QualitätsmanagementSix Sigma am Beispiel erklärt

Wie funktioniert Six Sigma praktisch? Wie werden Ziele für das Six-Sigma-Projekt definiert? Welche Maßnahmen sind wichtig? Benötigen Unternehmen ein Ressourcenplanungstool? Wie werden Ergebnisse ermittelt? Der Autor klärt am Praxisbeispiel, wie Wirkzusammenhänge identifiziert werden.

Durch ein Six-Sigma-Projekt lassen sich die Ablauforganisation und die Geschäftsprozesse auf die Ziele eines Unternehmens ausrichten. Am Beispiel eines Personaldienstleisters, der den Vermittlungserfolg seiner Mitarbeiter erhöhen wollte, wird das deutlich.

Das Projektvorgehen orientierte sich an dem für Six-Sigma-Projekte typischen Kernprozess DMAIC: Define, Measure, Analyse, Improve, Control.

Define: Ziele definieren

Der Personaldienstleister definierte die Ziele für sein Six-Sigma-Projekt:

  • Erfolgsfaktoren für die Personalvermittlung identifizieren
  • Best Practices der einzelnen Vermittlungsteams erfassen
  • Maßnahmen zur Steigerung der Vermittlungsrate festlegen
  • Anzahl der Personalvermittler abhängig von den Erfolgsfaktoren bestimmen können

Measure: Daten festlegen

In der Measure-Phase wurde zunächst festgelegt, welche Daten erhoben werden müssen, um die gesuchten Erfolgsfaktoren für die Personalvermittlung tatsächlich bestimmen zu können.

Da Vergangenheitsdaten nur teilweise zur Verfügung standen, wurden die weiterhin benötigten Daten im Rahmen von Workshops an den verschiedenen Standorten erhoben und anschließend mögliche Einflussfaktoren auf den Vermittlungserfolg bestimmt:

  • Arbeitsmarkt in der Region
  • Einzelne Merkmale der zu vermittelnden Mitarbeiter
  • Einzelne Merkmale des Personalvermittlers
  • Interne Prozesse und Aufbauorganisation
  • Saisonale Einflüsse
  • Einfluss bestimmter Vermittlungsinstrumente

Analyse: Datenquellen auswerten

Um den Einfluss des externen Arbeitsmarkts beurteilen zu können, wurde die Zahl der offenen Stellen eines Bundeslandes zu der Anzahl der Arbeitssuchenden des jeweiligen Bundeslandes ins Verhältnis gesetzt (Stellenquote).

Zwischen der Vermittlungsquote der jeweiligen Teams eines Bundeslandes und der Stellenquote zeigte sich keine signifikante Korrelation. Auch saisonale Einflüsse spielten keine entscheidende Rolle bei der Personalvermittlung.

Zusammenhänge suchen

Blieben die Fragen, welchen Einfluss die Vermittlermerkmale haben, und welche Effekte den einzelnen Vermittlungsinstrumenten zuzuschreiben sind. Eine Antwort darauf sollte eine Analyse geben, bei der verschiedene Merkmale des bislang vermittelten Personals untersucht wurden. Dazu wurden die Daten aus den letzten Jahren systematisch ausgewertet.

Ob und welche Zusammenhänge zwischen der Verwendung einzelner Vermittlungsinstrumente und dem Vermittlungserfolg bestehen, wurde auf Basis bisheriger Daten ebenfalls untersucht. Um die internen Prozesse und die Aufbauorganisation analysieren zu können, wurden repräsentative Befragungen der Personalvermittler durchgeführt.

Bei der Analyse der Mitarbeiter-Merkmale wurden Variablen wie Alter, Geschlecht, Beruf oder Erfahrung berücksichtigt. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Vermittlungserfolg und dem Alter des zu vermittelnden Personals nachgewiesen werden.

Ein ähnliches Bild ergab die Analyse der Zusammenhänge zwischen der Berufserfahrung und dem Vermittlungserfolg. Anders beim Geschlecht: Ob es männliche oder weibliche Mitarbeiter waren, hatte keinen signifikanten Einfluss auf eine bessere und schnellere Vermittlung.

Best Practices ermitteln

Im nächsten Schritt wurde ein Ranking der Vermittlerteams erstellt. Auf diese Weise sollten die Best Practices der einzelnen Vermittlerteams ermittelt werden. Untersucht wurde, worin sich die besonders erfolgreichen Teams organisatorisch und prozessual von den weniger erfolgreichen Teams unterscheiden.

Berücksichtigt wurde dabei auch, welche Merkmale die zu vermittelnden Mitarbeiter haben. Weitere Daten resultierten aus einer repräsentativen Befragung der Personalvermittler.

Anschließend wurden die Befragungsergebnisse mit dem Ranking-Platz des jeweiligen Teams in Beziehung gesetzt. So konnte der Einfluss organisatorischer und prozessualer Aspekte auf den Vermittlungserfolg ermittelt werden.

Erkenntnisse aus der Analyse ableiten

Im Fokus der Analyse standen die Befragungsergebnisse, bei denen sich besonders signifikante Unterschiede zwischen den Top-Teams und den weniger guten Teams abzeichneten. So konnte beispielsweise herausgearbeitet werden, welche prozessualen und organisatorischen Herangehensweisen einen positiven Einfluss auf den Vermittlungserfolg hatten und welche Ansätze sich weniger bewährten.

Dabei stellten sich signifikante prozessuale beziehungsweise organisatorische sowie vermittlerbezogene Unterschiede heraus. Eine Plausibilisierung dieser Ergebnisse wurde in zwei Workshops mit vier ausgewählten Gruppenleitern sichergestellt. Als wesentliche Einflussgrößen auf den Vermittlungserfolg konnten folgende Faktoren identifiziert werden:

  • Altersstruktur des Mitarbeiterbestands
  • Verweildauer (Neuzugänge sind einfacher abzubauen als der Alt-Bestand)
  • Anzahl der Vermittlungsinitiativen, die die Betreuungsintensität beeinflussen
  • Feste Zuordnung von Sachbearbeitern zu Personalvermittlern
  • Anzahl der Personalvermittler für ein Thema (zum Beispiel Schwerbehinderte)
  • Technische Berufserfahrung
  • Kaufmännische Berufserfahrung
  • Gespräch auf Augenhöhe
  • Aufwand für die Qualifizierung der Personalvermittler
  • Dauer der Gesprächsvorbereitung
  • Betreuungsdauer in Monaten

Die Erkenntnisse aus der zahlen-, daten- und faktenbasierten Auswertung der regionalen Befragung wurden anschließend im Rahmen von Workshops mit den Erfahrungswerten der Teamleiter abgeglichen.

Improve: Maßnahmen ergreifen

Im nächsten Schritt mussten Maßnahmen konzipiert werden, um den Vermittlungserfolg zu steigern. Auf Basis der wichtigsten Merkmale der zu vermittelnden Mitarbeiter wurde eine Segmentierung des Mitarbeiterbestands vorgenommen und dieser mit dem internen Cluster-Modell kombiniert.

Bei diesem Modell werden die zu Vermittelnden in folgende Kategorien gegliedert:

  • Cluster 1: eine Vermittlung ist wahrscheinlich
  • Cluster 2: eine Vermittlung ist nicht wahrscheinlich
  • Cluster 3: Austrittsdatum steht fest und ist vertraglich gesichert
  • Cluster 4: keinem der anderen Cluster zuzuordnen

Durch diese Vorgehensweise konnten die Handlungsfelder eindeutig identifiziert werden, die zur Optimierung der Personalvermittlung beitragen sollten. Die Segmentierung bildete zudem die Grundlage, um Mitarbeiter intensiver betreuen zu können.

Control: Ressourcenplanungstool entwickeln

Mithilfe der aus den Befragungen resultierenden Zeitschätzungen für Beratungsgespräche, Personalisierungsrunden oder Teammeetings konnte eine Kalkulation der benötigten Vermittler- und Sachbearbeiterressourcen vorgenommen werden. Dabei stellte sich heraus, dass diese Ressourcen maßgeblich von den geplanten Initiativen abhängen.

Aufbauend auf den Zeitschätzungen wurde ein Ressourcenplanungstool entwickelt, mit dessen Hilfe die Personalressourcen für unterschiedliche Annahmen (Szenarien) und Initiativen kalkuliert werden konnten. Das Tool erlaubt es zudem, Zielvorgaben bezüglich der Vermittlungsquote für die einzelnen Teams analytisch auf die Vermittlungsteams herunterzubrechen und die dazu benötigten Vermittler- und Sachbearbeiterkapazitäten festzulegen.

Die Analysen ergaben, dass eine hohe Vermittlungsquote durch entsprechende Initiativen der Vermittlerteams wesentlich beeinflusst wird. Damit kann eine gleichmäßige Auslastung der Vermittler sichergestellt werden. Die Umsetzung der organisatorisch-prozessualen und vermittlerbezogenen Verbesserungsmaßnahmen, etwa Entwicklung von Vermittlungsinitiativen, Steigerung des Arbeitsanteils „Beratung“ oder Sicherstellung eines hohen Niveaus vermittlerbezogener Fähigkeiten, sichert zudem die notwendige Effizienz bei der Durchführung der Initiativen.

Ergebnisse des Six-Sigma-Projekts

Nachdem die Best Practices gefunden waren, galt es nun, diese im gesamten Unternehmen zu etablieren. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit der Fachabteilung ein Maßnahmenplan erarbeitet und den Regionalstellenleitern vorgestellt. Federführend bei der Umsetzung waren die Teamleiter und Regionalstellenleiter, wodurch die Akzeptanz der Veränderungen zusätzlich abgesichert werden konnte.

Durch die Segmentierung des Mitarbeiterbestands wurden die Handlungsfelder für die Entwicklung von Initiativen identifiziert und die Betreuungsaktivitäten je nach Segment festgelegt. Die benötigten Vermittler- und Sachbearbeiterkapazitäten konnten neu festgelegt und besser gesteuert werden.

Eine effiziente Steuerung der Initiativen erlaubt den optimalen Einsatz der Ressourcen. Das Ressourcenplanungstool ermöglicht dem Personaldienstleister, den Personalbedarf für verschiedene Szenarien optimal zu planen.

Die Zielvorgaben im Hinblick auf die Vermittlungsquote können auf ein Vermittlerteam heruntergebrochen werden. Durch die zeitliche Steuerung der Initiativen wird eine gleichmäßige Auslastung der Vermittler ermöglicht. Die Umsetzung der Projektergebnisse erlaubt eine bessere Kapazitätsplanung und -steuerung sowie die Konzentration auf wirkungsvolle Initiativen.

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