Wertschätzende KommunikationWie wertschätzende Kommunikation abläuft – „farbige“ Beispiele
Grundlagen der Kommunikation
Menschen kommunizieren unterschiedlich, je nach ihrer Persönlichkeits-Struktur. Grundlegend identisch sollte allen die Wertschätzung ihrer Mitmenschen sein. Das zeigt sich in der Regel durch Akzeptanz der individuellen Unterschiedlichkeit.
Nach der Beobachtung des Sachverhalts gilt es, die Gefühle und die dahinterstehenden Bedürfnisse zu erkennen, um dann gegebenenfalls eine zur Lösung führende Bitte zu äußern. Oder um ein entsprechendes Feedback zu geben. Einige Beispiele können einen solchen Kommunikationsprozess verdeutlichen.
„Blauer“ Vorgesetzter und „Gelber“ Mitarbeiter
Der Vorgesetzte beauftragt seinen Mitarbeiter, eine wichtige Projektpräsentation bis zum Stichtag X vorzubereiten. Zwei Tage vor dem Termin fragt er nach dem Stand der Präsentation und möchte gern zumindest den Entwurf sehen.
Jedoch kann der Mitarbeiter ihm noch nichts zeigen, weil er gewohnt ist, erst „in der letzten Stunde zu starten“. Der Mitarbeiter (mit hohem Gelb-Anteil) arbeitet anerkannt kreativ und gut, aber immer auf den letzten Drücker. Für den Vorgesetzten mit hohem „Blau-Anteil“ ist diese Arbeitsweise irritierend und letztlich falsch, weil subjektiv unvorstellbar; er selbst hätte eine Präsentation bereits Tage vorher fertiggestellt.
Wertschätzende Kommunikation durch Feedback als Ich-Botschaft könnte so erfolgen:
„Sie wissen, Herr Gelb, wie sehr ich Ihre wertvolle Arbeit schätze. Ich habe allerdings bei Ihnen auch manchmal eine gewisse Angst, dass bei plötzlichen Ereignissen vielleicht unser Projekt gefährdet sein könnte. Um dies zu vermeiden, habe ich die Bitte, dass Sie mir künftig drei Tage vor dem Ablieferungstermin einen Entwurf vorlegen. Dies gibt mir die für mich wichtige Sicherheit und uns beiden die Chance, vor der Fertigstellung vielleicht noch wertvolle Änderungen gemeinsam vorzunehmen.“
„Roter“ Vorgesetzter und „Gelber“ Mitarbeiter
Ein Mitarbeiter mit hohem „Gelb-Anteil“ kommt immer wieder, für den Vorgesetzten also „ständig“, zu spät zur Arbeit. Er bekommt von seinem Vorgesetzten (mit starkem Rot-Anteil) deshalb bereits die zweite Abmahnung. Er wird nun zum Personalgespräch eingeladen.
Der Mitarbeiter versucht, sein Verhalten zu „erklären“ und weist darauf hin, er habe doch in der Werkstatt angerufen und informiert, dass er verschlafen habe. Schließlich habe sein (gleichfalls gelber) Schichtführer gemeint, „das kann ja mal passieren“ und auch er verstehe nicht, dass schon wieder eine Abmahnung erfolgt sei.
Dies können rote und sachorientierte Vorgesetzte nicht verstehen und akzeptieren. Die Abmahnung bleibt bestehen. Sollte der Mitarbeiter weiterhin zu spät kommen, muss er mit einer Kündigung rechnen. Denn:
- bei Duldung solchen Verhaltens wird der Betriebsfrieden gestört oder gefährdet;
- eine Nicht-Stärke (der Mitarbeiter hat vermutlich keine blauen Anteile) ist keine Entschuldigung für ein Versäumnis durch mangelndes Pflichtgefühl, dem durch Selbstdisziplin (und Nutzung eines Weckers) Rechnung getragen werden kann.
Wertschätzende Kommunikation bedeutet hier:
- menschliches Verständnis,
- aber zugleich eine klare, direkte Wortwahl mit Appell an eine für Qualitätsarbeit notwendige Kollegialität;
- das bisherige Verhalten wirkt als schlechtes Beispiel und
- wird von den Kollegen beachtet und
- kann nicht geduldet werden;
- deshalb ein Appell an das Selbstbewusstsein des Mitarbeiters,
- dass er sicher nicht als Schwächling verachtet werden möchte und
- eine Vereinbarung für die Zukunft.
Beispiel: Was würde Herr Rot jetzt sagen – in wertschätzender Form?
„Lieber Herr Gelb, ich kenne und schätze Ihre wertvolle Arbeit. Ihre Verspätungen haben in der Vergangenheit zu Irritationen geführt. Dies müssen wir für die Zukunft verhindern.
Ich bitte um Verständnis, wenn im Sinne von Produktqualität und auch im Interesse der kollegialen Zusammenarbeit ab sofort keine Verspätung mehr geduldet werden darf. Dies sieht auch der Betriebsrat so. Eine Kündigung und Beendigung unserer Zusammenarbeit wäre im Wiederholungsfall nicht zu vermeiden, was ich bedauern würde. Falls Sie einen lauteren Wecker benötigen, sagen Sie dem Betriebsrat Bescheid. Er hat das Recht, für Sie einen starken Wecker anzuschaffen, den wir Ihnen bis auf Weiteres leihweise überlassen.“
„Roter“ Vorgesetzter und „Grüner“ Mitarbeiter
Der Vorgesetzte sieht den Mitarbeiter morgens allein mit einer Tasse Kaffee in der Hand und spricht ihn im Vorbeigehen (ohne Kenntnis des Hintergrundes der konkreten Situation) grußlos an: „Was stehen Sie hier rum und trinken Kaffee, haben Sie nichts zu tun? An die Arbeit …“ und geht weiter.
Ein Mitarbeiter mit hohem „Grün-Anteil“ könnte sich vielleicht schuldbewusst fühlen, aber auch persönlich betroffen oder sogar beleidigt und entwürdigt, je nach Situation. Er sagt in der Regel nichts, wird aber dieses für ihn eher schmerzhafte Ereignis nicht vergessen können. Bei Wiederholung könnte die Beziehungsebene nachhaltig gestört sein. Solches Verhalten dürfte zu innerer Kündigung mit Dienst nach Vorschrift führen.
Wertschätzende Kommunikation wird nach dem Hintergrund der Situation forschen und klären, ob eine verdiente Pause vorlag oder eine Ausnahmesituation und welche; sie wird auch auf die ausgelösten Gefühle und Bedürfnisse Rücksicht nehmen.
Eine Ich-Botschaft des „roten“ Vorgesetzten könnte etwa wie folgt lauten:
„Ich freue mich, Herr Grün, dass Sie während der Arbeitszeit auch Zeit für ein Tässchen Kaffee finden. Aber gibt es einen besonderen Grund, dass Sie allein eine Pause machen?“
Er könnte fortfahren: „Und wie sehen Ihre Kollegen das? Eine Einzelpause könnte vielleicht Anlass sein für Unstimmigkeiten. Und wenn es diese bereits gibt, sollte dies gemeinsam geklärt werden. Gemeinsamkeit ist für die kollegiale Zusammenarbeit eine sehr wichtige Grundlage. Ich bitte deshalb zeitnah um eine Information, falls Sie Hilfe benötigen.“
„Gelber“ Vorgesetzter und „Blauer“ Mitarbeiter
Der Vorgesetzte macht dem Mitarbeiter Vorwürfe, weil er zu wenig mit den Kolleginnen und Kollegen kommuniziert. Offenbar sitzt er vielmehr gern allein in seinem Büro, auch in den Pausen.
Der Mitarbeiter versteht nicht, wo das Problem liegt, da er doch ordnungsgemäß alle sachlich wichtigen Informationen per E-Mail an alle Beteiligten gesendet hat.
Wertschätzende Kommunikation könnte wie folgt erfolgen:
„Herr Blau, ich habe volles Verständnis für Ihr Bedürfnis nach Abstand und Ruhe. Wenn Sie sich aber häufig so zurückziehen, könnte das den Eindruck vermitteln, dass Sie sich als etwas Besseres als die Kollegen fühlen. Dies könnte sich dann auf die wichtige vertrauensvolle Zusammenarbeit auswirken und das Arbeitsklima und könnte vielleicht auch auf die Leistung der Abteilung. Beeinflussen.
Da Sie das sicher nicht wollen, schlage ich vor, dass Sie – vielleicht zunächst gelegentlich – sich mit den Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Das fördert die Zusammenarbeit und macht erfahrungsgemäß sogar Spaß. Bitte, denken Sie daran in der nächsten Pause!“
„Roter“ Vorgesetzter und „Blauer“ Mitarbeiter
Der Mitarbeiter soll ein Projekt betreuen, von der Informationsbeschaffung bis zum Abschluss. Der Vorgesetzte fragt spontan nach dem Zwischenstand und erhält eine Vielzahl von Informationen mit weitschweifigen Erklärungen. Daraufhin wirft der Vorgesetzte dem Mitarbeiter vor, dass er konkrete Ergebnisse vermisse, was der Mitarbeiter nicht versteht, da das Projekt noch nicht abgeschlossen ist.
Wertschätzende Kommunikation bedeutet hier etwa eine Ansprache wie folgt:
„Lieber Herr Blau, ich schätze Ihre wertvolle Qualitätsarbeit und auch Ihre korrekte Termineinhaltung. Es können sich allerdings zwischenzeitlich neue Aspekte ergeben, die berücksichtigt werden sollten oder müssen. Mir ist deshalb ein Kontakt zwischendurch wichtig, sodass wir gemeinsam den Stand begutachten können. Vielleicht werden dann auch qualitative Verbesserungen möglich, was sich auch für Ihre Arbeit positiv auswirkt.
Das sollten wir nicht dem Zufall überlassen. Deshalb möchte ich bei allen künftigen Projekten mit Ihnen einen Termin für einen Zwischenbericht vereinbaren. Wenn Ihnen dies Probleme bereitet, die ich wissen sollte, lassen Sie mich dies bitte zeitnah wissen. Ansonsten werde ich beim Start künftiger Projekte mit Ihnen jeweils einen Zwischen- und einen Endtermin vereinbaren. Ich bin sicher, dies wird der Qualität unserer Zusammenarbeit förderlich sein.“
Kommunikation in persönlichen Beziehungen
Sinngemäß treffen die Beispiele und die Hinweise auch auf alle kollegialen sowie persönlichen Partner und Freundschaften zu. Je nach Intensität der Beziehung gibt es zu deren Verbesserung oder Optimierung eine Zauberformel:
Die Partner fragen sich gegenseitig: „Womit kann ich dir einen größten und bisher unerfüllten Wunsch erfüllen?“
Sie werden sich vermutlich wundern, wie einfach das sein kann. Denn der Partner, etwa in der Ehe, hat sich vielleicht bisher – gerade bei Kleinigkeiten – nicht geoutet in der Annahme, das müsse doch eigentlich bekannt sein. Auch bei schwierig zu erfüllenden Wünschen dürfte aufgrund der Konzentration auf nur einen Wunsch in der Regel der Erfolg bald eintreten, und zwar mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit und vermutlich auch mit erheblicher positiver Resonanz.
Eine gute Beziehung mit der Umwelt gründet sowohl auf der Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse als auch auf Beachtung der Bedürfnisse der Umwelt, letztlich auf dem christlichen Gebot der Nächstenliebe.
Dazu folgende Übung:
Überlegen Sie aufgrund Ihrer Erkenntnisse, die Sie durch die Beispiele gewonnen haben, und notieren Sie aufgrund spontaner Erinnerungen an kritische Situationen mit Partnern, welche eigenen Verhaltensweise Ihnen bewusst geworden sind und welche Bedürfnisse bei Ihnen ausgelöst wurden.
Überlegen Sie dann, welche Bedürfnisse hinter den Verhaltensweisen der beteiligten Partner gestanden haben könnten.
Notieren Sie Ihre Überlegungen in der folgenden Vorlage.