Diskriminierungsverbot und AGGGehaltserhöhungen rechtssicher und transparent gestalten
Worauf bei Gehaltserhöhung zu achten ist
Das Thema Gehaltserhöhung ist für die Geschäftsführung wie für die Mitarbeitenden gleichermaßen brisant. Für Arbeitgeber ist es insbesondere wichtig, bei der Entgeltgestaltung gerecht vorzugehen und die arbeitsrechtlichen Vorgaben zu beachten.
Folgende Punkte sollten dabei die Richtschnur für Ihr Handeln sein:
- Entgeltgerechtigkeit
- Transparenz
- Rechtssicherheit
Gleichbehandlungsgrundsatz bei Gehaltserhöhungen beachten
Auch bei Lohnerhöhungen gilt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Demnach ist es verboten, einzelne Mitarbeitende willkürlich schlechter zu behandeln als die Kollegen. Umgekehrt dürfen bestimmte Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen nicht willkürlich bevorzugt werden.
Gehaltserhöhung nach gutem Geschäftsergebnis
Sollen die Beschäftigten mit einer Gehaltserhöhung für eine positive wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens belohnt werden, so müssen Sie grundsätzlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigen. Sie dürfen nicht einzelne Arbeitnehmer, zum Beispiel wegen krankheitsbedingter Abwesenheit oder wegen Elternzeit, von der Gehaltserhöhung ausschließen.
Eine rechtliche Grenze bildet auch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Laut AGG dürfen Sie zum Beispiel Frauen gegenüber Männern beim Gehalt nicht benachteiligen. Ebenfalls unzulässig wäre es, einzelne Mitarbeitende nur wegen ihres Alters von einer Gehaltserhöhung auszuschließen.
Ist eine Lohnerhöhung nur für bestimmte Mitarbeitergruppen erlaubt?
Es ist zwar grundsätzlich zulässig, dass Arbeitgeber bei freiwillig gewährten Gehaltserhöhungen bestimmte Unterscheidungskriterien festlegen und die Lohnerhöhung von diesen Kriterien abhängig machen. Dabei müssen sie aber unbedingt den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten – und zwar in doppelter Hinsicht:
- Wurde ein bestimmtes Unterscheidungskriterium festgelegt, muss der Arbeitgeber allen Beschäftigten, welche das Kriterium objektiv erfüllen, die Gehaltserhöhung gewähren.
- Wichtig ist darüber hinaus, dass das Unterscheidungskriterium selbst mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist. Es muss sachlich gerechtfertigt sein, einem legitimen Zweck dienen und darf nicht willkürlich gewählt sein.
Das bedeutet: Wenn ein Arbeitgeber festlegt, dass nur bestimmte Mitarbeitende oder nur die Mitarbeitenden einer bestimmten Abteilung eine Lohnerhöhung bekommen, dann muss er sachliche Gründe nennen, die es rechtfertigen, weshalb die anderen Beschäftigten oder Abteilungen nicht in den Genuss der Lohnerhöhung kommen.
Beispiel aus der Rechtsprechung für differenzierte Gehaltserhöhung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im folgenden Fall eine Ungleichbehandlung bei einer Lohnerhöhung für gerechtfertigt erklärt:
Ein Arbeitgeber kündigte eine Gehaltserhöhung für alle Mitarbeitenden an, die Jahre zuvor – in wirtschaftlich schwieriger Lage – zu finanziellen Einbußen bereit waren. Sie hatten eine Vereinbarung akzeptiert, die zu einer Reduzierung der Urlaubstage sowie zur Streichung bestimmter Zusatzleistungen, wie zum Beispiel Urlaubsgeld, führte.
Diejenigen Beschäftigten, die damals der Vereinbarung nicht zugestimmt hatten, wurden von der Lohnerhöhung ausgeschlossen.
Der Arbeitgeber begründete die unterschiedliche Behandlung damit, dass er mit der Lohnerhöhung den Einkommensverlust der Arbeitnehmer, die damals die schlechteren Arbeitsbedingungen akzeptiert hatten, ausgleichen wolle. Nach Ansicht des BAG handelte sich hierbei um ein rechtmäßiges Unterscheidungskriterium.
Wenn Sie Differenzierungskriterien festlegen, so müssen diese sachlich gerechtfertigt sein. Sie sollten die Kriterien zudem unbedingt schriftlich dokumentieren.
Beschäftigte haben Auskunftsanspruch bei unterschiedlicher Gehaltserhöhung
Bildet der Arbeitgeber hinsichtlich einer Lohnerhöhung Gruppen, die er unterschiedlich behandelt, so ist zu beachten: Die Beschäftigten haben einen Anspruch auf Auskunft in Bezug auf die Unterscheidungskriterien.
Deshalb sollten Arbeitgeber, die im Vorfeld einer Gehaltserhöhung Unterscheidungskriterien festlegen, diese Kriterien unbedingt schriftlich dokumentieren, damit den Beschäftigten auf Nachfrage eine entsprechende Auskunft erteilt werden kann. Die Mitarbeitenden müssen nachvollziehen können, warum sie bei einer Gehaltserhöhung berücksichtigt oder nicht berücksichtigt wurden.
Die Information ist für die Arbeitnehmer wichtig, damit sie nachprüfen können, ob die verwendeten Kriterien im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes zulässig sind.
Arbeitnehmer, die eine Gehaltserhöhung bekommen, sollten gesondert angeschrieben und über die Gehaltserhöhung informiert werden.
Wie ist mit tariflichen Lohnerhöhungen umzugehen?
Wenn es sich um eine tarifliche Lohnerhöhung handelt, haben Arbeitgeber wenig eigenen Gestaltungsspielraum. Sie sind dann dazu verpflichtet, die Vorgaben des Tarifvertrags entsprechend umzusetzen.
Das bedeutet: Sieht ein Tarifvertrag für alle tarifgebundenen Arbeitnehmer eines Betriebs zu einem bestimmten Stichtag eine Lohnerhöhung vor, so müssen die Arbeitgeber die Entgelterhöhung termingerecht umsetzen.
Entscheidet sich der Arbeitgeber, eine tarifliche Lohnerhöhung auch an nicht tarifgebundene Beschäftigte im Unternehmen weiterzugeben, so muss er auch dabei den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Er darf dann nicht einzelne Arbeitnehmer von der Erhöhung ausschließen.
Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung?
Sofern eine Entgelterhöhung nicht verbindlich festgelegt wurde (im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder per Betriebsvereinbarung), haben Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf eine Gehaltserhöhung. In diesem Fall sind sie also auf ein Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen.
Auch ein Recht, auf eine turnusmäßige Lohnerhöhung, zum Beispiel alle zwei Jahre, findet sich im Gesetz nicht. Dementsprechend muss der Arbeitgeber auch keine besondere Begründung liefern, wenn er einen individuellen Wunsch nach einer Gehaltserhöhung ablehnt.
Anders ist die Rechtslage dagegen, wenn der Arbeitgeber Gruppen bildet, die er von einer Gehaltserhöhung, die andere bekommen, ausschließt. Dann muss er sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung anführen können (siehe oben).
Abseits der rein rechtlichen Seite gibt es selbstverständlich gute Gründe dafür, den Beschäftigten in bestimmten Abständen Lohnerhöhungen anzubieten oder zu bewilligen. Zum Beispiel aus Gründen:
- der Vermeidung von Demotivation bei Mitarbeitenden in der Zukunft,
- der Belohnung für gute Leistungen in der Vergangenheit,
- des Ausgleichs für gestiegene Lebenshaltungskosten (Inflation) oder
- der Bindung von Fachkräften, die ansonsten abwandern.
Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts beachten
Wenn es um die individuelle Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht, ist außerdem zu beachten: Arbeitnehmerinnen mit gleicher oder gleichwertiger Tätigkeit und gleicher Qualifikation haben Anspruch auf gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen.
Nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechtfertigt allein ein besseres Verhandlungsgeschick keine unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen (BAG, Urteil vom 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21).
Arbeitgeber dürfen demnach den Umstand, dass einzelne Mitarbeitende in puncto Gehalt besser verhandeln als andere, nicht als Rechtfertigung für eine ungleiche Vergütung anführen.
Wie Sie bei Lohnerhöhungen richtig vorgehen
Unabhängig davon, ob Sie Ihren Beschäftigten turnusmäßig eine Gehaltserhöhung anbieten, zum Beispiel alle zwei Jahre, oder ob Sie je nach Situation oder wirtschaftlichem Erfolg darüber entscheiden, sollten Sie bei Entgelterhöhungen folgende Grundsätze einhalten und beherzigen.
1. Auf Entgeltgerechtigkeit achten
Achten Sie darauf, die Entgeltsysteme in ihrem Betrieb inklusive der Gehaltserhöhungen gerecht zu gestalten. Die Beschäftigten haben einen Anspruch darauf, dass gleiche oder gleichwertige Arbeit gleich vergütet wird.
Unterschiede beim Gehalt müssen fachlich begründbar sein. Das Alter oder das Geschlecht sind dabei keine zulässigen Unterscheidungskriterien.
Zu beachten ist außerdem: Nach der Rechtsprechung begründet allein ein besseres (oder schlechteres) Verhandlungsgeschick keine Ungleichbehandlung beim Lohn.
2. Unterschiede nachvollziehbar begründen
Wenn Sie bei einer Lohnerhöhung Gruppen bilden, die Sie unterschiedlich behandeln, so müssen Sie die Unterschiede sachlich nachvollziehbar begründen können.
Folgende Gründe rechtfertigen beispielsweise eine Lohnerhöhung für einzelne Mitarbeitende oder Mitarbeitergruppen:
- Übernahme zusätzlicher Aufgaben oder Verantwortungsbereiche, zum Beispiel eine Ausweitung der Verantwortung für neue Vertriebsgebiete
- Zusätzliche Qualifikation durch Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme, zum Beispiel das Erlernen einer für die Tätigkeit wichtigen Fremdsprache
- Besonders hohe Arbeitsbelastung während eines längeren Zeitraums
- Erhöhung des Azubi-Gehalts, um mehr Auszubildende zu gewinnen
- Ausgleich von Lohnnachteilen gegenüber vergleichbaren Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen
- Anhebung eines – gemessen an der Marktüblichkeit – unterdurchschnittlichen Gehalts
3. Transparenz zeigen und Mitarbeitende informieren
Kommunizieren Sie beschlossene Gehaltserhöhungen gegenüber den Beschäftigten und dokumentieren Sie eventuelle Unterscheidungskriterien.
Im Hinblick auf die Unterscheidungskriterien bei Gehaltserhöhungen haben die Mitarbeitenden einen Auskunftsanspruch. Das heißt: Sie müssen ihnen auf Nachfrage die Gründe für eine Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung bei der Gehaltserhöhung nennen können.
Dokumentation der Gehaltserhöhung
Sie müssen Gründe nennen und nachweisen, warum Sie eine Gehaltserhöhung nur bestimmten Mitarbeitenden oder einzelnen Mitarbeitergruppen gewähren. Halten Sie deshalb die Gehaltserhöhung und die sachlichen und fachlichen Gründe in der folgenden Vorlage fest.
Damit können Sie Beschäftigte informieren, wenn diese fragen, warum sie selbst keine Gehaltserhöhung erhalten haben.
Mitarbeitende über Gehaltserhöhung informieren
Nutzen Sie die folgende Musterformulierung, um Beschäftigte über eine Gehaltserhöhung zu informieren. Insbesondere dann, wenn nicht alle Beschäftigten im Unternehmen eine Gehaltserhöhung erhalten, sollten Sie die Gründe für die Ungleichbehandlung benennen. Dies ist in der folgenden Mustervorlage berücksichtigt.