Systemisches FragenBeispiele für systemische Fragen
Wofür systemische Fragen hilfreich sind
Systemische Fragen helfen, wenn es um schwierige Probleme und ihre Lösungen, um die Auftragsklärung oder um komplexe Projektplanung geht. Sie unterstützen das Gespräch zwischen zwei Personen oder in einer Gruppe – bei einem Meeting oder in einem Workshop.
Das Gespräch und die Fragerunde werden aber nicht nur mit systemischen Fragen geführt. Vielmehr werden diese dann eingesetzt, wenn es ansonsten nicht weitergeht, wenn Sie „Blinde Flecken“ vermuten oder wenn es weniger um Sachinformationen und Fakten als vielmehr um Meinungen und Gefühle der Beteiligten geht.
Systemische Fragen sind Teil eines Gesprächs
Die folgenden Beispiele für systemische Fragen können Sie jederzeit im Verlauf eines Gesprächs einsetzen. Gegebenenfalls sollten Sie die Gesprächspartner informieren, dass Sie noch ein paar weitere Fragen haben, um die Aufgabenstellung oder das Problem genauer zu verstehen. Oder um mehr zu den Hintergründen und Rahmenbedingungen zu erfahren. Zum Beispiel so:
„Ich würde die Situation gerne noch aus einer anderen Perspektive beleuchten. Folgende Fragen können uns dabei vielleicht helfen: …“
Passen Sie die folgenden Fragen immer auf das Thema, die beteiligten Personen und die Rahmenbedingungen an. Formulieren Sie Varianten und setzen Sie diese Frageform gezielt, nicht zu häufig und nicht ausschließlich ein. Beachten Sie dabei: Für das Gespräch sollten nicht alle Fragen vor-formuliert werden – nur Stichworte. Die konkrete Form sollte sich aus dem Gespräch ergeben.
Kontext klären
Diese Fragen helfen, um Rahmenbedingungen, Beeinflussungen oder Wechselwirkungen zu erkennen und einzugrenzen:
- Was genau ist das Problem?
- Woher wissen Sie, dass … problematisch ist?
- Wie wirkt sich das Problem aus?
- Wer hat ein Interesse, dass es nicht zu einer Lösung kommt?
- Wer trägt zur Lösung bei?
- Was darf angesprochen werden?
- Was darf nicht angesprochen werden?
Unterscheidung und Ausnahmen
Unterschiedliche Sichtweisen zur Bedeutung eines Problems oder einer Aufgabe werden identifiziert und hinterfragt:
- Sehen alle das Problem gleich?
- Wer hat eine andere Sichtweise?
- War das schon immer so?
- Wann hat sich das verändert?
- Wie ging man früher damit um?
- Wie wurde … früher gelöst?
- Was wurde zur Lösung von … bereits getan?
- Was hat dabei funktioniert/ nicht funktioniert?
- Was soll bleiben?
- Was soll sich ändern?
- Welche Vorteile haben Sie, wenn …?
- Welche Vorteile haben andere, wenn …?
- Wie erklären Sie, dass …?
Hypothesen formulieren und besprechen
Indem Sie Hypothesen zum Thema, zur Problemlösung oder zur Aufgabenstellung formulieren, erweitern Sie bei Befragten den Blickwinkel und erkennen deren Meinungen. Außerdem finden Sie so eventuell neue Sichtweisen und Ideen, die Sie weiterentwickeln können.
- Angenommen, die Unternehmensleitung würde …: Was wäre dann mit …?
- Wenn Ihr Mitarbeiter Sie fragen würde, ob …: Was würden Sie antworten?
- Was wäre passiert, wenn Sie … (nicht) gemacht hätten?
- Angenommen, es passiert nichts: Was wäre dann mit …?
- Würden Sie beim nächsten Mal wieder …?
- Wie würden Sie (re-) agieren, wenn Sie die Chefin oder der Chef wären?
- Wer würde als Erster erkennen, dass …?
Zirkuläre Fragen stellen
Mit sogenannten zirkulären Fragen machen Sie Wechselwirkungen und Zusammenhänge sichtbar; zwischen dem Befragten und einer anderen Person oder zwischen zwei anderen Personen aus Sicht des Befragten. Sie motivieren die Gesprächspartner mit den folgenden Fragen, sich in andere zu versetzen und deren Perspektive einzunehmen.
- Was vermutet denn Ihrer Meinung nach der Betriebsrat, welche Ziele die Unternehmensleitung verfolgt?
- Wie würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren, wenn der Chef so vorgeht?
- Was würde Herr Müller sagen, wenn Sie ihn fragen …?
- Wenn wir Frau Meyer einmal durch eine Videokamera betrachten: Was würde ich sehen?
- Wie würde ein außenstehender Beobachter … beschreiben?
Internalisierende Fragen stellen
Mit internalisierenden Fragen zeigen Sie den Gesprächspartnern weitere Handlungsmöglichkeiten auf. Sie machen Fähigkeiten sichtbar durch Wunderfragen, Ausnahmefragen, Verschlimmerungsfragen wie die folgenden:
- Stellen Sie sich vor, das Problem … wäre gelöst: Woran würden Sie dies erkennen?
- Was wäre ein Anzeichen dafür, dass sich … ändert?
- Angenommen, die neue Lösung würde funktionieren: Was wäre dann mit …?
- Angenommen, Sie hätten einen Wunsch frei: Was würden Sie …?
- Was würde die Kollegen am meisten auf die Palme bringen?
Rekontextualisierende Fragen stellen
Hinterfragen Sie bisherige Informationen und Antworten der Gesprächspartner mit Fragen wie:
- Was genau meinen Sie mit …?
- Was genau passiert, wenn …?
- Was genau macht …?
- Woran zeigt sich das genau?
- Was lässt sich beobachten, wenn …?
Das Wort „genau“ zwingt die Befragten, noch einmal nachzudenken, ihre bisherige Aussagen und Beiträge zu hinterfragen, Gründe zu liefern. Damit können Sie in Meetings auch Angriffe oder unsachliche Einwände behandeln.
Skalierungsfragen stellen
Mit Skalierungsfragen können die Gesprächspartner Einschätzungen abgeben oder Meinungen sagen. Sie können aus den Aussagen Unterschiede erkennen und Differenzierungen durchführen.
- Wie hoch schätzen Sie auf einer Skala von 1 bis 10 ein: …?
- Was sind die drei größten Probleme?
- In welche Reihenfolge für … würden Sie … bringen?
- Wie benoten Sie auf einer Skala von 1 = sehr gut bis 6 = sehr schlecht …?
Sammeln Sie Beispiele für systemische Fragen und nutzen Sie dazu die folgende Vorlage. Passen Sie die Formulierungen jeweils auf die Gesprächssituation, die Beteiligten und das Thema an. Vermeiden Sie dabei, zu starr und formal vorzugehen.
Legen Sie sich dann für wichtige Situationen wie Meetings, Auftragsklärung, Lösungsfindung, Problemanalysen oder Planungen Ihre systemischen Fragen zurecht.
Im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels erfahren Sie, wie Sie die Antworten Ihrer Gesprächspartner auf Ihre systemischen Fragen nutzen und auswerten. Dadurch gewinnen Sie wichtige Einsichten und Erkenntnisse.