ÜbermotiviertWenn die hohe Motivation des Projektleiters zum Problem wird
Wie jeder Mensch haben Projektleiterinnen und Projektleiter bestimmte innere Motive, die sie antreiben. Motivation ist nötig und oft hilfreich, kann jedoch bei zu starker Ausprägung oder in bestimmten Situationen auch hinderlich sein. Gerade in schwierigen Projektsituationen können sehr motivierte Projektleiter den Projekterfolg gefährden.
Als Projektleiterin oder Projektleiter sollten Sie Ihre inneren Antreiber kennen. Das kann zum Beispiel der Wunsch nach Perfektion sein oder der Drang, die Dinge schnell und sofort erledigen zu müssen. Nur wenn Sie wissen, welche inneren Motive auf Ihr Handeln wirken, vermeiden Sie die Gefahr, blindlings in eine selbstverschuldete Projektfalle zu tappen. Prüfen Sie deshalb, welche der folgenden Motive und Antreiber Sie bei sich erkennen.
Streng Dich an! – das Arbeitstier
Das Leben ist hart. Von nichts kommt nichts. Ohne Fleiß kein Preis. So oder so ähnlich lauten die Glaubenssätze, wenn das Verhalten vom Antreiber „Streng Dich an!“ geprägt ist. Menschen mit dieser inneren Einstellung wurde in die Wiege gelegt, dass Erfolg nur von Anstrengung kommt.
Projektleiter mit diesem Antreiber sind wahre Arbeitstiere. Sie verfügen über großes Durchhalte- und Beharrungsvermögen. Andererseits neigen sie dazu, in ihren Projekten oft den anstrengendsten Weg zum Ziel zu suchen. „Nur was wehtut, kann erfolgversprechend sein“, lautet ihr Credo.
Um solchen Übertreibungen entgegenzuwirken, ist es notwendig, sich immer wieder vor Augen zu führen: Ein Projekt darf auch Spaß machen!
Sei stark! – der Kraftprotz
Projektleiterinnen und Projektleiter mit dem Antreiber „Sei stark!“ haben das Motto „Ich schaffe das auch allein!“ mit der Muttermilch aufgesogen. Selbst in prekären Projektsituationen spielen sie lieber den Helden, als Gefühle und Schwäche zu zeigen. Das verleiht ihnen Autorität und Führungsstärke. In Projektkrisen sind sie diejenigen, die sich scheinbar nicht unterkriegen lassen.
Wird der Antreiber aber übermächtig, spielen diese Projektleiter gerne den einsamen Helden. In schwierigen Situationen, wenn die Dinge nicht wie erwartet laufen, stoßen Sie mit ihrem Verhalten andere schnell vor den Kopf. Besser wäre es, in solchen Situationen um Hilfe zu bitten oder angebotene Hilfe in Anspruch zu nehmen, anstatt eine dicke Schutzmauer aufzubauen und niemanden an sich heranzulassen.
Das Konzept der Antreiber
Das Konzept der Antreiber stammt aus der Transaktionsanalyse und wurde Mitte der 1970er-Jahre von dem Psychologen Dr. Taibi Kahler entwickelt. Das Analyse-Werkzeug hilft, die unbewussten Muster zu erkennen, die einen Menschen antreiben, ohne am Ende zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Mit dem Verhalten, das von seinem inneren Antreiber gesteuert wird, erreicht er oft das Gegenteil von dem, was er erreichen möchte. Das kann gerade in Projekten gefährlich werden. Kahler unterscheidet fünf Antreiber.
Beeil Dich! – der Hektiker
Projektleiterinnen und Projektleiter mit dem Antreiber „Beeil Dich!“ wurden vermutlich in ihrer Kindheit ständig zur Eile angetrieben. Heute sind sie immer in Bewegung. Wenn es ihnen nicht schnell genug geht, werden sie leicht nervös und ungeduldig. Unter Zeitdruck zu arbeiten, macht ihnen nichts aus. Sie sorgen für Dynamik, können andere begeistern und mitreißen.
Doch auch dieser Antreiber hat seine Schattenseiten. Wenn Ruhe und Gelassenheit fehlen, kann darunter schnell das Projektteam leiden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleben ihre Projektleiterin als hektisch und gestresst, häufig sind Missverständnisse und Konflikte die Folge. Als Gegenmittel kann das Motto „in der Ruhe liegt die Kraft“ helfen.
Mach es allen recht! – Everybody’s Darling
Projektleiterinnen und Projektleiter mit dem Antreiber „Mach es allen recht!“ tun sich schwer, Nein zu sagen. Sie befürchten Ablehnung und verfolgen deshalb die Strategie, es allen recht machen zu wollen. Für ein Projektteam kann diese Verhaltensweise zunächst sehr nützlich sein, geht die Projektleiterin doch auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden ein.
Andererseits begibt sich die Projektleiterin in ein gefährliches Fahrwasser. Weil für sie nur zählt, was andere von ihr erwarten, folgt sie heute dieser Meinung, morgen einer anderen. Sie möchte ja bloß niemandem auf die Füße treten. Bald weiß dann keiner mehr, woran er bei dieser Projektleiterin ist. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, auch einmal den eigenen Standpunkt zu vertreten – und einzusehen, dass man es nicht immer allen recht machen kann.
Sei perfekt! – der Perfektionist
Projektleiterinnen und Projektleiter mit dem Antreiber „Sei perfekt!“ geben sich mit durchschnittlichen Leistungen nicht zufrieden. Sie haben einen hohen Qualitätsanspruch und möchten immer ausgezeichnete Ergebnisse abliefern.
Der Perfektionist hat Angst davor, Fehler zu machen. Eine im Projektgeschäft fatale Einstellung. Projekte sind per definitionem einmalig, oft neuartig. Da sind Fehler unausweichlich. Das Streben nach Perfektionismus ist ein Zeitfresser und erhöht den Zeitdruck im Projekt. Als Projektleiter muss man lernen, sich auch mal mit weniger als 100 Prozent zufriedenzugeben.
Survival-Tipps
- Identifizieren Sie Ihren eigenen inneren Antreiber, der Ihnen Druck macht. Wirken Sie dem Antreiber mit einem Gegenmotto entgegen.
- Nehmen Sie nicht alles immer so ernst. Ihre Maxime sollte lauten: „Am Ende zählt nur das Ergebnis!“ Lassen Sie sich das Leben nicht unnötig schwer machen.
- Sie müssen nicht den Helden spielen, sondern dürfen sich Hilfe holen. Öffnen Sie sich Menschen, zu denen Sie Vertrauen haben – das ist ein Zeichen von Stärke.
- Schluss mit der Hektik. Nehmen Sie sich für das nächste Projekt bewusst Zeit und setzen Sie Prioritäten. Streichen Sie Termine, die Sie Ihrem Ziel nicht näher bringen.
- Vertreten Sie klar Ihre Meinung. Arbeiten Sie an Ihrem persönlichen Profil. Wenn Sie allen gefallen wollen, werden Sie es auf die Dauer niemandem recht machen.
- Verabschieden Sie sich vom Perfektionismus. Fürchten Sie sich nicht vor Fehlern, sondern gehen Sie das nächste Projekt ohne Angst vor einem schlechten Ergebnis an.