ArbeitsrechtWie Sie mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten
- Wer ist der Betriebsrat?
- Was sind seine Aufgaben?
- Wann darf ein Betriebsrat gegründet werden?
- Welche Rechte hat der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber?
- Wann muss der Betriebsrat informiert oder konsultiert werden?
- Bei welchen personellen Themen darf der Betriebsrat mitbestimmen?
- Praxisbeispiel für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
- Was passiert bei Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht?
- Was tun bei Konflikten mit dem Betriebsrat?
- Wann kann ein Sachverständiger hinzugezogen werden?
- Mit Vorlage im Praxisteil
Wer ist der Betriebsrat?
Der Betriebsrat ist ein gewähltes Gremium, das die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Unternehmens gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Dieses Gremium setzt sich aus Mitarbeitenden des Unternehmens zusammen, die regelmäßig von der Belegschaft gewählt werden. Im öffentlichen Dienst und in der Verwaltung wird die Arbeitnehmervertretung als Personalrat bezeichnet.
Der Betriebsrat hat das Recht, bei verschiedenen Angelegenheiten wie Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und Entlassungen mitzubestimmen und mitzuwirken. In Deutschland ist die Einrichtung und Tätigkeit von Betriebsräten durch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.
Was sind seine Aufgaben?
Ziele und Aufgaben des Betriebsrates sind unter anderem:
- Betriebsalltag im Sinne der Beschäftigten mitgestalten
- Arbeitsplätze sichern
- Missverständnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhindern, Konflikte lösen und schlichtend eingreifen
- Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften, Gesetzen und Verträgen sicherstellen
- Gleichstellung durchsetzen
- Integration ausländischer Arbeitnehmender fördern
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichern
Wann darf ein Betriebsrat gegründet werden?
Ein Betriebsrat kann gegründet werden, wenn:
- mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber im Betrieb und
- mindestens drei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wählbar sind.
Wenn Sie weniger als fünf Mitarbeitende beschäftigen, müssen Sie die Gründung eines Betriebsrats nicht dulden. Wählbar sind jene Mitarbeitenden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und mindestens sechs Monate im Betrieb sind. Ihre Probezeit muss bestanden sein.
Wenn Ihr Unternehmen mehrere Betriebe oder Standorte hat, kann dort jeweils ein eigener Betriebsrat gegründet werden – wenn die beiden genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Je größer der Betrieb, desto mehr Mitglieder kann der Betriebsrat haben. Gehören zu einem Konzern mehrere Unternehmen, kann ein Gesamtbetriebsrat oder ein sogenannter Konzernbetriebsrat gegründet werden.
Welche Rechte hat der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber?
Die Rechte und Aufgaben des Betriebsrats im Unternehmen können grob den drei Bereichen Informationsrecht, Beratungsrecht und Mitbestimmungsrecht zugeordnet werden.
Informationsrecht
Sie als Arbeitgeber sind verpflichtet, dem Betriebsrat die für die Ausübung seiner Aufgaben notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Ihm steht es auch zu, bei Betriebsversammlungen Informationen über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens zu verlangen.
Dieses Recht umfasst die Einsicht in Unterlagen, welche für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer relevant sind. Zu diesen Unterlagen können gehören:
- Personalpläne
- Arbeitszeitdokumentationen
- Lohn- und Gehaltslisten
- Gesundheits- und Sicherheitsprotokolle
- Protokolle nach Sitzungen und Besprechungen
- Einsatzpläne (auch für Leiharbeitnehmer)
- andere betriebliche Daten
Beratungsrecht
Das Beratungsrecht des Betriebsrats sichert ihm eine aktive Rolle in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu. Bei geplanten Neuerungen oder Umstrukturierungen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat daher rechtzeitig und umfassend einbeziehen, um dessen Expertise und die Perspektiven der Belegschaft zu berücksichtigen.
Dies soll einen konstruktiven Dialog zwischen Betriebsleitung und Arbeitnehmenden fördern und dabei helfen, mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und auszuräumen. Insbesondere in Krisenzeiten kann durch das Beratungsrecht eine gemeinsame Strategie entwickelt werden, die zur Sicherung der Arbeitsplätze und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beiträgt. Gemeinsame Lösungen werden dann auch von allen mitgetragen und unterstützt.
Mitbestimmungsrecht
Das Mitbestimmungsrecht stärkt die Position des Betriebsrats erheblich, da ohne seine Zustimmung in bestimmten Bereichen keine Entscheidungen gefällt werden können.
Die Zustimmung muss zum Beispiel eingeholt werden, wenn
- neue Arbeitsmethoden und Technologien eingeführt werden oder
- Betriebsänderungen anstehen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft mit sich bringen könnten.
Durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats werden die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei wichtigen Entscheidungen berücksichtigt. Bei Nichteinigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber kann die Einigungsstelle angerufen werden, die dann eine verbindliche Entscheidung trifft.
Wann muss der Betriebsrat informiert oder konsultiert werden?
Der Betriebsrat muss mindestens konsultiert werden, wenn es um folgende Themen geht:
- Personalplanung
Neueinstellungen, Entlassungen und andere wichtige Personalentscheidungen - Arbeitsbedingungen
Änderungen in der Organisation der Arbeit, bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden und technischer Anlagen - wirtschaftliche Angelegenheiten
Bei geplanten Betriebsänderungen wie Betriebseinschränkungen, -verlegungen oder dem Zusammenschluss mit anderen Unternehmen, muss der Betriebsrat informiert werden.
Bei welchen personellen Themen darf der Betriebsrat mitbestimmen?
Der Betriebsrat hat Mitbestimmungsrechte unter anderem bei:
- Arbeitszeitregelungen,
- Regelungen zum Urlaub,
- Überwachung der Arbeitsleistung von Mitarbeitenden,
- Regelungen und Maßnahmen zum Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz,
- bei der Aufstellung neuer Entlohnungsgrundsätze,
- Grundsätze zum betrieblichen Vorschlagswesen sowie
- bei Fragen zum Thema mobile Arbeit und Homeoffice.
Hier muss der Arbeitgeber vor jeder Maßnahme die Zustimmung des Betriebsrats einholen.
Außerdem muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung von Mitarbeitenden gehört werden. Er kann der Kündigung widersprechen, wenn er meint, dass sie sozial ungerechtfertigt ist oder gegen Auswahlrichtlinien verstößt.
Praxisbeispiel für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
Das folgende Beispiel zeigt, wie Geschäftsleitung und Betriebsrat zusammenarbeiten, um eine Lösung zu finden, die gleichzeitig den betrieblichen Erfordernissen entspricht und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden schützt.
Ausgangslage
In einem mittelständischen Produktionsunternehmen soll ein neues Schichtsystem eingeführt werden. Das Unternehmen beschäftigt etwa 300 Mitarbeitende und hat einen gut organisierten Betriebsrat.
Es steht nun vor der Herausforderung, die Produktionseffizienz zu steigern, um auf ein erhöhtes Auftragsvolumen reagieren zu können. Die Geschäftsleitung erwägt die Einführung eines neuen Schichtmodells, das eine 24/7-Produktion ermöglichen soll. Das bisherige Modell umfasste zwei Schichten pro Tag ohne Wochenendarbeit.
Erstes Gespräch zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat
Die Geschäftsleitung lädt den Betriebsrat zu einem ersten Informationsgespräch ein, um die Notwendigkeit eines neuen Schichtsystems zu erläutern und die Grundzüge des Vorschlags zu präsentieren. Hierbei spricht der Betriebsrat seine Bedenken aus:
- Die ausgewogene Work-Life-Balance der Mitarbeitenden wird gefährdet und
- Gesundheitsrisiken steigen durch die Nachtarbeit.
Bildung einer Arbeitsgruppe
Um eine Lösung zu erarbeiten, die sowohl den betrieblichen Anforderungen gerecht wird als auch die Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigt, wird eine Arbeitsgruppe gebildet.
Diese besteht aus Mitgliedern der Geschäftsleitung, des Betriebsrats und einigen betroffenen Beschäftigten. Ein externer Berater für Arbeitszeitgestaltung wird ebenfalls hinzugezogen.
Entwicklung eines Modellvorschlags
In mehreren Sitzungen erarbeitet die Arbeitsgruppe einen Vorschlag für das neue Schichtsystem. Dieser sieht drei rotierende Schichten vor, inklusive Nacht- und Wochenendschichten, mit zusätzlichen Ruhezeiten und angepassten Zuschlägen für Nacht- und Wochenendarbeit.
Außerdem wird ein Modell für flexible Schichten entwickelt, das den Mitarbeitenden ermöglicht, bei Bedarf zwischen verschiedenen Schichten zu wählen.
Feedback und Anpassung
Der erarbeitete Vorschlag wird der gesamten Belegschaft vorgestellt. Über einen Zeitraum von zwei Wochen können Mitarbeitende Feedback geben, welches von der Arbeitsgruppe ausgewertet und zur Anpassung des Modells genutzt wird. Der Betriebsrat spielt eine Schlüsselrolle bei der Sammlung und Kommunikation dieses Feedbacks.
Abschlussvereinbarung und Umsetzung
Nach der Überarbeitung des Modells wird eine endgültige Vereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat getroffen, welche die Arbeitszeiten, Zuschläge und Flexibilitätsmodelle festlegt.
Diese Vereinbarung wird in einem Betriebsabkommen festgehalten. Zur Unterstützung der Umsetzung werden Informationsveranstaltungen und Schulungen für die Mitarbeitenden angeboten.
Evaluation und Nachjustierung
Nach einer Einführungsphase von sechs Monaten wird das neue Schichtsystem gemeinsam von der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat evaluiert. Basierend auf einer Mitarbeiterbefragung und Produktionsdaten werden Anpassungen vorgenommen.
Was passiert bei Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht?
Bei Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht legt der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Einspruch ein. Kann keine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber erzielt werden, wird eine Einigungsstelle angerufen, die dann eine bindende Entscheidung trifft.
In dringenden Fällen beantragt der Betriebsrat vorläufigen Rechtsschutz beim Arbeitsgericht, um irreparable Schäden zu vermeiden.
Was tun bei Konflikten mit dem Betriebsrat?
Greifen Sie ein, sobald sich ein Konflikt abzeichnet. Dies kann durch offene Diskussionen und Mediation geschehen, bevor sich die Situation verschärft. Wenn interne Lösungen scheitern, kann eine Einigungsstelle helfen. Dieses neutrale Gremium setzt sich aus Vertretern beider Seiten sowie einem unparteiischen Vorsitzenden zusammen und kann verbindliche Entscheidungen treffen.
Ist keine Einigung möglich, kann das Arbeitsgericht angerufen werden. Beachten Sie, dass gerichtliche Auseinandersetzungen:
- oft langwierig sind und
- das Betriebsklima belasten.
Wann kann ein Sachverständiger hinzugezogen werden?
Zur angemessenen Erfüllung seiner Pflichten ist der Betriebsrat nach einer umfassenden Absprache mit Ihnen als Arbeitgeber berechtigt, Expertinnen oder Experten hinzuziehen. Diese unterstützen den Betriebsrat bei der Ausführung seiner Tätigkeiten durch Fachwissen.
Die Kosten für die Beauftragung eines solchen Fachmanns oder einer Fachfrau fallen grundsätzlich Ihnen als Arbeitgeber zu. Lehnen Sie trotz der Notwendigkeit die Beteiligung eines Fachexperten ab, steht dem Betriebsrat das Recht zu, Ihre Ablehnung vor dem Arbeitsgericht zu klären.
Beispielfall: Bedenken werden Privatsphäre
Wenn ein Unternehmen plant, ein umfangreiches System zur Zeiterfassung einzuführen, das auf biometrischer Technologie basiert, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die Privatsphäre und die Arbeitsweise der Mitarbeitenden haben.
In solch einem Fall könnte der Betriebsrat das Hinzuziehen eines Datenschutzexperten für notwendig erachten, um sicherzustellen, dass die Einführung des Systems die rechtlichen Anforderungen erfüllt und die Rechte der Mitarbeitenden gewahrt bleiben.
Dieser Experte würde den Betriebsrat in Bezug auf Datenschutzbestimmungen beraten und könnte bei der Gestaltung der Datenschutzrichtlinien für die neue Technologie unterstützen.
Mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten
Prüfen Sie bei der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat:
- Welche Rechte hat der Betriebsrat im vorliegenden Fall?
- Worüber muss er informiert werden?
- Wann darf er aktiv mitbestimmen?
- Haben Sie Ihre Pflichten erfüllt?
- Hat der Betriebsrat seine Pflichten erfüllt?
- Wo gibt es Konfliktpotenzial?
- Wie lassen sich die Konflikte abwenden oder schlichten und was sind dazu die nächsten Schritte?
Nutzen Sie die folgende Vorlage, um bei der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
- wichtige Termine zu planen und Intervalle einzuhalten,
- alle relevanten Themen zu besprechen und
- Konflikte zeitnah zu klären.
Enthalten sind ein Terminplan, ein Themenplan und ein Notfallplan. Orientieren Sie sich im Betriebsalltag an diesem Leitfaden, um korrekt und produktiv mit dem Betriebsrat zu interagieren.