Produktlebenszyklus planenAdoption und Diffusion: Wie die Markteinführung gelingt
Was bedeutet Adoption von Produkten?
Everett M. Rogers hat in den 1960er-Jahren eine Theorie entwickelt, die erklären soll, wie sich Innovationen in einer Gesellschaft durchsetzen. Diese Theorie wurde seither auch genutzt, um zu erklären, wie sich neue Produkte am Markt durchsetzen.
Rogers beschreibt dies als einen Prozess mit folgenden Schritten, die potenzielle Kunden und Anwender einer Innovation und eines neuen Produkts durchlaufen müssen:
- Bewusstsein und Wissen darum, dass es ein neues Produkt gibt
- Interesse an dem neuen Produkt
- Bewertung des Produkts durch Ausprobieren oder das Lesen von Berichten
- Versuch und Ausprobieren des Produkts; mit anschließender Empfehlung oder Warnung vor dem Produkt
- Entscheidung über den Kauf oder Wiederkauf des Produkts
Erst am Ende von Schritt Fünf kann von einer Akzeptanz oder Adoption des Produkts gesprochen werden. Die Markteinführung und die Entwicklung in der Wachstumsphase hängen davon ab, wie schnell dieser Prozess durchlaufen wird und zu welchem Ergebnis die Kunden dabei kommen.
Welche Faktoren beeinflussen die Phase der Markteinführung?
Der Prozess wird von einer Fülle von Faktoren beeinflusst. Experten unterscheiden dabei die Bereiche:
- Wettbewerb zwischen mehreren Herstellern und ihre jeweiligen Strategien und Maßnahmen
- Kunden und ihre persönlichen Vorlieben, Wünsche, Werte, Befürchtungen, Erwartungen
- Unternehmen und ihre Ressourcen zur Bekanntmachung und Förderung der Kundenakzeptanz
- Kommunikation der Anbieter mit allen Maßnahmen zur Information und Werbung für das Produkt
Was bedeutet Diffusion von Produkten?
Von Diffusion spricht man, wenn sich Innovationen in einem sozialen System ausbreiten; wenn zum Beispiel ein neuartiges Produkt von den Kunden akzeptiert und gekauft wird. Dabei spielen die sozialen Interaktionen zwischen den einzelnen Akteuren am Markt, wie Hersteller, Kunden, Medien, eine wichtige Rolle. Zwei Beispiele zeigen, wie unterschiedlich neuartige Produkte im Markt diffundieren:
- Das Smartphone mit Touchscreen hat sich innerhalb kurzer Zeit weltweit enorme verbreitet.
- Die Waschmaschine mit Internetanschluss (ein Produkt für das Smart-Home) tut sich dagegen sehr schwer; nur wenige Kunden nutzen entsprechende Produkte.
Welche Faktoren beeinflussen die Diffusion?
Es kommt auf die Merkmale, Eigenschaften, Funktionen und den Preis des Produkts an. Was die Diffusion besonders beeinflusst, ist nach Rogers:
- Vorteilhaftigkeit zu bestehender Produktalternative: Das neue Produkt muss einen deutlich sichtbaren oder erlebbaren Mehrwert haben.
- Soziale und technologische Kompatibilität: Das neue Produkt muss sich in bestehende Prozesse leicht einfügen lassen, es muss zu den aktuellen Werten, Normen, Trends und gesellschaftlichen Entwicklungen passen.
- Komplexität des Verstehens und der Nutzung: Je einfacher und weniger erklärungsbedürftig das Produkt ist, desto leichter fällt es dem Kunden und Anwender, das Produkt zu verstehen und damit den Nutzen zu bewerten.
- Möglichkeit des risikoarmen Ausprobierens: Wenn das neue Produkt ausprobiert werden kann, ohne dass der Kunde und Nutzer damit ein Risiko eingeht, ist er eher bereit, Erfahrungen damit zu sammeln.
- Sichtbarkeit anderer Nutzer: Wenn Vorreiter das Produkt kaufen und diese für viele sichtbar sind, wirkt das wie eine Empfehlung. Vor allem bekannte Personen, Stars, aber auch große Unternehmen, Weltmarktführer werden von anderen Menschen und Unternehmen beobachtet. Wenn die Vorreiter sich für das Produkt entscheiden und das kundtun, folgen ihnen andere.
Wie werden Adopter laut Adoptionsmodell (Adopter-Modell) unterschieden?
Ob und wie schnell sich ein neues Produkt am Markt durchsetzt und etabliert, hängt stark von den Kunden ab. Aus der Adoptionsforschung ist bekannt, dass die Kunden Neuerungen und Innovationen gegenüber unterschiedlich eingestellt sind.
Nach Rogers lassen sich die folgenden Kundentypen oder Kategorien von Adopter unterscheiden:
Innovatoren (Innovators, Technologieenthusiasten)
Sie sind gespannt und möchten Neues ausprobieren, haben eine hohe Risikobereitschaft und Neigung zum Abenteuer. Zudem besitzen sie ausreichend Geld und Verständnis, um Innovationen beurteilen zu können.
Frühe Adoptoren (Early Adopters, Visionäre)
Diese Gruppe zeigt ein ähnliches Verhalten wie die Innovatoren, allerdings leicht verzögert. Dafür sind frühe Adopter Vorbild für andere Kundinnen und Kunden.
Frühe Mehrheit (Early Majority, Pragmatiker)
Diese Kundinnen und Kunden sind bedachtsam und orientieren sich an der Meinung und am Verhalten der frühen Adopter. Sie zeigen keine große Risikobereitschaft, kaufen preisorientiert und warten, bis sich ein neues Produkt als ausgereift oder nützlich erweist.
Späte Mehrheit (Late Majority, Konservative)
Diese Gruppe ist skeptisch und zurückhaltend beim Kauf neuer Produkte. Sie hält am Bewährten und Bekannten fest und wechseln erst zum neuen Produkt, wenn der soziale Druck steigt. Das Neue muss sich zuerst etablieren und zum Standard werden oder alte Produkte sind schlicht nicht mehr kompatibel.
Nachzügler (Laggards, Skeptiker)
Sie haben einen langen Entscheidungsprozess und nutzen das neue Produkt erst, wenn es nicht mehr anders geht, weil ein Vorgängermodell nicht mehr verfügbar ist oder vom Hersteller nicht mehr unterstützt wird; es gibt keine Ersatzteile oder Updates mehr.
Je nach Land, Branche, Produktkategorie und Innovation gehören unterschiedlich viele Menschen in diese Gruppen. Rogers leitet die Verteilung aus einer Normalverteilung ab und sieht die Verteilung und damit die Anzahl der Personen in den Adopter-Kategorien, wie in Abbildung 23 in einer Adoptionskurve dargestellt:
Andere Autoren meinen, dass die Anzahl der Personen, die in eine dieser Adopter-Kategorien gehören, nicht allgemein genannt werden kann. Sie hängt vom Produkt, Innovationsgrad, Gesellschaft, Zielgruppe und anderen Faktoren ab.
Die folgende Abbildung 24 zeigt die Größe dieser Gruppen anhand der empirisch ermittelten Werte für Informations- und Kommunikationstechnologien und spezielle Zielgruppen.
Wie funktioniert der Eintritt neuer Produkte in den Massenmarkt?
Eine besonders kritische Phase für ein neues Produkt ist der Eintritt in den Massenmarkt. Erst wenn das Produkt von den Adoptoren „frühe Mehrheit“ akzeptiert wird, kann es als erfolgreiches Produkt bezeichnet werden; erst dann beginnt im Allgemeinen die Wachstumsphase im Produktlebenszyklus.
Dazwischen liegt eine Kluft, oder „Chasm“ wie Geoffrey A. Moore in seinem Buch „Crossing the Chasm“ von 1991 erklärt. Er knüpft damit an die Diffusionstheorie von Rogers an und erläutert, warum Innovatoren und frühe Adoptoren sich ganz anders verhalten als die Mehrheit.
Wenn es Unternehmen mit einem neuen Produkt und den Marketingaktivitäten nicht gelingt, diese Kluft zu überwinden, dann ist das Produkt ein Flop. Frühe Erfolge dürfen deshalb nicht als Garant bewertet werden, dass das Produkt am Markt erfolgreich ist. Es wird vom Markt wieder verschwinden oder allenfalls in der Nische überleben.
Adopter-Modell
Die folgende Abbildung 25 zeigt den Produktlebenszyklus sowie das Adopter-Modell mit der Kluft sowie die Zusammenhänge:
Diffusion der Produkte am Markt analysieren
Klären Sie, inwiefern Kunden Ihre neuen Produkte akzeptieren und kaufen:
- Welche Kunden gehören zu den Erstkäufern und Vorreitern?
- Was sind für diese Kunden die ausschlaggebenden Gründe dafür, Ihr neues Produkt zu kaufen?
- Welche Kunden halten sich beim Kauf zurück und warten ab?
- Warum sind diese zurückhaltend?
- Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Diffusionsgeschwindigkeit zu erhöhen?
- Welche Funktionen des Produkts und welche Nutzen können zu einer schnelleren Marktdurchdringung des Produkts beitragen?
- Nach welcher Zeit rechnen Sie mit dem Sprung vom frühen in den Massenmarkt?
- Wie wird die „Kluft“ zwischen Early Adopoters und Followers überwunden?
Analysieren Sie die möglichen Zielgruppen, Kundensegmente und Kunden mithilfe der folgenden Vorlage:
Fassen Sie diese Erkenntnisse in der folgenden Excel-Vorlage zusammen und schätzen Sie damit das Marktpotenzial für Ihre Produkte ab. Daraus ergeben sich Plan-Werte für den Produktlebenszyklus. Vergleichen Sie unterschiedliche Szenarien und vergleichen Sie mit Was-wäre-wenn-Analysen.
Markieren Sie den Diffusionsverlauf für Ihre Produkte in der folgenden Vorlage: Erläutern Sie dabei:
- Welche Signale (Marktdaten, Absatzzahlen) legen Sie dabei zugrunde?
- Was sind die Gründe für den entsprechenden Verlauf der Marktdiffusion?