Welcher Ansatz steckt hinter Jobs-to-be-done?

Die Methode Jobs-to-be-done (JTBD) wird in der Produktentwicklung und im Marketing angewandt, um die wahren Bedürfnisse und Beweggründe der Kundinnen und Kunden zu erfassen.

Viele Methoden der Kundenanalyse stützen sich auf demografische oder psychografische Kundenmerkmale. Dagegen fokussiert sich die JTBD-Methode darauf, welche Aufgaben Kundinnen und Kunden erledigen möchten, wenn sie ein Produkt oder eine Dienstleistung nutzen.

Ein „Job“ ist also als eine Aufgabe oder ein Problem zu verstehen, das gelöst werden soll.

Was unterscheidet die klassische Zielgruppenanalyse von Jobs-to-be-done?

Das Konzept der Zielgruppenanalyse auf der Basis von Kundenmerkmalen gilt als das Nonplusultra, wenn es darum geht, Kundinnen und Kunden zu verstehen und Produkte auf deren Bedürfnisse abzustimmen. Dazu wird datengestützt versucht, so viel wie möglich über Personen, ihre Eigenschaften und ihr Umfeld herauszufinden.

Mit detaillierten Personas wird den Kunden ein Gesicht und eine Persönlichkeit gegeben, um sie besser zu verstehen. Allerdings lässt sich das Handeln eines Menschen damit schwer vorhersagen, weil persönliche Eigenschaften nur bedingt ausschlaggebend für Handlungen (und damit Käufe) sind. Oft spielen situative Merkmale eine viel wichtigere Rolle.

Kundinnen und Kunden handeln, weil sie eine Aufgabe (schneller, billiger oder besser) erfüllen oder ein Problem lösen möchten und nicht, weil sie bestimmte Eigenschaften aufweisen.

Was ist das Ziel von JTBD?

Das Hauptziel der JTBD-Methode ist es, ein tiefes Verständnis für Kundenbedürfnisse zu entwickeln. Indem Unternehmen erkennen, was Kundinnen und Kunden wirklich erreichen wollen, können sie Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die genau auf diese Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dies fördert die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Kundensegmente können neu oder anders definiert werden als bisher, weil die Segmente auf Grundlage gleicher Probleme und Aufgaben gebildet werden statt auf gemeinsamen Merkmalen.

Wie wird die Methode Jobs-to-be-done angewandt?

Unternehmen gehen schrittweise vor: Sie beginnen mit der Datenerhebung, identifizieren die Aufgaben und Probleme der Kunden und finden Lösungen für diese Probleme. Darauf basieren die Ideen für neue Produkte oder die Weiterentwicklungen bestehender Produkte.

Datenerhebung

Die praktische Umsetzung der JTBD-Methode beginnt mit umfassenden Kundeninterviews und Beobachtungen. Dazu werden Kunden zum Beispiel zu Hause besucht oder beim Einkauf (per Video) beobachtet. Zudem können Kunden in ein Testlabor, die sogenannte Produktklinik, eingeladen werden, in der sie Prototypen ausprobieren. Dabei werden sie gefilmt und interviewt.

Diese qualitativen Forschungsmethoden helfen, die wahren Bedürfnisse und Probleme der Kundinnen und Kunden zu verstehen. Hier ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen und aufmerksam zuzuhören, um die tieferliegenden Motive der Kunden zu ergründen.

„Jobs“ identifizieren

Nach der Datenerhebung und Kundenanalyse werden die verschiedenen Jobs identifiziert, die Kundinnen und Kunden erledigen wollen. Dies kann durch eine systematische Analyse der gesammelten Daten geschehen, wobei Muster und wiederkehrende Jobs herausgearbeitet werden.

Lösungen und Antworten finden

Im nächsten Schritt geht es darum, Ideen für Lösungen zu generieren, die besser auf die identifizierten Jobs der Kunden abgestimmt sind. Prototyping und Testing spielen eine entscheidende Rolle, um sicherzustellen, dass die entwickelten Lösungen tatsächlich den Bedürfnissen der Kunden entsprechen.

Dies erfordert oft mehrere Iterationszyklen, bei denen das Produkt oder die Dienstleistung immer wieder angepasst und verbessert wird, basierend auf dem Feedback der Nutzer.

Welche Ressourcen benötigen Sie für die JTBD-Methode?

Die Ressourcenplanung für die JTBD-Methode umfasst verschiedene Aspekte. Zeit ist ein wichtiger Faktor, da umfassende Kundeninterviews und die Datenanalysen zeitintensiv sind. Ein realistischer Zeitrahmen sollte von mehreren Wochen bis Monaten reichen, abhängig von den Möglichkeiten der Kundenanalyse und der Art der Kundenprobleme.

Personalressourcen sind ebenfalls entscheidend. Sie benötigen ein Team von Experten mit viel Empathie für Kunden und für qualitative Forschung und Interviewführung. Ebenso notwendig sind Analysten, die die Daten auswerten und Muster identifizieren. Produktentwickler und Designer sind schließlich dafür verantwortlich, die Prototypen zu erstellen und zu testen.

Das Budget sollte die Kosten für Personal, Prototyping und gegebenenfalls Anreize für die Teilnahme von Kundinnen und Kunden beinhalten. Die richtigen Werkzeuge und Software, wie Film- und Transkriptionssoftware, Datenanalyse-Tools und Prototyping-Tools, sind notwendig, um den Prozess optimal zu gestalten.

Weitere Tipps zur Umsetzung

Die folgenden Praxistipps sollten Sie beherzigen:

  • Stellen Sie sicher, dass Sie mit Personen aus verschiedenen Kundensegmenten sprechen, um unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen.
  • Segmentieren Sie Ihre Kunden nach den Aufgaben, die sie erledigen möchten, statt nach traditionellen demografischen Merkmalen. Dies hilft Ihnen, zielgerichtete Lösungen zu entwickeln.
  • Erstellen Sie detaillierte Profile für jeden Job, den Ihre Kunden erledigen möchten. Diese Profile sollten die Umstände, die Motivationen und die gewünschten Ergebnisse umfassen.
  • Entwickeln Sie Prototypen, die auf den JTBD-Profilen basieren, und testen Sie diese mit echten Kunden.
  • Entwickeln Sie Marketingbotschaften, die auf die Jobs Ihrer Kunden abzielen. Sprechen Sie die Umstände und die gewünschten Ergebnisse direkt an.

Beispiel für eine Marketingbotschaft

Produkt:
Online-Lernplattform für Berufstätige

Kunden-Jobs:
Fortbildung und neue Fähigkeiten erlernen

Umstände:
Lernen neben einer Vollzeitstelle

Gewünschte Ergebnisse:
Karrierefortschritt

Marketingbotschaft:
Erweitern Sie Ihre Karrierechancen mit unseren flexiblen Online-Kursen, die Sie jederzeit neben Ihrem Job absolvieren können. Lernen Sie von Branchenexperten und erhalten Sie Zertifikate, die Ihre Qualifikationen verbessern und Ihre Karriere vorantreiben.

Welche Tools und Methoden helfen bei der Umsetzung?

Die Umsetzung und Implementierung von Jobs-to-be-done (JTBD) erfordert eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Tools sowie Methoden zur Erfassung und Analyse von Kundenanforderungen.

Tools für Online-Umfragen, um Daten von einer größeren Kundenbasis zu sammeln:

Mit dem Net Promoter Score (NPS) wird die Kundenzufriedenheit gemessen und es werden Bereiche identifiziert, die verbessert werden können. Damit können Sie die Kundenzufriedenheit während der Testphase von Prototypen ermitteln.

Mit dem Kano-Modell lassen sich Kundenanforderungen in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsanforderungen kategorisieren, um bei der Produktentwicklung Prioritäten zu setzen.

Tools zur Analyse und Visualisierung der gesammelten Daten sind:

Die Conjoint-Analyse ist eine Methode zur Ermittlung der Präferenzen und der Wichtigkeit verschiedener Produktmerkmale.

Das JTBD Canvas ist ein strukturiertes Framework, das dabei hilft, die verschiedenen Aspekte eines Jobs-to-be-done systematisch zu analysieren. Es umfasst Felder für den Kontext, den Hauptjob, unterstützende Jobs, funktionale, emotionale und soziale Dimensionen sowie für bestehende Lösungen und Barrieren.

Eignet sich die JTBD-Methode für Ihr Unternehmen?

Die JTBD-Methode erfordert bestimmte Ressourcen, um erfolgreich implementiert zu werden: Sie benötigen ein engagiertes Team, das in der Lage ist, tiefgehende Kundeninterviews zu führen und die gewonnenen Daten zu analysieren. Zudem ist es hilfreich, über Tools zur Datenanalyse und ein Verständnis für qualitative Forschungsmethoden zu verfügen.

Falls Ihr Unternehmen stark auf spezifische demografische Merkmale oder Verhaltensmuster angewiesen ist, kann eine klassische Zielgruppenanalyse passender sein. Diese Methode ist ebenfalls empfehlenswert, wenn Sie schnell umsetzbare Marketingstrategien benötigen, die auf klaren, segmentierten Zielgruppen basieren.

Evaluieren Sie Ihre vorhandenen Ressourcen und die spezifischen Unternehmensziele, um zu entscheiden, welche Methode besser zu Ihrer aktuellen Situation passt.

Häufige Fehler

Falsches Verständnis des JTBD-Konzepts

Viele Unternehmen verstehen JTBD als eine Methode zur Identifizierung von Produktmerkmalen anstatt der dahinterliegenden Bedürfnisse und Motivationen der Kunden. JTBD fokussiert sich auf das „Warum“ hinter den Kundenhandlungen und nicht nur auf das „Was“ sie tun.

Zu breite oder zu enge Definition des „Jobs“

Ein zu weit gefasster „Job“ kann zu ungenauen und unspezifischen Einsichten führen, während ein zu eng definierter „Job“ möglicherweise wichtige Aspekte und Variationen übersieht. Das richtige Maß an Granularität ist entscheidend.

Fokus auf dem Produkt statt auf dem Kunden

Unternehmen neigen dazu, ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt sich auf die tatsächlichen Bedürfnisse und Probleme der Kunden zu konzentrieren. JTBD verlangt eine Perspektive, die vom Kunden und seinen Herausforderungen ausgeht.

Vernachlässigung von Kontext und Emotionen

Der Kontext, in dem ein Kunde einen „Job“ erledigt, sowie die emotionalen Aspekte, die damit verbunden sind, werden oft übersehen. Diese situativen Faktoren sind jedoch entscheidend, um die vollständige Motivation und das Verhalten des Kunden zu verstehen.

Mangelnde Kundeneinbindung

JTBD erfordert ein tiefes Verständnis der Kundenperspektive, was durch direkte Interaktion und Interviews mit Kunden erreicht wird. Viele Unternehmen verlassen sich jedoch zu sehr auf interne Annahmen und Marktforschungsdaten, ohne echte Kundeninterviews durchzuführen.

Unzureichende Segmentierung

Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen, auch wenn sie den gleichen „Job“ erledigen. Unternehmen machen oft den Fehler, alle Kunden über einen Kamm zu scheren, anstatt die verschiedenen Segmente und ihre spezifischen „Jobs“ zu erkennen und anzusprechen.

Fehlende Priorisierung von „Jobs“

Nicht alle „Jobs“ sind gleich wichtig oder haben das gleiche Potenzial für Innovation und Wertschöpfung. Unternehmen müssen in der Lage sein, die wichtigsten und wertvollsten „Jobs“ zu identifizieren und zu priorisieren.

Übersehen von Alternativen

Kunden nutzen oft verschiedene Lösungen, um einen „Job“ zu erledigen, einschließlich unkonventioneller oder improvisierter Methoden. Unternehmen, die sich nur auf direkte Wettbewerber konzentrieren, verpassen möglicherweise wichtige Einblicke in alternative Lösungsansätze, die Kunden nutzen.

Mangelnde Integration in die Produktentwicklung

JTBD-Einsichten müssen in den gesamten Produktentwicklungsprozess integriert werden. Oft bleibt das Wissen über die Kundenbedürfnisse jedoch in der Marktforschung isoliert und findet keinen Eingang in die tatsächliche Produktgestaltung und -entwicklung.

Keine kontinuierliche Anpassung

Kundenbedürfnisse und -umstände ändern sich über die Zeit. Unternehmen müssen JTBD als einen kontinuierlichen Prozess verstehen und regelmäßig überprüfen und anpassen, um relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben.

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