KommunikationskompetenzWie kommuniziert man wertschätzend und respektvoll?

Der Autor erläutert anhand eines berühmten Beispiels, welche Reaktionen im Gespräch als wertschätzend empfunden werden und welche nicht. Welchen Einfluss hat die Körperhaltung? Wie reagiert man respektvoll auf persönliche Fragen? Und wie sollten Sie sich auf keinen Fall verhalten?

Wegschauen bedeutet Respektlosigkeit

Zuhören ist eine Fähigkeit, die eine respektvolle Haltung gegenüber dem Gesprächspartner voraussetzt. Beschäftigen wir uns nebenbei mit etwas anderem als mit seinem Anliegen, geben wir dem Gesprächspartner zu erkennen, dass uns sein Anliegen nicht wichtig ist – dass er uns nicht wichtig ist und wir lieber woanders wären.

Respekt ausdrücken durch Körpersprache

Respekt ist eine Haltung, die wir unserem Gegenüber durch Kommunikation vermitteln. Eine Möglichkeit das zu tun, ist aktives Zuhören. In der Wissenschaft wird es definiert als die affektive, also gefühlsbetonte Reaktion des Zuhörers auf die Botschaft des Sprechers.

Es drückt Aufmerksamkeit, Interesse und Akzeptanz aus. Da der Zuhörer selbst im Moment der Frage nicht spricht, stehen ihm für diese affektive Reaktion nur die Mittel der Körpersprache zur Verfügung. Die affektive Reaktion im geschilderten Fall war also bestenfalls Langeweile.

Zuhören findet nicht nur mit den Ohren statt. Respektvolle Körpersprache beinhaltet zum Beispiel

  • dem Fragenden in die Augen schauen
  • sich dem Gegenüber zuzuwenden
  • eine offene Körperhaltung einzunehmen
  • ermutigend zu nicken

Respekt können wir demonstrieren, ohne dass wir ein einziges Wort sagen – mit den Mitteln der Körpersprache. Die innere Haltung „Respekt“ lässt sich also durch eine äußere Haltung vermitteln.

Beispiel: Sich mit Fragen des Gesprächspartners identifizieren

1992 richteten in den USA zum ersten Mal Bürger bei einer politischen Podiumsdiskussion vor der Präsidentschaftswahl direkte Fragen an die Kandidaten. Zur Wahl standen unter anderem der damals amtierende Präsident George H. Bush und der damalige Gouverneur Bill Clinton. Eine afroamerikanische Bürgerin, Marisa Hall, konfrontierte den Präsidenten mit der brisanten Frage:

„Wie hat die Staatsverschuldung sich auf Ihr persönliches Leben ausgewirkt? Wenn es keine Auswirkungen gab, wie können Sie ehrlich eine Lösung für die wirtschaftlichen Probleme der breiten Masse finden, wenn Sie keine Erfahrung mit dem haben, was sie plagt?“

Der damalige US-Präsident George Bush antwortete:

„Also, ich denke, die Staatsverschuldung betrifft jeden. Offenbar …“

Daran erkennt man, dass er sich nicht in sie hineinversetzen konnte. Mit generalisierten Begriffen wie „jeder“, „immer“ oder „allgemein“ drückt man weder Respekt noch Wertschätzung aus – schon gar nicht, wenn explizit nach einer persönlichen Antwort gefragt wird.

Hall hatte an seiner Wortwahl erkannt, dass er die Frage nicht verstanden hatte. Sie hatte ihn nach seiner persönlichen Betroffenheit gefragt, doch Bush sprach über „jeden“.

Sie unterbrach ihn deshalb:

„Sie persönlich!“

An dieser Stelle hätte er seinen Fehler erkennen und seinen Willen beweisen müssen, sich in das Anliegen der Frau einzufühlen. Dass er das auch an dieser Stelle noch nicht tat, verstärkte den Eindruck seines Unwillens, sich mit der Frage zu identifizieren.

Beispiel: Auf den Gesprächspartner zugehen

Weitaus besser beraten war an diesem Tag Bill Clinton, der spätere Gewinner der Wahl. Er ging auf Marisa Hall zu und bat sie, ihr Anliegen zu vertiefen. Er näherte sich ihr an, wendete sich ihr zu, nahm Blickkontakt auf und demonstrierte damit verbal wie nonverbal sein Interesse.

Und dann, von Angesicht zu Angesicht mit Marisa Hall, sagte er Folgendes:

„Also, ich bin seit zwölf Jahren Gouverneur eines kleinen Staates. Lassen Sie mich erklären, wie es mich betroffen hat. […] Ich habe gesehen, was in den letzten vier Jahren in meinem Staat passiert ist. Wenn jemand seine Stelle verliert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich ihn mit Namen kenne.

Wenn eine Fabrik schließt, kenne ich die Leute, welche sie geleitet haben. Wenn Firmen pleite machen, dann kenne ich sie. Und nun bin ich seit dreizehn Monaten hier draußen unterwegs, in Zusammenkünften wie dieser, auf denen ich mit Menschen wie Ihnen spreche, und das überall in Amerika.“

Zuhören heißt auch zwischen den Zeilen lesen

Clinton machte auch im Rest seiner Antwort alles richtig, indem er zwischen den Zeilen las und Lösungsvorschläge für genau die Probleme anbot, die Hall aus ihrer Umgebung berichtet hatte.

Schon durch die Formulierung „Menschen wie Ihnen“ hatte er die Debatte faktisch gewonnen. Er beantwortete die schwierige Frage auf der persönlichen Ebene, auf der sie gestellt worden war. Er hörte genau auf ihre Worte, und er interpretierte treffsicher, auf welches persönliche Anliegen die junge Wählerin hinaus wollte.

Clinton ging auf Augenhöhe und versetzte sich in das Anliegen hinein. Und er fand in seiner Antwort die richtigen Worte, um sowohl seinen Respekt vor ihrer Lebenssituation zum Ausdruck zu bringen als auch zu zeigen, dass er auf Probleme konstruktiv reagieren kann anstatt in vorbereitete Wahlkampffloskeln auszuweichen. Clinton erwies seinen Respekt, indem er zuhörte. Bush hingegen redete über sich.

Keine Standardantworten geben

Wenn wir mit unserer Antwort auf eine schwierige Frage unser Ansehen beim Gesprächspartner steigern wollen, müssen wir ihm zeigen, dass wir wirklich verstehen wollen, was er sagt. Wir dürfen auf keinen Fall den Eindruck vermitteln, dass wir nur hören, was wir hören wollen, und dann eine standardisierte Antwort aus einem vorbereiteten Floskelkatalog geben.

In der Politik ist diese auch von PR-Beratern geförderte Praxis der „Falsche-Frage-Antwort-Session“ weitverbreitet. Sie ist ein Grund dafür, warum Politiker den Ruf haben, volksfremd zu sein. Manchmal stellen Reporterinnen oder Reporter eine offene Frage, um herauszufinden, ob politische Personen in der Lage sind, sich ihre Schuhe anzuziehen. Für Politikerinnen und Politiker ist das eine Chance, Klischees zu widerlegen.

Bedürfnisse anderer respektieren

Um schwierige Fragen zu beantworten, müssen wir aus unserem Ego heraustreten und versuchen, dem Anliegen unseres Gesprächspartners mit konstruktiven Lösungsansätzen zu begegnen. Nur dadurch können wir zeigen, dass wir seine Bedürfnisse respektieren und uns ihnen ernsthaft widmen wollen.

Der Respekt, der mit dem aktiven Zuhören beginnt, setzt sich dann in einer lösungsorientierten Antwort fort.

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