DebriefingExpert Debriefing: Expertenwissen weitergeben
Wann wird ein Expert Debriefing durchgeführt?
Das Expert Debriefing wird auch als „Wissensstafette“ bezeichnet. Es handelt sich um eine Methode zum Wissenstransfer zwischen Führungskräften oder fachlichen Experten untereinander. Eine erfahrene Führungsperson gibt ihr Wissen und Ihre Erfahrung an einen oder mehrere Nachfolger weiter.
Ein Expert Debriefing findet typischerweise aus folgenden Gründen statt:
- erfahrene Person verlässt Unternehmen
- Neueinstellung zur Verstärkung eines Fach- oder Führungsteams
- Sabbatical
- Experte oder Expertin geht in den Ruhestand
- Abteilungswechsel
Implementieren Sie das Expert Debriefing als strukturiertes Verfahren, bei dem Kenntnisse von Expertinnen und Experten systematisch erfasst, dokumentiert und weitergegeben werden. Hierbei geht es darum, nicht nur explizites Wissen (das leicht dokumentierbar ist), sondern auch implizites Wissen (Erfahrungswissen) weiterzugeben.
Die Implementierung eines professionellen Expert Debriefings in einem Unternehmen lässt sich in zwei Phasen gliedern:
- Implementierung als Referenzprozess auf Unternehmensebene
- Durchführung des Prozesses im Einzelfall
Implementierung auf Unternehmensebene
Definition der Ziele und Rahmenbedingungen
Bevor der Prozess des Debriefings im Unternehmen etabliert wird, formulieren Sie, was mit der Methode erreicht werden soll. Ziele sind in der Regel:
- Sicherstellung des Wissenstransfers, wenn Expertinnen oder Experten das Unternehmen verlassen
- Wissenstransfer nach abgeschlossenen Projekten, um Lessons Learned und Best Practices zu sichern
- kontinuierlicher Aufbau einer Wissensdatenbank
Prozessdesign
Hier wird der formelle Rahmen festgelegt, wie ein Expert Debriefing durchgeführt werden soll. Beantworten Sie dazu: Wann und unter welchen Umständen wird ein Debriefing durchgeführt? Beispiele: Abgang eines Experten, Abschluss eines Großprojekts, Wechsel von Schlüsselrollen.
Klären Sie auch, wer das Debriefing durchführt. Häufig wird es von Wissensmanagern, Personalverantwortlichen oder direkten Vorgesetzten koordiniert.
Welche Tools werden verwendet, um das Wissen zu erfassen und zu speichern? Technisch relevant für die Umsetzung des Expert Debriefings sind in den meisten Unternehmen:
- Dokumentationssysteme
- Wissensmanagement-Software
- Videoaufzeichnungen
Entwickeln Sie standardisierte Vorlagen, die während des Debriefings verwendet werden. Diese sollten Fragen zu verschiedenen Aspekten der Arbeit und des Wissens des Experten enthalten (Prozesse, Kontakte, Risiken, Entscheidungen, Verbesserungen).
Schulung der beteiligten Personen
Da ein Expert Debriefing ein methodisches Vorgehen erfordert, sollten die Verantwortlichen geschult werden. Sie lernen, wie Wissen gesichert wird, zum Beispiel durch strukturierte Interviews. Bestandteil der Schulung sind außerdem Kommunikationstechniken, die sicherstellen, dass alle relevanten Informationen explizit und besprochen werden.
Auch der richtige Umgang mit Widerständen oder Vorbehalten seitens der Expertinnen und Experten muss gelernt sein. Manche Führungskräfte haben zum Beispiel Bedenken bezüglich sensibler Informationen oder Angst, dass sie durch die Weitergabe ihres kostbaren Wissens die eigene Karriere sowie den Expertenstatus aufs Spiel setzen.
Pilotprojekt und iterative Verbesserung
Führen Sie ein Pilotprojekt durch, um den Prozess in der Praxis zu testen. Aus den Erfahrungen des Pilotprojekts lassen sich wertvolle Erkenntnisse gewinnen, um den Prozess zu verbessern, bevor er unternehmensweit ausgerollt wird.
Expert Debriefing vorbereiten
Nachdem der Prozess auf Unternehmensebene implementiert wurde, kann nun im konkreten Fall ein Debriefing durchgeführt werden. Dies folgt einem standardisierten Ablauf, der sich je nach Unternehmen und Kontext leicht unterscheiden kann. Sie beginnen mit der Planung und Vorbereitung.
Definieren Sie gemeinsam mit dem Experten und dem verantwortlichen Management (Vorgesetzte) die Ziele des Debriefings. Was soll genau erfasst werden? Gibt es Themen oder Projekte, die besonders im Fokus stehen sollten?
Neben dem Experten sollten eventuell auch andere Personen, die eng mit ihm zusammengearbeitet haben, befragt werden. So erhalten Sie ein umfassenderes Bild. Identifizieren Sie dazu alle relevanten Wissensträger.
Erstellen Sie danach eine Fragenliste. Verwenden Sie standardisierte Vorlagen, passen Sie diese aber an den konkreten Fall an. Die Fragen sollten sich grob auf folgende Themen konzentrieren:
- Welche Projekte oder Aufgaben waren in der Verantwortung des Experten?
- Welche kritischen Entscheidungen wurden getroffen, und auf welcher Basis?
- Gibt es spezielle Tools, Methoden oder Techniken, die verwendet wurden?
- Welche Kontakte und Netzwerke sind relevant?
- Welche Risiken oder Probleme wurden erkannt, und wie wurden sie gelöst?
- Was würde der Experte aus der heutigen Sicht anders lösen?
Unten im Praxisteil finden Sie einen Fragenkatalog, um alle wichtigen Fragen zu stellen und die Antworten direkt zu notieren.
Expert Debriefing durchführen
Interviewphase
In einem strukturierten Interview wird der Experte befragt. Achten Sie darauf, die richtige Balance zwischen offenen und spezifischen Fragen zu finden. Mit offenen Fragen wird implizites Wissen erfasst. Mit spezifischeren Fragen wird vermieden, dass Lücken entstehen. Das Interview sollte in mehreren Sitzungen stattfinden, wenn die Komplexität der Themen dies erfordert.
Während des Debriefings sollten alle Informationen in einer leicht zugänglichen Form dokumentiert werden. Dies kann schriftlich erfolgen oder in Form von Video- oder Audioaufzeichnungen. Es ist wichtig, dass die Ergebnisse gut strukturiert und verständlich aufbereitet werden.
Validierung und Konsolidierung
Nach dem Interview sollte das gesammelte Wissen von anderen Fachleuten oder Kolleginnen und Kollegen validiert werden, um sicherzugehen, dass keine Lücken oder Missverständnisse vorhanden sind. Die Validierung kann dadurch erfolgen, dass
- Situationen geschaffen werden, in denen die Nachfolgenden das von den Experten erworbene Wissen anwenden und testen,
- offene Fragen notieren und später besprechen,
- eine Zeit lang durch die Experten im Arbeitsprozess begleitet werden und als Mentor oder Coach zur Verfügung stehen.
Stellen Sie auch sicher, dass das extrahierte Wissen in die Wissensmanagement-Plattform des Unternehmens integriert wird. Die Informationen müssen in einer Form vorliegen, die für andere Expertinnen und Experten oder nachfolgende Mitarbeitende leicht zugänglich und verständlich ist.
Follow-up und Nachbereitung
Nach Abschluss des Debriefings können noch Rückfragen auftauchen, oder es kann erforderlich sein, bestimmte Punkte zu präzisieren. Eine Follow-up-Session mit dem Experten, der Expertin oder der Führungskraft sollte daher eingeplant werden.
Der nächste Schritt besteht darin, das erfasste Wissen an die relevanten Personen im Unternehmen zu übergeben. Dies geschieht in Form von Schulungen, Workshops oder durch direkte Integration des Wissens in Arbeitsprozesse. Idealerweise haben diese Personen auch später noch Fragen an die Expertin oder den Experten zu richten und Antworten zu bekommen.
Die Informationen aus dem Debriefing sollten regelmäßig aktualisiert werden, wenn sich Prozesse, Projekte oder Technologien ändern. Dies kann auch durch Lessons-Learned-Sitzungen bei neuen Projekten erfolgen.
Um den Erfolg des Debriefings zu messen, werden messbare Ziele festgelegt. Zum Beispiel:
- keine Beschwerden durch Kunden (nachgelagerte Prozesse oder externe Kunden oder Partner)
- schnellere Einarbeitung neuer Mitarbeitender
- Reduzierung von Fehlern
Beispiel für die Durchführung
Ein Senior-Projektmanager, der jahrelang komplexe IT-Projekte geleitet hat, wird das Unternehmen verlassen. So sieht der Ablauf des Expert Debriefings aus:
Ziel ist es, alle wichtigen Details der IT-Projekte sowie Lessons Learned zu dokumentieren. Es werden spezifische Fragen vorbereitet, wie:
- Welche Technologien und Methoden haben am besten funktioniert?
- Wo lagen die größten Risiken in Projekten und wie wurden diese gemeistert?
- Welche Stakeholder und externen Partner waren entscheidend?
- Was sollte an der Vorgehensweise geändert werden und warum?
In einem mehrstündigen Interview werden die relevanten Informationen erfasst. Hierbei wird das explizite Wissen (zum Beispiel: Projektpläne, Technologien) und das implizite Wissen (zum Beispiel: persönliche Einschätzungen zu Risiken oder Erfolgsfaktoren) gesammelt. Audio- und Videoaufnahmen werden erstellt, um Details später nacharbeiten zu können.
Das Wissen wird in einer Datenbank gespeichert. Die Lessons Learned werden in einer internen Wissensmanagement-Plattform kategorisiert und zugänglich gemacht.
Der Nachfolger des Projektmanagers wird durch gezielte Schulungen in die Thematik eingewiesen. Die neuen Projekte nutzen die Best Practices, die beim Debriefing identifiziert wurden.
Durch diesen Prozess wird der Verlust von wertvollem Know-how minimiert und das Unternehmen profitiert langfristig von den Erfahrungen der Expertinnen und Experten.
Lessons Learned dokumentieren
Halten Sie Ihre Führungskräfte dazu an, mit der folgenden Vorlage die Manöverkritik am Ende jedes Projekts genau zu dokumentieren. Mit den gesammelten Informationen kann das Unternehmen aus begangenen Fehlern oder erreichten Erfolgen lernen, damit alle von der erlangten Erfahrung profitieren.
Fragen stellen
Im folgenden Dokument sind Fragen aufgelistet, die Sie ausscheidenden Führungskräften oder Experten stellen sollten, um deren Wissen zu sichern.
Offboarding und Debriefing durchführen
Mit den folgenden Vorlagen erfassen Sie das Wissen ausscheidender Mitarbeitender und führen das Debriefing durch.