Krisenmanagement, Turnaround und InsolvenzverfahrenKrisenkommunikation aktiv betreiben

Ein wichtiger Teil des Krisenmanagements im Unternehmen ist die Kommunikation. Die Geschäftsleitung muss den Beschäftigten und den externen Stakeholdern glaubhaft sagen und zeigen, dass sie die Krise bewältigen wird. Denn ansonsten kann sich die Krise weiter verschärfen. Orientieren Sie sich an den folgenden Regeln zur Krisenkommunikation und am Leitfaden.

Warum die Krisenkommunikation zeitnah erfolgen muss

Wenn Krisensignale nach außen dazu führen, dass das Unternehmensimage leidet und dass sich im Unternehmen Unsicherheit und Frustration breitmachen, dann kann mit einer angemessenen Krisenkommunikation entgegengewirkt werden.

Entscheidend ist: In der Krise offen, ehrlich und glaubwürdig sein!

Krisenkommunikation ist Aufgabe der Unternehmensleitung. Sie muss die Initiative ergreifen und Profil zeigen. Sie muss den Mitarbeitenden und anderen Stakeholdern im Außenraum beweisen: „Ich habe das in der Hand und kümmere mich persönlich darum.“

Wer das nicht beherzigt, der verliert die Kontrolle über das, was über das Unternehmen und seine Situation geredet und berichtet wird. Deshalb muss die Unternehmensleitung auch schnell und frühzeitig Stellung beziehen, wenn brisante Informationen auftauchen oder wenn sich Gerüchte verbreiten.

Krisenkommunikation vorbereiten und planen

Um größeren negativen Auswirkungen einer Unternehmenskrise vorzubeugen, analysieren Sie, wo intern und extern bereits über die akute oder sich anbahnende Krise gesprochen wird –  zum Beispiel extern via Social Media oder intern per „Flurfunk“. Finden Sie heraus:

  • Wo wird über die Krise gesprochen?
  • Über welche Themen wird genau gesprochen?
  • Welche Diskussionen spitzen sich zu?
  • Werden (auch) Unwahrheiten verbreitet?

Sie sollten erkennen, welche Missverständnisse klarzustellen sind, welche Spekulationen aus der Welt geschafft werden müssen und wie Sie intern sowie extern für Klarheit und Transparenz sorgen können, um das Vertrauen in Ihre Person und das Unternehmen zu stärken.

Klären Sie dazu auch folgende Fragen:

  • Welche Mitarbeitenden nehmen Aufgaben zur Krisenkommunikation wahr und welche Befugnisse haben sie?
  • Wie können Sie schnell Ihr Mediennetzwerk nutzen oder ausbauen, um öffentlichkeitswirksam zu kommunizieren?
  • Benötigen Sie Informationsmaterialien für die interne und externe Krisenkommunikation? Und wenn ja: Welche? Wer erstellt sie? Und wie sehen sie aus?

Inhalte der Krisenkommunikation

Schönreden und Schweigen werden eine Krise fast immer verschärfen, denn man überlässt die Verbreitung von Informationen damit anderen. Stattdessen sollten folgende Inhalte klar gesagt werden:

  • Worin besteht die Krise und wie zeigt sie sich; das beinhaltet auch eine scharfe Abgrenzung zu dem, was noch in Ordnung ist.
  • Welche Ziele verfolgt das Unternehmen nun und was steht jetzt im Mittelpunkt.
  • Welche konkreten Maßnahmen werden eingeleitet, um diese Ziele zu erreichen.

Timing für die Krisenkommunikation

Das Timing muss stimmen. Wer zu früh – gerade im Außenraum – von der Krise spricht, kann die Krise auch herbeireden. Denn Kunden und Lieferanten sowie die eigenen Mitarbeitenden reagieren hier sehr sensibel.

Wer aber zu spät informiert, dem nehmen die Medien und andere Akteure das Heft aus der Hand.

Wichtig ist: Die Mitarbeitenden müssen als Erste informiert werden, soweit dem nicht rechtliche Vorgaben zur Publizitätspflicht (von Aktiengesellschaften) entgegenstehen; zum Beispiel Pflichtmitteilungen nach dem Wertpapierhandelsgesetz.

Adressaten der Krisenkommunikation

Die Krisenkommunikation sollte auf folgende Gruppen ausgerichtet sein:

  • Die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von der Krise betroffen sein können oder als Multiplikatoren der Informationen agieren;
  • Investoren, also Aktionäre, Banken und sonstige Kapitalgeber oder deren Interessenvertreter;
  • Medien wie (lokale) Zeitungen oder Internet-Portale, Social-Media-Nutzende und andere Institutionen oder Personen, die ihrerseits die Öffentlichkeit informieren.
  • Kunden, Lieferanten und andere Geschäftspartner, mit denen das Unternehmen in irgendeiner Form zusammenarbeitet.

Was die Belegschaft in der Krise wissen will

An erster Stelle stehen die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da hier das Potenzial der Verunsicherung sehr groß ist und die Beschäftigten auch als Multiplikatoren im Innen- und Außenverhältnis auftreten, müssen sie als Erste wissen, was los ist.

Erklären Sie Ihrer Belegschaft klar und unmissverständlich, was Sache ist:

  • Kennzahlen und andere Hinweise darauf, dass es eine Krise gibt
  • Maßnahmen, die nun geplant werden
  • inwiefern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon betroffen sind
  • wie das Top-Management zur Bewältigung der Krise beiträgt
  • was die nächsten Maßnahmen sind
  • ob und welche Arbeitsplätze gefährdet sind

Für die Beschäftigten ist vor allem wichtig, zu erfahren, woran sie mit ihrem Arbeitsplatz sind. Doch gerade das lässt sich zu Beginn einer Krise noch gar nicht richtig abschätzen. Deshalb muss hier schnell agiert und klar kommuniziert werden, damit alle wissen, woran sie sind, und sich die Unsicherheit nicht auf alle Mitarbeitenden überträgt.

Der Maßnahmenplan sollte zeigen, welche Unternehmensbereiche und Abteilungen betroffen sind, und er sollte schnell angegangen werden. Dann zeigt sich, ob Arbeitsplätze abgebaut werden müssen, wer davon betroffen ist und welche Schritte dafür notwendig sind.

Externe Stakeholder informieren

Wenn das Unternehmen und das Management die Krisensituation festgestellt haben, sollten auch die wichtigen Stakeholder informiert werden. Welche das im Einzelnen sind, hängt von der Größe und Bedeutung des Unternehmens sowie von der Beziehung zu der jeweiligen Stakeholder-Gruppe ab.

Die Krise eines großen Unternehmens ist für die überregionale Presse ein Thema. Wenn ein kleines Unternehmen am Ort Arbeitsplätze abbaut, dann berichtet auch die lokale Presse darüber.

Mit folgenden Stakeholdern kann in der Krise Kontakt aufgenommen und kommuniziert werden:

  • Die Geschäftsleitung spricht persönlich mit den Vertretern der Banken und mit Anteilseignern und berichtet über die Situation, die Ursachen der Krise und die geplanten Maßnahmen zur Bewältigung oder Sanierung.
  • Wichtige Kunden und Partner werden vom Key-Account-Management und anderen persönlichen Ansprechpartnern informiert. Sie erläutern, warum die Kundenbeziehung auf jeden Fall fortgeführt wird und warum das Unternehmen auch in Zukunft ein zuverlässiger Lieferant und Partner ist.
  • Der Einkauf informiert Lieferanten und benennt die Maßnahmen, die dafür sorgen, dass Lieferantenrechnungen in jedem Fall bezahlt werden.
  • Soweit staatliche Einrichtungen, Aufsichtsbehörden, Sozialversicherungsträger oder Finanzämter betroffen sind, werden sie von der Geschäftsleitung informiert.
  • Medien wie Zeitungen, Zeitschriften, Redakteure und Blogger werden von der Presseabteilung betreut. Bei Bedarf spricht die Geschäftsleitung persönlich mit ihnen.

Leitfaden zur strategischen Krisenkommunikation

Abschließend die wichtigsten Schritte in der Übersicht:

1. Krise einordnen

Identifizieren Sie, gegebenenfalls gemeinsam mit einem Krisenteam, welche Bereiche von der Krise direkt betroffen sind, wie sich die Krise nach außen sowie innen bereits zeigt und wie sie sich noch bemerkbar machen wird.

Danach stellen Sie einen Krisenstab zusammen und bestimmen, welche Ressourcen (personell, finanziell, zeitlich) für die Krisenkommunikation eingesetzt werden können.

2. Lage bewerten

Klären Sie, wie schwerwiegend die Krise ist, welche Gegenmaßnahmen bereits getroffen wurden und ob diese wirken. Klären Sie:

  • Welche Auswirkungen hat die Krise kurzfristig und langfristig auf das Unternehmen?
  • Welche Auswirkungen hat sie für Mitarbeitende, welche für externe Stakeholder, Partner oder Kunden?
  • Wie ist das Eskalationspotenzial einzuschätzen?

3. Informationen, Antworten und Reaktionen vorbereiten

Arbeiten Sie alle relevanten Hintergrundinformationen zur Unternehmenskrise prägnant, verständlich und nachvollziehbar auf, um diese an Stakeholder zu kommunizieren. Zu dieser Gruppe gehören häufig:

  • Vorstand
  • Aufsichtsrat
  • Betriebsrat
  • Aufsichtsbehörden
  • Rechtsexperten
  • Belegschaft
  • Medien
  • Investoren, Banken, Aktionäre
  • Kundinnen und Kunden
  • Lieferanten

Bereiten Sie sich außerdem auf kurzfristige Anfragen vonseiten der Medien oder Ihrer Kundinnen und Kunden vor. Stellen Sie sicher, dass es mindestens einen offiziellen Ansprechpartner gibt, der genau weiß, welche Informationen auf welche Weise kommuniziert werden sollen.

Bereiten Sie auch jene Stellen vor, die unweigerlich Anfragen erhalten werden, ohne offizieller Ansprechpartner zu sein. Dazu gehören zum Beispiel Mitarbeitende aus dem Bereich Support, Vertrieb und Außendienst, weil sie mit Kundinnen und Kunden direkt kommunizieren.

Weisen Sie diese etwa an, alle Fragen direkt an den offiziellen Ansprechpartner weiterzuleiten. Sie können Ihre externen Gesprächspartner auch auf eine Webseite oder ein Dokument verweisen, das der Krisenkommunikation nach außen dient und alle wichtigen Informationen enthält.

4. Kernbotschaft formulieren

Erarbeiten Sie eine Kernbotschaft zur optimalen Krisenkommunikation und beachten Sie dabei folgende Regeln:

  • Versorgen Sie Stakeholder, die Beschäftigten und die Öffentlichkeit mit so vielen Informationen wie möglich und vertretbar.
  • Die Informationen müssen schlüssig und verständlich aufbereitet werden.
  • Sie müssen aktuell sein und entsprechend der Lage immer wieder aktualisiert werden.
  • Ordnen Sie die Krise in einen Gesamtkontext ein, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Vertreten Sie eine optimistische bis neutrale und vor allem sachlich-offene Haltung zur Krise – ohne zu beschönigen.
  • Informieren Sie auch darüber, welche Lösungsstrategien verfolgt und wie Gefahren abgewendet werden.
  • Wenn passend, veröffentlichen Sie ein persönliches Statement. Vermitteln Sie Betroffenheit und drücken Sie Ihr Bedauern aus, ohne dabei hilflos zu wirken oder unangebrachte Schuldeingeständnisse zu machen.

5. Kommunikation umsetzen

Die formulierte Kernbotschaft dient dazu, innerhalb des Unternehmens und nach außen mit „einer Stimme“ zu sprechen, um Vertrauen (wieder-)aufzubauen. Alle internen und externen Instrumente zur Krisenkommunikation dienen dazu, diese Kernbotschaft zu vermitteln.

Halten Sie sich bei der aktiven Krisenkommunikation an die folgenden Grundsätze:

  • Intern wird immer vor extern informiert.
  • Alle internen Interessengruppen werden über Änderungen und Aktualisierungen zur Krise in einer vorher festgelegten Reihenfolge informiert; die externen Gruppen genauso.
  • Orientieren Sie sich bei der Festlegung einer Reihenfolge zum Beispiel an der Zugehörigkeit zu einer Hierarchiestufe und zur Bedeutung des Empfängers.
  • Es werden immer dieselben Kommunikationstools verwendet. Nicht: Diese Woche informieren wir Mitarbeitende per Rund-Mail über die Krise, nächste Woche mithilfe eines Beitrags im Intranet.
Praxis

Kommunikationsstrategie für den Krisenfall vorbereiten

Planen Sie die Kommunikationsstrategie Ihres Unternehmens im Krisenfall. Berücksichtigen Sie dabei insbesondere die Interessen, Befürchtungen und Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Klären Sie außerdem, was andere Stakeholder Ihres Unternehmens wissen wollen. Beachten Sie dabei vor allem die Frage: Wie behalten Sie die Kontrolle über die Kommunikation und über das, was geredet und geschrieben wird?

Entwickeln Sie einen Notfallplan für den Fall, dass Sie im Unternehmen und nach außen die Krise ausrufen. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage.

Mit der Krisenkommunikation muss die Geschäftsleitung glaubhaft vermitteln, dass die Krise gelöst werden kann. Sie darf darüber aber nicht nur reden, sondern muss auch handeln. Dazu plant sie eine Reihe von Maßnahmen und setzt diese im Rahmen des Turnaround-Managements um.

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