InterkulturalitätWas chinesische Partner nicht mögen

Konflikte mit chinesischen Partnern und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern resultieren oft aus kulturellen Unterschieden. Welche Werte und Prägungen erschweren die Zusammenarbeit und wie lassen sich Konflikte vermeiden?

Hierarchie und Gruppe: Die chinesischen Partner ticken anders

In China hat sich die Kultur über Jahrtausende völlig anders entwickelt als hierzulande. Es existieren ganz andere Vorstellungen, was richtig und falsch, was gut und schlecht ist. In der Zusammenarbeit von und bei Verhandlungen zwischen Deutschen mit Chinesen entstehen dadurch häufig Missverständnisse und Reibungspunkte.

Kennt man die wichtigsten Kulturunterschiede, so kann man Verständnis für die andere Sichtweise entwickeln und entsprechend agieren.

Hierarchie

China ist stark hierarchisch geprägt. Alle Mitglieder der Gesellschaft erkennen die besondere Berechtigung von Hierarchie und Status an. Eine ungleiche Verteilung von Macht wird nicht nur akzeptiert, sie gilt als fundamental für das Funktionieren einer Gemeinschaft.

In der Organisation führt dies zu einem besonders respektvollen Verhalten der Mitarbeitenden gegenüber den Führungskräften. Führungskräfte haben dadurch Vorteile, wenn sie Aufgaben rasch durchsetzen wollen. Anweisungen „von oben“ werden nicht hinterfragt, sondern umgesetzt. In einigen Arbeitsfeldern bringt das allerdings Nachteile. Führungskräften ist eine offene Diskussion mit den Mitarbeitenden über kritische Punkte im Unternehmen kaum möglich.

In Deutschland gehen wir davon aus, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine eigene Perspektive einbringen, nicht einfach Anweisungen ausführen. Eine offene Diskussion ist auch mit den Vorgesetzten möglich, sodass sinnvolle Anregungen oder Hinweise auf kritische Situationen entstehen und von unten nach oben durchgereicht werden können. Chinesische Vorgesetzte sind mit einer solchen Arbeitsweise nicht vertraut.

Deutsche finden Hierarchie nur dann akzeptabel, wenn sie eine nachvollziehbare Funktion hat. Einer Chefin oder einem Chef ordnet man sich nur dann gerne unter, wenn man überzeugt ist, dass sie oder er die Führungsaufgaben gut ausführt.

Es muss einen Grund geben, warum jemand an der Spitze der Firma oder des Projektes steht. Chinesen ordnen sich ihren Vorgesetzten dagegen ganz einfach deshalb bereitwillig unter, eben weil sie in der gegebenen Hierarchie Chefin oder Chef sind.

Gruppenzugehörigkeit

Deutsche sind Individualisten, für Chinesen ist dagegen die Gruppe besonders wichtig – sei es die Familie, die Firma oder die Arbeitsgruppe. Chinesen integrieren sich daher willig in eine Gruppe. Deutschen ist dagegen die individuelle Selbstbestimmung wichtig.

Die Bedeutung des Einzelnen, seiner Fähigkeiten, Pflichten und Rechte wird in den Vordergrund gestellt. Deutsche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter suchen daher das Lob des Einzelnen und die persönliche Bestätigung, wenn ihnen etwas gut gelungen ist. Im Gegenzug übernehmen sie auch Verantwortung, wenn etwas schlecht gelaufen ist.

Chinesen erwarten von der Gruppe Schutz und Fürsorge. Der Einzelne ist dafür bereit, sich unterzuordnen. Die Beziehungen innerhalb einer Gruppe spielen eine große Rolle und müssen deshalb besonders gepflegt werden. Gruppenbildung mit den chinesischen Partnern und Mitarbeitenden und die Pflege der Beziehungen sind daher lohnende Investitionen!

Wie wirken sich die Kulturunterscheide auf die Zusammenarbeit und Verhandlungen aus?

Die Kulturunterschiede zwischen Chinesen und Deutschen haben Konsequenzen für das Verhalten am Arbeitsplatz. Deutsche halten es für normal, dass individuelle Interessen existieren und verfolgt werden. Wenn unterschiedliche Interessen zusammenprallen, kann es in der Folge jedoch leicht zu Auseinandersetzungen führen.

Chinesen erkennen die Priorität von Gruppenzielen an. Sie wollen Auseinandersetzungen vermeiden, gehen eher davon aus, dass sich alle dem Gruppeninteresse unterzuordnen haben.

Asiaten sind also gruppenorientiert. Ihr Selbstverständnis beziehen sie wesentlich aus der Zugehörigkeit zu den Gruppen, denen sie angehören. Privat ist das natürlich die Familie. Dabei ist ihnen nicht nur – wie in Deutschland – die Kernfamilie wichtig, sondern auch der große Verwandtenkreis. Bei den chinesischen Familienfesten wird diese Gemeinschaft gepflegt.

Wichtigster Feiertag ist das chinesische Neujahrsfest, das ungefähr Ende Januar oder Anfang Februar stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt im Jahr sollte man keine Termine mit Chinesen planen, damit sie ihre Familienzusammenkünfte feiern können.

Zugehörigkeit zu Arbeitsgruppen und Organisationen

Auch die Zugehörigkeit zu einer Firma oder zu einer Arbeitsgruppe hat für sie eine hohe Bedeutung. Deshalb wird mit Gruppenmitgliedern besonders sorgsam umgegangen. Außenstehende werden von Chinesen dagegen weniger wahrgenommen und beachtet. Solange kein „Wir-Gefühl“ aufgebaut ist, werden Chinesen sich distanziert verhalten.

Die besondere Aufmerksamkeit der Chinesen für die eigene Gruppe hat auch starke Auswirkungen auf die Art und Weise der Kommunikation innerhalb der Gruppe. Es wird vorsichtig und indirekt kommuniziert, sodass möglichst keine Missstimmung aufkommt. Deutschen fällt es oft schwer, zu verstehen, was die chinesischen Partner sagen möchten, weil wir gewöhnt sind, alles möglichst direkt auszudrücken.

Die vorsichtige Kommunikation der Chinesen hat aber noch eine weitere Funktion, mit der man rechnen sollte. Durch die indirekte Kommunikation werden mehrere Deutungsmöglichkeiten offengelassen. Es kann also passieren, dass im Nachhinein eine Aussage anders interpretiert wird, als man sie ursprünglich verstanden hat.

Konflikten ausweichen: Warum kann man mit Chinesen so schlecht Klartext sprechen?

Kommunikation spielt eine große Rolle in der Zusammenarbeit. Einige Konzepte aus der Kommunikationswissenschaft lassen sich nutzen, um die Unterschiedliche in den Kommunikationsweisen besser zu verstehen.

In Deutschland und in anderen westlichen Gesellschaften ist die sogenannte Low-Kontext-Kommunikation vorherrschend. Sie hat die folgenden Merkmale: Ein sehr direkter Kommunikationsstil ist üblich. Möglichst alle Fakten sollen explizit erklärt werden, um Unklarheiten auszuschließen. Zur Unterstützung der Argumentation legt man Motive und Intentionen, warum man etwas macht oder möchte, offen. Es ist positiv, wenn der Sprecher seinen Standpunkt klarmachen kann, um Missverständnisse zu vermeiden.

In asiatischen Gesellschaften im Allgemeinen und in China im Besonderen findet die sogenannte High-Kontext-Kommunikation statt. Der Kommunikationsstil ist indirekt. Es wird eher „spiral“ argumentiert, das heißt, man zieht Kreise um das eigentliche Argument, spricht nicht alles direkt an und schon gar nicht aus.

Oft wird vieldeutig erklärt. Bewusst werden verschiedene Interpretationsmöglichkeiten offengelassen. Es wird für Flexibilität gesorgt, sodass eine Aussage relativiert werden kann. Das ist aus chinesischer Sicht sehr nützlich, weil man sich im Nachhinein leichter korrigieren und Verstimmungen ausweichen kann.

Von High-Kontext-Kommunikation spricht man deshalb, weil es in stark vernetzten Gesellschaften aufgrund der engeren Bindungen der Gruppenmitglieder relativ einfach ist, dem Empfänger einer Nachricht die Entschlüsselung der Botschaft zu überlassen. Er kennt den Kontext und kann daher leicht die Bedeutung erfassen.

Die Kommunikation ist ein Bereich, der in der Zusammenarbeit nicht unterschätzt werden darf. Oft werden die Botschaften der Chinesen von Deutschen nicht richtig verstanden und gedeutet. Bei Asiaten ruft dagegen der direkte Kommunikationsstil der Deutschen Unbehagen hervor.

Insbesondere wenn Schwierigkeiten auftauchen, kommunizieren Chinesen ganz anders als Deutsche. Sie tendieren dazu, die aufscheinenden Konflikte durch Themenwechsel, Verlassen der Situation oder Schweigen entschärfen zu wollen. Diese Verhaltensweise steht im krassen Gegensatz zum deutschen Ansatz. In Deutschland sollen Schwierigkeiten klar benannt werden. Typischerweise werden zunächst direkte Rückfragen gestellt. Man versucht, erst mal alles auf den Tisch zu legen. Üblich sind auch verbale Rechtfertigungen oder Verteidigung der eigenen Handlungen oder Entscheidungen. Dazu führt man Beweismaterial an, am liebsten durch Fakten, Zahlen und Statistiken. Für den Umgang mit den chinesischen Partnern ist eine solche Vorgehensweise nicht zielführend, weil sie in chinesischer Sicht die Dinge eher verkompliziert.

Schnelligkeit versus Qualitätssicherung: Warum drücken die chinesischen Partner auf die Tube?

Kulturelle Unterschiede beeinflussen den Umgang mit Zeit und die Bereitschaft, Risiken einzugehen – oder zu vermeiden.

Deutschen wird eine besondere Stärke in der Qualitätssicherung zugesprochen. Sie ist entstanden aus der kulturell bedingten Neigung, Unsicherheiten zu vermeiden. Deutsche versuchen, Risiken gering zu halten. Man sucht nach Regeln und Prozessen, die Unsicherheit und Risiken minimieren, und ist willens, dafür Zeit und Aufmerksamkeit zu investieren. Man will beispielsweise Produkte, Ideen oder Systeme so lange testen, bis sie fehlerfrei und marktreif sind. Freilich benötigt dies Zeit, und so manche Chance, ein Produkt frühzeitig auf dem Markt zu bringen, wird vergeben.

Chinesen können dagegen kulturell bedingt weitaus entspannter mit Risiken, Unsicherheiten und neuen Situationen umgehen. Neben langfristigen kulturellen Prägungen spielen aber stets auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine Rolle. Und in dieser Hinsicht gab es in jüngerer Zeit einen bedeutsamen Wandel. Seit sich die chinesische Regierung die Initiative „Made in China 2025“ auf die Flagge geschrieben hat, erfahren Innovation, Schnelligkeit und Effizienz eine besondere Wertschätzung.

China hat in den letzten Jahren einen enormen Entwicklungssprung gemacht. Mit Technologisierung und Digitalisierung will China nun schnell eine Vorreiterrolle erreichen. Das setzt Deutsche mit ihren Ansprüchen auf Qualitätssicherung zeitlich unter Druck. Im Wertekonflikt zwischen Schnelligkeit und Risikovermeidung entscheiden sich die Chinesen eher für ein beschleunigtes Vorgehen und sind bereit, Probleme im Nachhinein zu behandeln.

Nicht unüblich sind in Asien sogenannte „soft starts“. Man bringt ein Produkt, eine Technologie oder eine Serviceleistung in den Markt und geht gar nicht davon aus, dass von vornherein gleich alles funktioniert. Man kalkuliert, dass im Zeitablauf und dank Erfahrungsgewinns aus der Praxis nachgebessert werden kann. Eine solche Denkweise ist für deutsche Partner gewöhnungsbedürftig.

Konfliktsignale: Wie merkt man bei chinesischen Partnern frühzeitig, dass es ein Problem gibt?

Das Verhalten bei Problemen und Konflikten hängt stark von der kulturellen Prägung ab. Dies beginnt damit, ob überhaupt und wie ein Konflikt signalisiert wird. Aufkommende Probleme werden ganz unterschiedlich signalisiert und es wird darauf auch unterschiedlich reagiert.

Chinesen geben verbal allenfalls schwache Andeutungen, wenn sie nicht einverstanden sind oder ein Problem sehen. Kritikpunkte werden nicht direkt benannt. Aus Tonfall, Mimik, Gestik oder der Wortwahl lässt sich jedoch herauslesen, dass etwas nicht in Ordnung ist.

Körpersprachliche Signale werden eingesetzt, um Problempunkte anzudeuten, aber nicht direkt benennen zu müssen. Zieht beispielsweise ein asiatischer Partner bei einem Besprechungspunkt ganz langsam Luft durch die Zähne, so ist dies ein unausgesprochenes Signal, dass es hier ein Problem gibt.

Deutsche reden gerne laut und argumentieren heftig. In unserer Kultur gilt dies als positiv und zupackend. In der „leiseren“ chinesischen Kultur kann das laute Sprechen als aggressiv aufgefasst werden. Damit beim Gegenüber nicht der falsche Eindruck entsteht, sollte man kritisch bedenken, welche Signale man sendet. Ebenso wichtig ist es, offenzubleiben in der Interpretation der Signale, die man empfängt. Auch die chinesischen Partner geben Signale, die Deutsche manchmal einfach missverstehen.

Wenn ein asiatischer Partner sich plötzlich zurückzieht, kann dies ein Signal für einen drohenden Konflikt sein. Ein abrupter Themenwechsel oder ein unverständliches Schweigen des chinesischen Partners kann bedeuten, dass ein problematisches Thema angeschnitten wurde. Chinesen nutzen bestimmte kommunikative „Stilmittel“, die indirekt auf ein Problem hinweisen. Beispiele dafür sind:

  • Es werden indirekte Fragen gestellt, wie zum Beispiel: „Glauben Sie nicht, dass wir noch genügend Zeit haben?“
  • Manchmal wird die eigene andere Sichtweise dezent angedeutet, indem die Aussage von vorneherein einschränkt wird, zum Beispiel mit der Eingangsbemerkung: „Ich sehe das wahrscheinlich falsch, aber …”
  • Um ein aufkommendes Problem vorsichtig anzusprechen, wird diesem manchmal die Dringlichkeit genommen, zum Beispiel durch den Satz: „Im Moment müssen wir uns ja noch keine Sorgen machen, aber …“
  • Manchmal wird bei einem aufscheinenden Problem eine vorsichtige Bitte hervorgebracht, wie zum Beispiel „Wäre es okay, wenn wir diesen Bericht vielleicht zusammen verfassen?“

Die Gefahr einer aufkommenden schwierigen Situation wird also nicht ausgesprochen, sondern nur angedeutet. Aus chinesischer Sicht ist es nun Sache des Gegenübers, die Botschaft und ihre Bedeutung aufzugreifen. Deutsche verstehen diese indirekte Aufforderung oft nicht. Manchmal interpretieren sie die als zögerlich empfundene Kommunikationsweise sogar als ein Zeichen von Schwäche.

Die perfekte Reaktion aus chinesischer Sicht wäre, wenn der deutsche Partner ebenso indirekt reagieren und die vorsichtige Kommunikation über die kritischen Punkte fortsetzen würde. Damit würde er in chinesischer Perspektive Geschick und Flexibilität zeigen. Deutsche sind jedoch eher um Klarheit und rasche Problemlösungen bemüht, deshalb fällt ihnen eine solche Reaktion schwer.

Gerade weil Deutsche Schwierigkeiten haben, Konfliktsignale von Asiaten überhaupt wahrzunehmen, ist der Aufbau guter persönliche Beziehungen wichtig. Gelingt es, zumindest zu einer Person des chinesischen Teams einen guten Draht zu bekommen, kann diese dann im vertrauensvollen Kontakt Befindlichkeiten und Signale der chinesischen Partner übersetzen.

Konfliktvermeidung: Warum lässt man einen Konflikt besser erst gar nicht aufkommen?

Der Umgang mit Konflikten hängt stark davon ab, wie Konflikte in einer Kultur generell beurteilt werden. In der westlichen Perspektive können Konflikte beschrieben, analysiert und gelöst werden. Selbst ein lautstarker, offener Konflikt kann in seiner Funktion als „reinigendes Gewitter“ oder „Dampf ablassen“ akzeptiert sein.

Die westliche positive Haltung hat kulturelle Gründe. Seit der klassischen Antike gilt der Diskurs als Mittel, die Wahrheit zu finden. In der klassischen Rhetorik wird einer These eine Antithese gegenübergestellt. In der Antithese werden Probleme oder Widersprüche aufgezeigt. Letztlich ergibt sich als Synthese eine Lösung. In diesem Denken sind Deutsche aufgewachsen und in der Ausbildung sozialisiert.

Im Westen versteht man einen Konflikt als Möglichkeit, Differenzen und Probleme aufzuzeigen. Er wird als nützlich betrachtet, weil damit Sachprobleme zu lösen sind. Folglich soll man mit Konflikten offen umgehen. Konfliktgegenstand und Personen können getrennt werden. Der Fokus liegt auf der Problemlösung. Beide Konfliktgegner können gewinnen, wenn sich die Probleme lösen lassen. In dieser Sichtweise ist es unsinnig, Konflikte zu unterdrücken.

In asiatischen Kulturen sind Harmonie und ein freundliches Miteinander wichtig. Konflikte gelten per se als negativ, weil sie die Harmonie gefährden. Die Wurzeln dafür liegen in den früheren Arbeitsbedingungen der Reisanbaukulturen. Die Arbeit in den Reisfeldern stellte hohe Anforderungen an die Kooperationsfähigkeit und an den Zusammenhalt der Gruppe. Wenn ein starker Gruppenzusammenhalt essenziell für das Überleben einer Gemeinschaft ist, ist es kontraproduktiv, Konflikte auszutragen. Man darf sie dann nicht zulassen. Durch diese spezifischen Voraussetzungen in der kulturellen Entwicklung konnte sich Konfliktvermeidung in Asien langfristig als gesellschaftliche Norm etablieren. Der besondere Wert der Harmonie gilt auch heute noch in modernen Arbeitsumfeldern.

Konflikte gefährden in der Wahrnehmung der Chinesen nicht nur die Beziehungen und die gute Zusammenarbeit der Gruppenmitglieder untereinander, sondern auch die Gesichtswahrung, ein weiterer starker Wert in der Kultur. In chinesischer Sicht werden entstandene Konflikte deshalb als ein Mangel an Selbstdisziplin oder ein Ausdruck emotionaler Unreife beurteilt.

Personen und Konfliktgegenstand können nicht wie im Westen getrennt werden. Konfliktmanagement bedeutet in chinesischer Sicht deshalb, die Beziehungen zwischen den Kontrahenten zu „retten“, dabei diskret und subtil vorzugehen. Die meisten der Regeln westlichen Konfliktmanagements, indem man beispielsweise einen Konflikt eskalieren lässt, sind nicht anwendbar. Daher kommt der Konfliktprävention in der Zusammenarbeit mit Asiaten eine besondere Bedeutung zu.

Als Ideal gilt es, Konflikte von vorneherein auszuschließen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsweise in Organisationen. Beispielsweise werden Meetings und Tagungen mit großer Sorgfalt vorbereitet. Auswahl der Teilnehmer und die Sitzordnung werden zu diesem Zweck genau festgelegt. Man will sich absichern, um möglichst keine Unannehmlichkeiten, die einen Konflikt auslösen könnten, aufkommen zu lassen.

Aus diesem Grund haben Verhandlungen mit Asiaten oft ein striktes Ritual und eine Vielzahl von Teilnehmenden. Alles muss harmonisch ablaufen, niemand darf ausgelassen werden. Man will dafür sorgen, dass Konflikte erst gar nicht entstehen.

Fehlermanagement: Warum ist dies mit chinesischen Mitarbeitern so schwierig?

Die Eigenheit der chinesischen Partner und Mitarbeiter, den Ausbruch eines Konfliktes unbedingt verhindern zu wollen, führt zu einer Reihe von Problemen für die deutsche Seite. Eines davon besteht darin, ein funktionierendes Fehlermanagement zu schaffen.

Für Chinesen ist es akzeptabel, Fehler zu beschönigen, vielleicht sogar die Fakten ein wenig zu verbiegen. Die Vermeidung von Konflikten und die Wahrung der Harmonie in der Gruppe ist für sie ganz einfach der wichtigere Wert, dem man einiges unterordnet. In der Zusammenarbeit kann es sogar passieren, dass der chinesische Partner oder Mitarbeiter vermeintliche „Fehler“ eines deutschen Kollegen einfach ausbügelt. Chinesen finden das akzeptabel, weil das größere Übel aus chinesischer Sicht eine unangenehme Situation wäre.

In der deutschen Kultur gelten Korrektheit und Aufrichtigkeit als zentrale Werte. Eine Beschönigung oder mehrdeutige Darstellung von Tatsachen wird als unehrlich aufgefasst. Deutsche betrachten es als sinnvoll, sich auch in schwierigen Situationen den Tatsachen zu stellen, damit Fehler zeitnah ausgeräumt werden können. So hat sich eine Fehlerkultur entwickelt, die in deutschen Unternehmen eine hohe Wertschätzung erfährt.

Fehlerkultur setzt die Bereitschaft voraus, Fehler einzugestehen, um daraus zu lernen. Für Chinesen ist das Bekanntwerden eines Fehlers problematisch. Asiaten gehören der – eher nach außen wirkenden – Schamkultur an. Ein Fehler ist nicht nur persönlich peinlich, sondern wirft ein schlechtes Licht auf die gesamte Gruppe, der man angehört. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Fehler öffentlich diskutiert wird. Dies will man unbedingt verhindern. Fehlervermeidung ist ein zentrales Motiv für Asiaten. Das Motiv der Fehlervermeidung führt beispielsweise dazu, den eigenen Zuständigkeitsbereich möglichst einzugrenzen.

Die westliche Schuldkultur wirkt dagegen eher als inneres Regulativ. Wenn man einen Fehler gemacht hat, kann man die Verantwortung dafür persönlich übernehmen und ihn ausbessern. Insofern ist Deutschen ein konstruktiver Umgang mit Fehlern weitaus besser möglich.

Deutsche werden sich also um Klärung, offene Fehlerdiskussion und schnelle Fehlerbehebung bemühen, während chinesische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kulturell bedingt ein Problem damit haben, offen mit Fehlern umzugehen. Was kann man bei einem solch diametralen Umgang mit Fehlern tun, um Fehlermanagement mit den chinesischen Partnern oder Mitarbeitenden zu gestalten?

Deutschen sollte der unterschiedliche Umgang mit Fehlern zunächst bewusst sein. Ein Insistieren auf Klärung und Offenheit würde chinesische Mitarbeiter nur in die Defensive treiben. Die Fehlerbehebung wird dadurch eher erschwert. Behutsam und diskret mit Fehlern umzugehen, hilft, die guten Beziehungen nicht zu gefährden. Fehler lassen sich durch gut definierte Strukturen und Prozesse vermeiden, die von chinesischen Mitarbeitenden meist gut angenommen werden.

Vertrauensaufbau ist ein weiterer Baustein. Ist Vertrauen erst mal gewonnen, lässt sich in der Kollaboration langfristig auch Verständnis und Akzeptanz für den Sinn der deutschen Fehlerkultur aufbauen.

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