PersonalmanagementWas Personalentwicklung erfolgreich macht

Personalentwicklung funktioniert nur, wenn wichtige Voraussetzungen geschaffen sind und Konsequenzen berücksichtigt werden. Was sind die Elemente einer erfolgreichen Personalentwicklung? Was müssen Geschäftsleitung, Führungskräfte, Personalbereich und alle Beschäftigten dazu beitragen? Erfahren Sie, warum Personalentwicklung mehr ist als Talentmanagement und was sie leisten muss.

Das Problem mit Talentmanagement

In klassischen Konzepten zum Talentmanagement geht es um erfolgskritische Positionen im Unternehmen. Im Fokus stehen die Inhaber und potenzielle Kandidaten für diese Positionen.

Die Konzentration auf „Schlüsselpositionen“ und „Talente“ hat aber erhebliche negative Folgen. Denn die Belegschaft wird so in zwei Lager geteilt:

  • Eine kleine Gruppe, die „Potenzialträger“, findet sich in elitären Lerngruppen oder Corporate Universitys zusammen.
  • Die größte Gruppe setzte sich aus allen anderen Mitarbeitenden zusammen. Die verstanden die „versteckte Botschaft“ sehr gut: Sie waren eben Mitarbeitende zweiter Klasse, notwendig, aber für die Zukunft scheinbar unwichtig.

So wird das Selbstwertgefühl der Beschäftigten der zweiten Gruppe nachhaltig beschädigt und die Betroffenen werden systematisch demotiviert.

Was unterscheidet Personalentwicklung von Talentmanagement?

Heute wird von Personalentwicklung wesentlich mehr verlangt als die Konzentration auf „Schlüsselpositionen“ und „High Potentials“. Personalentwicklung muss Antworten liefern für relevante Handlungsbedarfe auf allen Entwicklungsfeldern, die alle Führungskräfte und Mitarbeitende betreffen.

Wenn der Begriff Talentmanagement heute in vielen Veröffentlichungen nur den Begriff Personalentwicklung abgelöst hat, weil er moderner klingt, dann hat sich das Etikett verändert. Es kommt aber auf die Inhalte an. Die folgenden Aspekte gehören zu einer wirksamen Personalentwicklung.

Bedarfsanalyse als Grundlage der Personalentwicklung

Der Erfolg von Personalentwicklung entscheidet sich mit der Bedarfsanalyse. Je genauer personalrelevante Handlungsbedarfe ermittelt werden, desto mehr Nutzen wird erreicht.

Außerordentlich herausfordernd ist es, den zukünftigen quantitativen und qualitativen Personalbedarf aus Geschäftsplänen und Unternehmensstrategien abzuleiten. Gerade umfangreiche Transformationen im Unternehmen produzieren immer Gewinner und Verlierer bei den Beschäftigten.

Auch der Veränderungsbedarf für Teams oder Personen muss erst erarbeitet werden. Dafür müssen neue Ziele, Aufgaben, Prozesse, Methoden oder Fähigkeiten geklärt sein, die das Unternehmen, die Teams und die einzelnen Beschäftigten zukünftig brauchen.

Sind diese Aspekte mithilfe der Bedarfsanalyse geklärt, ergeben sich daraus die Konsequenzen für Personalentwicklung. Erst dann können passende Konzepte erstellt werden.

Führungskräfte als Mitwirkende bei der Personalentwicklung

Personalentwicklung produziert Veränderungswiderstände – gerade bei Führungskräften. Denn sie verlieren ihre besten Leute.

Vertikale Karrieren und horizontale Entwicklungen in andere Bereiche oder Funktionen sind gut für betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gut für das Unternehmen. So können offene Positionen schneller mit Personen besetzt werden, die man kennt, denen man etwas zutraut und die im Unternehmen schon zu Hause sind.

Die abgebenden Führungskräfte aber sind die Verlierer! Müssen sie gute Mitarbeitende abgeben, die sich in anderen Bereichen entwickeln sollen, fehlen ihnen ihre Leistungsträger.

Die abgebenden Führungskräfte tragen die Kosten und dagegen wehren sich erfahrungsgemäß die meisten mit allen Mitteln. Wenn dieses Problem nicht gelöst wird, dann sind die Widerstände und Reibungsverluste hoch.

Damit Führungskräfte ihre Rolle als Personalentwickler ihrer Mitarbeitenden akzeptieren, muss es ihnen möglich sein, Lernen in Arbeitsprozesse zu integrieren. Sie dürfen nicht allein an ihren Fachzielen gemessen werden. Sie sollen auch ihre Führungsziele verfolgen können. Das schafft Akzeptanz und Unterstützung für Personalentwicklung.

Hintergrund

Erfahrungen zur Personalentwicklung aus der Praxis

In über 200 realisierten Personalentwicklungsprojekten konnten über Jahre in unterschiedlichen Branchen Erfahrungen gesammelt werden. Sie verbesserten Lösungen Schritt für Schritt weiter. Es zeigte sich der enorme Einfluss indirekt wirkender Faktoren. Sie betreffen die Konzeptqualität, die Umsetzungsqualität und die Verbindlichkeit.

Beispiel: Vor wenigen Jahren erklärte ein Geschäftsleitungsmitglied – zuständig für Vertrieb – dass es nicht notwendig sei, einmal pro Jahr eine Personalklausur durchzuführen. Alle 2 bis 3 Jahre würde reichen. Erst als er es schriftlich hatte und Daten es sichtbar machten, wie viele gute Leute das Unternehmen in den Jahren zuvor verloren hatte und dass er eine Organisationsveränderung wohl gegen die Wand fahren würde, wurde er nachdenklich.

Geschäftsleitung als Treiber der Personalentwicklung

Auf den ersten Blick ist Personalentwicklung ein Handlungsfeld für das Personalwesen, den HR-Bereich (Human Resources). Aber: Personalentwicklung bleibt ein Papiertiger, wenn die Unternehmensleitung sie nicht fordert, fördert, steuert und die Verbindlichkeit sichert. Warum?

Das zeigt der Vergleich zwischen HR-Bereich und Finanzbereich des Unternehmens. Beide Bereiche arbeiten als Stabsabteilung mit „geliehener“ Macht von der Unternehmensleitung.

Im Finanzbereich gibt es als Basis ein „Zwangs-System“: Einmal pro Jahr müssen Geschäftsplan, Finanzplan, Liquiditätsplan, Bilanz und Erfolgsrechnung erstellt werden. Der Finanzbereich muss seine Aktivitäten nicht begründen; er arbeitet im direkten Interesse der Unternehmensleitung.

Im Personal- oder HR-Bereich ist das allerdings nicht der Fall. Für Führung, Personalmanagement oder Personalentwicklung gibt es kein „Zwangs-System“. Allenfalls rechtliche Vorgaben für spezielle Themen oder für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Deshalb braucht der Personalbereich die besondere Unterstützung der Geschäftsleitung.

Unterstützung für den Personalbereich

Der Unternehmenserfolg hängt immer stärker von guter Führung und fähigem, motiviertem Personal ab. Der Personal- oder HR-Bereich ist genau wie der Finanzbereich für die Konzeptqualität auf diesen Feldern verantwortlich.

Er muss effektive Systeme mit Prozessen, Instrumenten und Methoden bereitstellen, die Anwender beraten und unterstützen. Die Umsetzungsqualität müssen die Führungskräfte sichern.

Kommt es dabei zu Widerständen, zur Ablehnung oder zu Differenzen bezüglich Notwendigkeit oder Nutzen, setzen sich die Führungskräfte letztlich durch. Sie werden immer versuchen, Interessenkonflikten zu ihren Gunsten zu lösen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, gute Nachfolger für andere Unternehmensbereiche abzugeben, übergreifende Veränderungen zu realisieren oder wenn der Zeitaufwand für Entwicklungsmaßnahmen zur Debatte steht.

Deshalb kann die Verbindlichkeit von Personalentwicklung nur durch die Geschäftsleitung gesichert werden. Verbindlichkeit wird über veröffentlichte Regeln geschaffen, die auch eingehalten werden: Führen bedeutet Vorleben, alles andere ist höchstens Dressur.

Personalklausur als formaler Rahmen

Mit einer Personalklausur kann Personalentwicklung einfach und unternehmensweit gesteuert werden. Hier besprechen die Geschäftsleitung und die oberen Führungskräfte im Rahmen der Geschäftsplanung, welche Maßnahmen zur Personalentwicklung umgesetzt werden sollen.

Dabei spielen auch die Freigabe von Finanzmitteln und die Übernahme der Auftraggeberrolle für bereichsübergreifende Transformationen eine Rolle. In der Personalklausur wird das entschieden und verbindlich festgelegt.

Tipp

So planen Sie die Personalklausur

In der (mindestens) jährlichen Personalklausur werden die Weichen für Personalentwicklung gestellt. Worum es dabei geht und wie Sie die Entscheidungen auf der Personalklausur vorbereiten, erfahren Sie in diesem Beitrag: Personalklausur planen, vorbereiten und durchführen.

Lerntransfer am Arbeitsplatz sicherstellen

Erfahrungen zur Personalentwicklung und Maßnahmen des Personalbereichs zeigen zwei zentrale Erfolgsfaktoren für Personalentwicklung:

  • Werden Fehler bei der Bedarfsanalyse gemacht, wird Personalentwicklung ineffektiv.
  • Wenn aus Lernerfolg erfolgreiche Anwendung am Arbeitsplatz werden soll, dann muss das Transferproblem gelöst werden.

Das Transferproblem von Wissen aus dem „Lernfeld“ ins „Anwendungsfeld“ tritt bei Seminaren „off the Job“ auf, den am meisten angewendeten Entwicklungsmaßnahmen.

Der entscheidende Faktor besteht darin, dass konkretes Verhalten immer ein Ergebnis von Persönlichkeitsmerkmalen und Einflüssen der Situation (Rahmenbedingungen) ist. Die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz sind äußerst wirkungsvolle Veränderungswiderstände und lassen oft nicht zu, dass neues Wissen angewendet wird.

Deshalb wird „Learning on the Job“ immer wichtiger und von innovativen Methoden immer besser unterstützt.

Was bedeuten „Training on the Job“ und „Training off the Job“?

Training on the Job wird auch „On the job training“ bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine Art „Mini-Ausbildung“, die häufig maximal ein Jahr dauert und berufsbegleitend direkt am Arbeitsplatz oder in seiner Umgebung durchgeführt wird. Viele zukünftige Fach- und Führungskräfte werden mit Training-on the-Job-Maßnahmen weitergebildet und auf neue, anspruchsvollere Tätigkeiten vorbereitet.

Das Prinzip bei Training on the Job: Learning by Doing. Im Fokus steht nicht der Erwerb von theoretischem Wissen, sondern die praktische Erfahrung und das Ausprobieren und Üben in der eigenen Arbeitsumgebung – unter Anleitung von Expertinnen und Experten.

Training off the Job beschreibt Personalentwicklungsmaßnahmen, die nicht am eigenen Arbeitsplatz stattfinden. Instrumente und Maßnahmen des Training off the Job können sein:

  • Fortbildungen
  • Seminare
  • Workshops
  • Assessment-Center
  • E-Learning

Betroffene zu Beteiligten der Personalentwicklung machen

Eine weitere Erfahrung besteht darin, dass viele Veränderungen nur erreicht werden, wenn das ganze Team oder sogar Bereiche in Entwicklungsmaßnahmen einbezogen werden.  Betroffene müssen zu Beteiligten werden.

Deshalb sind Team- und Organisationsentwicklung schon seit langer Zeit erfolgreiche Veränderungsstrategien. Damit verbundene Maßnahmen vorzuschlagen und zu steuern, steigert die Qualität von Personalentwicklungskonzepten.

Außerdem können mit den Betroffenen maßgeschneiderte Entwicklungswege konzipiert werden. Die Personalentwicklung vermittelt zum Beispiel Azubis und Quereinsteigern, wie sie sich im Unternehmen entwickeln können.

Beispiele für die Personalentwicklung im Unternehmen

Beispiel 1: Führungskraft werden

Das Unternehmen weiß: In naher Zukunft wird eine Führungsposition besetzt werden müssen. Mehrere Mitarbeitende kommen hierfür infrage. Eine bestimmte Mitarbeiterin eignet sich aufgrund ihrer Erfahrung sowie fachlicher und persönlicher Stärken.

Diejenige besucht ein Seminar für angehende Führungskräfte und erhält ein Einzelcoaching. Außerdem nimmt sie an einer Job-Rotation teil, um die betroffenen Arbeitsplätze und Abteilungen kennenzulernen. „Job-Rotation“ bedeutet: Mitarbeiter wechseln in festgelegten Intervallen ihren Arbeitsplatz und die damit verbundenen Aufgaben.

Zusätzlich übernimmt ein Kollege, der eine ähnliche Stelle innehat, die Rolle als Mentor.

Beispiel 2: Weiterbildung zum Maschinenbautechniker

Ein Maschinenbau-Unternehmen erhält mehr Aufträge und möchte die Produktion entsprechend steigern; es benötigt zeitnah neue Maschinenbautechniker. Es wird geprüft, welche Mitarbeitenden Interesse an einer entsprechenden Weiterbildung haben.

Die ausgewählten Mitarbeitenden nehmen an einem externen Lehrgang teil. Sie besuchen zusätzlich einen Lern-Workshop, den das Unternehmen zur Prüfungsvorbereitung durchführt. Nach der bestandenen Prüfung können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Wissen direkt im Unternehmen anwenden.

Resümee

Nicht die Lernziele, sondern die Umsetzungsziele bewirken Veränderungserfolg. Deshalb müssen Führungskräfte bereit und fähig sein, den Prozess von der Bedarfsanalyse bis zur Überprüfung des Veränderungserfolges zu steuern.

Sie müssen zudem übergreifende Maßnahmen akzeptieren und mitgestalten, um die Interessen des Unternehmens und der Beschäftigten zu synchronisieren.

Der Erfolg von Personalentwicklung wird gesteigert, wenn die Konzeptqualität durch das Personalwesen, die Verbindlichkeit durch die Leitung und die Umsetzungsqualität durch Führungskräfte gegeben ist. Das ist nicht so schwierig, wie es auf den ersten Blick scheint.

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