UnternehmensentwicklungMit der Root-Cause-Analyse Probleme in Unternehmen lösen
Warum die Root-Cause-Analyse durchgeführt werden sollte
Viele Unternehmen erzielen über lange Zeiträume hinweg nicht den Umsatz und Profit, die sie eigentlich anstreben; oder dies gelingt bestenfalls für kurze Zeit, bevor die immer wieder gleichen Probleme erneut auftauchen. Oft folgt auf die Ertragsschwäche die Restrukturierung, dann wieder die Ertragsschwäche und die nächste Restrukturierung – eine Abwärtsspirale, die letztlich den Niedergang bedeutet.
Die eigentlichen Probleme, etwa veraltete Geschäftsmodelle, werden nicht angegangen. Der Grund dafür ist: Die Unternehmen arbeiten nur an Symptomen. Auf diese Weise gehen den Unternehmen und der Wirtschaft wertvolle Chancen für Wachstum verloren. Die Anstrengungen verpuffen, weil Ressourcen falsch eingesetzt sind. Deshalb ist es notwendig, den Blick weg von den Symptomen, hin zu den Ursachen zu richten. Dafür gibt es die Root-Cause-Analyse.
Warum Ursachen im Verborgenen bleiben
Der Zugang zu Ursachen erfordert ein Denken in Systemen, in den Vernetzungen und vielschichtigen Wechselwirkungen im Unternehmen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Drei Gründe sind dafür maßgeblich.
Verzerrungen der Wahrnehmung
Wenn wir Menschen ein Problem sehen, neigen wir dazu, es einer leicht erkennbaren und unmittelbaren Ursache zuzuschreiben – „jumping to conclusions“. Denn unser Gehirn blendet das dem Problem zugrunde liegende System allzu leicht aus. Auf diese Weise führt das Lösen des unmittelbaren Problems nicht zu einer dauerhaften Verbesserung.
Fokus auf die Sachebene
Mitarbeitende in den Unternehmen sind auf Phänomene der Sachebene und logisches Denken trainiert. Dafür gibt es klare Vorgehensweisen. Entsprechend werden Probleme gelöst: Überwiegend sachlich, über Technik und Prozesse. Die Frage, ob dieses Vorgehen passend ist, bleibt außen vor.
Probleme haben einen schlechten Ruf
Wer will schon Probleme haben? Nicht umsonst heißen diese in vielen Unternehmen „Herausforderungen“. Probleme sind meist unangenehm, denn sie bedrohen vermeintlich die Position und Reputation. Das verschließt die Türen zu Ursachen.
Der Zweck der Ursachenanalyse – oder Root-Cause-Analysis – ist es, dass die verantwortlichen Führungskräfte und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen, wo die eigentlichen Ursachen für Probleme liegen, um dann wirksam zu handeln und Ergebnisse wie Unternehmenswachstum zu realisieren.
Root-Cause-Analysis – fünf Methoden
Das Wissen über die Methode Root-Cause-Analysis ist unterschiedlich ausgeprägt. Dort, wo Prozesse der stetigen Verbesserung oder Reflexion eingesetzt werden, gehören Ursachenanalysen dazu. Jedoch fehlen diese Routinen in vielen Unternehmen. Wie lassen sich Ursachen aufdecken? Methoden für die Ursachenanalyse können sehr einfach oder etwas komplexer sein. Die folgenden fünf Methoden dienen als Beispiele.
1. Fünf Warum
Diese Methode von Sakichi Toyoda ist simpel. Bei jedem Problem wird fünf Mal die Frage „Warum?“ gestellt, um an die echten Ursachen zu kommen. Diese Methode lässt sich jederzeit und einfach anwenden. Beharrlichkeit beim Nachfragen ist ein Erfolgsfaktor.
2. Fischgräten-Diagramm (Fishbone)
Diese Methode geht auf Kaoru Ishikawa zurück. Hier stellt man die Ketten dar, die zum Problem geführt haben, um an die Ursachen zu gelangen. Einflussgrößen sind die 4M: Material, Maschine, Methode, Mensch; heute oft erweitert um Management, Mitwelt (Umfeld), Messung und Money (Geld) – 8M. Diese Methode benötigt etwas Zeit. Die klare Struktur erleichtert die Umsetzung.
3. Hürden-Differenzierungs-Methode
Dieses Vorgehen orientiert sich an Hürden: Welche Hürden stehen dem Ziel im Wege und was ist erforderlich, um diese auszuräumen? Die Antworten lassen sich nach Symptomen und Ursachen differenzieren. Diese Methode ist ideal für die Umsetzung in Teams.
4. Prinzip W
Dies ist eine Methode der Reflexion. Im Zentrum steht die Frage: Was habe ich mit dem Problem zu tun? Und dann: Was kann ich für eine Lösung tun? Diese Reflexion fördert zugleich die Verantwortungsübernahme und das Lernen. Oft ist die individuelle Reflexion ein guter Startpunkt. Widerstand in Bezug auf Verantwortung, verwechselt mit Schuld, kann eine Barriere sein.
5. Mustererkennung
Die Ergebnisse der Unternehmen und Persönlichkeiten in der Führung zeigen Muster, die auf Ursachen von Problemen hinweisen. Die Mustererkennung fußt auf Datenanalysen und Interviews. Für den geschulten Blick ist diese Methode einfach und schnell durchführbar; allerdings ist ein entsprechendes Training der Wahrnehmung die Voraussetzung. Im Alltag bleiben Muster meist unerkannt.
Anleitung: Root-Cause-Analyse mit der Hürden-Differenzierung
Um die Root-Cause-Analysis konkreter zu fassen, ist hier die Hürden-Differenzierungs-Methode als Anleitung für die direkte Umsetzung beschrieben. Diese fünf Schritte werden am besten im Team durchgeführt.
Schritt 1: Definieren Sie zunächst das Problem so präzise wie möglich. Dies kann eine Herausforderung darstellen. Beantworten Sie dafür diese Frage: Welche Ziele erreichen Sie derzeit nicht?
Schritt 2: Für das Nicht-Erreichen von Zielen gibt es Gründe. Daher ist dies die nächste Frage: Was sind die Hürden, die der Zielerreichung entgegenstehen? Bitte zählen Sie alles auf, was Ihnen in den Sinn kommt, ohne sich zu zensieren. Sammeln Sie die Antworten am Flipchart.
Schritt 3: Nun bearbeiten Sie jede Hürde, die Sie aufgelistet haben, indem Sie prüfen: Welche Frage muss beantworten werden, um diese Hürde auszuräumen? Das können sehr unterschiedliche Fragen sein. Eventuell brauchen Sie etwas Zeit für die Reflexion.
Schritt 4: Differenzieren Sie als Nächstes die Fragen, die Sie in Schritt 3 formuliert haben.
- Welche Fragen beschreiben Symptome? Das sind in der Regel Sachthemen, also die gewohnten Inhalte der alltäglichen Diskussionen. Die Zahl der Symptome ist oft hoch.
- Welche Fragen beschreiben Ursachen? Das sind oft die zugrundeliegenden Denkweisen und Verhaltensmuster, die sonst oft verborgen und kaum angesprochen sind. Die Zahl der Ursachen ist meist gering.
Sortieren Sie die Fragen den beiden Kategorien zu.
Schritt 5: Nun haben Sie eine Liste der Ursachen und können die letzte Frage beantworten: Was müssen Sie tun, um die Ursachen auszuräumen? In der Regel gelangen Sie hier zu völlig neuen Strategien.
Wichtig für diese Ursachenanalyse sind eine positive Haltung zu Problemen, Offenheit für die Reflexion und Zeit für die Antworten.
Zwei Beispiele für eine Root-Cause-Analyse
Beispiel 1 – Stagnation und fehlendes Unternehmenswachstum
Ein Führungsteam wollte wissen, warum der Umsatz trotz hoher Anstrengungen, mit Investitionen in Forschung und Entwicklung beharrlich stagnierte. Das gesamte Führungsteam nutzte die Hürden-Differenzierungs-Methode. Das Ergebnis: Die eigentliche Ursache war: Es wurde beim Testen neuer Wege in einen Markt zu wenig gelernt. Keiner im Führungsteam wollte Fehler machen und schlecht aussehen. Das hemmte die ganze Organisation.
War das angenehm? Nein, erst einmal nicht. War das hilfreich? Ja, denn so kamen die Führungskräfte in Bewegung und damit das ganze Unternehmen. Neue Strategien wurden umgesetzt. Das Unternehmen zählt wieder zu den Wachstumschampions, bereits seit vielen Jahren.
Beispiel 2 – Kundenservice und Prozesse
Ein Unternehmen hatte Probleme mit dem Kundenservice. Zunächst dachte das Team, dass es sich um einmalige Ereignisse handelte. Doch die Ursachenanalyse mit den „Fünf Warum“ zeigte grundlegende Ursachen. Eine Ursache war die mangelnde Kompetenz bei einigen Mitarbeitenden. Dort gab es Bedarf nach Schulung.
Ein anderes Problem lag im Prozess, besonders der Schnittstelle zum Vertrieb. Hier wurde Bedarf nach Optimierung deutlich. Weil das Problem als Chance für die Verbesserung betrachtet wurde, konnte das Unternehmen die Zufriedenheit der Kunden und Mitarbeiter stärken – und zugleich die Abläufe und damit Effizienz optimieren.
Die Bedeutung der Root-Cause-Analyse
Mit den Methoden und Fallbeispielen wird deutlich, dass Ursachen meist nicht auf der Sachebene liegen, für die Manager und Fachexperten heute trainiert sind. Daher ist ein offener Blick auf die Zusammenhänge im Unternehmen wichtig, insbesondere die zwischen den Menschen und der Art, wie Ergebnisse entstehen. Daher erfordert die Ursachenanalyse einen offenen Geist, um jenseits des Gewohnten zu forschen.
Anders gesagt: Wer zu schnell Schlussfolgerungen zieht oder nur aus Routine handelt, bleibt meist bei den Symptomen stecken – und damit beim Handeln ohne die gewünschte Wirkung. Daher ist das Aufdecken von Ursachen so essenziell für den Erfolg – für den produktiven Einsatz von Ressourcen und für tragfähige Strategien für Wachstum und das Gestalten der Zukunft.