MahnwesenAblauf des Mahnprozesses und Formulierung von Mahnungen
Rechnungsstellung und Fälligkeit mit dem Kunden festlegen
Unmittelbar mit der Rechnungsstellung müssen die einzelnen Schritte und Eskalationsstufen des Mahnwesens greifen. Diese müssen Sie gegebenenfalls an Ihr Unternehmen, Ihre Kunden und die üblichen Bedingungen in Ihrer Branche anpassen.
Wichtig ist, schon bei der Auftragsvergabe und beim Abschluss von Kaufverträgen folgende Punkte eindeutig festzulegen.
Grund der Rechnungsstellung
Was muss erfüllt sein, damit Sie Ihre Rechnung schreiben können? Welches Ereignis löst die Rechnungsstellung aus? Der Tag der Rechnungsstellung (Datum auf der Rechnung) kann an ein im Vertrag benanntes Ereignis oder einen Meilenstein geknüpft werden. Zum Beispiel die Lieferung eines Produkts, den Tag einer Präsentation, die Abgabe eines Berichts, die Durchführung eines Workshops, der Download einer Datei.
Lassen Sie sich diese Leistung immer vom Kunden mit der Auftragsvergabe und beim Kaufabschluss schriftlich bestätigen.
Nutzen Sie dafür ein Abnahmeformular oder erstellen Sie ein Protokoll. Bei elektronischen Produkten kann dies durch eine aktive Einwilligungserklärung des Kunden (Häkchen setzen) und durch Log-Files dokumentiert werden. Dann müssen die automatischen Verarbeitungsprozesse dokumentiert sein.
Fälligkeit der Zahlung
Halten Sie außerdem fest, wie viele Tage nach dem Rechnungsdatum der Rechnungsbetrag fällig ist. Ab diesem Datum ist der Kunde im Zahlungsverzug, aber nur, wenn Sie dieses Fälligkeitsdatum auch genau angegeben haben. Schreiben Sie deshalb unbedingt auf Ihre Rechnungen:
Datum der Fälligkeit oder die Anzahl der Tage nach Rechnungsdatum, nach denen die Zahlung erfolgt sein muss.
Welche Fristen dabei zu beachten sind und welche zulässig sind, ist gesetzlich geregelt; in Deutschland im § 271a BGB: Vereinbarungen über Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen. Grundsätzlich gilt demnach, dass der Kunde von seinem Lieferanten nicht erwarten kann, dass er länger als 60 Tage auf seine Zahlung wartet, wenn er die Rechnung gestellt hat.
Ist nichts vereinbart, dann gilt § 286 BGB: Verzug des Schuldners (Kunden). Dort ist festgelegt, dass der Kunde 30 Tage nach Zugang einer Rechnung in Zahlungsverzug ist. Ist der Kunde ein Privatkunde (Verbraucher), dann muss er mit der Rechnung darauf hingewiesen werden, dass er nach 30 Tagen in Verzug gerät. Spätestens mit der schriftlichen Mahnung, die nach der Fälligkeit der Rechnung erfolgt, kommt der Kunde in Verzug (§ 286 Absatz 1 BGB).
Wie läuft der Mahnprozess ab?
Halten Sie sich konsequent an den folgenden Ablauf. Achten Sie darauf, dass die Fälligkeitstermine jeweils auf einen Werktag fallen. Geben Sie immer das genaue Datum an, dann sind Sie „auf der sicheren Seite“. Gesetzlich geregelt ist nur, wann und unter welchen Bedingungen der Schuldner (Kunde) in Verzug gerät (in § 286 BGB). Ab diesem Datum können Sie mahnen.
Wichtig: Sie müssen nicht dreimal mahnen. Gewerbliche Kunden (Geschäftskunden) geraten in Verzug, wenn Sie die Rechnung bis zum Fälligkeitstermin nicht bezahlen. Für Privatkunden gilt das nur, wenn sie in der Rechnung darauf hingewiesen wurden.
Üblich ist aber ein gestufter Mahnprozess, der in der folgenden Übersicht erläutert ist. Wann Sie eine Mahnung oder Zahlungserinnerung versenden, bleibt Ihnen überlassen. Sie sollten dies davon abhängig machen, welche Bedeutung der Kunde für Sie hat. In der folgenden Aufstellung sind Orientierungswerte genannt.
Rechnungsstellung
Ist der Auslöser für die Rechnungsstellung eindeutig? Sind alle notwendigen Informationen korrekt und auf der Rechnung nachvollziehbar? Schreiben Sie die Rechnung mit klar benannten Zahlungsbedingungen und Zahlungsziel. Nennen Sie das genaue Datum (Tag, Monat, Jahr), bis zu dem der Zahlungseingang auf dem von Ihnen genannten Konto zu erfolgen hat.
Zahlungsziel, Fälligkeit direkt mit Rechnungsstellung oder maximal 60 Tage nach Rechnungsdatum
Ist das Zahlungsziel (Fälligkeit) mit genauem Termin auf der Rechnung ausgewiesen, ist der Kunde nach Ablauf dieses Datums in Verzug. Ab diesem Zeitpunkt könnten Sie Ihre Forderung gerichtlich geltend machen. Im Allgemeinen ist das aber nicht sinnvoll. Stattdessen versenden Sie zunächst eine Zahlungserinnerung.
Zahlungserinnerung 10 bis 14 Tage nach Fälligkeit
Erinnern Sie an die Zahlungspflicht und fordern Sie noch einmal zur Zahlung auf. Enthält die Zahlungserinnerung alle notwendigen Informationen? Ist der Ton des Schreibens angemessen? Setzen Sie ein neues Zahlungsziel (5 bis 10 Tage). Falls Sie die Rechnung mit der Briefpost senden, beachten Sie dabei die Postlaufzeiten – insbesondere ins Ausland.
Erste Mahnung 20 bis 30 Tage nach Fälligkeit
Informieren Sie Ihren Kunden noch einmal über Auftrag und den Kaufvertrag, Lieferdatum, Rechnungsnummer. Informieren Sie über die möglichen Kosten und Nachteile, falls Sie erwägen, Schadensersatz zu fordern (§ 280 BGB). Setzen Sie ein neues Zahlungsziel: maximal 10 Tage. Stellen Sie sicher, dass der Kunde die Mahnung erhält (zum Beispiel durch ein Einschreiben).
Zweite Mahnung 40 bis 50 Tage nach Fälligkeit
Sie können ein zweites Mal mahnen, etwa durch persönliche Kontaktaufnahme durch Mitarbeitende Ihres Unternehmens. Geben Sie vor, wie die Mitarbeitenden den Kunden ansprechen sollen und was vereinbart werden soll. Kündigen Sie gegebenenfalls eine Liefersperre an.
Dritte Mahnung 60 Tage nach Fälligkeit
Setzen Sie den Kunden davon in Kenntnis, dass bei einem erneuten Verstreichen des Fälligkeitstermins ein Anwalt eingeschaltet oder das gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet wird. Stellen Sie vertraglich vereinbarte oder gesetzlich zulässige Verzugszinsen in Rechnung und eine Mahngebühr, die Ihren tatsächlichen Kosten entspricht (Verzugskosten).
Gerichtliches Mahnverfahren 80 Tage nach Fälligkeit
Leiten Sie das gerichtliche Mahnverfahren ein oder geben Sie den Fall an ein Inkasso-Unternehmen.
Kosten des Mahnverfahrens vom Kunden einfordern
Sie können bei Zahlungsverzug Schadensersatz fordern (nach § 280 BGB). Allerdings gilt dies bei Privatkunden oder Verbrauchern nur, wenn der Kunde darauf hingewiesen wurde, dass er in Zahlungsverzug ist und dass Sie Schadensersatz fordern werden. Der Schadensersatz setzt sich zusammen aus:
- Verzugszins
- Mahngebühren
Die Höhe des Verzugszinses ist in § 288 BGB festgelegt. Die Höhe der Mahngebühren ist immer wieder umstritten. Ist der Kunde ein gewerblicher Kunde, kann eine Pauschale von 40 EUR geltend gemacht werden (§ 288 Absatz 5 BGB).
Ist der Kunde eine Privatperson, dann können Sie nur die tatsächlich nachweisbaren Kosten für Porto, Papier etc. geltend machen, aber nicht die zusätzliche Arbeitszeit durch das Mahnverfahren. Dazu gibt es keine festen Regeln. Ein Betrag von 2,50 EUR dürfte immer nachweisbar sein, aber auch ein höherer Betrag kann je nach Mahnverfahren und Fall angemessen sein.
Verzugszinsen und Mahngebühren sind in Deutschland nicht umsatzsteuerpflichtig.
Mahnung formulieren: Die persönliche Ansprache nicht vergessen
Achten Sie auf die Formulierungen Ihrer Zahlungserinnerungen und Mahnschreiben. Die Formulierungen sollten klar sein und im Ton zur Eskalationsstufe passen. Wichtig ist die persönliche Ansprache nach der ersten, spätestens nach der zweiten Mahnung.
Es sollte selbstverständlich sein, dass Ihre Mitarbeitenden den Kunden ansprechen und ihn auf den Zahlungsverzug hinweisen. Sie können beim Kunden auch nach Gründen für den Zahlungsverzug fragen. Oft bekommen sie die notwendigen Informationen und können damit das weitere Vorgehen und die Eskalation planen. Gemeinsam können Lösungen erarbeitet werden, wie die Zahlung erfolgen kann, wenn der Kunde in Zahlungsschwierigkeiten ist. Zum Beispiel können Sie dann Ratenzahlungen vereinbaren.
Gerichtliches Mahnverfahren
Für die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens benötigen Sie ein entsprechendes Formular, das Sie bei Ihrem Amtsgericht einreichen. Das Gericht prüft Ihre Forderung auf Plausibilität und erlässt dann einen Mahnbescheid an Ihren Schuldner.
Dem kann der Schuldner innerhalb von 14 Tagen widersprechen. Dann muss in einem Gerichtsverfahren geprüft werden, ob Ihre Forderung rechtens ist. Sie müssen überlegen, ob Sie willens sind, ein solches Gerichtsverfahren zu führen.
Widerspricht der Schuldner nicht, können Sie nach 14 Tagen beim Amtsgericht den Vollstreckungsbescheid erwirken. Auch diesem kann der Schuldner widersprechen mit der Folge, dass ein Gericht entscheiden muss. Widerspricht er auch dann nicht, haben Sie einen Vollstreckungstitel, den Sie mithilfe eines Gerichtsvollziehers durchsetzen können.
Die Kosten für ein gerichtliches Mahnverfahren richten sich nach der geforderten Rechnungssumme und sind nicht allzu hoch.
Gerichtliches Mahnverfahren online einleiten
Die Mahngerichte in Deutschland haben eine gemeinsame Webseite eingerichtet, über die das gerichtliche Mahnverfahren online eingeleitet werden kann. Sie finden dies unter: https://www.mahngerichte.de.
Formulierungshilfen für einzelne Mahnstufen
Zahlungserinnerung
„… Sicher ist Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass folgende Rechnung noch nicht beglichen ist: [Angaben zur Rechnung, ggf. Kopie der Rechnung beilegen] … Bitte begleichen Sie die offene Rechnung bis zum [TT.MM.JJJJ] … “
„… haben Sie gewiss übersehen …“
Erste Mahnung
„... Wir konnten bislang keinen Zahlungseingang feststellen. Bitte begleichen Sie die offene Rechnung … [Angaben zur Rechnung, ggf. Kopie der Rechnung beilegen] bis zum [TT.MM.JJJJ] ...“
„…Wir möchten Sie gemäß § 286 BGB höflich darauf hinweisen, dass Sie in Verzug geraten, wenn Sie den Rechnungsbetrag nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung bezahlen. Mit zukünftigen Mahnungen kann ein Verzugsschaden in Rechnung gestellt werden. …“
Zweite Mahnung
„... zahlen Sie bitte umgehend die offene Rechnung ... bis zum [TT.MM.JJJJ] … Darüber hinaus setzen wir Sie in Kenntnis, dass wir bis zum Ausgleich der offenen Posten keine weiteren Lieferungen …“
„…Durch Ihren Zahlungsverzug sind Sie gemäß §§ 280, 286 BGB dazu verpflichtet, den hierdurch entstandenen Verzugsschaden zu tragen. …“
Dritte Mahnung
„Sie haben den Fälligkeitstermin vom … unbeantwortet verstreichen lassen. Wir fordern Sie hiermit letztmalig auf, die Rechnung … bis zum [TT.MM.JJJJ] zu begleichen … Anschließend werden wir das gerichtliche Mahnverfahren einleiten. Ab diesem Zeitpunkt berechnen wir Verzugszinsen in Höhe von [zulässige Verzugszinsen] Prozent pro Jahr. Außerdem müssen alle Kosten eines anschließenden gerichtlichen Mahnverfahrens von Ihnen getragen werden …“
Zahlungserinnerungen und Mahnschreiben formulieren
Diese Formulierungen sind beispielhafte Vorschläge. Finden Sie Ihre eigenen, angemessenen Formulierungen. Beachten Sie dabei:
- Vergraulen Sie durch den Formulierungsstil nicht den Kunden, der die Briefe tatsächlich nicht erhalten hat, aber bereit ist, zu bezahlen.
- Sagen Sie eindeutig, worum es geht und machen Sie immer eine konkrete Datumsangabe, bis wann der Rechnungsbetrag fällig ist.
- Bringen Sie den Kunden dazu, dass er reagiert.
- Finden Sie heraus, woran es liegt, dass der Kunde nicht bezahlt.
- Bieten Sie gegebenenfalls an, gemeinsam eine Lösung zu finden (wenn Sie den Kunden nicht verlieren wollen).
Voraussetzung für den Mahnprozess: die Rechnung ist korrekt
Eine Rechnung muss folgende Mindestangaben enthalten:
- Name und Anschrift des Rechnungstellers (Sie als Lieferant)
- Steuernummer und Umsatzsteueridentifikationsnummer des Rechnungsstellers
- Name und Anschrift des Rechnungsempfängers und, falls abweichend, des Leistungsempfängers (Ihr Kunde)
- Rechnungsdatum
- Rechnungsnummer (fortlaufend), die gewährleistet, dass eine Rechnungsnummer einmalig ist
- Art und Umfang der Leistung
- Zeitraum, in dem die Leistung erbracht wurde
- ausgewiesener Nettobetrag
- der anzuwendende Steuersatz (Umsatzsteuer) sowie der auf den Nettobetrag anfallende Steuerbetrag
- Bruttobetrag
Weitere wichtige Angaben auf der Rechnung sind:
- Umsatzsteueridentifikationsnummer des Rechnungsempfängers bei gewerblichen Rechnungsempfängern im Ausland
- Hinweise zum Ausweis der Umsatzsteuer
- Ihre aktuelle Bankverbindung für die Überweisung innerhalb Deutschlands oder IBAN/BIC für eine Überweisung ins Ausland
- Fälligkeitstermin mit genauer Datumsangabe (TT.MM.JJJJ)
- Bestellnummer des Kunden
- sonstige Anforderungen des Kunden bezüglich Rechnungsstellung (Hinweise zur korrekten Zuordnung wie Besteller, Projektnummer etc.)
- Versandadresse der Rechnung
Überprüfen Sie Ihr Mahnwesen. Klären Sie dazu, ob die folgenden Schritte in Ihrem Mahnwesen bereits eingehalten werden. Falls nicht – installieren Sie in Ihrem Unternehmen diesen Mahnprozess.
Anlass für Rechnungsstellung
Definieren Sie den Anlass oder Zeitpunkt, zu dem die Rechnungsstellung erfolgt. Das wird üblicherweise im Kaufvertrag mit dem Kunden vereinbart.
Halten Sie mit dem Kunden fest, dass dieser Anlass eingetreten ist. Nutzen Sie dazu die beiden folgenden Vorlagen, wenn Sie für den Kunden ein Projekt durchgeführt oder eine Dienstleistung erbracht haben. Falls Sie ein Produkt geliefert haben, lassen Sie sich gegebenenfalls den Empfang des Produkts bestätigen.
Mahnprozess durchlaufen
Prüfen Sie Ihren bestehenden Rechnungsstellungs- und Mahnprozess. Klären Sie:
- Wer schreibt in Ihrem Unternehmen wann eine Rechnung?
- Wer prüft und dokumentiert die Zahlungseingänge?
- Wann werden Zahlungseingänge verbucht?
- Woran erkennen Sie, dass eine Rechnung nicht bezahlt wurde?
- Was passiert, wenn die Zahlungsfrist abgelaufen und die Rechnung noch nicht bezahlt wurde?
- Wie ist das Mahnwesen organisiert?
- Welche Stufen für Zahlungserinnerung, Mahnung und gerichtliches Mahnverfahren sehen Sie vor?
Nutzen Sie die folgende Vorlage für die Planung Ihres Mahnprozesses. Achten Sie dabei auf die angegebenen Termine und Fristen sowie die notwendigen Informationen, die Sie dem Kunden übermitteln müssen.
Mahnungen richtig formulieren
Nutzen Sie die folgende Vorlage, um Zahlungserinnerungen und Mahnungen richtig und angemessen zu formulieren.