FührungsstilServant Leadership – die Führungskraft als Unterstützer

Was bedeutet Servant Leadership? Was unterscheidet Servant Leader von anderen Führungskräften? Welche Vorteile bringt Servant Leadership den Unternehmen? Und vor welchen neuen Herausforderungen stehen Führungskräfte? Wir klären außerdem, wer sich als Servant Leader eignet. Mit Praxisbeispiel zur Veranschaulichung.

Definition: Was ist Servant Leadership?

Wörtlich übersetzt bedeutet Servant Leadership „dienende Führung“. Die Führungskraft dient den Mitarbeitenden. Eine agile Vorgesetzte oder ein agiler Vorgesetzter ermöglicht dem Team Freiheiten bei der Planung und Durchführung von Aufgaben.

Durch ein hohes Maß an Selbstorganisation und Selbstverantwortlichkeit steigt die intrinsische Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei intrinsischer Motivation handelt es sich um den inneren Antrieb, der zum Beispiel durch Freude an der Arbeit entsteht. Es handelt sich um das Gegenteil der extrinsischen Motivation – der Motivation von außen. Diese entsteht zum Beispiel durch eine Gehaltserhöhung oder Druck seitens der Geschäftsleitung.

Servant Leader geben einen Teil ihrer Macht ab. Sie entscheiden weniger und kümmern sich verstärkt darum, Bedürfnisse Dritter zu identifizieren und zu erfüllen. Gute Servant Leader

  • treiben Innovationen voran,
  • schaffen motivierende Rahmenbedingungen und
  • vermitteln dabei die Vision des Unternehmens.

Vorteile der Servant Leadership

Vom Konzept der Servant Leadership profitieren Unternehmen und Mitarbeitende gleichermaßen. Die wichtigsten Argumente für den modernen Führungsstil sind:

Servant Leadership für agiles, digitales Umfeld geeignet

Im agilen Arbeitsumfeld erzielen jene Teams Erfolge, die flexibel auf neue Herausforderungen und Anforderungen reagieren. Das funktioniert am besten, wenn Mitarbeitende selbstorganisiert arbeiten.

Die einzelnen Experten auf ihren jeweiligen Gebieten tauschen sich regelmäßig aus. Sie helfen einander und informieren einander über den Stand ihrer Arbeit. Der Servant Leader motiviert Teammitglieder zu diesem Verhalten. Er greift bei Bedarf moderierend ein.

Die Schwäche „klassischer“ Führung in diesem Kontext: Eine autoritär agierende Führungskraft mit viel disziplinarischer Macht bei gleichzeitig wenig Sachverstand kann Innovationen sogar (unbeabsichtigt) verhindern.

Attraktives Arbeitsumfeld für junge Mitarbeitende

Wollen Unternehmen neue Talente für sich gewinnen, sind nicht nur Unternehmensimage, Ausstattung und Rahmenbedingungen wichtig, sondern auch das Arbeitsumfeld.

Die meisten jungen Mitarbeitenden schätzen Eigenverantwortung und Flexibilität bei der Arbeit. Sie möchten sich weiterentwickeln. Gleiches gilt für qualifizierte Fachkräfte in vielen Branchen.

Gesteigerte Effizienz und bessere Arbeitsergebnisse

Dank einer höheren intrinsischen Motivation steigt die Leistungsbereitschaft. Fühlen sich Mitarbeitende fair behandelt, leisten sie freiwillig mehr. Sie nutzen die Arbeitszeit, um Ergebnisse zu erzielen, statt nur die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit „abzusitzen“. Zudem sind die meisten Menschen kreativer, wenn sie weniger Druck und mehr Wertschätzung erfahren.

Ein gutes Arbeitsergebnis sehen die Mitarbeitenden nicht als lästige Pflicht, sondern als gemeinsames Ziel, zu dem sie gerne beitragen.

Mehr Loyalität

Ein Servant Leader signalisiert durch sein Verhalten: Ich vertraue euch und verlasse mich auf euer Know-how und euren Leistungswillen. Umgekehrt fühlen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter akzeptiert, verstanden und wertgeschätzt, wenn sie nicht überwacht oder gar bevormundet werden.

Sie sind deshalb tendenziell loyaler gegenüber ihrem Arbeitgeber. Daraus können sich weitere Vorteile ergeben, wie weniger Fehltage oder eine längere Betriebszugehörigkeit und somit weniger Fluktuation in der Belegschaft. Unternehmen sparen damit Zeit und Geld.

Nachteile der Servant Leadership

Die Servant Leadership bringt deutlich mehr Vorteile als Nachteile mit sich. Dennoch gibt es einige Hürden, auf die Unternehmen vorbereitet sein sollten:

Wechsel des Führungsstils erfordert Flexibilität

Nicht jede Führungskraft wird den Wechsel zu einem fundamental veränderten Führungsstil auf Anhieb akzeptieren. Gleiches gilt für die Mitarbeitenden. Wer seit Jahren nur den klassischen autoritären Führungsstil kennt, muss offen für ein neues Führungsmodell sein, damit die Vorteile erkannt und genutzt werden können.

Auf lange Sicht funktioniert Servant Ledaerhsip nur, wenn Mitarbeitende eigenverantwortliches Arbeiten schätzen (lernen). Die Führungskraft muss sich persönlich sowie fachlich als Servant Leader eignen und Mut zur Veränderung mitbringen.

Weniger direkte Kontrolle für Unternehmen

Unternehmen haben weniger Kontrolle über das Arbeitspensum und die Aufgabenverteilung. Die Aufgaben werden nicht mehr minutiös zugeteilt und genau überwacht. Führungskräfte können bei möglichen Fehlern erst später eingreifen.

Führungswechsel erschwert

Wenn alteingesessene Mitarbeitende und Führungskräfte durch die Servant Leadership ein starkes gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufgebaut haben, ist ein Führungswechsel etwas schwieriger.

Neue Führungskräfte und Mitarbeitende müssen sich erst aneinander gewöhnen. Wer sich kaum kennt, kann die Servant Leadership im Berufsalltag meistens nicht auf Anhieb umsetzen – wegen des mangelnden Vertrauens und der fehlenden Vertrautheit.

Alle Vorteile und Nachteile des Führungsmodells Servant Leadership auf einen Blick:

Servant Leadership: Vorteile und Nachteile

Welche Eigenschaften hat ein Servant Leader?

Es gibt keinen bestimmten Berufsabschluss oder andere harte Fakten, die jemanden zum Servant Leader qualifizieren. Die Soft Skills sind ausschlaggebend. Bestimmte persönliche Eigenschaften und Verhaltensweisen machen geeignete Führungskräfte aus. Welche sind das?

  • Neugierde und Innovationswille
  • starkes Gemeinschaftsgefühl
  • strategisches Denken
  • hohe Vertrauenswürdigkeit
  • integrative Sichtweise, über den Tellerrand schauen
  • Empathie
  • Wille und Fähigkeit zur Selbstreflexion
  • Authentizität
  • aufrichtiges und konsequentes Verhalten
  • Überzeugungskraft

Beispiel: Servant Leadership versus autoritärer Führungsstil

An einem Beispiel wird der Unterschied zwischen dem autoritären Führungsstil und dem Servant Leadership deutlich:

Vorgehen gemäß autoritärem Führungsstil

Ein Unternehmen bezahlt einmal pro Jahr eine Maßnahme zur Fortbildung für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter. Bisher haben die Führungskräfte das Angebot an Seminaren und Schulungen zusammengestellt.

Dabei haben Sie sich zum einen an eigenen Interessen orientiert. Nach dem Motto: Was für den Chef spannend und neu klingt, ist sicherlich auch für seine Mitarbeitenden relevant. Zum anderen haben Führungskräfte versucht abzuschätzen, welche Fähigkeiten die Mitarbeitenden für aktuelle sowie zukünftige Projekte benötigen.

Dass einzelne Teammitglieder mit der Fortbildungsmaßnahme unter- oder überfordert sein könnten, ignoriert die Führungskraft bei diesem Vorgehen.

Vorgehen gemäß Servant Leadership

Die Mitarbeitenden werden im Vorfeld aufgefordert, sich Gedanken über ihre Fähigkeiten zu machen.

  • Welches Wissen oder Können fehlt im Arbeitsalltag?
  • Wo gibt es (technische) Neuerungen, die noch vertieft werden sollten?
  • Wo tauchen regelmäßig Probleme während der Arbeit auf?
  • Gibt es fachliche oder persönliche Defizite, die aus der Welt geschafft werden können?

Der Servant Leader traut den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu, dass sie selbst am besten einschätzen können, wo ihre Stärken oder Schwächen liegen und welche Fähigkeiten ausgebaut werden sollten. Die Führungskraft glaubt daran, dass Teammitglieder ihre Fertigkeiten richtig bewerten. Die Führung vertraut darauf, dass Mitarbeitende bei der Auswahl von Schulungsmaßnahmen im Sinne des Unternehmens agieren.

Vergleich: Servant Leadership versus klassischer Führungsstil

Beim klassischen Führungsstil hält der Chef oder die Chefin die Zügel in der Hand. Mitarbeitenden wird „von oben herab“ gesagt, wann, was und wie lange oder häufig sie etwas machen sollen. Wenn Sie die Vorgaben einhalten, wird das als positiv gewertet.

Ob Angestellte hinter dem eigenen Tun, hinter der Führungskraft oder hinter dem Unternehmen stehen, spielt keine Rolle. Hauptsache, der Chef und das Management sind zufrieden.

Beim Servant Leadership vertraut man hingegen darauf, dass motivierte, zufriedene Mitarbeitende mit viel Eigenverantwortung ganz automatisch Besseres leisten. Die Führung ist stärker menschenzentriert. Sie legt Wert darauf, die Bedürfnisse des Personals und dadurch auch die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen.

Das heißt nicht, dass messbare Erfolge keine Rolle spielen. Diese Erfolge werden nach dem Konzept der Servant Leadership „von allein“ erzielt. Der Grund: Alle möchten etwas beitragen, um das gemeinsame Ziele zu erreichen – etwa mehr Umsatz, die Erschließung neuer Märkte oder die erfolgreiche Einführung eines innovativen Produkts.

Servant Leadership in der Praxis: Verhalten reflektieren und verändern

Wie können Sie Ihren Führungsstil und Ihre Führungskompetenzen anpassen oder erweitern, im Sinne des Servant Leadership?

In der folgenden Checkliste sind die wichtigen Merkmale dieses Führungsmodells anhand von Fragen zur Reflexion aufgeführt. Prüfen Sie, wie Sie Ihr Team führen und wie die Zusammenarbeit im Team zukünftig aussehen kann.

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