Fragetechniken und FrageartenFragetechniken und Fragearten für unterschiedliche Gesprächssituationen

Wie bereiten Sie sich optimal auf ein Gespräch vor? Was beachten Sie im beruflichen Kontext? Und wie deuten Sie die Signale des Gesprächspartners richtig? Wie Sie Fragetechniken für sich nutzen und Fehler bei der Gesprächsführung vermeiden. Außerdem: Beispiele, Praxistipps und Vorlagen, um Ihre kommunikativen Fähigkeiten zu verbessern.

Berufliche Gespräche vorbereiten

Was jemand wissen will und was der Gesprächspartner antwortet, hängt von der Gesprächssituation ab. Diese ist charakterisiert durch

  • die Beziehung von Fragendem und Antwortendem; zum Beispiel: Vorgesetzte und Mitarbeiter, Kollegen in einem Team, Kollegen aus unterschiedlichen Abteilungen, Verkäufer und Kunde, Personaler und Bewerber
  • das Umfeld und die Situation, in der sich beide befinden; zum Beispiel: Ort, Zeitpunkt und Dauer des Gesprächs, persönliches Gespräch oder Besprechung, Interview oder Mitteilungsgespräch

So lassen sich sehr viele unterschiedliche Anwendungssituationen nennen, in denen Fragen gestellt und Antworten gegeben werden. Beziehung und Umfeld beeinflussen, wie gut das funktioniert, ob die Ziele des Fragens erreicht werden.

Ebenso lässt sich daraus ableiten, welche Frageformen und Fragetechniken angemessen sind. Um die richtige Auswahl zu treffen und das angemessene Vorgehen zu bestimmen, sollte man also immer klären, um welche Situation und welchen Gesprächsanlass es geht, wenn Fragen gestellt werden.

Beispiele für Gesprächssituationen im Beruf

  • Bewerbungsgespräch
  • Zielvereinbarungsgespräch
  • Feedbackgespräch
  • Informationsgespräch
  • Fachgespräch
  • Expertengespräch
  • Smalltalk
  • Kündigungsgespräch
  • Kundengespräch, Vertriebsgespräch

Ablauf eines Gesprächs mit Fragen

In allen Gesprächen geht es – mal mehr, mal weniger – um den Austausch von Informationen und um die persönliche Beziehung. Damit das Gespräch funktioniert und ein Ergebnis hat, muss es mindestens drei Phasen durchlaufen.

Dieser Ablauf gilt für alle Gespräche, unabhängig davon, wie lange sie dauern:

  1. Kontaktaufnahme durch Begrüßung, Blickkontakt, Mimik, Smalltalk, Einführung in das Gesprächsthema
  2. Eigentliches Gespräch zum Austausch von Informationen und zur Entwicklung, Klärung, Stabilisierung oder Destabilisierung einer Beziehung mit den Fragen und Antworten
  3. Abschluss durch Zusammenfassung, Spiegelung (habe ich richtig verstanden, dass …), Entscheidung, Handlung und Verabschiedung

Das Fachgespräch und Informationsgespräch

Im Beruf ist das Fragen vor allem bei Fach- und Informationsgesprächen wichtig. Hier geht es um den Austausch von Zahlen, Daten oder Fakten. Die Fragen und Gespräche haben eine hohe Sachorientierung; persönliche Beziehungen spielen eine untergeordnete Rolle.

Oft geht es darum, Ideen auszutauschen, Aufgaben zu bearbeiten, Probleme zu analysieren, Lösungen zu entwickeln oder Vorgehensweisen miteinander abzustimmen. Die folgende Abbildung zeigt, worum es beim Informationsaustausch gehen kann und welche Fragen dann eingesetzt werden können. Die formulierten Beispiele variieren und werden an das jeweilige Thema angepasst.

Es können in Bezug auf die Art der Fragen unterschieden werden:

Kennzeichen

Geht es nur um (alle) Merkmale eines Sachverhalts oder sollen Besonderheiten oder wichtige Aspekte hervorgehoben und besprochen werden? Oder stehen die Veränderungen des Sachverhalts im Vordergrund der Frage?

Perspektiven

Auf welchen Aspekt des Sachverhalts richtet sich die Frage? Auf seine Art – im Vergleich zu anderen Sachverhalten? Auf Aspekte des Ortes, der Zeit oder der Menge an Informationen?

Mit diesen Möglichkeiten, einen Sachverhalt zu betrachten und die Fragen zu stellen, können Sie Ihre Fragestellung fokussieren und präzisieren – je nachdem, was für Sie beim jeweiligen Thema und beim Sachverhalt besonders wichtig ist.

Fragen fokussieren nach Kennzeichen und Perspektiven

Gespräche zur Beziehungspflege

Andreas Patrzek hat in seinem Buch Fragekompetenz für Führungskräfte mit dem Fragekompass ein Modell entwickelt, mit dem sich weitere Fragerichtungen und Fragen ableiten lassen. Die folgende Abbildung zeigt das Modell.

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Der Fragekompass: Danach kann man fragen
Quelle: Andreas Patrzek, Fragekompetenz für Führungskräfte, 2015, Seite 327

Der Fragekompass macht sichtbar, dass es bei Gesprächen nicht nur um Fach- und Sachinformationen geht. Selbst im beruflichen Umfeld treten diese manchmal in den Hintergrund. Denn außer Fakten spielen in sehr vielen Gesprächen auch Emotionen eine große Rolle.

Sie können genauso Thema des Fragens sein. Als Fragesteller können Sie etwa Fragen stellen zu:

persönliche Betroffenheit des Befragten

Welche Auswirkungen hatte dies für dich persönlich?

Inwiefern fällt dies in deinen Kompetenzbereich?

Bedeutung für Gefühle, Motivation, Selbstbild

Wie wichtig ist dir, dass …?

Welche Wünsche hättest du, wenn wir …?

Konsequenzen für die Berufs- und Lebenssituation

Was würde das für dein Aufgabengebiet heißen?

Was würde sich an deiner Situation ändern?

Persönliche Erfahrungen und Geschehnisse in der Vergangenheit

Wie hat sich das an deinem Arbeitsplatz verändert?

Welche Erfahrungen hast du persönlich dabei gemacht?

Fehler beim Fragen

Beim Fragenstellen kann man falsche Fragen stellen oder Fragen falsch stellen. Das führt dazu, dass die Gesprächsführung schwierig ist. Fragefehler haben zur Folge, dass der Fragende nicht die Informationen erhält, die er benötigt. Darüber hinaus kann auch die Beziehung zwischen den Gesprächspartnern gestört werden.

Folgende Fehler werden nach Andreas Patrzek (Fragekompetenz für Führungskräfte) oft gemacht:

  • Die Antwort wird bereits implizit vorgegeben, der Befragte hat keine Wahl.
  • Mit Suggestivfragen lenkt der Fragende die Antwort in eine bestimmte Richtung.
  • Wie bei einem Verhör werden Fragen in einem drohenden Unterton gestellt.
  • Mit diffusen und unklaren Fragen wird der Gesprächspartner verwirrt, er weiß nicht, was der Fragende will.
  • Wenn zu viele Fragen auf einmal gestellt werden, weiß der Befragte nicht mehr, worauf er nun antworten soll.
  • Viele Fragen werden schnell nacheinander gestellt, ohne dass der Befragte Zeit hat, Antworten zu geben.
  • Eine Frage wird zu lange eingeleitet, der Befragte fühlt sich von einem Redeschwall erschlagen.
  • Auf einer falschen Abstraktionsebene werden Detailfragen gestellt, sodass sich das Gespräch in speziellen Aspekten verliert.
  • Es gibt keine klare Fragestrategie. Im Gespräch wird nicht klar, worum es geht und wohin das Gespräch führen soll.
  • Der Fragende stellt immer wieder die gleiche Frage (in unterschiedlicher Form), der Befragte ist in einem Käfig gefangen.

Verhalten des Gesprächspartners beobachten

Je nachdem, welche Frage gestellt wurde, wie sie gestellt wurde und in welcher Situation sich die Gesprächspartner befinden, kann der Befragte ganz unterschiedlich auf eine Frage reagieren. Im Allgemeinen erwartet der Fragende eine direkte Antwort auf seine Frage.

Doch der Antwortende kann auch eine der folgenden Reaktionen zeigen:

  • Ignorieren
  • Ausweichen
  • Zurückstellen
  • Nachfragen
  • Teilaspekt beantworten
  • Frage zerlegen
  • Gegenfrage stellen
  • Frage thematisieren
  • Situation oder Prozess thematisieren
  • Frage ablehnen

In diesen Fällen sollte der Fragende prüfen, ob und wie er das Gespräch fortführen kann – etwa durch eine Anpassung seiner Fragen oder durch ein klärendes Gespräch zum Hintergrund, zur Bedeutung, zur Situation und zur Beziehung der beiden Gesprächspartner.

Dann kann die andere Person verstehen, warum Sie fragen und warum die Fragen gerade so gestellt werden.

Praxis

Fragen vorbereiten

Bereiten Sie sich auf Gespräche vor, in denen Sie Informationen von Ihrem Gesprächspartner erfragen wollen. Klären Sie, worum es Ihnen mit diesem Gespräch geht. Halten Sie fest:

  • Zu welchem Zweck führen Sie das Gespräch?
  • Was sollte nach dem Gespräch idealerweise erreicht sein?
  • Welche Informationen brauchen Sie?
  • Was wollen Sie alles erfahren?
  • Was genau müssen Sie wissen?
  • Wonach wollen Sie fragen?
  • Wie lauten Ihre (wichtigsten) Fragen?

Sie können sich zur Vorbereitung an den Fragen aus der folgenden Vorlage zum Fragetrichter diejenigen heraussuchen, die für Sie wichtig erscheinen. Passen Sie diese an Ihr Thema an.

Um Ihre Fragen gezielt auf die für Sie wichtigen Aspekte auszurichten, können Sie sich an der folgenden Übersicht orientieren und entsprechende Fragen vorbereiten und formulieren.

Emotionen des Gesprächspartners und Beziehung beachten

Beachten Sie beim Fragen auch die Emotionen des Gesprächspartners.

  • Fragen Sie nach Betroffenheit, Bedeutung, Entwicklungen und Ereignissen in der Vergangenheit und nach Konsequenzen in der Zukunft.
  • Orientieren Sie sich am Fragekompass (siehe oben) und haben Sie alle Perspektiven im Blick, wenn Sie Ihre Fragen stellen.

Spezielle Fragesituationen beachten

Die genaue Fragestellung hängt von Ihrem Thema und Ihrem speziellen Interesse und Informationsbedarf ab. In Bewerbungsgesprächen, in Mitarbeitergesprächen zu Zielvereinbarungen oder in Verhandlungen mit Kunden werden viele spezielle Fragen gestellt, die an die jeweilige Situation angepasst sind.

Worauf es dann ankommt, erfahren Sie in den folgenden Beiträgen. Dazu finden Sie genaue Ablaufbeschreibungen und Vorlagen – gerade auch für das Fragenstellen:

Fehler beim Fragen vermeiden

Prüfen Sie beim Gespräch und beim Fragen: Inwiefern unterlaufen Ihnen Fehler des Fragens durch:

  • Lenkung des Gesprächspartners in eine bestimmte Richtung
  • sich in Details verlieren
  • falscher, drohender Frageton
  • diffuse und unklare Fragen
  • zu viele Fragen und zu schnell formuliert
  • dem Antwortenden keine Zeit gegeben nachzudenken und zu antworten
  • lange selbst geredet, wenig gefragt
  • Befragter kennt Ziele und Hintergründe nicht; weiß nicht, wohin das alles führen soll

Schreiben Sie auf, worauf Sie beim nächsten Gespräch besonders achten und was Sie verbessern wollen. Nutzen Sie dazu die Hinweise, Tipps und Beispiele der folgenden Vorlage.

Dazu im Management-Handbuch

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