammentun, um über eine fachübergreifende Neuerung nachzudenken – während der Arbeitszeit und ohne beim Vorgesetzten eine offizielle Genehmigung einzuholen?

Beispiel: So fördert Adobe neue Ideen

Der Softwarehersteller Adobe toleriert das nicht nur, sondern fördert dies sogar aktiv. Dazu wurde unter anderem ein Tool namens Kickbox entwickelt, mit dem Adobe seine Mitarbeitenden zu Erfindern macht.

Wer an diesem Programm teilnehmen will, erhält im Rahmen einer Einführungsveranstaltung eine rote Schachtel. Diese enthält eine Anleitung, wie man einen Innovationsprozess startet. Außerdem befindet sich darin eine Prepaid-Kreditkarte mit einem Limit von 1000 Dollar für die Anschubfinanzierung. Die Beschäftigten können sich freistellen lassen, um an solchen Projekten zu arbeiten.

Freidenker brauchen Eigenzeit für kreative Ideen

Eigenzeit zwecks Fortentwicklung kreativer Gedanken ist unglaublich wichtig. In der Hektik des Tagesgeschäfts ist meist gar kein Platz, um sich ausgiebig mit Zukunftsideen zu befassen.

Gestatten Sie kreativen internen Freigeistern zum Beispiel, dass Ihre Mitarbeitenden für vier bis sechs Wochen freitagnachmittags an ihren eigenen Projekten arbeiten dürfen. Lassen Sie sie in dieser Zeit unbehelligt, verlangen Sie auch keine Zwischenberichte. Am Ende der festgelegten Zeit werden die Vorschläge einem Entscheidungsgremium vorgestellt.

Leider steht ein konservatives Top-Management den wirklich innovativen Ideen oft eher im Weg, anstatt sie zu fördern.

Beispiel: Wie sich ein Mitarbeiter bei Atari Eigenzeit verschaffte

Als vor Jahren enthusiastische Entwickler bei Atari begannen, Videospiele zu konzipieren, hieß es aus der Chefetage: „Es gibt keinen Markt für diese Spiele. Atari ist nicht daran interessiert, Spiele für Computer zu produzieren.“

Einem der Software-Ingenieure, der an Star Raiders arbeiten wollte, bekam zu hören: „Ein Spiel, bei dem man im Weltraum herumfliegt und andere Raumschiffe abschießt? Das ist die dümmste Idee, die uns je untergekommen ist.“

Star Raiders ist nur deshalb fertig geworden, weil der Entwickler vorgab, sich um die regulären Atari-Programme zu kümmern – und weil dessen direkte Führungskraft ihn nach oben hin deckte. Das Spiel wurde zu einem Verkaufsschlager, gilt als Klassiker der Videospielgeschichte und wurde von der Stanford University zu einem der zehn wichtigsten Computerspiele aller Zeiten gekürt.

Klar, wer Profi ist in seinem Fach, der weiß eben mehr über eine Sache als die oberste Etage weit weg von Schuss.

Schutzräume für Weiterdenker sind innovationsförderlich

Wer Innovationen will, muss offen sein fürs Innovieren und braucht eine Strategie, die Innovationskompetenz stimuliert, Bemühungen auf dem Innovationsweg würdigt und innovative Resultate belohnt. Die, die bonifizierte Anerkennung dafür erhalten, dass sie vorgezeichneten Verfahrensweisen akribisch folgen, werden sich niemals an Neues wagen.

Hingegen sind Schutzräume für Weiterdenker sehr kreativitätsförderlich. Sie erzeugen pulsierenden Tatendrang und ein Treibhausklima für brillante Ideen.

Tipps, damit das Neue entsteht

In fortschrittlichen Unternehmen wird fortlaufend innoviert – sowie ausreichend Zeit und Geld dafür investiert. Dazu hier ein paar entscheidende Rahmenbedingungen und Regeln:

  • Ermutigen Sie alle im Unternehmen, neue Ideen einzubringen.
  • Geben Sie Innovatoren die offizielle Erlaubnis zum Scheitern.
  • Richten Sie eine hausinterne, interaktive Ideenbank ein.
  • Feiern Sie das Erreichen des Gipfels UND die Art des Aufstiegs.
  • Ruhen Sie sich danach nicht aus, suchen Sie sich höhere Berge.
  • Planen Sie ein, dass es nicht gleich beim ersten Mal klappt.
  • Halten Sie Spielgeld bereit, budgetieren Sie Misserfolge.
  • Implementieren Sie kluge Kennzahlen für Innovationstätigkeit.
  • Incentivieren Sie mit Fokus auf Innovationen, nicht aufs Quartal.
  • Tragen Sie nicht realisierte, abgewählte Ideen würdig zu Grabe.

Mein wichtigster Tipp: Fangen Sie mit all dem rechtzeitig an. Wer erst dann erschreckt losrennt, wenn der Umsatzzenit überschritten wird, ist zu spät dran.

Zunächst sinken die Margen, dann die Erträge. Im Abwärtstrend lässt sich der benötigte Vorlauf nicht mehr finanzieren, denn ausgerechnet für Investitionen fehlt dann das nötige Geld.

Dazu im Management-Handbuch

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