Nachweisgesetz erfüllenNachweisgesetz – Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Was steht im Nachweisgesetz?
In Deutschland herrscht Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass neben dem schriftlichen auch ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen werden kann. Ein häufiges Problem für Arbeitnehmer: Kommt es zu einem Rechtsstreit, steht die Aussage des Arbeitgebers gegen die des Arbeitnehmers. Das sogenannte Nachweisgesetz soll dieses Problem lösen.
Im Nachweisgesetz ist geregelt:
- Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer mit mündlichem Arbeitsvertrag ein schriftliches, unterschriebenes Dokument aushändigen. In diesem Dokument werden die Arbeitsbedingungen festgehalten, wie etwa Arbeitszeiten, Lohn usw.
- Diese Regelung gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also auch für Teilzeitkräfte, Minijobber und (unter bestimmten Voraussetzungen) Praktikantinnen und Praktikanten. Arbeiten Aushilfen kürzer als einen Monat lang im Unternehmen, sind Arbeitgeber von dieser Pflicht ausgenommen.
- Ergeben sich Änderungen im Arbeitsverhältnis, werden diese zeitnah dokumentiert. Sie sind spätestens an dem Tag schriftlich aufzunehmen, an dem sie zum ersten Mal gelten.
Eine Ausnahme gibt es: Wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 1. August 2022 begonnen hat, müssen Arbeitgeber den Nachweis nur dann aushändigen, wenn der Arbeitnehmer es explizit fordert. Bei allen anderen darf der Arbeitgeber nicht erst auf die Aufforderung warten, sondern muss den Nachweis sofort – eigeninitiativ – vorlegen.
Müssen alle Arbeitgeber nach dem Nachweisgesetz handeln?
Ja. Am 1. August 2022 wurde eine Neufassung des Nachweisgesetzes veröffentlicht. Diese besagt: Wenn Unternehmen gegen die Vorgaben im Nachweisgesetz verstoßen, kann ein Bußgeld verhängt werden.
Vor dieser Neufassung hatten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit, etwas gegen Verstöße seitens des Arbeitgebers zu unternehmen.
Bleibt der Arbeitsvertrag bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz bestehen?
Wenn gegen das Gesetz verstoßen wird, bleibt der stillschweigend abgeschlossene oder mündlich vereinbarte Arbeitsvertrag trotzdem gültig.
Das bedeutet für Sie in der Praxis:
- Sie müssen sich nicht darum sorgen, dass Ihr Arbeitsvertrag automatisch ungültig wird, weil Sie keinen Nachweis gemäß Nachweisgesetz besitzen.
- Ihr Arbeitgeber kann Ihnen nicht damit drohen, dass der Arbeitsvertrag ungültig wird, wenn Sie versuchen, Ihre Rechte im Hinblick auf das Nachweisgesetz durchzusetzen.
Warum das Nachweisgesetz für Arbeitnehmer wichtig ist
Wenn der Arbeitsvertrag nur mündlich vereinbart wird, kommt es immer wieder zu Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das betrifft insbesondere diese Fragen:
- Wie viel Urlaub gibt es und welche Wochentage sind für Teilzeitkräfte Urlaubstage?
- Zählt ein Feiertag zur Arbeitszeit?
- Wo ist der Arbeitsort des Arbeitnehmers? Darf der einfach gewechselt werden?
- Wann sind Überstunden zulässig und wie werden sie entgolten?
- Wann sind Pausenzeiten?
- Was gilt in Bezug auf Bereitschaft oder Schichtarbeit?
- Wann endet ein befristetes Arbeitsverhältnis?
Laut Nachweisgesetz müssen diese Fragen beantwortet und die entsprechenden Vereinbarungen dokumentiert sein. Nur wenn sie schriftlich festgehalten sind, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Ihre Ansprüche geltend machen. Das spart Zeit, Geld und Nerven.
Was können Sie tun, wenn der Arbeitgeber den Nachweis verweigert?
Wenn Sie auf ein gutes Verhältnis mit Ihrem Arbeitgeber Wert legen, sprechen Sie Ihren Vorgesetzten direkt an. Fordern Sie ihn freundlich, aber bestimmt dazu auf, Ihnen den schriftlichen Nachweis über das Arbeitsverhältnis auszuhändigen.
Falls der Arbeitgeber sagt, er habe noch nie etwas vom Nachweisgesetz gehört, weisen Sie ihn darauf hin, dass er im „Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (NachwG)“ unter § 2 Nachweispflicht die relevanten Informationen nachlesen kann. Dort steht unter anderem, welche Aspekte zum Arbeitsverhältnis in welchem Umfang dokumentiert werden müssen.
Wenn Ihr Vorgesetzter den Nachweis nicht nach einmaliger Aufforderung erbringt, wenden Sie sich an die Personalabteilung oder – bei kleineren Unternehmen – an die Geschäftsleitung. Falls es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, sprechen Sie diesen an und bitten Sie darum, beim Arbeitgeber nachzuhaken.
Schriftlicher Arbeitsvertrag anstelle des Nachweises
Einige Arbeitgeber bieten anstelle des separaten Nachweises einen schriftlichen Arbeitsvertrag an. Es spricht nichts dagegen, diesen Vorschlag anzunehmen. Den Nachweis über ein bestehendes Arbeitsverhältnis und die geltenden Rahmenbedingungen haben Sie dann in jedem Fall.
Sie sind allerdings nicht dazu verpflichtet, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, wenn Sie mit den Bedingungen nicht einverstanden sind oder generell keinen schriftlichen Vertrag wünschen.
Anwalt einschalten und Nachweis einfordern
Führt die Kontaktaufnahme nicht zum gewünschten Ergebnis, wenden Sie sich an einen Anwalt. Er kann den Arbeitgeber schriftlich darauf hinweisen, was er laut Nachweisgesetz erfüllen muss. In den meisten Fällen genügt ein solches formales Schreiben – und der Arbeitgeber wird aktiv. Keinesfalls sollten Sie auf den Nachweis verzichten.
Wenn der Arbeitgeber die Auskunft gar nicht oder nicht vollständig erteilt, haben die Arbeitnehmenden unter Umständen ein sogenanntes Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB). Das kann in der Praxis bedeuten, dass sie die Arbeit verweigern dürfen, wenn der Nachweis nicht erbracht wird. Lohn muss trotzdem bezahlt werden.
Das Zurückbehaltungsrecht sollten Sie nicht ohne die Beratung eines Anwalts durchsetzen, denn: Wer die Arbeit grundlos verweigert, dem kann gekündigt werden.
Gut zu wissen: Das Zurückbehaltungsrecht können Sie im Nachhinein noch geltend machen. Wird Ihnen wegen der Arbeitsverweigerung gekündigt, kann die ausgesprochene Kündigung ungültig werden, sofern ein Gericht dies rückwirkend entscheidet.