KaizenGrundlagen der Kaizen-Methode – Ziele, Merkmale, Prozesse
Ziele des Kaizen
Aufgrund der unbegrenzten Anwendungsmöglichkeiten von Kaizen und kontinuierlicher Verbesserung (KVP), können die einzelnen Maßnahmen zu Kaizen auf sehr unterschiedliche Ziele im Unternehmen ausgerichtet sein. Solche Ziele können sein:
- Qualität von Produkten, Serviceleistungen und Prozessen verbessern
- Fehler vermeiden
- Kosten senken
- Produktionspläne erfüllen
- Leistung steigern gegenüber internen und externen Kunden
- Liefertermine einhalten
- Zeit einsparen
- Aufgaben oder Tätigkeiten erleichtern
- Gesundheit, Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz verbessern
- Produktentwicklung verbessern
- Produktivität steigern
- Beziehungen zu Lieferanten verbessern
- Teamarbeit verbessern
Jeder Mitarbeiter muss wissen, dass er dazu beitragen muss, dass alle diese Ziele erreicht werden. Dabei geht es nicht darum, ein bestimmtes Ziel-Niveau zu erreichen, sondern in Bezug auf diese Ziele jeden Tag etwas besser zu werden.
Kaizen geht vom Kunden aus
Viele Kaizen-Ziele sind auf die Kunden ausgerichtet. Der Kunde bestimmt die Anforderungen an die Qualität des Produkts oder der Dienstleistung, den Lieferzeitpunkt, die Lieferart, den ergänzenden Service und den Preis, den er bereit ist zu bezahlen. Aus diesem Grund sind alle Aktivitäten zur kontinuierlichen Verbesserung des Unternehmens auf den Kunden ausgerichtet.
So wie das Unternehmen insgesamt seine Kunden hat, so haben auch alle Unternehmensbereiche, Abteilungen und jeder einzelne Mitarbeiter ihre Kunden. Meistens sind das Mitarbeiter oder Kollegen, die im übergeordneten Prozess den nächsten Prozessschritt durchführen. Sie sind interne Kunden, die nach dem Kaizen-Prinzip wie externe, also „echte“ Kunden behandelt werden.
Kaizen betrachtet die Prozesse
„Der nächste Prozessschritt ist der Kunde!“ ist ein zentrales Prinzip bei Kaizen. Um zu wissen, wer der Kunde eines einzelnen Mitarbeiters ist, ist die Kenntnis des Prozesses notwendig. Der Blick auf die Prozesse erfolgt in zwei Richtungen:
Wenn ein Fehler oder eine Verbesserungsmöglichkeit erkannt wird, werden die vorgelagerten Prozessschritte analysiert: Was passiert dort? Was braucht es von dort? Oft sind die Fehlerursachen in vorgelagerten Prozessschritten zu finden.
Um zu erfahren, was verbessert werden kann, werden die nachgelagerten Prozessschritte betrachtet: Was braucht der Mitarbeiter im nächsten Prozessschritt? Was kann für ihn verbessert oder vereinfacht werden? Wie kann er seine Aufgaben möglichst einfach und fehlerfrei erledigen?
Die Kaizen-Aktivitäten setzen also bei Produkten oder einzelnen Serviceleistungen einerseits und bei den Prozessen im Unternehmen andererseits an. Auf diese Bereiche fokussieren sich die ständigen Leistungsverbesserungen. Produkte, Services und Prozesse finden sich in allen Bereichen eines Unternehmens.
Insbesondere geht es bei Kaizen nicht nur um die Produkte, die ein Unternehmen seinen Kunden verkauft, sondern um alles, was Mitarbeiter in ihrem Arbeitsbereich „herstellen“ oder leisten und dann an den im Prozess nächsten Mitarbeiter weitergeben. Kaizen ist deshalb auf keinen einzelnen Bereich oder ausgewählte Prozesse beschränkt; es kann überall angewendet werden. Ohne Ausnahme.
Elemente des Kaizen
Bei der praktischen Umsetzung der Kaizen-Prinzipien müssen Rahmenbedingungen beachtet werden. Dazu zählen:
Verbesserung und Erhaltung
Wenn ein neues Produkt oder ein neuer Prozess eingeführt ist, dann beginnt der „Verschleiß“. Es schleichen sich nach und nach Fehler oder Nachlässigkeiten ein, Abläufe werden ineffizient, die Produktivität sinkt. Aus diesem Grund müssen Maßnahmen zur Erhaltung durchgeführt werden – noch besser sind Maßnahmen zur schrittweisen Verbesserung der Produkte und Prozesse, sodass Verschleiß verhindert wird.
Mitarbeiterbeteiligung
Alle Mitarbeiter müssen die Denkweise von Kaizen und der kontinuierlichen Verbesserung verinnerlicht haben und als ihre selbstverständliche und permanente Aufgabe begreifen. Das setzt voraus, dass die Mitarbeiter aktiv beteiligt werden. Sie müssen Freiräume haben, damit sie ihre Ideen für Verbesserungen einbringen und umsetzen können und dürfen. Außerdem müssen Lernprozesse möglich sein.
Training
Nur wenn die Mitarbeiter Methoden und Werkzeuge zur kontinuierlichen Verbesserung kennen, können sie diese einsetzen. Das bedarf ständigen Trainings und der anschließenden Umsetzung, um Erfahrungswissen aufzubauen.
Qualitätsorientierung
Im Unternehmen muss festgelegt sein, was Qualität bedeutet. Es muss klar sein, was die Merkmale und Kennzeichen der perfekten Qualität sind. Daraus werden Anforderungen an die Qualität von Tätigkeiten und Prozessen abgeleitet. Die betroffenen Mitarbeiter müssen wissen, was das für ihr Verhalten und ihre Tätigkeiten bedeutet. Wichtig dabei ist, dass sich Qualität nicht nur auf Produkte und Dienstleistungen, sondern auch auf die Prozesse bezieht, mit denen diese hergestellt und erbracht werden.
Prozess- und Ergebnisorientierung
Das Denken in Prozessen und ein ausgeprägtes Kostenbewusstsein fördern, dass die Aktivitäten zur kontinuierlichen Verbesserung nicht auf einzelne Symptome oder die Fehlerbeseitigung ausgerichtet sind. Wichtig ist, Fehler ein für alle Mal zu beseitigen; auch wenn dazu Prozessveränderungen notwendig sind. Deshalb steht die langfristige Verbesserung der Prozesse und Ergebnisse im Vordergrund. Kurzfristige Gewinnmaximierung ist nicht das Ziel von Kaizen.
Kunden-Lieferanten-Beziehungen
Zum Denken in Prozessen gehört das Denken in Form einer Kunden-Lieferanten-Beziehung. Jeder einzelne Bereich und jeder Mitarbeiter versteht sich als Lieferant für seine Kunden. Das eigene Handeln muss an den Anforderungen dieses internen oder externen Kunden ausgerichtet sein.
Datenorientierung
Um die Qualität der Produkte und Prozesse beurteilen und Verbesserungspotenziale erkennen zu können, müssen diese auf der Grundlage messbarer Größen beurteilt werden. Nicht immer müssen diese Größen zählbar sein; manchmal reichen einfache Ja/Nein-Bewertungen, die erkennbar sind.
Standardisierung und Veränderung
Dies ist bei Kaizen kein Gegensatz. Prozesse müssen weitgehend standardisiert sein, damit Fehlermöglichkeiten minimiert werden. Gleichzeitig bietet jeder Prozess ständig Ansatzpunkte zur Verbesserung, die es zu erkennen und zu nutzen gilt. Dazu gehört die Bereitschaft zur Veränderung. Das heißt: Auch standardisierte Prozesse kommen auf den Prüfstand und können jederzeit verändert werden.
Der Deming-Kreis und PDCA-Zyklus als Modell für Kaizen
Kaizen und der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung basieren auf einem Modell oder Konzept, das der amerikanische Qualitätsexperte William Edwards Deming in den 1950er Jahren entwickelte. In Japan haben seine Konzepte und Methoden großen Anklang gefunden. Dort wurden Sie im Laufe der Jahre weiterentwickelt und perfektioniert und als Grundlage für Kaizen genutzt.
Demings Modell lässt sich in einem einfachen Bild veranschaulichen – im sogenannten Deming-Kreis oder PDCA-Zyklus, wie er in Abbildung 3 dargestellt ist.
Der Deming-Kreis beschreibt vier immer wiederkehrende Aufgaben, die in einem quasi endlosen Prozess ablaufen und damit die kontinuierlichen Verbesserungen vorantreiben.
Aufgabe 1: Plan/Planung
Im ersten Schritt wird geklärt, was das Thema ist und welche Probleme es damit gibt. Ziel ist, die Aufgabenstellung genau zu beschreiben und das Problem einzugrenzen. Dazu werden Informationen gesammelt und ausgewertet, Ursachen analysiert, Ziele festgelegt und Maßnahmen zur Verbesserung geplant. Kaizen-Prinzip: Überlege ständig, was verbessert werden kann.
Aufgabe 2: Do/Durchführung
Dann werden die Maßnahmen umgesetzt und dokumentiert. Kaizen-Prinzip: Verbessere es einfach und sofort.
Aufgabe 3: Check/Kontrolle
Die Ergebnisse der Maßnahmen werden gemessen, erfasst und visualisiert. Die Mitarbeiter prüfen und bewerten, ob und inwiefern die Ziele erreicht wurden (Soll-Ist-Vergleich). Der Check trägt dazu bei, dass Lernen möglich ist. Kaizen-Prinzip: Prüfe vor Ort, ob die Verbesserung eingetreten ist und was weiter verbessert werden kann.
Aufgabe 4: Act/Verbessern
Im vierten Schritt werden aus den Ergebnissen noch offene oder neu entstandene Probleme identifiziert und beschrieben. Mängel werden beseitigt und der Prozess weiter verbessert. Die Lösung soll zum Standard werden. Dadurch werden die Prozesse dauerhaft stabilisiert. Kaizen-Prinzip: Standardisiere den neuen Prozess. Und: Verbessere ihn weiter.
Kaizen als Ergänzung des Innovationsmanagements
Die Veränderungen und Verbesserungen, die aus Kaizen resultieren, sind nicht mit den Veränderungen und Verbesserungen vergleichbar, die Ergebnis des Innovationsmanagements sind. Innovationen zielen auf grundsätzlich neue Produkte, Verfahren oder Prozesse ab. Innovationen werden von Spezialisten vorangetrieben. Meistens erfolgen sie im Rahmen von Forschung und Entwicklung. Mit Innovationen sind grundlegende Veränderungen verbunden.
Weitgehende Veränderungen und Verbesserungen im Bereich der Prozesse und Produkte werden im japanischen Produktionssystem auch als „Kaikaku” bezeichnet.
Auch Kaizen will Veränderung. Aber nicht die großen und grundsätzlichen Veränderungen sind wichtig, sondern Detail-Verbesserungen, Optimierungen und Standardisierung. Insofern schließt Kaizen an eine Innovation an: Wenn ein neues Produkt, ein Verfahren oder ein Prozess entwickelt und eingeführt wurden, soll dieser mithilfe von Kaizen verbessert und optimiert werden.
Kaizen im Unternehmen einführen
Beginnen Sie mit Kaizen in Ihrem Unternehmen. Sorgen Sie dafür, dass die Denkweise, die Prinzipien und Regeln des Kaizen bei Ihren Mitarbeitern verankert sind.
Führen Sie eine Bestandsaufnahme bezüglich möglicher Ansatzpunkte für Kaizen durch. Nutzen Sie dafür die folgende Vorlage und klären Sie diese Fragen:
- Welche Prinzipien und Regeln der Verbesserung von Produkten und Prozessen gelten bereits in Ihrem Unternehmen?
- An welche Rahmenbedingungen oder Gegebenheiten können Sie anknüpfen?
- Worin bestehen Hemmnisse und Hindernisse, wenn Sie Kaizen Ihren Mitarbeitern vermitteln und bei ihnen verankern wollen?
Kaizen-Prozess verankern
Sorgen Sie dafür, dass alle Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen ständig nach Verbesserungen suchen und diese auch umsetzen. Nutzen Sie dazu den PDCA-Zyklus nach Deming. Für die Planung und Durchführung Ihres PDCA-Zyklus können Sie die folgende Vorlage nutzen.
Die vier Schritte des PDCA-Zyklus können in weitere Einzelschritte untergliedert werden. Daraus ergibt sich der Kaizen-Prozess. Er besteht aus folgenden Schritten:
- Arbeitsbereich festlegen und abgrenzen
- Ist- und Soll-Zustand beschreiben
- Probleme beschreiben
- Probleme analysieren
- Lösungsideen entwickeln
- Lösungen bewerten und auswählen
- Maßnahmen ableiten
- Ergebnisse der Analyse präsentieren
- Maßnahmen vereinbaren und Ressourcen klären
- Maßnahmen umsetzen
- Erfolg prüfen
- Ergebnis weiter verbessern
In der folgenden Excel-Vorlage finden Sie diese Schritte als Raster, um sie für Ihre Maßnahmen zur Verbesserung anzuwenden. Die Tabelle kann Grundlage für Ihre Mitarbeiter sein, wenn es darum geht, permanent nach Möglichkeiten zur Verbesserung zu suchen und diese umzusetzen.
Im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels finden Sie zahlreiche Beispiele für den Einsatz von Kaizen im Büro, in der Werkstatt, beim Arbeitsschutz in im Formularwesen.