ResilienzSieben Resilienzfaktoren widerstandsfähiger Menschen

Resiliente Menschen sind widerstandsfähig gegen Druck, Stress und Kritik. Von welchen Persönlichkeitsmerkmalen hängt die Resilienz ab? Welche Resilienzfaktoren gibt es? Der Autor stellt die sieben wichtigsten vor. Außerdem: Wie man Resilienz misst.

Was ist Resilienz?

In der Psychologie werden diejenigen Menschen als resilient bezeichnet, die psychisch widerstandsfähig sind. Resilienz wirkt wie ein seelisches Immunsystem, das hilft, Krisen durchzustehen oder sogar gestärkt daraus hervorzugehen.

Resiliente Personen reagieren unempfindlicher auf psychische Belastungen wie Stress oder Frust und handeln flexibler in schwierigen und sich ändernden Situationen. Die psychische Widerstandskraft ist bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt und lässt sich trainieren.

Was zeichnet resiliente Menschen aus?

Resilienz beschreibt die Fähigkeit, bei Belastungen standzuhalten. Belastende Situationen werden zum Beispiel ausgelöst durch Stress, Ungewissheit, Veränderungen oder Rückschläge. Bei Resilienz handelt es sich um eine mentale Fähigkeit, die umgangssprachlich mit psychischer Widerstandsfähigkeit übersetzt werden kann.

Menschen mit hoher Resilienz werden häufig mit folgenden Eigenschaften beschrieben:

  • selbstbewusst
  • gelassen
  • humorvoll
  • menschlich
  • zuversichtlich
  • zielorientiert
  • intelligent
  • selbstreflektiert

Beispiel für Resilienz

Ihrem Unternehmen geht es nicht gut: Umsatz sowie Gewinn sinken, Neukunden bleiben aus und wegen der gesamtwirtschaftlichen kritischen Lage droht Ihr Unternehmen in finanzielle Schieflage zu geraten.

Fall 1: Mensch mit hoher Resilienz

Sind Sie widerstandsfähig und bringen viele Resilienzfaktoren mit, werden Sie nach Lösungen suchen. Sie treffen etwa Entscheidungen zu notwendigen Einsparungen, analysieren Zahlen sowie Daten und besprechen im Team, was hinsichtlich der Kundengewinnung sowie Absatzsteigerung getan werden muss.

Fall 2: Weniger anpassungsfähig, nicht resilient

Falls Sie weniger resilient sind, lähmt Sie die negative Entwicklung. Sie fühlen sich ausgeliefert und wenig handlungsfähig. Alsbald überlegen Sie, den Betrieb aufzugeben. Ein realistischer Blick auf die Dinge ist nicht mehr möglich.

Neue Wege werden nicht beschritten, weil Furcht und Sorgen alles überschatten. Vielleicht ereilen Sie psychische Probleme in Form von psychosomatischer Leiden, Schlafstörungen und Burn-out.  Dann sind Sie erst recht nicht mehr handlungsfähig.

Die sieben Resilienzfaktoren

Die US-Forscher Karen Reivich und Andrew Shatté von der University of Pennsylvania haben in ihrem Buch „The Resilience Factor“ zum ersten Mal sieben entscheidende Faktoren beschrieben, die einen hoch resilienten Menschen ausmachen.

Auch wenn die Bezeichnungen dieser Faktoren nicht immer identisch sind, lassen sie sich in den meisten wissenschaftlichen Publikationen wiederfinden. Die sieben Faktoren hoch resilienter Menschen sind:

  • Emotionsteuerung
  • Impulskontrolle
  • Kausalanalyse
  • Selbstwirksamkeit
  • Empathie
  • Realistischer Optimismus
  • Zielorientierung

1. Emotionssteuerung

Emotionssteuerung beschreibt die Fähigkeit, unter Druck ruhig zu bleiben. Resiliente Menschen nehmen ihre Gefühle bewusster wahr als andere, erkennen diese und können sie durch unterschiedliche Verhaltensweisen und Techniken steuern.

Meist geschieht das unbewusst. Ihnen gelingt das auch, wenn sie sehr große persönliche Herausforderungen zu bewältigen haben oder schwere Rückschläge erleben. Ihre Leistungsfähigkeit wird entsprechend nur wenig durch ihre Emotionen beeinträchtigt.

2. Impulskontrolle

Menschen mit hoher Impulskontrolle haben eine klare Strategie, um Ziele zu erreichen, planen im Voraus, folgen nicht sofort neuen Impulsen und geben in der Regel seltener auf, wenn etwas nicht gut läuft.

Sie bringen Dinge zu Ende und erleben darüber eine große Zufriedenheit. Sie sind diszipliniert. Bei der Arbeit können sich Menschen mit hoher Impulskontrolle über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe konzentrieren und lassen sich nicht leicht ablenken, etwa von eingehenden E-Mails.

3. Kausalanalyse

Kausalanalyse beschreibt die Bereitschaft, ein Problem zeitlich und inhaltlich gründlich und zutreffend zu analysieren. Die Kausalanalyse hilft Menschen dabei, einen begangenen Fehler nicht zu wiederholen und verhindert, dass sie zu früh aufgeben. Gründe für Erfolge und Misserfolge werden bei der Kausalanalyse zutreffend eingeschätzt. Das schont ihre Ressourcen.

Wenig resiliente Menschen betreiben dagegen keine ausgeprägte Ursachenforschung. Für Misserfolge und Rückschläge geben sie sich selbst die Schuld und Erfolge führen sie nur auf glückliche Umstände oder Zufälle zurück.

4. Selbstwirksamkeit

Selbstwirksamkeit beschreibt die Überzeugung, dass wir durch unser eigenes Handeln Dinge verändern können. Menschen mit hohen Werten bei der Selbstwirksamkeit erwarten, dass sie den Lauf der Dinge gezielt beeinflussen können.

Entsprechend aktiv engagieren sie sich, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Sie bevorzugen solche Aufgaben, die sie herausfordern, auch wenn dies erst einmal mit einer erhöhten Anspannung verbunden ist.

5. Realistischer Optimismus

Realistischer Optimismus beschreibt die Überzeugung, dass sich Dinge zum Guten wenden können und werden. Er beschreibt außerdem die Fähigkeit, auch in sehr schwierigen Situationen eine Sinnhaftigkeit und etwas Positives zu sehen und zu entdecken: Das Glas ist in der Regel halb voll und nicht halb leer.

Realistisch optimistische Menschen zeigen entsprechend viel Nachsicht mit ihren Mitmenschen. Wirklich resiliente Menschen schätzen aber gleichzeitig die Realität zutreffend ein, sind also nicht übertrieben optimistisch. Denn unrealistischer Optimismus führt dazu, dass Risiken und Erfolgsaussichten falsch eingeschätzt werden und führt somit zu falschen Entscheidungen.

6. Empathie

Empathie beschreibt die Fähigkeit, sich auf der Basis von beobachtetem Verhalten in die psychische und emotionale Lage eines anderen Menschen zu versetzen. Empathische Menschen können nachfühlen, was andere Menschen fühlen.

Vielen fällt dies leichter, wenn sie schon einmal eine vergleichbare Situation wie ihr Gegenüber erlebt haben. Empathie hilft uns, mehr Verständnis für unser Gegenüber aufzubringen und ist zum Beispiel für Menschen, die häufig im Kundenkontakt stehen, äußerst hilfreich und eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Emotionssteuerung.

7. Zielorientierung

Dieser Resilienzfaktor wird von Reivich und Shatté als „Reaching-Out“ bezeichnet und ist mit „Zielorientierung“ nur unzureichend übersetzt. Im Deutschen gibt es keinen Begriff, der diesen Resilienzfaktor besser beschreibt. Zielorientierung ist ein Maß dafür, wie gerne sich ein Mensch neue Ziele setzt und die Ziele anschließend verfolgt und umsetzt.

Menschen mit hohen Werten beim Faktor Zielorientierung sind überzeugt, dass sie einen guten Job machen, sind neugierig und haben ein klares Bild von dem, was sie erreichen möchten. Um die Ziele zu erreichen, gehen sie die notwendigen Schritte selbstbewusst, gelassen und konsequent an.

Entscheidend ist, dass sie sich die Ziele selbst stecken. Das unterscheidet sie von getriebenen Menschen. Wer meint, die Ziele sind vorgegeben, wird Erfolge weniger genießen können und sich eher kopflos von einer Herausforderung in die nächste stürzen. Getriebene Menschen erkranken häufiger an einer Erschöpfungsdepression – dem Burnout.

Resilienz messen

Die Werte eines Menschen bei den einzelnen Faktoren können mit Hilfe von Fragebögen ermittelt werden. Das von Reivich und Shatté entwickelte „Resilience Factor Inventory“ (RFI) ermöglicht es darüber hinaus, auf der Basis der Werte den Resilienzquotient (RQ) zu bestimmen und mit den Werten einer Gesamtstichprobe zu vergleichen.

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