Wozu brauchen Sie Flucht- und Rettungspläne?

Flucht- und Rettungspläne sind ein wesentlicher Teil der Sicherheitsmaßnahmen in Gebäuden und bieten als grafische Grundrissdarstellungen eine Orientierungshilfe für alle Anwesenden. Im Notfall müssen Flucht- und Rettungswege sofort als solche erkannt und gefunden werden, zum Beispiel bei einem Brand.

Die schematischen Darstellungen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, die insbesondere in der DIN ISO 23601 spezifiziert sind. Korrekt erstellte Flucht- und Rettungspläne versetzen Personen im Gebäude in die Lage,

  • sich eigenständig über vorhandene Fluchtwege zu informieren und
  • im Falle einer Blockade alternative Routen zu identifizieren.

Ist die Erstellung von Flucht- und Rettungsplänen vorgeschrieben?

Dass für Unternehmen, Herbergen sowie Versammlungsstätten Flucht- und Rettungspläne erstellt und angebracht werden müssen, fordern verschiedene Gesetzestexte, Verordnungen und Richtlinien:

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)
  • Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättV)

Wie sehen Flucht- und Rettungspläne aus?

Flucht- und Rettungspläne bieten eine visuelle Übersicht über wesentliche Sicherheitsinformationen. Sie illustrieren den Verlauf von Flucht- und Rettungswegen sowie die Standorte von Erste-Hilfe- und brandschutztechnischen Einrichtungen.

Zusätzlich enthalten diese Pläne schriftliche Anweisungen zum Verhalten im Brandfall und bei Unfällen. Die Gestaltung der Flucht- und Rettungspläne folgt der DIN ISO 23601:2021, welche die genauen Anforderungen an die bildlichen Darstellungen und schriftlichen Informationen festlegt.

Die Abbildung zeigt einen beispielhaften Flucht- und Rettungsplan, der alle gängigen visuellen und textlichen Elemente enthält:

  • Grundriss mit eingezeichneten Rettungswegen, Sammelstellen, Feuerlöschern, Notausgängen und Verbandskästen
  • Markierung für den Standort des Betrachters
  • Übersichtsplan
  • Legende
  • Anweisungen zum Verhalten im Brandfall
  • Anweisungen zum Verhalten bei Unfällen
  • Kontaktinformationen
© Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN)
Beispiel für Flucht und Rettungsplan
Quelle: https://bgn-branchenwissen.de/organisation-des-arbeitsschutzes/betriebliche-organisation/erste-hilfe/flucht-und-rettungsplan-erstellen#c26817

Welche Normen und Regeln sind ausschlaggebend?

Im Dezember 2010 wurde die DIN ISO 23601 in Deutschland als internationales Regelwerk eingeführt und ersetzte die vormalige DIN 4844-3. Diese Norm beinhaltet internationale Sicherheits- und Gesundheitszeichen gemäß der DIN EN ISO 7010:2020 „Graphische Symbole – Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen – Registrierte Sicherheitszeichen“.

Wenn Sie außerdem die Vorschriften der ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ sowie der ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“ umsetzen, können Sie als Arbeitgeber davon ausgehen, dass Sie auch die Anforderungen zu den Flucht- und Rettungsplänen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) erfüllen.

Welche Elemente gehören zum Flucht- und Rettungsplan?

Generell muss der Flucht- und Rettungsplan lagerichtig und so einfach wie möglich, aber so detailreich wie nötig ausgestaltet sein. Eine Darstellung in Schwarz-Weiß reicht nicht aus.

Übersichtsplan

Handelt es sich um ein großes Gebäude mit mehreren Stockwerken, darf der Flucht- und Rettungsplan in mehrere Abschnitte unterteilt werden, um die Übersicht zu wahren.

In diesem Fall müssen Sie einen Übersichtsplan anfertigen. Hier wird skizziert, wo sich die Sammelstelle befindet und wie die Umgebung aussieht (zum Beispiel: Straßen vor dem Gebäude, Straßenbahnschienen direkt angrenzend an das Gebäude, großer, zugehöriger Parkplatz, Nachbargebäude und Ähnliches). Außerdem wird der Gesamtplan skizziert und markiert, wo sich in ihm der betroffene Teilbereich befindet.

Der Übersichtsplan befindet sich meist rechts unten auf dem Flucht- und Rettungsplan und darf nicht mehr als 10 % der Gesamtfläche des Plans belegen.

Rettungswege

Der Standort des Betrachters wird gesondert markiert: Laut DIN ISO 3864‑1 muss das Symbol blau sein und mindestens einen Durchmesser von 7 mm aufweisen.

Die Rettungswege sind in Hellgrün einzuzeichnen und mit einem Richtungspfeil zu versehen. Rettungs- und Brandschutzzeichen müssen in den Sicherheitsfarben (DIN ISO 3864‑1 und ISO 3864-4) dargestellt werden.

Verhaltensregeln

Flucht- und Rettungspläne müssen Verhaltensregeln für den Brandfall und bei Unfällen enthalten. Die ausformulierten Regeln dürfen alternativ in unmittelbarer Nähe des Plans angebracht werden, zum Beispiel direkt daneben.

Zusätzlich muss die Brandschutzordnung gemäß DIN 14096-1 ausgehängt werden.

Grundrisszeichnung

Auf der Grundrisszeichnung könnten zum Beispiel eingezeichnet werden:

  • das Erdgeschoss mit markierten Fluchtwegen vom Empfang, den Büros und der Kantine a) zum Haupteingang und b) zur hinteren Notausgangstür,
  • das Obergeschoss mit Fluchtwegen aus den Büros und dem Technikraum über den Flur zur Notausgangstür mit Außentreppe,
  • der Parkplatz direkt vor dem Gebäude und der dort befindlichen Sammelstelle.

Legende

Hier wird zum Beispiel erläutert, dass die grünen Linien Hauptfluchtwege darstellen, wie die Feuerlöschersymbole aussehen und dass blaue Pfeile für „Notausgang“ stehen.

Anweisungen

Formulieren Sie möglichst kurze und eindeutige Anweisungen für das Verhalten im Brandfall oder bei anderen Notfällen. Erteilen Sie zum Beispiel die Anweisung, Fenster und Türen korrekt zu schließen.

Informationen zum Sammelplatz

Formulieren Sie Anweisungen zum Sammeln am Sammelplatz und zur Überprüfung der Anwesenheit.

Kontaktinformationen

Hier notieren Sie:

  • Telefonnummern der Notfalldienste,
  • des Sicherheitsbeauftragten und
  • des Ersthelfers.

Beispiel: Wie kann ein Flucht- und Rettungsplan aussehen?

Wir gehen von einem Flucht- und Rettungsplan für das Erdgeschoss eines Gebäudes aus. Der Plan ist gemäß DIN ISO 23601 gestaltet und umfasst mehrere Komponenten:

Gebäudeplan

Die Skizze des Erdgeschosses zeigt die räumliche Anordnung von Büros, einem Seminarraum, einer Küche sowie Sanitäreinrichtungen. Die Position des Betrachters („Standort“) ist durch einen blauen Kreis markiert. Alle Fluchtwege sind mit grünen Pfeilen markiert, die zu den Notausgängen führen.  Eine Sammelstelle ist durch das entsprechende Symbol außerhalb des Gebäudes gekennzeichnet.

Legende

Eine Legende am linken unteren Rand des Plans erläutert verschiedener Symbole, zum Beispiel: Standort, Sammelstelle, Feuerlöscher, Rettungswege, Notausgang, Erste-Hilfe-Kästen und Richtungsangaben.

Verhalten im Brandfall und bei Unfällen

Zwei Textboxen am rechten Rand des Plans geben Anweisungen für Notfallsituationen:

  • Verhalten im Brandfall
    Anweisungen umfassen das Melden des Brands (mit Telefonnummer 112), das In-Sicherheit-Bringen von Personen sowie das Unternehmen eines Löschversuchs mit den verfügbaren Mitteln.
  • Verhalten bei Unfällen
    Enthält Anweisungen zum Melden eines Unfalls (ebenfalls Telefonnummer 112), Erste-Hilfe-Maßnahmen und weitere Schritte wie das Sichern des Unfallortes und das Einweisen von Rettungsdiensten.

Weitere Informationen

Am unteren Rand des Plans befinden sich zusätzliche Informationen:

  • Name des Unternehmens und die Adresse,
  • das Datum der Planerstellung und der Planrevision und
  • ein QR-Code für weitere digitale Informationen oder Updates zum Plan.

Flucht- und Rettungsplan selbst erstellen

Grundsätzlich dürfen Sie die Flucht- und Rettungspläne für Ihr Unternehmen selbst erstellen, wenn Sie über Kenntnisse zu den Normen DIN ISO 23601 und DIN ISO 7010 verfügen und sich mit dem vorbeugenden Brandschutz auskennen.

Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe stellt online einen Baukasten zum Erstellen eines Flucht- und Rettungsplans zur Verfügung, den Sie herunterladen und direkt in PowerPoint nutzen können. Enthalten sind alle erforderlichen Elemente, wie:

  • anweisende Elemente „Verhalten im Brandfall“ und „Verhalten bei Unfällen“,
  • Element „Legende“,
  • Übersichtsplan und
  • der Gebäudeplan selbst.

Außerdem ist eine Zeichen-Bibliothek enthalten, welche die offiziellen Symbole für Rettungsweg (links, rechts), Erste-Hilfe-Kasten, Notruftelefon und weitere enthält.

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Erstellung eines Flucht- und Rettungsplans

Gehen Sie bei der Erstellung Schritt für Schritt vor, um nichts zu vergessen. Beachten Sie bei der Ausführung die Informationen aus den vorhergehenden Abschnitten, damit der Plan den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Stellen Sie sicher, dass Ihr Flucht- und Rettungsplan nicht nur den gesetzlichen Anforderungen genügt, sondern auch praktisch umsetzbar ist und die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet.

Schritt 1: Gesetzliche Vorgaben verstehen

Informieren Sie sich zunächst über die gesetzlichen Anforderungen für Flucht- und Rettungspläne in Deutschland. Relevante Vorschriften finden Sie in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) sowie in den Unfallverhütungsvorschriften Ihrer Berufsgenossenschaft.

Schritt 2: Grundrisspläne beschaffen

Sammeln Sie aktuelle Grundrisspläne aller Geschosse Ihres Unternehmens. Diese Pläne müssen alle Räume, Türen, Fenster und Treppen klar erkennbar zeigen. Achten Sie darauf, dass die Pläne im Maßstab gezeichnet sind und die Nordrichtung angeben.

Schritt 3: Fluchtwege und Notausgänge kennzeichnen

Zeichnen Sie auf den Grundrissplänen alle möglichen Fluchtwege und Notausgänge ein. Fluchtwege müssen immer frei von Hindernissen sein und direkt ins Freie oder in einen sicheren Bereich führen. Notausgänge sollten deutlich gekennzeichnet und während der Arbeitszeiten jederzeit zugänglich sein.

Schritt 4: Sammelstellen festlegen

Legen Sie außerhalb des Gebäudes Sammelstellen fest, an denen sich die Mitarbeitenden im Falle einer Evakuierung einfinden sollen. Diese Stellen müssen sicher und leicht erreichbar sein. Die Lage der Sammelstellen sollte auf den Plänen eingezeichnet und im Betrieb bekannt gemacht werden. Wenn möglich, sollten an der Sammelstelle entsprechende Schilder aufgestellt werden.

Schritt 5: Feuerlöscheinrichtungen und Alarmierungssysteme einzeichnen

Markieren Sie auf den Plänen die Standorte aller Feuerlöschgeräte und Alarmierungseinrichtungen. Stellen Sie sicher, dass diese Geräte regelmäßig gewartet werden und funktionstüchtig sind.

Schritt 6: Rettungskräfte informieren

Stellen Sie sicher, dass der Flucht- und Rettungsplan für die lokalen Rettungsdienste zugänglich ist. Dies ermöglicht es den Einsatzkräften, sich schnell zu orientieren und effektiv zu helfen.

Schritt 7: Mitarbeitende schulen

Organisieren Sie regelmäßige Schulungen und Übungen für alle Mitarbeitenden, um sie mit dem Flucht- und Rettungsplan vertraut zu machen. Dabei sollten die Beschäftigten lernen, wie sie im Notfall reagieren müssen, wo sich die Notausgänge befinden und wo die Sammelstellen sind.

Schritt 8: Plan regelmäßig überprüfen und aktualisieren

Überprüfen Sie den Flucht- und Rettungsplan regelmäßig und passen Sie ihn bei Änderungen der Gebäudestruktur oder der Arbeitsabläufe entsprechend an. Jede Änderung sollte allen Beschäftigten mitgeteilt und in neuen Schulungen behandelt werden.

Schritt 9: Dokumentation und Zugänglichkeit

Stellen Sie sicher, dass Kopien des Flucht- und Rettungsplans an mehreren gut sichtbaren Stellen im Unternehmen ausgehängt werden. Der Plan sollte zudem digital verfügbar sein, um bei Bedarf schnell darauf zugreifen zu können.

Praxis

Flucht- und Rettungsplan erstellen

Mit der folgenden Checkliste prüfen Sie, ob Sie bei der Erstellung des Flucht- und Rettungsplans an alles gedacht haben. So gehen Sie sicher, dass die ergriffenen Maßnahmen den gesetzlichen Anforderungen genügen und das Dokument im Notfall genutzt werden kann.

Anforderungen zum betrieblichen Brandschutz erfüllen

Die Erstellung der Flucht- und Rettungspläne ist ein wichtiger Teil des betrieblichen Brandschutzes. Welche Maßnahmen Brandschutzverantwortliche außerdem planen und umsetzen müssen, fasst die folgende Vorlage zusammen.

Maßnahmen zum Arbeitsschutz planen

Nutzen Sie den folgenden Jahresplaner, um alle für Ihr Unternehmen relevanten und bereits geplanten Maßnahmen zum Arbeitsschutz mit Anfangs- und Endtermin zu erfassen.

Muss-Bestimmungen zum Arbeitsschutz einhalten

Neben der Erstellung des Flucht- und Rettungsplans müssen Unternehmen im Sinne des Arbeitsschutzes noch viel mehr leisten. Prüfen Sie mit diesem Dokument, ob in Ihrem Unternehmen bereits alle Muss-Bestimmungen zum Arbeitsschutz eingehalten werden oder ob Bedarf zur Nachbesserung besteht.

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