Fachkompetenz im Unternehmen entwickeln, einsetzen, bindenBenötigte Fachkompetenzen aus Sicht der Führungskraft ermitteln
- Die fünf Schritte der Bedarfsanalyse im Bereich einer Führungskraft
- Das Selbstmanagement als Führungskraft hinterfragen
- Hintergrund: Die Effekte der Selbstreflexion
- Zielgrundlagen und Strategien für Ihren Bereich beschreiben
- Aufgaben Ihres Bereichs erläutern
- Notwendige Fachkompetenzen ermitteln
- Jobmatrix erstellen
Die fünf Schritte der Bedarfsanalyse im Bereich einer Führungskraft
Fachkompetenzen werden konkret in den Verantwortungsbereichen von Führungskräften eingesetzt. Deshalb sind die jeweiligen Führungskräfte für die Entwicklung und Anwendung verantwortlich.
Um die richtigen Entscheidungen treffen zu können, sollte die Team- oder Abteilungsleitung immer eine Situations- und Bedarfsanalyse durchführen. Diese Analyse umfasst fünf Schritte:
- Analysen und Gedanken zum Selbstmanagement der Führungskraft
- die Erfassung der Zielgrundlagen und Strategien für den Bereich
- die Erfassung der Aufgaben des Bereichs
- die Erfassung der dafür notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen
- die Erstellung einer Jobmatrix
Das Selbstmanagement als Führungskraft hinterfragen
Wenn etwas verändert werden soll, beginnt man am besten bei sich selbst. Beginnen Sie also die Analyse der Ist-Situation mit einer groben Einschätzung Ihrer momentanen Führungssituation. Nutzen Sie dazu den folgenden Fragebogen.
Schätzen Sie Ihre Führungssituation mithilfe der zehn Fragen ein. Hierbei gilt:
Sie werden nicht exakt wissen, zu wie viel Prozent Sie zum Beispiel Ihren Bereich im Griff haben. Es geht um eine Einschätzung, die Sie am Anfang der Analyse-Phase durchführen sollen, es geht um Ihr „Bauchgefühl“.
Wichtig ist, dass Sie Ihren Verantwortungsbereich am Anfang aus diesen zehn Perspektiven betrachten und Einschätzungen vornehmen.
Wenn Sie die weiteren Erläuterungen lesen und bearbeiten, sollten Sie ein mit Fakten unterlegtes, wesentlich besseres Bauchgefühl besitzen. Die nächsten Schritte zur Ist-Analyse könnten aus Ihrer Sicht zu aufwendig sein. Jedoch zeigen Seminarergebnisse den Effekt, der eintritt, wenn Sie die nächsten Schritte konsequent gehen.
Hintergrund: Die Effekte der Selbstreflexion
In Führungsseminaren beantworteten die Teilnehmenden den Fragebogen zum Seminarbeginn, nach Ende des ersten Tages und am Ender des Seminars. Die folgende Abbildung zeigt die Ergebnisse aus mehreren Seminaren.
Bei allen Fragen schätzen die Teilnehmenden am Seminarende ihre Führungssituation als signifikant besser ein, wenn sie ihre Ergebnisse aus dem Seminar auch umsetzen.
Bei Frage 3 (Kompetenzen der Mitarbeitenden), Frage 6 (Nutzung der Mitarbeiterfähigkeiten) und Frage 7 (Arbeitsverteilung) werden die durchschnittlichen Einschätzungen am Ende des ersten Tages schlechter. Nun lagen den Teilnehmenden Analyseergebnisse vor, die sie so meistens zum ersten Mal erarbeitet haben.
Sie haben wichtige Erfolgskriterien für ihre Führung falsch eingeschätzt! Auch diese Einschätzungen werden am Seminarende signifikant besser.
Nehmen Sie sich die Zeit, diesen produktiven Umweg zu gehen. Wenn wesentliche Fehler am Anfang eines Prozesses gemacht werden, denn ziehen sich diese Fehler durch den ganzen Prozess und können oft in der Mitte oder am Ende des Prozesses nicht mehr behoben werden.
Zielgrundlagen und Strategien für Ihren Bereich beschreiben
Sie beschreiben in diesem Schritt Ihre Zielgrundlagen und die Ist-Situation zur strategischen Ausrichtung Ihres Verantwortungsbereiches. Dieser Schritt ist entscheidend, wenn Sie Führungsergebnisse verbessern wollen. Aus einer später zu erarbeitenden Soll-Situation leiten sich auch die operativen Maßnahmen ab.
Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage, mit der Sie die Ist-Analyse zu Zielgrundlagen durchführen können.
In der folgenden Vorlage finden Sie dazu Anwendungstipps und ein Beispiel.
In der Vorlage finden Sie zwei Tabellen, die Sie parallel nutzen sollten, um zu ganzheitlichen, belastbaren Ergebnissen zu kommen. Bitte lesen Sie zuerst die Hintergrundinformationen zu den Tabellen der vorigen Vorlage, bevor Sie beginnen.
In Tabelle 1 können Sie möglichst kurz und prägnant die Mission und die Basisziele Ihres Verantwortungsbereichs beschreiben. Letztlich geht es um die provokativ formulierte Frage:
Warum muss es Ihren Bereich in Ihrem Unternehmen eigentlich geben?
In Tabelle 2 geht es um Ihre externen oder internen Kunden und um ihre wesentlichen Lieferanten. Die Ergebnisse Ihres Verantwortungsbereichs hängen auch davon ab, wie Sie diese Schnittstellen im Griff behalten.
Nehmen Sie sich Zeit für diese grundlegenden Überlegungen. Denn wenn Ihre „strategische“ Ausrichtung nicht stimmt, arbeiten Sie vielleicht sehr effizient – aber an den falschen Themen.
Holen Sie zu Ihren Überlegungen zu Ihren Zielgrundlagen und Strategien auch ein Feedback Ihrer Vorgesetzten ein. Das beugt Konflikten vor.
Aufgaben Ihres Bereichs erläutern
Die nächsten Schritte der Ist-Analyse sind in der Regel die arbeitsintensivsten, weil sehr oft dazu keine strukturierten Daten vorliegen. Sie müssen nun:
- Arbeitsinhalte Ihres Bereichs beschreiben,
- Zeitkapazitäten einschätzen, die für die Aufgabenbearbeitung eingesetzt werden,
- Messgrößen für die Aufgabenbearbeitung erfassen oder ermitteln.
Wenn Daten nicht strukturiert vorliegen, sollten Sie als Führungskraft nachdenklich werden. Das Argument: „Bei uns weiß jeder, was getan werden muss“, ist gefährlich.
Untersuchungen außerhalb der Produktion weisen nach, dass sich die Auffassungen von Führungskräften und Mitarbeitenden erheblich unterscheiden, wenn es um Arbeitsinhalte und Zeitbedarf geht. Sie können das überprüfen (siehe unten).
Außerdem gilt hier das Gesetz von Parkinson: Arbeit dehnt sich immer so aus, dass sie genau die Zeit benötigt, die man für sie erübrigen kann.
Wenn es um die Produktivität in Ihrem Verantwortungsbereich geht, dann sollten Sie sich ein Bild davon machen, wer, was, mit welchem Zeitaufwand bearbeitet. Daraus ergeben sich wichtige Ansatzpunkte für Veränderungsprozesse. Klären Sie dazu:
- Arbeiten wir mit der richtigen Intensität an den richtigen Aufgaben?
- Setzen wir geeignete Methoden / Instrumente, also Fachwissen ein?
- Kann die Motivation über Arbeitsinhalte und Arbeitsteilung gesteigert werden?
- Für wen ist welche Aus- oder Weiterbildung sinnvoll?
Beachten Sie: Es ist theoretisch möglich, aber praktisch unsinnig, die Aufgaben komplett zu erfassen und den Zeitbedarf präzise zu bestimmen.
Der Aufwand wäre zu groß und es werden sich oft Veränderungen ergeben, die wieder eingearbeitet werden müssten. Es handelt sich hierbei um eine komplexe Herausforderung!
Um Entscheidungen zu treffen, reichen begründete Informationen und Näherungswerte aus. Bei Bedarf können Detailaspekte vertieft behandelt werden. Außerdem werden Ergebnisse immer besser, je öfter sie überarbeitet werden.
Aufgaben zusammenstellen
Erfassen Sie die Aufgaben und die notwendigen Daten mithilfe der folgenden Vorlage.
Erfahrungen haben gezeigt, dass mit maximal 15 Hauptaufgaben die wesentlichen Arbeitsinhalte jeder Abteilung sinnvoll differenziert beschrieben werden können. Eine Hauptaufgabe ist immer „Veränderungsprozesse im Bereich durchführen“. Da Veränderungen zum Alltagsgeschäft werden, sollte diese Aufgabe immer berücksichtigt werden. Sie kostet Zeit.
Mitarbeitende einbeziehen
Mitarbeitende können in diesen Prozessschritt mit einer Aufgabenbeschreibung einbezogen werden. Nutzen Sie dazu die Vorlage:
Damit können Mitarbeitende beschreiben, an welchen Aufgaben sie arbeiten und wie sie den Zeitaufwand dafür einschätzen. Das können Mitarbeitenden auch in einer Teamsitzung erarbeiten.
Wenn solche Analysen noch nie durchgeführt wurden, ist das der erste Schritt, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die vorhandenen Mitarbeiterkapazitäten auf Aufgaben verteilen.
Maximal sieben Hauptaufgaben zu beschreiben, verfolgt wieder das Ziel, ein möglichst ähnliches Abstraktionsniveau zu erreichen. Langjährige Erfahrungen zeigen, dass man so die Arbeitsinhalte einzelner Personen ausreichend genau beschreiben kann.
Daten bewerten
Natürlich sind Aussagen zum Zeitbedarf Schätzungen, die mit Vorsicht zu interpretieren sind; aber sie zeigen Tendenzen.
Oft wird mit Führungskräften über den Nutzen einer so groben Zeiteinschätzung diskutiert. Es geht nicht darum, durch REFA- oder MTM-Methoden den Zeitbedarf für Handlungen möglichst exakt zu erfassen. Es werden auch nicht „Verteilzeiten“ erfasst oder die Zeiten für Gespräche, Pausen und Mittagessen, die notwendig sind, damit eine ansprechende Unternehmenskultur entsteht.
Es geht darum, eine Einschätzung der Bedeutung der Aufgaben mittels Zeitbedarf von denjenigen Personen zu bekommen, die sich Tag für Tag mit diesen Aufgaben beschäftigen. Es geht darum, zu erkennen, wo die Schwerpunkte der Arbeit liegen.
Dabei handelt es sich um erste Hilfsgrößen. So entsteht ein Bild von der Ist-Situation, das dann bei Bedarf präzisiert werden kann.
Erkenntnisse aus der Aufgabenbeschreibung ableiten
Wenn Führungskräfte von ihren Mitarbeitenden diese Beschreibungen bekommen, haben sie ein gutes Fundament, daraus die Hauptaufgaben des Bereichs abzuleiten. In der Regel erleben sie dabei Überraschungen:
Mitarbeitende mit identischen Aufgaben beschreiben ihre Aufgabeninhalte unterschiedlich und setzen divergierende inhaltliche Schwerpunkte. Es ist keine gute Grundlage für eine produktive Zusammenarbeit, wenn Mitarbeitende das, was sie tun, sehr unterschiedlich beschreiben.
Und: Mitarbeitende gewichten ihre Arbeitsinhalte unter dem Aspekt des Zeitbedarfs. Sie beschreiben natürlich nur Tendenzen, da meistens überprüfbare Fakten fehlen. Trotzdem sind Führungskräfte oft erstaunt, wie sich die Arbeitszeit aus Sicht der Mitarbeitenden auf Aufgaben verteilt.
Wenn die Hauptaufgaben für den Bereich beschrieben sind, ergibt sich eine erste Schnittstellenbetrachtung:
Können die Ergebnisse, die der Bereich aus Ihrer Sicht bringen soll, eigentlich über die Hauptaufgaben erreicht werden?
Ist das nicht der Fall, sollten Sie über Aufgaben oder den Zweck Ihres Bereichs nachdenken.
Notwendige Fachkompetenzen ermitteln
Aus den Aufgaben können nun sehr stringent die Kompetenzen abgeleitet werden, die notwendig sind, um Aufgaben erfolgreich zu bearbeiten. Dabei unterstützt Sie folgende Vorlage:
Kopieren Sie zuerst in diese Vorlage die Aufgaben aus:
Drei Kompetenzfelder sollten berücksichtigt werden:
- Welche Methoden, Verfahren, Instrumente – auch IT-Programme – müssen dazu angewendet werden?
- Welches Wissen, welche Fähigkeiten werden benötigt, um die Aufgabe erfolgreich zu bearbeiten?
- Welches Verhalten ist unbedingt notwendig, um die Aufgabe erfolgreich zu realisieren?
Insbesondere bei Methodenfähigkeiten und Fachwissen ist es wichtig, sich über die Ausprägung Gedanken zu machen. Deshalb haben Sie die Möglichkeit, drei Stufen zu vergeben; zum Beispiel beim Feld „Wissen“:
- Grundwissen = 1
- erweitertes Wissen = 2
- Expertenwissen = 3
Auch bei den Kompetenzen ist es sinnvoll, sich auf die wesentlichen Kompetenzen zu konzentrieren. Halten Sie für jede Hauptaufgabe auf jedem Kompetenzfeld die drei bis maximal fünf Kernkompetenzen fest, die wesentlichen Einfluss auf eine erfolgreiche Bearbeitung der Aufgabe haben. Fragen Sie entsprechend:
Welche Kompetenzen sind für die Aufgabenerfüllung erfolgskritisch?
Ihre Analyse können Sie zusammen mit Ihren Mitarbeitenden spielend optimieren. Der Basisvorschlag sollte aber von Ihnen kommen.
Wenn die Kompetenzen beschrieben sind, ergibt sich eine zweite Schnittstellenbetrachtung:
Stehen für die Hauptaufgaben, die im Bereich bearbeitet werden, die wesentlichen – auch neuen – Kompetenzen zur Verfügung?
Jobmatrix erstellen
Die Hauptaufgaben, die mit Detailaufgaben ergänzt werden, bilden die Grundlage für eine Jobmatrix. Um eine Jobmatrix zu erstellen, nutzen Sie die folgenden Vorlagen. In der zweiten Vorlage finden Sie wieder Anwendungstipps und ein Beispiel.
Eine Jobmatrix ist eines der wichtigsten Führungsinstrumente, um Aufgaben und Mitarbeitende zu verknüpfen und einen Bereich zu organisieren. Die Jobmatrix visualisiert Arbeitsinhalte und die Zusammenarbeit. Mit ihr können Veränderungen eingeleitet werden, die zu besseren Ergebnissen führen und Mitarbeitende zufriedener machen.
Wenn eine Jobmatrix vorliegt, ergibt sich eine dritte Schnittstellenbetrachtung:
- Sind die Aufgabenverteilung und die vermutete Kapazitätsverteilung im Bereich sinnvoll und produktiv?
- Gibt es Mitarbeitende, die Aufgaben-Monopolisten sind, die also möglichst nicht krank werden oder kündigen sollten?
- Sind genügend oder zu viele Fachkräfte an Bord?
Hiermit ist die Ist-Analyse für den Bereich einer Führungskraft beendet. Mit den Vorlagen kann der Denkprozess zur Bedarfsanalyse durchlaufen und die Inhalte können festgehalten werden. Nur fundierte Bedarfsanalysen liefern Ansatzpunkte, um Fachkompetenzen zu verbessern, die sich auf Unternehmensergebnisse auswirken.
Vielleicht sind schon Perspektiven für die Zukunft deutlich geworden.
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