Führen ohne VorgesetztenfunktionKonflikte erkennen und ohne disziplinarische Macht lösen
Konflikte dürfen nicht verdeckt bleiben
Nicht jede Meinungsverschiedenheit ist ein Konflikt. Erst wenn sich die Beteiligten mit keinerlei Argumenten überzeugen lassen, ihnen die Sache persönlich wichtig ist und auch Emotionen eine Rolle spielen, wird sie zum Konflikt. Insofern sollten Konflikte nicht herbeigeredet, aber auch nicht verdrängt werden.
Wenn bei der Zusammenarbeit Konfliktsignale sichtbar werden und wenn ein Konflikt droht, dann müssen Sie dem nachgehen – auch dann, wenn Sie keine Weisungsbefugnis haben. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die Ziele Ihres Projekts nicht erreicht werden. Achten Sie deshalb auf folgende Aspekte:
- Konfliktpotenziale sollten identifiziert werden, um ihnen möglichst vorzubeugen.
- Mögliche Konflikte sollten frühzeitig erkannt werden.
- Konflikte, ihre Ursachen und Zusammenhänge müssen verstanden und richtig interpretiert werden.
- Sie müssen klären, auf welchen Wegen Lösungen entwickelt werden können, um die Konflikte auszuräumen.
Voraussetzungen zur Konfliktlösung schaffen
Hilfreich ist, zu Beginn der Zusammenarbeit die Voraussetzungen für die Konfliktlösung zu schaffen und Spielregeln für den Umgang miteinander gemeinsam festzulegen. Darauf lässt sich dann im Konfliktfall zurückgreifen.
Ein Arbeits- und Aufgabenplan für die gemeinsame Zusammenarbeit trägt dazu bei, dass allen klar ist, wie Aufgaben und Ressourcen zugeteilt und was von wem und wann erwartet wird. Damit entschärfen Sie das Konfliktpotenzial auf der sachlichen und fachlichen Ebene.
Nicht alle Konfliktfelder lassen sich damit ausräumen. Die Emotionen der Mitarbeiter und ihre gegenseitigen Sympathien und Antipathien lassen sich nicht in Regeln zwängen. Hier helfen Wertschätzung, Toleranz und Verständnis für den jeweils anderen. Inwieweit das gelebt werden kann, hängt von den einzelnen Personen, aber auch von der Unternehmenskultur und Ihrem Verhalten als Teamleiter oder Teamleiterin ab. Sie sind Vorbild. Investieren Sie also immer in die vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Wichtig ist außerdem: Immer beeinflusst die eigene Persönlichkeit die Art und Weise, wie Konflikte behandelt werden. Beurteilen Sie also im Vorfeld selbst, wie Sie bislang mit Konflikten umgehen und was das für die Zusammenarbeit im Team bedeuten könnte.
Konfliktsignale erkennen
Achten Sie bei der Zusammenarbeit mit Ihren Teammitgliedern auf Signale, die Konflikte andeuten. Das können Konflikte sein, die Mitarbeitende mit Ihnen austragen oder die sie untereinander haben. Typisch sind dann:
- Heftige Diskussionen,
- pauschale und persönliche Vorwürfe,
- negatives Reden übereinander oder
- offene Angriffe.
Wenn Sie solche Signale erkennen, sollten Sie vorsichtig prüfen, ob ein Konflikt vorliegt. Sprechen Sie mit den betroffenen Personen, fragen Sie nach deren Meinung und Einstellung. Erst dann können Sie beurteilen, ob tatsächlich ein Konflikt vorliegt. Reden Sie Konflikte nicht herbei, aber beschönigen Sie auch nichts.
Konfliktsituation analysieren
Wenn es einen Konflikt gibt, der die Arbeit im Projekt und im Team beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte, sollten Sie aktiv werden. Machen Sie sich dazu zunächst ein umfassendes Bild von der Konfliktsituation:
- Wer ist beteiligt?
- Was ist der Gegenstand?
- Woran macht sich der Konflikt fest?
- Welche Konfliktsignale haben sich gezeigt?
- Wie hat sich der Konflikt bislang entwickelt?
- Gibt es eine längere Geschichte dazu?
- Warum hat sich der Konflikt nicht gelöst?
- Was sind die Interessen der Konfliktpartner?
- Was wäre für alle Konfliktpartner die schlechteste Lösung?
Wie können Konflikte bearbeitet und gelöst werden?
Je nachdem, zu welchem Ergebnis Sie bei der Konfliktanalyse kommen, können Sie unterschiedliche Wege einschlagen, um eine Lösung für den Konflikt zu finden. Möglich sind:
Missverständnis aufklären
Im einfachsten Fall handelt es sich nur um ein Missverständnis. Um das zu erkennen und auszuräumen, müssen klärende Gespräche geführt und die notwendigen Informationen ausgetauscht werden.
Erwartungen transparent machen
Manchmal sind auch nur die Erwartungen unklar. Dann sollten diese ebenfalls transparent gemacht und gegebenenfalls in Spielregeln für die Zusammenarbeit überführt werden. Wichtig ist dabei, dass diese Gespräche möglichst sachlich verlaufen, gut moderiert werden und die Ergebnisse und Erkenntnisse schriftlich festgehalten werden.
Konfliktlösung aushandeln
Wenn es sich um einen handfesten Konflikt handelt, muss eine Lösung ausgehandelt werden, sodass das Projekt und die Zusammenarbeit nicht gefährdet sind. Dazu braucht es die richtigen Verhandlungstechniken. Insbesondere müssen die jeweiligen Interessen deutlich werden, Sachfragen und Emotionen immer getrennt betrachtet werden, Bedingungen für eine Lösung sowie akzeptable Lösungen für alle Beteiligten und Betroffenen gefunden werden.
Folgen und Sanktionen aufzeigen, eskalieren
Wenn die Konfliktlösung nicht gelingt, müssen die negativen Konsequenzen herausgestellt werden und die Folgen, die diese für alle Beteiligten haben. So erreicht man oft Einsicht und Kompromisse. Wenn es gar nicht anders geht und das Projekt ernsthaft in Gefahr ist, sollten die jeweiligen disziplinarischen Vorgesetzten hinzugezogen werden. Eventuell ist es auch hilfreich, wenn Sie als Teamleiter mit diesen zunächst ein klärendes Gespräch führen und erst dann um konkrete Hilfe bitten.
Konflikte analysieren und Lösungen entwickeln
Klären Sie für Ihr Team:
- Wo könnten Konflikte auftreten?
- Welche Spielregeln können Konflikte vermeiden?
- Sind bereits Signale für Konflikte erkennbar?
- Welche Konflikte bestehen bereits?
Leiten Sie Lösungen für diese Konflikte ab. Nutzen Sie dafür die folgende Vorlage.
Im letzten Teil dieses Handbuch-Kapitels sind alle Regeln und Tipps noch einmal zusammengefasst und auf den Punkt gebracht.