Kreativitätstechniken anwendenMit Kreativitätstechniken vom Problem zur Lösung

Kreativitätstechniken helfen, für schwierige Probleme gute Lösungen zu finden. Wichtig ist, dass das Problem und die Ziele klar sind und die Kreativitätstechnik zum Schwierigkeitsgrad des Problems passt. Welche Art von Problemen gibt es? Wie gehen Sie bei der Lösungssuche vor?

Beispiele für praktische Probleme

Unser ganzes Leben ist mit Problemen gespickt.

  • Ein kleiner Nagel soll in die Wand und nirgendwo ein Hammer – ein Problem.
  • Die letzte Laborversuchsreihe war wieder erfolglos und man fragt sich, welche Parameter verändert werden sollten, um zur Lösung zu kommen – ein Problem.
  • Die Konkurrenten haben inzwischen alle die gleiche Technik im Angebot, und die Geschäftsführung fordert eine aufsehenerregende Marketingaktivität – ein Problem.
  • Das Angebot für eine neue Walzstraße ist bestätigt und nun gilt es, die Herstellung kostengünstiger zu machen, um in die Gewinnzone zu kommen – ein Problem.
  • Eine Brandgefahr soll erkannt werden, bevor der Brand ausbricht – ein Problem.

Schauen wir genauer hin, zeigt sich, dass diese Probleme ganz unterschiedlicher Natur sind.

Wie Probleme kreativ gelöst werden

Im ersten Fall wird die Person sich umschauen, ob nicht irgendein Ersatzwerkzeug verfügbar ist. Und schließlich einen Schuh ausziehen und mit dem Absatz den Nagel in die Wand treiben. Eine spontane Lösung, die mittels Zweckentfremdung zum Erfolg führte.

Die Laborleiterin wird sich mit ihrem Team noch einmal zusammensetzen und mittels Kartentechnik die bisherigen Arbeitshypothesen und ihre Misserfolge anschaulich darstellen. Mit einer Frageliste wird sie neue Varianten hervor kitzeln, die in einer überraschenden Laborplanung münden.

Die Marketingabteilung hatte längst alle möglichen Kommunikationsinstrumente ausprobiert. Und weitere Kreativsitzungen hatten keine überzeugende Idee hervorgebracht. Nun holte man sich einen Trainer ins Haus, der die ausgebrannten Marketingleute verwandelte. Mit Verfremdungstechniken gingen ihre Gedanken spazieren und trafen dabei auf irre Ideen.

Walzstraßen sind sehr komplex. Wo soll man anfangen mit dem Sparen? Und welche Stelle würde die größten Effekte haben? Eine Wertstromanalyse liegt noch irgendwo im Kasten. Schnell sind die beiden werthaltigsten Prozessschritte identifiziert. Mit einer Funktionsmodellierung werden beide analysiert, und mit einer morphologischen Darstellung und Lösungen aus Konstruktionskatalogen gelingen merkliche Einsparungen.

Bisher konnte man Hotels und Konferenzzentren mit Sprinklern ausrüsten und sein Geld verdienen. Bibliotheken dagegen winken angesichts des Wassers ab und die Besuchenden vertragen keinen Stickstoff. Im Hochregallager wollte man auch keine Lösungen haben, die den Brand unter Kontrolle bringt, aber die Lagergüter verraucht oder nässt. Den Brand verhindern, bevor er ausbricht, – das geht ja wohl nicht. Doch, sagen TRIZ-Kenner und erarbeiten eine Lösung.

Wie helfen Kreativitätstechniken weiter?

Natürlich wissen Sie, dass Probleme ganz unterschiedlicher Natur sind. Sie ahnen, dass die obigen Beispiele verschiedenen Problemklassen zugehören. Für deren Lösung gibt es unzählige Kreativitätstechniken. Welche ist die richtige?

Die vielen Kreativitätstechniken lassen sich unterschiedlichen Problemklassen zuordnen. Es kommen dann nur noch eine kleinere Zahl von ihnen für das jeweilige Problem infrage. Damit wäre ein kürzerer Weg vom Problem zur Lösung gefunden.

Bisher ist es meist so, dass man zuerst herumprobiert. Man kann es auch so bezeichnen: technisches Improvisieren. Dann macht man Brainstorming, was in der Praxis nichts anderes als eine Diskussionsrunde ist, in der die Regeln des Brainstormings aber sehr oft ignoriert werden.

Ohne Umwege zur Problemlösung

Haben Sie ein Problem, dann gehen Sie im idealen Fall so vor:

  1. Sie definieren das Problem möglichst genau.
  2. Das Umfeld des Problems und die Situation ist ebenfalls erkundet.
  3. Die eigenen Ressourcen sind bekannt.
  4. Technische Entwicklungen werden regelmäßig verfolgt, gesetzliche Änderungen sind bekannt und mit dem Kunden ist man in engem Kontakt.
  5. Das Ziel ist eindeutig definiert.
  6. Um Gewissheit zu haben, richten Sie mit der Methode Progressive Abstraktion den Fokus auf das Eigentliche.
  7. Jetzt gilt es, einen Lösungsweg einzuschlagen und einen Lösungsansatz zu finden. Vielleicht auch zwei oder drei, aber nicht so viele wie möglich. Sie brauchen nicht möglichst viele Lösungsansätze, sondern passende, zielführende.
  8. Eine Suche unter schon vorhandenen Lösungen war leider erfolglos. Es heißt also: eine ganz eigene Lösung generieren!
  9. Sie schauen sich noch einmal das Problem an und klären, welcher Problemklasse es angehört.
  10. Sie gehen dann in den Katalog der Kreativitätstechniken, um unter den zugehörigen Techniken eine auszuwählen und einzusetzen.
  11. Sie wissen, dass die meisten Kreativitätstechniken eine besondere Situation verlangen, und Sie entschließen sich für einen Kreativ-Workshop.
  12. So hat man nach eineinhalb Tagen zwei Lösungsansätze, die man einer umfassenden Bewertung unterzieht und die schließlich zu dem Arbeitsauftrag führt, den prioritären Lösungsansatz auszuarbeiten.

In der folgenden Abbildung ist dieser Ablauf als Problembearbeitungspfad in der Übersicht dargestellt.

Problembearbeitungspfad

Kreative Lösungsideen auf unterschiedlichen Ebenen

Noch einmal zurück auf Start: In der Praxis stellt sich leider viel zu häufig heraus, dass an der Oberfläche des Problems gearbeitet wird.

Die Geschäftsführung sagt: „Wir müssen schnell die Aufmerksamkeit des Marktes erringen.“ Dabei ist es eine Entscheidung der Geschäftsführung, welches Ziel anvisiert werden soll:

  • Soll eine offensichtliche Lösung erarbeitet werden oder eine geringe Verbesserung des Produktes oder der Dienstleistung angestrebt werden?
  • Soll die Lösung mit der bisher eingesetzten Technologie gefunden werden?
  • Oder kann sie mit einer anderen Technologie erreicht werden?
  • Oder wird gar eine grundsätzlich andere Lösung angestrebt?

Probleme und ihre Lösungen mit unterschiedlichen Niveaus

Die vom Ingenieur und Wissenschaftler Genrich Saulowitsch Altschuller in den Jahren zwischen 1964 und 1974 durchgeführten Patentanalysen führten zu dem Ergebnis: Entwicklungsarbeiten und ihre Ergebnisse lassen sich hinsichtlich ihrer Innovationshöhe einteilen. Demnach haben sich fünf Niveauebenen für die Bewertung von (Patent-)Lösungen bewährt.

Zugleich konnte eine Häufigkeitsverteilung erstellt werden, wie oft Patente den verschiedenen Niveauebenen zugeordnet werden können. Obgleich diese Häufigkeit nicht repräsentativ und veraltet ist, kann sie auch heute als ein Näherungswert zur Orientierung dienen.

Die Niveauebenen können dann bei der Planung von Entwicklungsaufgaben helfen. Im Vorfeld kann festgelegt werden, was

  • die eigenen Ressourcen vermögen,
  • der Markt hergeben könnte und
  • von der Konkurrenz zu erwarten ist.

Daraus leitet sich dann ab, welches Niveau mit der Problemlösung erreicht werden soll.

Bei der Kommunikation mit Kooperationspartnern und Finanziers ist die Einordnung der Entwicklungsaufgabe in eine der fünf Niveauebenen ebenfalls hilfreich. Die folgende Tabelle zeigt diese Übersicht.

5 Niveauebenen von Problemlösungen

Suchräume für Problemlösungen

Bei der Generierung von Lösungsideen handelt es sich nicht um eine Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise, sondern um Denkschleifen, die am Anfang schon das Ende mitdenken.

Attraktive Ideen und die passende Lösung können nicht in irgendeinem Speicher gefunden werden. Obgleich nicht auszuschließen ist, dass beim Stöbern in der Patentliteratur anregende Ideen entstehen. Oder im Gespräch mit Kollegen oder Wissenschaftlern des eigenen Fachs.

Überdies lässt sich grundsätzlicher nach dem Anregungspotenzial, nach den Arbeitsprinzipien auf dem Weg zur Lösung fragen.

Mit der folgenden Abbildung werden Suchräume auf drei Achsen umrissen. Je weiter man sich vom Nullpunkt entfernt, umso anspruchsvoller wird die Aufgabenstellung, umso höherwertig aber die erreichte Lösungsidee.

Ideensuchräume für Problemlöser

Zielkriterien für die Lösungsfindung festlegen

Wenn der ungefähre Grad der Zielerreichung gefunden ist, lassen sich genaue Zielkriterien aufstellen. Denn keine Entwicklungsabteilung wird eine neue Gasturbine planen, ohne zu bestimmen, welchen Kriterien sie genügen soll.

Die unschätzbaren Vorteile solcher Zielkriterien bestehen in folgenden Aspekten:

  • Zielkriterien zwingen zu einer konsensorientierten Diskussion, denn niemand wird sich sagen lassen wollen, er wüsste nicht, was er will. Und niemand wird mit dem Projekt starten wollen, bevor nicht alle mit den anvisierten Zielen einverstanden sind.
  • Es entsteht eine Dokumentation, die im Verlauf des Arbeitsforstschritts einen Abgleich von Soll und Ist erlaubt.
  • Mit den Zielkriterien können Messgrößen festgelegt werden, die Grenzwerte enthalten. Denn häufig geht es ja nicht um „erreicht“ oder „nicht erreicht“, sondern um graduelle Abweichungen.

Die ersten vier, fünf Zielkriterien fallen Ihnen leicht ein, weil Sie ständig mit ihnen umgehen. Dann aber kommen Kriterien hinzu, die den Kunden, den Anwendern und Umsetzern wichtig sind, weil sie Tag für Tag die Lösung anwenden sollen.

Weitere Kriterien formulieren die Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb, weil sie damit den Wettbewerb schlagen wollen.

Praxis

Probleme erkennen und einordnen

Überprüfen Sie, in welchen Situationen Sie Probleme haben, die Sie kreativ lösen müssen.

  • Beschreiben Sie die Probleme.
  • Wie finden Sie bislang Ihre Lösungen?

Sind Sie mit der Lösung und dem Prozess zur Lösungsfindung zufrieden?

Prozess zur Lösungsfindung

  • Definieren Sie das Problem möglichst klar.
  • Erkunden Sie das Umfeld des Problems: Ressourcen, Trends, Anforderungen, Rahmenbedingungen.
  • Definieren Sie das Ziel.
  • Schlagen Sie einen Lösungsweg ein und finden Sie einen Lösungsansatz.
  • Setzen Sie passende Kreativitätstechniken ein.
  • Erarbeiten Sie eine Lösung oder mehrere Lösungen und bewerten Sie diese.
  • Sind die zu Beginn formulierten Ziele damit erreicht?
  • Arbeiten Sie die präferierte oder vielversprechende Lösung weiter aus.

Nutzen Sie für diesen Prozess und die einzelnen Arbeitsschritte die folgenden Vorlagen.

Nutzen Sie für Ihre Zielkriterien den Katalog der folgenden Vorlage. Dort können Sie Grenzwerte eintragen, die für die angestrebte Lösung noch tolerabel sind. Außerdem können Sie mit diesem Tool regelmäßig die Zielerreichung überprüfen.

Dazu im Management-Handbuch

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