BenchmarkingBenchmarking-Objekte auswählen
- Wofür ein Benchmarking durchgeführt wird
- Einstieg mit einem Produkt-Benchmarking
- Interne Informationsquellen auswerten
- Externe Informationsquellen auswerten
- Vergleichsgrößen für das Benchmarking ermitteln
- 1. Schritt: Produkt-Benchmarking mit Reverse Engineering
- 2. Schritt: Prozess-Benchmarking
- Prozesskennzahlen erfassen und erläutern
- 4 Vorlagen im Praxisteil
Wofür ein Benchmarking durchgeführt wird
Nehmen Sie sich für die erste Phase des Benchmarking-Projekts besonders viel Zeit und bereiten Sie die Auswahl der Benchmarking-Objekte sorgsam vor. Kommunizieren Sie in dieser Phase besonders intensiv mit Kolleginnen und Kollegen der Fachbereiche, da diese meistens am besten wissen, worin die Probleme bestehen und was verbessert werden soll.
Grundsätzlich kommen als Benchmarking-Objekte infrage:
- Produkte: Funktion, Merkmale, Kosten, Qualität
- Dienstleistungen
- Funktionsbereiche: Forschung, Entwicklung, Marketing, Vertrieb, Qualitätsmanagement, Produktion, Einkauf, Personalentwicklung
- Prozesse: Geschäftsprozesse, Serviceprozesse, Unterstützungsprozesse
- Methoden und Verfahren: Qualitätszirkel, kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP), Produktentwicklung, Markteinführung
- Einführung oder Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik
- Innovationsfähigkeit des Unternehmens
- Qualifikation und Motivation der Mitarbeitenden
- strategische Werte wie Image oder Unternehmenskultur
- Aufbauorganisation (Organigramm), Kommunikationswege, Leitungsspannen
- Zusammenarbeit mit Kunden
Die Phase, in der die Benchmarking-Objekte ausgewählt werden, ist eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Phase im Benchmarking-Projekt. Denn hier wird entschieden, was genau mit anderen Unternehmen verglichen und dann verbessert werden soll. Wenn hier die falschen Weichen gestellt werden, wird das gesamte Benchmarking-Projekt nicht die erhofften Verbesserungen bewirken können.
Probleme bei Xerox
Das Unternehmen Xerox hatte jahrzehntelang eine Monopolstellung bei Trockenkopierern aufgrund des internationalen Patentschutzes. Nach Ablauf dieser Schutzrechte drängten sofort massiv japanische Wettbewerber mit besseren und billigeren Produkten auf den Markt.
Xerox stand vor der Herausforderung, Produkte und Prozesse zu verbessern. Die historische Entwicklung des Benchmarking bei Xerox basierte auf Untersuchungen, die zu folgenden Ergebnissen kamen:
- Verkaufspreise des Wettbewerbs entsprachen den Herstellkosten bei Xerox.
- Der Wettbewerb benötigte nur die halbe Produktionszeit.
- Xerox brauchte länger, um neue Geräte zu entwickeln und einzuführen (Time-to-Market).
- Xerox-Produkte wiesen erhebliche Qualitätsmängel auf.
- Die Produktverfügbarkeit war schlechter als die der neuen Anbieter.
Einstieg mit einem Produkt-Benchmarking
Wenn Sie zum ersten Mal ein Benchmarking-Projekt durchführen, ist das Produkt-Benchmarking zu empfehlen. Denn Sie können Ihre Produkte und Dienstleistungen direkt mit denen der Wettbewerber vergleichen und darüber Schwachstellen in Ihrem Leistungsangebot identifizieren.
Über diese Schwachstellen im Leistungsangebot kommen Sie zu den Prozessen, die dafür relevant sind. Oft sind das Schwachstellen in einem bestimmten Prozess, der identifiziert werden kann. Dann kann im zweiten Schritt ein Prozess-Benchmarking durchgeführt werden. Für die genauere Analyse der Schwachstellen und Probleme brauchen Sie Informationen.
Interne Informationsquellen auswerten
Um Informationen und Anhaltspunkte über die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens zu erhalten, können Sie auf folgende internen Informationsquellen zurückgreifen:
- Workshops und Teamsitzungen, bei denen die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Einschätzung der Probleme ihres Bereiches abgeben.
- Welche Kundenangebote waren erfolgreich und warum? Welche sind fehlgeschlagen und warum?
- Auswertung der Aufträge
- Service- und Wartungsanalysen
- Vertriebsbesprechungen
- Marktanalysen
- Auswertung von Kundenreklamationen
- Produkttests
- Analyse der Wettbewerber
- Beobachtungen auf der Branchenmesse
Folgende Fragen sollten auf der Agenda stehen, wenn Sie mit den Verantwortlichen der Fachbereiche die Schwachstellen analysieren und Potenziale für Benchmarking-Projekte identifizieren wollen:
- Was läuft gut, was läuft schlecht?
- Wo sind Verbesserungen nötig und möglich?
- Wo liegen möglicherweise die tieferen Ursachen für das festgestellte Problem?
- Wo können wir definitiv nichts verändern?
- In welchen Bereichen können wir von anderen lernen?
- Wo wird nicht-wertschöpfende Arbeit geleistet?
- Wo sind unsere Verfahren nicht kundenorientiert?
- Wo fallen besonders hohe Kosten an?
- Wodurch entstehen Leistungsdefizite?
- Was braucht besonders viel Zeit?
Externe Informationsquellen auswerten
Die wichtigste externe Informationsquelle sind Ihre Kunden. Nur von den Kunden erhalten Sie Hinweise, wo es im Unternehmen an der Leistung, am Service oder an der Kundenorientierung mangelt. Dafür müssen Sie herausfinden, was der Kunde wünscht, wo er unzufrieden, wo er zufrieden ist.
Hierzu können Sie gezielte Kundenbefragungen durchführen. Auf dieser Basis können Sie dann überlegen, welche Schwächen Sie beseitigen müssen und welche Stärken Sie noch ausbauen können.
Folgende externe Informationsquellen können Sie heranziehen:
- Kundenbefragungen, zum Beispiel zu den Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens im Vergleich zum Wettbewerb
- Telefonkontakte mit Kunden, Hotline-Kontakte
- Schriftliche Kundenanforderungen
- Verbesserungsvorschläge der Kunden
- Kundenbeschwerden
- Kundenbesuche
- Messeberichte, Fachzeitschriften
- Expertengespräche
- Fokusgruppengespräche mit Schlüsselkunden
- Verbraucherstudien
Vergleichsgrößen für das Benchmarking ermitteln
Vergleichsgrößen sind Messgrößen oder Kennzahlen, die ausdrücken, wie gut Ihre Leistungen sind und wie gut oder um wie viel besser die Leistungen des Benchmarking-Partners (Benchmarks) sind.
Wenn Sie sich ein Bild über die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens aus interner und externer Sicht gemacht haben, werden Sie wissen, welche Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse in Ihrem Unternehmen mittels Benchmarking verbessert werden sollten. Diese Benchmarking-Objekte müssen Sie nun genauer analysieren, um Vergleichsgrößen festlegen zu können. Diese Vergleichsgrößen benötigen Sie in einer späteren Phase, wenn es um den eigentlichen Vergleich mit anderen Unternehmen geht.
1. Schritt: Produkt-Benchmarking mit Reverse Engineering
Produkt-Benchmarking bedeutet, die Kosten und die Qualität der eigenen Produkte und Dienstleistungen, mit denen der Wettbewerber zu vergleichen. Dazu bedient man sich des Reverse Engineerings von Konkurrenzprodukten.
Reverse Engineering ist eine vom Endprodukt ausgehende Zerlegung von Konkurrenzprodukten, durch die sich die verschiedenen Produktkomponenten analysieren lassen. Sie erhalten über diese Zerlegung Anhaltspunkte über die Produktstruktur, also über den Aufbau, einzelne Funktions- und Leistungskomponenten des Konkurrenzprodukts. Dies liefert Impulse für Verbesserungen am eigenen Produkt oder für Neuentwicklungen.
Reverse Engineering kann Ihnen auch zeigen, welche Funktionen des eigenen Produkts aus der Sicht des Kunden möglicherweise unnötig sind. Merkmale und Funktionen, die sich als unnötig herausstellen, sollten Sie sofort eliminieren. So können Sie die Produktionskosten sofort senken.
Folgende Fragen sollten Sie sich beim Reverse Engineering stellen:
- Wo liegen im Vergleich zum Konkurrenzprodukt die Schwachstellen in Bezug zu den Produktfunktionen?
- Wo haben Bauteile und Komponenten der Produkte ihre Schwachstellen?
- Welche Elemente oder Funktionen sind aus der Sicht des Kunden überflüssig?
- Für welche Funktionen und Merkmale bezahlt der Kunde keinen höheren Preis, weil er keinen zusätzlichen Nutzen für sich erkennen kann?
Produktanalyse bei Xerox
Als das Unternehmen Xerox feststellte, dass die Konkurrenz ein vergleichbares Produkt zu einem Preis auf den Markt brachte, der genau den eigenen Herstellkosten entsprach, konstruierte das Unternehmen die Produkte der Konkurrenz „rückwärts“. Damit ließen sich einzelne Funktionen und mechanische Merkmale vergleichen. Mit dieser Analyse wurde sichtbar, wo Kosten eingespart und die Herstellung vereinfacht werden konnte.
2. Schritt: Prozess-Benchmarking
Das Produkt-Benchmarking und das Prozess-Benchmarking sind meistens eng miteinander verbunden. Erfolgreiches Produkt-Benchmarking muss immer auch die hinter dem Produkt stehenden Prozesse analysieren; so wird in den meisten Fällen ein Prozess-Benchmarking ergänzt.
In einem zweiten Schritt wird dazu analysiert, wie die Prozesse „hinter dem Produkt“ optimiert werden können, wo die Mängel in Funktionen, Verfahren und Arbeitsweisen liegen. Beim Prozess-Benchmarking werden daher die Qualität, die Schnelligkeit und die Kosten von Prozessen verglichen.
Bei Prozessen kann man zwischen (primären) Geschäftsprozessen und (sekundären) Hilfsprozessen unterscheiden.
Beispiele für (primäre) Geschäftsprozesse:
- Innovationsprozess: vom Kundenproblem zur Produktidee
- Produktplanungsprozess: von der Produktidee zum Pflichtenheft
- Produktentwicklungsprozess: vom Pflichtenheft zum Produkt
- Vertriebsprozess: vom Kundenbedarf zum Kundenauftrag
- Auftragsabwicklungsprozess: vom Kundenauftrag zur Lieferung des Produkts
- Serviceprozess: vom Kundenproblem zur Lösung des Problems
Beispiele für (sekundäre) Hilfsprozesse:
- Zahlungsabwicklung und Fakturierung
- Erstellung des Jahresabschlusses
- Auszahlung von Löhnen und Gehältern
- Prozess für die Einstellung und Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Einrichtung und Wartung der Informations- und Kommunikationstechnologie im Unternehmen
Nun werden die Prozesse, die gebenchmarkt werden sollen, analysiert. Komplexe Prozesse werden dabei in besser zu beschreibende Teilprozesse zerlegen.
Beispiele für Teilprozesse im Auftragsabwicklungsprozess:
- Kundenaufträge bestätigen
- Material bestellen
- Material lagern
- Fertigungsplätze rüsten
- Fertigungsplätze bedienen
- Erzeugnisse lagern
- Erzeugnisse ausliefern
Zur Analyse und Beschreibung der ausgewählten Prozesse sollten dann sowohl qualitative als auch quantitative Methoden herangezogen werden. Bei der qualitativen Beschreibung geht es darum, in allgemeiner Form den Prozess und seine Elemente Input, Aktivitäten und Output zu beschreiben und mögliche Schwachstellen zu benennen. Die Merkmale der Beschreibung sind in Abbildung 1 genannt.
Prozesskennzahlen erfassen und erläutern
Zur quantitativen Beschreibung der Prozesse eignen sich Prozesskennzahlen. Beispiele dafür sind:
- Durchlaufzeiten
- Prozesskosten
- Fehlerraten
- Auslastung der Maschinen und Anlagen
- Bestandsgrößen und Bestandsveränderungen im Lager
Jedes Unternehmen hat unterschiedliche Rahmenbedingungen und interpretiert und berechnet einzelne Prozesskennzahlen ganz unterschiedlich. Deshalb kann mit den Kennzahlen allein noch keine Aussage über die Leistungsfähigkeit eines Prozesses gemacht werden.
Die Kennzahlen werden erst durch die qualitative Beschreibung der Prozesse interpretierbar und eignen sich dann für einen späteren Vergleich. Die Messung der Kennzahlen sollte deshalb immer mit einer Beschreibung und qualitativen Bewertung verknüpft sein.
Prozesse bei Xerox
Das Wettbewerbsbenchmarking zeigte erhebliche Defizite auf, die auf mangelhafte Prozesse schließen lassen. Xerox hatte im Vergleich zum jeweiligen Klassenbesten:
- neunmal so viele Zulieferer
- einen zehnfachen Ausschuss
- eine siebenfache Fehlerquote
- eine doppelt so hohe Entwicklungs- und Einführungszeit für neue Produkte (Time-to-Market)
Benchmarking-Objekt auswählen
Die Auswahl der Benchmarking-Objekte muss immer vor dem Hintergrund von übergeordneten, strategischen Unternehmenszielen erfolgen. Fragen Sie sich daher immer:
- Welche strategischen Ziele verfolgt das Unternehmen?
- Was sind die dafür relevanten Erfolgsfaktoren?
- Welche Schwachstellen müssen im Interesse der strategischen Ziele zuerst behoben werden?
Um die in Ihrem Unternehmen richtigen Benchmarking-Objekte zu finden, können Sie die folgende Vorlage nutzen.
Damit zeichnen Sie ein Bild von den Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens. Um die Fragen möglichst fundiert beantworten zu können, ist eine Analyse des eigenen Unternehmens unumgänglich.
Diese Analyse hat zum Ziel, ein möglichst umfassendes Bild Ihres Unternehmens zu zeichnen und eine fundierte Stärken-Schwächen-Analyse durchzuführen. Hierzu müssen Sie sowohl auf interne als auch auf externe Informationsquellen zurückgreifen.
Konkurrenzprodukte analysieren
Stellen Sie Ihre Produkte auf den Prüfstand und vergleichen Sie Ihre Produkte mit denen der Konkurrenz. Nutzen Sie dazu die Methode des Reverse Engineering:
- Kaufen Sie die Produkte Ihrer Mitbewerber.
- Zerlegen Sie die Produkte in ihre Einzelteile.
- Analysieren Sie die einzelnen Komponenten der Konkurrenzprodukte.
- Leiten Sie Verbesserungen für Ihre eigenen Produkte daraus ab.
Prozesse analysieren
Eine grobe Prozessbeschreibung, um wichtige Problemfelder zu erkennen, können Sie mit dem Schema der folgenden Abbildung erstellen.
Halten Sie zunächst in der folgenden Tabelle fest, welche Erfolgsfaktoren für Ihr Unternehmen und Ihre Leistungen besonders wichtig sind; die kritischen Erfolgsfaktoren.
Ermitteln Sie dann, welche Prozesse dazu beitragen können oder sollten, dass diese Erfolgsfaktoren erfüllt werden; dass also die Leistung erbracht wird, die erforderlich ist. Diese Prozesse können Sie über ein Brainstorming im Team oder durch eine Prozessanalyse identifizieren.
Bewerten Sie dann mithilfe der folgenden Excel-Vorlage, was die einzelnen Prozesse zum Unternehmenserfolg und zur Leistung beitragen. Identifizieren Sie damit die für den Gesamterfolg wichtigen Prozesse – und damit die Kandidaten für das Benchmarking.
Beschreiben Sie schließlich die Prozesse oder Teilprozesse in Ihrem Unternehmen, die für das Benchmarking analysiert werden sollen. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage.