PersonalmanagementPersonalentwicklung für Mitarbeiter über 50
Die große Zahl derjenigen, die in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben aussteigen, lässt nur eine sinnvolle wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenz zu: Das Know-how aller Mitarbeitenden jeden Alters voll auszuschöpfen. Doch was tun, wenn die Älteren zunehmend die Motivation verlieren?
Selbstwirksamkeit älterer Mitarbeitender fördern
Der Schlüssel zu Motivation ist Selbstwirksamkeit. Für Personalverantwortliche und Führungskräfte ist es essenziell, maßgeschneiderte Lösungen anzubieten, die die Verantwortung für das eigene Wachstum in die Hände der Mitarbeitenden legen.
Ein Ansatz, den individuellen Bedürfnissen jedes Mitarbeitenden gerecht zu werden, ist ein unbegrenztes Weiterbildungsbudget. Die Grundidee: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Weiterbildungsmaßnahmen selbst wählen können, sind engagierter und zufriedener.
Es wird also nicht vorgegeben, was Ältere zu lernen haben, sondern ihnen selbst überlassen. Macht die Personalentwicklung deutlich, dass diese Idee vor allem auch für die Beschäftigten über 50 Jahre gilt, unterstreicht das Angebot, dass sie in puncto Weiterbildung genauso behandelt werden wie die jüngeren. Gleichzeitig erleben sie sich selbstwirksam, denn sie haben ihre Weiterentwicklung selbst in der Hand.
Wie Mitarbeitende Personalentwicklung in Eigenregie betreiben
Zu einem die Selbstwirksamkeit stärkenden Umfeld gehören weitere Faktoren. Ein besonderes Beispiel dafür ist eine Netzwerkorganisation mit fokussierten Teams, die soziokratische und agile Prinzipien nutzen.
Jedes Team, jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter, wählt die Projekte selbst und orientiert sich dabei an den übergeordneten Unternehmenszielen. So können sich alle bestmöglich einbringen.
Gerade bei älteren Beschäftigten sind die Führungskräfte besonders gefragt: Sie müssen Wege finden und das Gefühl geben, dass dieses innere Wachstum tatsächlich gewünscht ist. Führungskräfte und Personalentwickler, die auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden eingehen und ihnen zuhören, ohne zu bewerten oder zu urteilen, können signifikant zum Wohlbefinden am Arbeitsplatz beitragen.
Wie Jung und Alt zusammenarbeiten
Es mag noch immer einige unter den Best Agern geben, die sich technologischen Neuerungen verweigern. Das ist jedoch eher die Ausnahme als die Regel. Trotzdem werden sie mit Vorurteilen konfrontiert.
So erleben die jüngeren Generationen die älteren Kolleginnen und Kollegen ab 55 als beharrend, risikovermeidend und erschöpft. Umso wichtiger ist, dass ältere Mitarbeitende im Austausch mit Jüngeren bleiben. Nur wenn tatsächliche Zusammenarbeit entsteht und Menschen sich wirklich kennenlernen, können Vorurteile abgebaut werden – ohne Appelle, sondern im gemeinsamen Tun.
Um das einzuüben, eignen sich aus dem agilen Arbeiten bekannte Techniken wie:
- Mob-Working, bei dem größere Teams wie bei einem Hackathon zusammenarbeiten;
- Pair-Working, wo ältere und jüngere Kollegen in Zweiergruppen voneinander lernen und Lösungen entwickeln;
- Anleitung durch einen (externen) Facilitator;
- Shadowing, bei dem einmal der ältere und einmal der jüngere Mitarbeitende den jeweils anderen begleitet, um den jeweiligen Aufgabenbereich kennenzulernen.
Wie funktioniert Mob-Working?
Mob-Working ist die produktivste Arbeitsweise aus dem agilen Werkzeugkasten. Dabei arbeitet das gesamte Team, also drei bis 15 oder auch mehr Personen, gemeinsam an einer Aufgabe. Das kann ein Vertrag sein, ein Stück Software oder eine Präsentation, die sie zusammen gestalten.
Die Gruppe sitzt dabei vor einem Bildschirm, und eine Person fungiert als Schriftführer, indem sie die Vorschläge und Entscheidungen des Teams eintippt. Alle zehn Minuten wird die Tastatur an eine andere Person weitergereicht, sodass jeder und jede aus der Gruppe die Position einmal einnimmt.
Die schriftführende Person darf nur das eingeben, was das Team ihr vorgibt. Wenn sie selbst Ideen einbringen möchte, muss die Tastatur an jemand anderen weitergeben werden.
Wie funktioniert Pair-Working?
Pair-Working ist eine Arbeitsmethode, bei der zwei Personen eng zusammenarbeiten, wobei eine Person schreibt und die andere navigiert und unterstützt. Im Gegensatz zu Mob-Working, wo die Gruppe die Richtung bestimmt, kontrolliert hier der oder die Schreibende als „Fahrer“ die Richtung des Arbeitsflusses.
Als Navigator gibt diese Person Hinweise und unterstützt den Gedankenfluss des Fahrenden, ohne die Kontrolle zu übernehmen. Auch hier gilt: Fahrer und der Navigator wechseln die Position spätestens alle zehn Minuten, um eine ausgewogene Teilnahme und Perspektivenvielfalt zu gewährleisten.
Mob-Working und Pair-Working eignen sich wunderbar, um
- Wissen sehr schnell weiterzugeben,
- voneinander zu lernen und
- den Respekt für das Wissen des anderen zu stärken.
Diese Arbeitsformen lassen sich jederzeit einsetzen. Lediglich die Bereitschaft, sich auf dieses Experiment einzulassen, ist vonnöten.
Anfangs erfordert diese Zusammenarbeit zudem oft Anleitung, beispielsweise durch einen externen Facilitator. Er hilft dabei, den Kurs zu halten und im Thema zu bleiben. Er achtet außerdem darauf, dass die Rollen tatsächlich alle zehn Minuten verändert werden. Übrigens: Einige Entwicklungsteams arbeiten nur noch auf diese Weise.
Wie funktioniert Shadowing?
Beim sogenannten Shadowing begleitet ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin (der „Schatten“) einen erfahrenen Kollegen oder eine Kollegin. Dabei werden die einzelnen Arbeitsschritte vom „Schatten“ genau beobachtet. Diese Methode wird oft über einen Zeitraum von sechs Wochen durchgeführt:
- In den ersten zwei Wochen begleitet der Schatten den erfahrenen Mitarbeiter und lernt durch Zuschauen.
- In den folgenden zwei Wochen beginnt der Schatten, einige Aufgaben zu übernehmen, wobei der erfahrene Mitarbeiter eingreift, wenn er etwas anders machen würde.
- In den letzten zwei Wochen wechseln die Rollen: Der erfahrene Mitarbeiter wird zum Schatten und gibt dem Schatten (der nun die Hauptverantwortung trägt) am Ende des Tages Feedback.
Dieses Vorgehen kann auch umgekehrt angewendet werden, wenn ein älterer Mitarbeiter von einem jüngeren etwas Neues lernen soll.
Es ist wichtig, dass diese Methode auch von Vorgesetzten unterstützt wird: Wenn der Vorgesetzte die Entscheidungen des jüngeren Mitarbeiters nicht akzeptiert und stattdessen den älteren Mitarbeiter zur Rechenschaft zieht, verfehlt das Shadowing seinen Zweck.
Freiräume schaffen für die Umsetzung neuer Ideen
Respekt voreinander kann durch gegenseitiges Lernen zwischen Jüngeren und Älteren gefördert werden. Führungskräfte sollten ältere Kolleginnen und Kollegen bitten, ihr Wissen in Workshops zu teilen. Sie sollten ihnen als Vorgesetzte dann auch dabei helfen, das zu tun.
Sie können unterstützt werden von jüngeren Mentorinnen und Mentoren, indem man diese fragt, in welcher Form sie sich den Wissenstransfer wünschen – ein kollaboratives Learning statt ein Teaching.
Dies fördert nicht nur eine effiziente Zusammenarbeit, sondern regt auch alle an, kreativ ihre Ideen einzubringen und zu erproben, selbst wenn diese früher nicht umsetzbar waren. Dazu gehört die Bereitschaft der Führungskräfte, den Raum zu öffnen und diese Ideen nicht nur explizit zuzulassen, sondern von den Ideengebern in die Tat umsetzen zu lassen.
Studie Best Agers im Beruf
Unsere Studie „Best Agers im Beruf – Potenzial im Fachkräftemangel?“ in Kooperation mit Prof. Dr. Erika Regnet von der Technischen Hochschule Augsburg zeigt: Während die Altersgruppe bis 40 Jahre ihre Aufstiegschancen mit 4,1 von 6 möglichen Punkten bewertet, erreicht die Altersgruppe ab 40 nur noch 3,5 Punkte.
Ab 50 Jahren nimmt die Wahrnehmung von Aufstiegschancen mit 3,1 Punkten noch einmal deutlich ab.