Service-Level-Agreement (SLA)Grundlagen von Service-Level-Agreements (SLA)
Das Problem: IT-Dienstleistungen verständlich und eindeutig beschreiben
IT-Services sind oft Dienstleistungen, die erst in der Zukunft in Anspruch genommen werden wie zum Beispiel die Erreichbarkeit eines Intranet-Dienstes oder eines Call-Centers. Folglich enthalten Verträge und Vereinbarungen die Beschreibung einer künftigen IT-Dienstleistung und ihrer Nutzungseigenschaften sowie eine Angabe über den Zeitraum, in dem die Leistungen in einer bestimmten Qualität zu erbringen sind.
Dabei können die Vorstellungen vom IT-Auftraggeber, was er bekommt, und IT-Auftragnehmer, was er zu liefern hat, divergieren. Verstärkt werden die Schwierigkeiten häufig noch durch die unterschiedlichen Sprachebenen, auf der IT-Kunde und IT-Dienstleister miteinander kommunizieren.
Kunden formulieren ihre Vorstellungen an eine IT-Leistung aus der Sicht ihrer Geschäftsprozesse. Die Umsetzung, die das IT-Unternehmen vornimmt, erfolgt technisch. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IT-Anbieters benutzen im Umgang mit den Kunden häufig ein technisches Vokabular, das der Kunde nicht versteht.
Welche Fragen ein SLA verständlich und eindeutig klären sollte
Die unterschiedlichen Vorstellungen von den Produkteigenschaften sowie Kommunikationsprobleme können zu Missverständnissen bis hin zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen. Genauso gibt es divergierende Vorstellungen über das Preis-Leistungs-Verhältnis oder Erstattungsansprüche.
Daher ist es wichtig, dass Auftraggeber und Auftragnehmer die zu erbringenden IT-Services eindeutig und für beide Seiten verständlich vereinbaren. Vereinbarungen, die sich auf solche technischen und operativen Leistungen beziehen, werden im IT-Bereich Service-Level-Agreements (SLA) genannt.
SLAs sollen für IT-Dienstleister und ihre Kunden eindeutige und verständliche Antworten auf folgende Fragen geben:
- Welche Services müssen erbracht werden?
- Welche Ausnahmen sollen gelten?
- Auf welchem Level (Güte, Qualität) müssen die Services erbracht werden?
- Wie werden der Service und der Level gemessen?
- Was passiert bei einer Nichteinhaltung des vereinbarten Services oder des vereinbarten Levels?
Service-Level-Agreements sollen somit die Erwartungen der IT-Kunden und des IT-Dienstleisters auf einen einheitlichen Stand bringen.
Anwendungsbereiche von Service-Level-Agreements
Aufgrund der starken Verbreitung der IT und der negativen Auswirkungen, wenn diese nicht in der gewünschten Qualität zur Verfügung steht, sollten Unternehmen (Anbieter und Kunden) in allen Fällen, in denen IT-Services genutzt werden, Vereinbarungen, also Service-Level-Agreements abschließen.
Mögliche Anwendungsbereiche für Service-Level-Agreements sind:
- E-Mail-Anwendungen
- Online-Shops (E-Commerce)
- Customer-Relationship-Management (CRM)
- Zahlungs- oder Billingsysteme
- E-Payroll (elektronische Gehaltsabrechnung)
- Financial Information Services
- Telekommunikation (Telefon oder Mobilfunk oder Voice-over-IP)
- Call-Center
- Outsourcing von IT-Aufgaben
- Hosting von Webseiten
- Cloud-Services
Die weiteren Definitionen und Erklärungen von SLAs soll das folgende Beispiel deutlich machen.
Beispiel: Einführung von Voice-over-IP bei der Bäckereikette Müller
Die Bäckereikette Müller hat in der Region rund 60 Filialen. Für jede Filiale hat sie einen eigenen Telefonanschluss, für den im Schnitt monatlich 50 EUR Anschlussgebühren anfallen sowie durchschnittlich 70 EUR Verbindungskosten. Für alle Filialen fallen somit monatlich über 7.000 EUR Telekommunikationskosten an. Diese könnten zudem weiter steigen, da die Bäckereikette weiter expandieren möchte.
Die Geschäftsführung überlegt daher, ob ein Umstieg auf Internettelefonie, bei der Telefongespräche quasi kostenlos sind, sinnvoll und kostensparend wäre. Drei Anbieter von Internettelefonie werden in Kürze vor der Geschäftsführung ihre IT-Lösungen präsentieren.
Ihre Aufgabe ist es, die Präsentation vorzubereiten und eine Checkliste für eine Produktentscheidung zu erstellen. Die Kriterien sollen später in die vertraglichen Vereinbarungen übernommen werden.
Definitionen zu Service-Level-Agreements
Zunächst werden einige grundlegende Begriffe zu Service-Level-Agreements erläutert:
Service-Level-Agreement
Ein Service-Level-Agreement (SLA) ist die Vereinbarung oder der Vertrag zwischen Kunde (Servicenehmer) und Dienstleister (Servicegeber, Service Provider oder IT-Dienstleister). Im Service-Level-Agreement werden die zu erbringenden Dienstleistungen (IT-Services oder IT-Teilleistungen) einschließlich Qualitätsanforderungen und Messgrößen (Kennzahlen) sowie die Rechte und Pflichten beider Parteien beschrieben.
Was Servicenehmer und Servicegeber leisten und was in SLAs vereinbart wird, ist in der folgenden Abbildung im Überblick dargestellt.
Eine besonders wichtige Bedeutung hat dabei die Qualität des IT-Services. Was der Servicegeber leistet, muss den Anforderungen des Servicenehmers genau entsprechen. Qualität bezeichnet den Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objekts diese Anforderungen erfüllt.
Gibt es Abweichungen, muss der Servicegeber seine Leistung sofort anpassen (verbessern) oder Ersatz leisten; zum Beispiel durch Preisnachlass. Der Begriff der Qualität ist unter anderem in der DIN EN ISO 9001 zum Qualitätsmanagement definiert.
Merkmale eines Service-Level-Agreements
Folgende Merkmale (M) sind charakteristisch für ein Service-Level-Agreement; es
- (M 1) ist eine formell ausgehandelte und schriftlich dokumentierte Vereinbarung,
- (M 2) wird zwischen zwei untereinander unabhängigen Partnern abgeschlossen,
- (M 3) bezieht sich inhaltlich auf Dienstleistungen,
- (M 4) beinhaltet die Verpflichtung des einen Partners (Servicegeber oder Serviceprovider), bestimmte Leistungen zu erbringen, sowie die Verpflichtung des anderen Partners (Servicenehmer), im Gegenzug dafür bestimmte Gegenleistungen zu erbringen,
- (M 5) bezieht sich stets auf einen bestimmten Zeitraum,
- (M 6) beinhaltet eine inhaltliche Beschreibung der zu erbringenden Dienstleistungen und regelt für beide Partner relevante Prozesse der Dienstleistungserbringung (einschließlich der Rechte und Pflichten der beteiligen Parteien bei der Dienstleistungserbringung),
- (M 7) beschreibt die Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen als Service-Levels mit genau definierten Kennzahlen, die relevante Merkmale der zu erbringenden Dienstleistungen quantifizieren,
- (M 8) nennt die Verrechnungspreise für die Dienstleistung (Kompensationszahlung, Gegenleistung des Servicenehmers) in Abhängigkeit von den vereinbarten Service-Levels und
- (M 9) enthält Regelungen für den Fall der Abweichung von vereinbarten Service-Levels.
Operation-Level-Agreement (OLA)
Handelt es sich bei dem IT-Kunden (Servicenehmer) um einen unternehmensinternen Kunden, werden die Vereinbarungen Operation-Level-Agreements (OLA) genannt. OLAs dienen im Allgemeinen der Absicherung innerhalb der Organisation, um für Kunden Leistungen, die in Service-Level-Agreements vereinbart sind, sicherzustellen.
Underpinning Contract (UC)
Vereinbarungen des IT-Dienstleisters mit einem für ihn tätigen externen Dienstleister zur Absicherung vereinbarter Service-Level-Agreements werden mit Underpinning Contracts (UCs) bezeichnet.
Typen von Service-Level-Agreements
Nach der Art der Partner und der Beziehung Leistungsgeber und Leistungsnehmer lassen sich folgende Typen von Service-Level-Agreements unterscheiden.
Wenn nichts anderes angegeben ist, geht es im Folgenden ausschließlich um externe, anwenderbezogene Service-Level-Agreements (SLA).
Anforderungen an Service-Level-Agreements
Um die Herausforderungen beim Erstellen von Service-Level-Agreements zu verstehen, werden die Anforderungen an die zu erstellende Vereinbarungen nachfolgend einmal aus der Perspektive des Auftraggebers und einmal aus der Sicht des Auftragnehmers betrachtet.
Interessen des Auftraggebers (Servicenehmer)
Den Auftraggeber interessiert nicht, warum etwas nicht funktionieren könnte. Er möchte maximale Verfügbarkeit bei geringster Reaktionszeit im Falle von Störungen, maximale Leistung (Performance) bei höchster Zuverlässigkeit, damit seine Geschäftstätigkeit kontinuierlich gewährleistet ist. Im Schadenfall hat er Interesse an einer hohen Vertragsstrafe. Bei Vereinbarungen bemüht er sich, umfassende Garantien zu erhalten.
Übertragen auf das obige Beispiel bedeutet dies, dass es die Geschäftsführung der Bäckereikette Müller nicht interessiert, warum es technisch kompliziert wäre, wenn es beim zwanzigsten zeitgleichen Anruf nicht zu einer Wartezeit beim anrufenden Kunden kommen soll.
Der Auftraggeber wird in den zu vereinbarenden Service-Level-Agreements angeben, wie viele Telefonate mindestens zeitgleich durchgeführt werden können, ohne dass es Wartezeiten für die Kunden und Beschäftigten gibt. Im Gegenzug hat der Auftragnehmer den Preis für diese Leistungsqualität zu nennen.
Auftraggeber und Auftragnehmer handeln zudem einen Betrag aus, den der Auftragnehmer zahlen muss, wenn er das vereinbarte Qualitätskriterium nicht erfüllt.
Interessen des Auftragnehmers (Servicegeber)
Der Auftragnehmer (Servicegeber, IT-Dienstleister oder Provider) will die Verfügbarkeit auf solche Funktionen beschränken, auf die er Einfluss nehmen kann. Außerdem will er sein Risiko minimieren. Er übernimmt daher keine Garantien für Umstände außerhalb seines Einflussbereichs. Zudem bemüht er sich, keine oder nur geringe Vertragsstrafen zu vereinbaren. Die Haftungsrisiken (Haftungsausschlüsse) versucht er zu minimieren.
Der Auftragnehmer im obigen Beispiel wird bemüht sein, die Fälle auszuschließen, die er nicht verantworten kann. Dies könnte die Verfügbarkeit des Internets sein oder die physikalische Anfälligkeit eines Telefonie-Servers.
Sie sehen, wie bei Geschäftsbeziehungen allgemein üblich, haben Auftraggeber und Auftragnehmer unterschiedliche Interessenlagen. Dies bildet eine der Herausforderungen beim Erstellen von Service-Level-Agreements.
Zu den Aspekten, die in einem Service-Level-Agreement zu beschreiben sind, gehören nach den Merkmalen die inhaltliche Beschreibung der zu erbringenden Dienstleistungen (M6) sowie die Qualität, die durch Kennzahlen beschrieben wird (M7). Diese beiden Aspekte werden im Folgenden näher betrachtet.
Beschreibung im SLA muss eindeutig und verständlich sein
Ein Service-Level-Agreement enthält eine inhaltliche Beschreibung der zu erbringenden Dienstleistungen. Die Beschreibung muss eindeutig sowie für beide Partner verständlich sein.
Die Angabe der Bezeichnung eines IT-Services dient dessen Markierung. Diese muss innerhalb des verwendeten Zusammenhangs (bei Servicegeber und Servicenehmer) eindeutig sein, um als Erkennungsmerkmal für die Dienstleistung dienen zu können. Die Bezeichnung sollte daher so gewählt werden, dass sie nach Möglichkeit einen Rückschluss auf den Inhalt dieser Dienstleistung zulässt.
Eindeutigkeit der Beschreibung im SLA
Die Beispiel-Firma AIX-IT erstellt aus den Daten der Software SELL-IT kundenspezifische Berichte. Würde im Service-Level-Agreement nur die Bezeichnung „Bericht“ oder „Report“ verwendet werden, wäre dies nicht eindeutig. Eine eindeutige Bezeichnung hingegen wäre „Report Umsatzzahlen aktuelles Quartal“ oder „Report Forecast, sortiert nach Erwartungsmonat“.
Verständlichkeit der Beschreibung im SLA
Die Anforderung „Verständlichkeit“ wird am Beispiel der Bäckereikette Müller erläutert, die Voice-over-IP (VoIP) einführen möchte. Möglicherweise hat das Unternehmen als ein Kriterium für die Auswahl einer VoIP-Lösung angegeben, dass die Sprachqualität gut sein muss. Die IT-Leiterin der Bäckerei hat selbst schon erlebt, dass es hiermit Probleme bei der Nutzung geben kann. Die Sprache kann zeitversetzt übertragen oder zerstückelt werden.
Eine weitere Anforderung, die das Unternehmen genannt hat, ist eine „sehr gute Erreichbarkeit“ des Call-Centers, falls die Verkäuferinnen und Verkäufer Rückfragen zur Bedienung der Internettelefone haben. Dies wären also zwei dienstleistungsbezogene Elemente, die in einem Service-Level-Agreement aufzunehmen wären.
Diese Dienstleistungen sind nun so zu beschreiben, dass Auftragnehmer und Auftraggeber das Gleiche darunter verstehen. Für die Beschreibung der Sprachqualität bei Voice-over-IP spielt technisch gesehen die Übertragungsstrecke und deren Eigenschaften eine wesentliche Rolle. Die technischen Parameter hierbei sind Bandbreite, Delay, Jitter und Packet Loss. Diese technischen Parameter können gut gemessen werden. Hierdurch ist es möglich, diese in unterschiedlichen Qualitäten anzubieten.
Verständlich sind diese Parameter und damit die angebotenen Qualitätsstufen für die meisten Kunden aber kaum oder nur mit erheblichem Übersetzungsaufwand. Daher wurde in der Telekommunikation zur Beurteilung der Qualität von Sprach- und Bildübertragungsdiensten ein Messverfahren entwickelt, das die Kundensicht wiedergibt: Mean Opinion Score (MOS).
Der Mean Opinion Score (MOS) ist das Ergebnis eines festgelegten Ablaufs mehrerer Tests, bei dem die subjektiv wahrgenommene Qualität der Sprache beziehungsweise der Bilder durch eine Gruppe von Versuchspersonen beurteilt wird. Das Ergebnis der Testreihe wird in eine fünfstufige Qualitätsskala eingeordnet.
Wert | Qualität | Bedeutung |
---|---|---|
5 | ausgezeichnet | Es ist keine Anstrengung nötig, um die Sprache zu verstehen. |
4 | gut | Durch aufmerksames Hören kann die Sprache ohne Anstrengung wahrgenommen werden. |
3 | ordentlich | Die Sprache kann mit leichter Anstrengung wahrgenommen werden. |
2 | mäßig | Es bedarf großer Konzentration und Anstrengung, um die übermittelte Sprache zu verstehen. |
1 | mangelhaft | Trotz großer Anstrengung kann man sich nicht verständigen. |
Die Daten für die MOS-Skala können gut erhoben und ausgewertet werden. Zudem kann die Skala von IT-Dienstleistern technisch interpretiert werden. Die Skala stellt unterschiedliche Qualitätsstufen dar, die für ein Service-Level-Agreement genutzt werden könnten.
Erst wenn im Service-Level-Agreement die Sprachqualität entweder durch MOS oder die Angaben von Bandbreite, Delay, Jitter und Packet Loss näher beschrieben wird, ist die Beschreibung der Dienstleistung „Sprachqualität“ eindeutig definiert. Da zudem eine gemeinsame Kommunikationsebene zwischen Servicegeber und Servicenehmer notwendig ist, wird sich in den meisten Fällen die Beschreibung nach MOS-Standard anbieten, weil sie für die Kundenseite im Allgemeinen verständlicher ist.
Messen der IT-Dienstleistungen mit Kennzahlen
Im Merkmal (M7) wird die Definition von Kennzahlen im Service-Level-Agreement gefordert, um die relevanten Eigenschaften der zu erbringenden Dienstleistungen zu quantifizieren und zu messen. Wie die Serviceleistung mit einer Kennzahl gemessen werden kann, lässt sich Beispiel der Anforderung „sehr gute Erreichbarkeit des Call-Centers“ erläutern.
Um eine Kennzahl zu beschreiben, sind folgende Angaben erforderlich:
Bezeichnung der Kennzahl
Unter der Bezeichnung der Kennzahl wird hier deren Name verstanden (zum Beispiel telefonische Erreichbarkeit, TE).
Art des Bezugsobjekts der Kennzahl (Objekt)
Neben der Bezeichnung ist anzugeben, auf welche Art von Objekten sich die Kennzahl beziehen soll (zum Beispiel telefonische Erreichbarkeit des Call-Centers, TE-CC).
Art der Bezugszeit der Kennzahl (Zeitpunkt oder Zeitraum)
Kennzahlen lassen sich grundsätzlich in zeitpunkt- und zeitraumbezogene Kennzahlen unterteilen. Im Falle einer zeitraumbezogenen Kennzahl ist zusätzlich zu spezifizieren, auf welches Zeitintervall sich diese Kennzahl beziehen soll (zum Beispiel Erreichbarkeit des Call-Centers werktags von 09:00 bis 17:00 Uhr, TE-CC-W).
Basisdaten und Berechnungsformel der Kennzahl
Da es sich bei Kennzahlen im Allgemeinen um verdichtete Informationen handelt, werden diese meist aus Basisdaten berechnet. Eine Berechnungsformel definiert, wie aus den Basisdaten die jeweilige Kennzahl zu ermitteln ist. Zum Beispiel
telefonische Erreichbarkeit des Call-Centers während eines Tages =
Anzahl aller angenommenen Anrufe im Call-Center an einem Werktag in der Zeit 09:00 bis 17:00 Uhr
÷ Anzahl aller eingegangen Anrufe im Call-Center an einem Tag in Prozent).
Die Formel zur Berechnung der Kennzahl lautet also:
TE − CC− W =
(Anzahl aller angenommenen Anrufe ÷ Anzahl aller eingegangenen Anrufe) × 100 (in Prozent)
Die Kennzahl sei am Beispiel der Bäckereikette verdeutlicht. Die Daten der Spalten „Anzahl aller angenommenen Anrufe“ und „Anzahl aller eingegangen Anrufe“, die über die Telefonanlage gemessen wurde. Für die Kennzahl TE-CC-W (telefonische Erreichbarkeit) errechnet sich daher gemäß obiger Formel der Wert in der letzten Spalte.
Anzahl aller angenommenen Anrufe | Anzahl aller eingegangenen Anrufe | Kennzahl TE-CC-W: telefonische Erreichbarkeit | |
---|---|---|---|
Mo | 520 | 650 | 80 % |
Di | 578 | 643 | 90 % |
Mi | 623 | 698 | 89 % |
Do | 560 | 621 | 90 % |
Fr | 485 | 520 | 93 % |
Die erforderlichen Basisdaten sowie die Berechnungsformel sind bei der Beschreibung einer Kennzahl anzugeben. Die Kenntnis dieser Informationen ist Voraussetzung für die Bestimmung und die Interpretation der Aussage einer Kennzahl.
Im Beispiel der Bäckereikette Müller bietet ein IT-Dienstleister zur telefonischen Erreichbarkeit folgende Levels an:
- Call-Center Standard (Level 1): telefonische Erreichbarkeit > 80 %
- Call-Center Premium (Level 2): telefonische Erreichbarkeit > 85 %
- Call-Center de Luxe (Level 3): telefonische Erreichbarkeit > 90 %
Als Service-Level wird die Ausprägung einer in einem Service-Level-Agreement spezifizierten Kennzahl in Bezug auf ein konkretes Objekt (Bezugsobjekt) und einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum (Bezugszeit) bezeichnet. Ein vereinbartes Service-Level stellt einen Sollwert, also einen geforderten Wert einer Kennzahl, dar.
Anforderungen an Kennzahlen für Service-Level-Agreements
Kennzahlen, die zur Vereinbarung von Service-Levels verwendet werden sollen, haben folgende Anforderungen zu erfüllen:
Vollständigkeit
Eine Kennzahl gilt als vollständig, wenn sowohl Dienstleister als auch Kunde aufgrund dieser Definition ein klares und einheitliches Verständnis von der Ermittlung und Aussage dieser Kennzahl haben und sich diesbezüglich keine Interpretationsprobleme ergeben.
Diese Anforderung beinhaltet insbesondere, dass die genannten Informationen zur Beschreibung einer Kennzahl (Bezeichnung, Bezugsobjekt, Bezugszeit, Basisdaten und Berechnungsformel) angegeben werden. Es reicht zum Beispiel nicht aus, von telefonischer Erreichbarkeit zu sprechen, wenn nicht definiert wird, wie diese ermittelt und gemessen wird.
Relevanz
Als relevant für eine Dienstleistung soll eine Kennzahl dann bezeichnet werden, wenn diese ein Merkmal der Dienstleistung beschreibt, das den Nutzen dieser Dienstleistung für deren Kunden beeinflusst. Der Nutzen einer IT-Dienstleistung kann dabei anhand des Beitrags dieser Dienstleistung zur Unterstützung von betrieblichen Prozessen des Kunden gemessen werden.
Uninteressant für den Kunden ist zum Beispiel eine Kennzahl, die angibt, wie hoch der Anteil der Anrufer ist, die diese Nummer versehentlich gewählt haben.
Proportionalität
Eine weitere Anforderung an eine Kennzahl ist, dass deren Ausprägung sich proportional zum Sachverhalt verhält, den sie ausdrücken soll. Sofern diese Anforderung nicht erfüllt ist, ist es nicht möglich, aus dem Grad der Veränderung des Wertes der Kennzahl direkt Rückschlüsse auf den Grad der Veränderung des zu bewertenden Sachverhalts zu ziehen.
Die telefonische Erreichbarkeit im Beispiel ist proportional und die Levels sind jeweils in 5-Prozent-Schritten angegeben.
Aussagekraft für den Kunden
Eine Kennzahl muss für den Kunden aussagekräftig sein. Grund dafür, dass eine Kennzahl für einen Kunden nicht aussagekräftig ist, kann zum einen sein, dass die Kennzahl für ihn nicht verständlich ist, da dieser nicht über das hierzu erforderliche technische Fachwissen verfügt. Zum anderen kann eine Kennzahl für Kunden wenig aussagekräftig sein, wenn sie nicht die Sichtweise des Kunden berücksichtigt.
Kennzahlen, die sich primär an technischen oder organisatorischen Gegebenheiten des IT-Dienstleisters orientierten, sind somit meist nicht für SLAs geeignet. Um für Kunden aussagekräftige Kennzahlen zu erhalten, ist bei der Festlegung der Kennzahlen stets die Perspektive des Kunden einzunehmen. Für die Bäckereikette Müller wurde die Aussagekraft am Beispiel der Sprachqualität erörtert.
Vollständige Beeinflussung durch den Dienstleister
Als vollständig beeinflussbar durch einen Dienstleister gilt eine Kennzahl dann, wenn sich deren Ausprägung ausschließlich aufgrund von Aspekten bestimmt, die im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Dienstleisters liegen.
Wird dem Anbieter des Call-Centers von seinem Telefonnetzanbieter nur eine Verfügbarkeit des Telefonnetzes von 97 Prozent angeboten, wird er selbst seinen Kunden keine Verfügbarkeit anbieten, die „mindestens 97 Prozent“ beträgt.
Wirtschaftlichkeit
Die Ermittlung einer Kennzahl ist stets mit Kosten verbunden. Diesen Kosten steht der aus der Kenntnis der Kennzahl erzielbare Nutzen gegenüber. Eine Kennzahl soll hier als wirtschaftlich bezeichnet werden, sofern der Nutzen, der aus der Kenntnis der Kennzahl gewonnenen werden kann, die Kosten für die Ermittlung der Kennzahl mindestens ausgleicht.
Messverfahren zur Ermittlung von Kennzahlen
Um ein Messverfahren in einem Service-Level-Agreement hinreichend zu spezifizieren, sind folgende Aspekte zu definieren:
- das Subjekt oder Objekt, das die Messungen durchführen soll
- die Daten, die erfasst werden sollen
- die Datenquellen, die genutzt werden sollen
- die Erhebungstechnik, die angewendet werden soll
- die Erhebungsintervalle der Messung
- die Präzision, mit der die Messung erfolgen soll
Kosten der IT-Services
In einem Service-Level-Agreement sind außerdem die Kosten der Dienstleistung zu beschreiben. Hiermit sind die Kosten gemeint, die dem Kunden (Servicenehmer) durch die Inanspruchnahme der IT-Services entstehen. Hierfür wird im Service-Level-Agreement ein Verrechnungspreismodell definiert, das folgende Angaben zu enthalten hat:
- Abrechnungszeitraum (fix oder variabel)
- Verrechnungseinheiten: als Verrechnungseinheiten können Mengeneinheiten (zum Beispiel Problemmeldungen Call-Center oder Streaming-Volumen bei Datenübertragung) oder Zeiteinheiten (zum Beispiel Dauer der Inanspruchnahme) angewandt werden oder Kombinationen dieser Einheiten
- Preis je Verrechnungseinheit
- Berechnungsformel
Im Beispiel der Bäckereikette Müller wird für die Nutzung des Call-Centers eine monatliche Abrechnung vereinbart. Der zu zahlende Betrag setzt sich zusammen aus einem Grundpreis (monatlicher Fixkostenanteil) sowie einem variablen Anteil, der sich aus der Anzahl der aufgenommenen Problemmeldungen multipliziert mit dem Preis je Problembearbeitung (hier: 50 EUR) ergibt.
Konsequenzen bei Abweichungen von Service-Levels
Bei der Erbringung einer Dienstleistung kann es zu Abweichungen zwischen vereinbarten und tatsächlich erreichten Service-Level kommen. Für solche Fälle ist zu beschreiben, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben. Bei den Konsequenzen wird zwischen zwei Arten unterschieden:
- Malus oder Sanktionen, das heißt Bestrafung des Dienstleisters für eine nicht erfüllte Leistung oder für eine unerwünschte Leistung;
- Bonus, das heißt Belohnung des Dienstleisters für positive Leistungen oder ein erwünschtes Verhalten, das durch einen Bonus gefördert werden soll.
Bei der Vereinbarung von Konsequenzen sollte beachtet werden:
- Konsequenzen sind so zu spezifizieren, dass eine eindeutige Handhabung möglich ist. Hierzu gehört eine klare Definition, unter welchen Bedingungen (Auslöser) die Konsequenzen eintreten.
- Das Eintreten des Auslösers muss objektiv und eindeutig überprüft werden können.
- Art und Höhe der Konsequenzen müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Übung 1: Kennzahl für Verfügbarkeit festlegen
Berechnen Sie, was Verfügbarkeit = 98 Prozent bedeutet. Vervollständigen Sie die folgenden Sätze:
Ausfallzeiten von
- pro Jahr bis:
- pro Monat bis:
- pro Woche bis:
- pro Tag bis:
liegen (auch an einem Stück) noch innerhalb der vertraglich geschuldeten Leistung.
Verglichen Sie Ihre Berechnungen mit den Lösungen in der Vorlage.
Übung 2: Konsequenzen bei Abweichungen von SLAs
Der Internetdienstanbieter KMU-Webservices betreibt unter anderem ein WAN und ein LAN. Beide Netzwerke sind über einen Router verbunden. Für die Wartung und den Betrieb des LANs ist das Unternehmen Alpha-IT zuständig, für das WAN das Unternehmen Beta-IT.
Es existieren Verträge mit SLAs einerseits zwischen KMU-Webservices und Alpha-IT (bezogen auf LAN) und andererseits zwischen KMU-Webservices und Beta-IT (bezogen auf das WAN). Das Netzwerk von KMU-Webservices bricht zusammen, weil der Router defekt ist.
- Wessen SLA wurde verletzt und wer muss reparieren?
- Wer muss gegebenenfalls eine Strafe zahlen?
Notieren Sie Ihre Antwort und vergleichen Sie sie mit der Lösung in der Vorlage.
Übung 3: Anforderungen von SLAs aus Kunden- und Dienstleister-Perspektive
Servicenehmer und Servicegeber haben gelegentlich unterschiedliche Interessen, Ziele und Vorstellungen bezüglich der Realisierung von IT-Dienstleistungen. Beim Einsatzes von Service-Level-Agreements gibt es Ziele, die primär im Bereich des Servicegebers liegen, während andere mehr im Bereich des Servicenehmers liegen und wiederum andere, die im Interessenbereich beider Geschäftspartner liegen.
- Entscheiden Sie bezüglich der in der Vorlage genannten Ziele zum Einsatz von SLAs in welchem Interessenbereich diese primär liegen.
- Vergleichen Sie Ihre Antworten mit den Lösungen in der folgenden Vorlage.
Service-Level-Agreement erstellen
Erstellen Sie eine Checkliste für die Präsentation der Service-Anforderungen Ihrer Firma beim Service-Dienstleister:
- Entwickeln Sie Ihre Kriterien sukzessive zu Service-Level-Agreements.
- Notieren Sie, welche Kriterien Ihnen für eine Produktentscheidung wichtig sind.
Nutzen Sie für Ihr SLA die Fragen in der folgenden Checkliste sowie den grundsätzlichen Aufbau von Service-Level-Agreements, wie er in den folgenden Vorlagen beschrieben wird.
Glossar zu Service-Level-Agreements
- Legen Sie in Ihrem Arbeitsbereich bei neuen Aufgaben und neuen Kunden eine Art Glossar oder Vokabelliste an.
- Erfragen und notieren Sie dazu das Verständnis der Begrifflichkeiten Ihres Gegenübers.
In der folgenden Checkliste werden die Begriffe erläutert, die im Kontext von Service-Level-Agreements häufig verwendet werden.