StressbewältigungMit der Stressampel Ihre Stresskompetenz verbessern
Warum braucht man die Stressampel?
Die Aussage „im Stress zu sein“ gehört heute – beruflich und auch privat – schon fast zum guten Ton. Aber Stress ist nicht einfach da. Stress ist eine Mischung aus äußeren und inneren Faktoren und deren individueller Bewertung und Verarbeitung. Daraus folgt, dass jeder Mensch seine eigene „Stress-Mixtur“ besitzt und es kein allgemein gültiges Patentrezept gegen Stress gibt.
Um Ihre persönliche Stressor-Mischung sichtbar zu machen, können Sie auf das Modell der Stressampel zurückgreifen. Entwickelt wurde die Stressampel von dem Psychotherapeuten, Trainer und Coach Gert Kaluza. Mit der Stressampel lässt sich Ihr persönliches Anti-Stress-Konzept entwickeln. Konkrete Ansatzpunkte der Stressreduktion werden gefunden und Sie erhöhen damit Ihre Stresskompetenz.
Das Stressampel-Modell nach Kaluza
Analog zu einer Ampel strukturiert das Modell der Stressampel das Thema Stress auf drei Ebenen.
1. Äußere Stressoren (Stressfaktoren)
Leitfrage: „Ich gerate in Stress, wenn …“
2. Innere Stressverstärker
Leitfrage: „Ich setze mich selbst unter Stress, indem ich …“
3. Individuelle Stressreaktionen
Leitfrage: „Wenn ich im Stress bin, dann …“
Äußere Stressoren identifizieren
Welche Faktoren in Ihrem Arbeitsumfeld belasten Sie? Stellen Sie sich Ihre tägliche Arbeitssituation vor. Welche Situationen erleben Sie als besonders stressig?
Das können etwa physikalische Faktoren sein, wie zum Beispiel große Hitze oder Kälte, ein erhöhter permanenter Lärmpegel, ein Großraumbüro ohne Rückzugsmöglichkeiten oder eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit.
Aber auch körperliche Belastungsfaktoren wirken stressverstärkend, wie lange und konzentrierte Arbeit am Bildschirm, eine unergonomische Sitzplatzgestaltung, eine überwiegend sitzende Tätigkeit, Rückenschmerzen, Verspannungen oder auch Kopfschmerzen. Notieren Sie alle körperlichen Faktoren und legen Sie Ihre Aufmerksamkeit dann auf Ihren äußeren Leistungs- und Zeitdruck.
Leistungs-und Zeitdruck kann durch die Vorgabe unrealistischer Ziele entstehen, durch die Überforderung in Sachen Aufgabenverteilung, durch unangemessene Zeitvorgaben oder durch wirtschaftliche Sachzwänge. Auch der automatische Signalton Ihres E-Mail-Programms, wenn eine neue Nachricht eingetroffen ist, stört den Prozess der Gedankenverarbeitung und verursacht Stress.
Sozialer Stress wiederum entsteht oft durch Konkurrenzverhalten innerhalb des Unternehmens oder durch ungeschriebene Gesetze wie zum Beispiel „Überstunden machen ist normal.“ Weitere Faktoren sind ungelöste Konflikte und Mobbing, unklare und schwache Führung, schlechtes Arbeitsklima und verminderte Arbeitszufriedenheit.
Innere Stressverstärker erkennen
Nun wenden Sie sich der zweiten Ebene der Reflexion zu. Wann setzen Sie sich selbst unter Stress? Fragen dazu sind:
- Welche inneren Motive, Erwartungen und Werthaltungen leiten Sie in Ihrem Tun?
- Welche Ansprüche an sich selbst und an die Qualität Ihrer Arbeit haben Sie?
- Wie weit vertrauen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen?
- Müssen Sie alles kontrollieren?
- Wollen Sie allen Anforderungen und Erwartungen gerecht werden?
- Wie gehen Sie mit Ihren persönlichen Leistungsgrenzen um?
- Wie schauen Sie auf sich und das Leben: defizitorientiert oder ressourcenorientiert?
Eine defizitorientierte Sichtweise ist zum Beispiel: Sie haben eine bestimmte Aufgabe erledigt, eine weitere noch nicht. Nun ärgern Sie sich über die noch nicht erledigte Aufgabe. Ressourcenorientiert sähe das so aus: Sie freuen sich darüber, dass Sie die Hälfte schon erledigt haben. Notieren Sie alle inneren Faktoren, mit denen Sie sich selbst unter Druck setzen.
Individuelle Stressreaktionen ergründen und verändern
Wie reagieren Sie auf Stress? Auf dieser Ebene geht es um Ihre individuellen Reaktionen auf Stress. Trennen Sie die Ebenen der Selbstbeobachtung. Nehmen Sie sich zuerst die körperliche Ebene vor:
- Wie reagieren Sie, wenn Sie längere Zeit „unter Strom“ stehen: mit blindem Aktionismus?
- Reagieren Sie mit zunehmendem Tempo bei der Arbeit?
- Gehören Sie zu den Frustessenden oder Frustfastenden?
- Wie verhält sich Ihr Blutdruck in solchen Situationen?
- Wie fühlen sich der Nacken, der Kopf und der Rücken dabei an?
Dann lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Befindlichkeitsebene Ihrer Psyche:
- Werden Sie ungeduldig Ihrer sozialen Umwelt gegenüber, missmutig und aggressiv?
- Sitzen Sie im inneren Gedankenkarussell und suchen verzweifelt den Ausgang?
- Fallen Sie spätabends ins Bett und wachen nach wenigen Stunden schon wieder auf, weil Sie sich gedanklich mit Alltagsproblemen befassen?
Notieren Sie Ihre Reaktionen auf länger andauernden Stress. Beschreiben Sie Ihre persönlichen Gegenmittel:
- Wo tanken Sie wieder auf?
- Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
- Was gibt Ihnen Kraft und Ruhe?
- Wie schaffen Sie es, Ihre Leistungsgrenzen zu respektieren?
- Welche individuellen Lösungen haben Sie sonst noch gefunden?
- Nehmen Sie Tabletten oder trinken Sie regelmäßig Alkohol, um wieder „herunterzukommen“?
So entwickeln Sie Ihre persönliche Stresskompetenz
Nachdem Sie Ihren individuellen Stress-Mix in seine Bestandteile zerlegt haben, ist es an der Zeit, Ihr persönliches Anti-Stress-Konzept zu entwerfen und damit Ihre Stresskompetenz zu erhöhen.
Analog zu den drei Ebenen der Stressampel hat Gert Kaluza drei Säulen der Stresskompetenz als Maßnahmenpaket entwickelt:
- Instrumentelle Stresskompetenz im Umgang mit äußeren Stressoren
- Mentale Stresskompetenz im Umgang mit inneren Stressverstärkern
- Regenerative Stresskompetenz im Umgang mit den individuellen Stressreaktionen
Maßnahmen gegen äußere Stressoren
Lesen Sie Ihre Aufzeichnungen noch einmal durch und ergänzen Sie die Notizen gegebenenfalls. Markieren Sie die Faktoren, die Sie selbst ändern können.
- Fachliche oder methodische Kompetenzen durch Fortbildungen oder kollegiale Beratung erweitern
- Persönliche Arbeitsorganisation optimieren durch Setzen von Prioritäten und Delegation von Arbeitspaketen
- Realistische Zeitpläne mit eingeplanten Pausen entwerfen und Zeitpuffer für Unvorhergesehenes offen lassen
- Regelmäßig kleine Inseln der Erholung einplanen, wie zum Beispiel Fenstertage freihalten oder verlängerte Wochenenden am Jahresanfang planen
- Sozialen Stress reduzieren durch das Geben von Feedback, das Ansprechen von Konflikten, die Erweiterung der sozial-kommunikativen Kompetenzen
Maßnahmen gegen innere Stressverstärker
Markieren Sie nun die inneren Stressverstärker, die Sie ändern können.
- Perfektionistische Leistungsansprüche kritisch hinterfragen
- Eigene Leistungsgrenzen wahrnehmen und akzeptieren lernen
- Ressourcenorientiert denken
- Sich selbst mit seinen Bedürfnissen respektieren
- Hilfe annehmen
- Den eigenen Rhythmus finden
- Sich regelmäßig Erholung erlauben
Maßnahmen gegen individuelle Stressreaktionen
Widmen Sie sich jetzt den Reaktionen, die Sie an sich wahrnehmen, wenn Sie in Stress geraten. Überlegen Sie, wie Sie einen Ausgleich schaffen können.
- Regelmäßige Bewegung
- Gesunde und ausgewogene Ernährung
- Ausreichend Schlaf
- Regelmäßige Pausen und Auszeiten vom Alltag
- Klare Trennung von Arbeit und Freizeit (zum Beispiel kein „Büro in der Hosentasche“)
- Achtsamkeit Ihnen selbst und Ihren Bedürfnissen gegenüber
Bei der Umsetzung Ihres individuellen Anti-Stress-Konzepts beachten Sie: Erzeugen Sie keinen weiteren Druck, indem Sie alles sofort umsetzen wollen. Gehen Sie Ihren Anti-Stress-Weg stattdessen Schritt für Schritt!