Wie das Trichtermodell die Pain Points anzeigt

Ein wesentlicher Nutzen der Customer Journey ist, dass Sie daraus ermitteln können, wo und warum Kunden einen Kaufprozess abbrechen. Genau das soll vermieden werden. Die Stellen im Kaufprozess, an denen besonders viele Kunden ihre Reise abbrechen, nennt man Pain Points. Sie sind besonders kritisch.

Pain Points müssen identifiziert, analysiert und beseitigt werden. Um diese Stellen sichtbar zu machen, hilft das Trichtermodell, das in der folgenden Abbildung idealtypisch dargestellt ist.

Betrachtet man die einzelnen Phasen des Kaufprozesses, vom allerersten Kontakt bis zum Kaufabschluss und zur Nachkaufphase, so verringert sich die Zahl der Interaktionen mit Kunden mit jedem Schritt. Einige Kunden steigen aus dem Kaufprozess aus. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich.

  • Der „ideale Trichter“ zeigt die „natürliche Ausfallrate“, die es auch im idealen Kaufprozess immer gibt (die hellblaue Fläche in der folgenden Abbildung). Denn nicht jeder Erstkontakt führt zwangsläufig zum Kaufabschluss.
  • Probleme oder echte Pain Points im Kaufprozess werden dann sichtbar, wenn es besondere Abweichungen in der Trichterform gibt (die rote Linie in der folgenden Abbildung). Immer dort, wo es eine hohe Ausfallrate gibt und die Trichterlinie steil abfällt, könnte ein Pain Point bestehen.

Hinweis: Verbesserungspotenzial kann es auch dann geben, wenn der Trichter insgesamt schnell sehr eng wird, am Ende (rechts) also nur wenige Kunden kaufen, obwohl es zu Beginn (links) viele Kundenkontakte gibt. Dann muss die gesamte Customer Journey analysiert werden.

Abbildung: Trichtermodell zur Visualisierung der Absprungrate im Kaufprozess

Die Kernfrage lautet: Wie finden Sie Pain Points in der Customer Journey? Antwort: Sie müssen messen, wo viele Kaufabbrüche stattfinden. Sie müssen den Verlauf Ihres Trichters genau ermitteln.

Wenn Sie für die einzelnen Phasen und Teilschritte des Kaufprozesses ermitteln, wie viele Kunden in diese Phase einsteigen und welcher Anteil davon in die nächste Phase geht, dann ergibt sich der „reale Trichter“.

Dazu müssen Sie geeignete Messpunkte definieren und dann zählen. Da die Phasen und Teilschritte im Kaufprozess sehr unterschiedlich gestaltet sind und da dort unterschiedliche Touchpoints relevant sind, müssen Sie jeweils geeignete Zähl- oder Messverfahren finden.

Beispiel: Pain Points erkennen beim Verkauf von Roboter-Rasenmähern

Sie sind Anbieter von Roboter-Rasenmähern und schalten eine Anzeige in der Tageszeitung. Sie wissen, wie viele Menschen die Tageszeitung täglich lesen und Sie wollen am Ende zählen, wie viele davon einen Roboter-Rasenmäher bei Ihnen kaufen.

Dann müssen Sie folgende Messpunkte einrichten, um Ihren Verkaufstrichter darzustellen:

  1. Leser der Tageszeitung
  2. Leser, die Ihre Anzeige wahrnehmen
  3. Leser, die Ihr Ladengeschäft aufsuchen
  4. Leser und Besucher, die sich beraten lassen
  5. Leser und Besucher, die sich ein Angebot erstellen lassen
  6. Leser und Besucher, die den Roboter-Rasenmäher kaufen
  7. Kunden, die den Roboter-Rasenmäher behalten und nicht umtauschen oder reklamieren

Wenn Sie die Anzahl der Personen in den Schritten 1 bis 7 kennen, können Sie berechnen, wie hoch die Abbruchrate ist. Dort, wo die Abbruchrate sehr hoch ist, können Sie genauer hinschauen und prüfen: Woran liegt das? Um dann gezielt Aktionen und Maßnahmen durchzuführen, um die Abbruchrate zu verringern.

Mögliche Maßnahmen am Beispiel Roboter-Rasenmäher

Nach der Anzeige in der Tageszeitung kommen nur sehr wenige Leser in Ihr Ladengeschäft. Möglicher Grund: die Anzeige ist zwar aufgefallen, hat aber keinen Anreiz geliefert, bei Ihnen einen Rasenmäher zu kaufen. Mögliche Maßnahme: Anzeige mit einem Gutschein verknüpfen.

Viele Leserinnen und Leser besuchen Ihr Geschäft und lassen sich beraten, kaufen dann aber keinen Rasenmäher. Möglicher Grund: Verkaufspersonal berät nicht richtig. Mögliche Maßnahme: Verkaufspersonal schulen.

Customer-Journey-Map mit dem Trichtermodell verknüpfen

Auf diese Art und Weise stellen Sie zunächst Ihren Verkaufstrichter dar und analysieren dann die Stellen, an denen die Abbruchrate sehr hoch ist. Das sind meistens die Touchpoints, die vor der „Einbruchstelle“ liegen. Die folgende Abbildung zeigt, wie der Verkaufstrichter (untere Hälfte) dazu mit der Customer-Journey-Map verknüpft wird.

Abbildung: Verkaufstrichter mit der Customer-Journey-Map verknüpfen

Customer Journey und Vertriebskanäle mit dem Trichtermodell analysieren

In der folgenden Abbildung sehen Sie ein weiteres Beispiel dafür, wie die Customer Journey mit dem Trichtermodell verknüpft werden kann. In diesem Beispiel geht es um eine Bank und die Kunden, die dort einen Kredit oder ein Darlehen erwerben.

Dabei werden unterschiedliche Customer Journeys, hier sind es Vertriebswege, miteinander verglichen und die drei Verkaufstrichter dargestellt:

  • Telefon (blau)
  • Webseite (grün)
  • Filiale (orange)

Dann werden die Customer Journeys dargestellt und die Anzahl der Interessenten und Kunden, die den jeweiligen Weg gehen. Hier werden die Pain Points sichtbar. Und es wird deutlich, wie wichtig die Filiale in diesem Fall ist.

15cm
© McKinsey
Abbildung: Customer Journey, Vertriebskanäle und Verkaufstrichter für Bankkredite
Quelle: Raffaella Bianchi, Michal Cermak, Ondrej Dusek: More than digital plus traditional: A truly omnichannel customer experience. McKinsey, 2016
Praxis

Pain Points aufdecken

Stellen Sie die Kaufprozesse für Ihre ausgewählten Kunden in der Form einer Customer-Journey-Map dar. Um die Schlüsselfaktoren, kritische Stellen und Pain Points zu erkennen, müssen Sie:

  1. Messpunkte definieren, an denen Sie feststellen, ob und wie gut der Kaufprozess funktioniert.
  2. Kennzahlen festlegen, die möglichst gut sichtbar machen, wie die ausgewählte Maßnahme, der Touchpoint oder Teilschritt im Kaufprozess funktioniert; was genau wollen Sie messen?
  3. Planen, wie Sie diese Kennzahlen messen oder erheben; was können Sie messen und wie können Sie messen?
  4. Messungen durchführen oder Kennzahlen zusammenstellen und zählen.
  5. Messwerte in der Customer-Journey-Map sichtbar machen und den Touchpoints und dem Teilschritt im Kaufprozess zuordnen.
  6. Brüche, Einbrüche, hohe Abbruchraten im Verkaufstrichter erkennen und markieren.
  7. Mögliche Gründe suchen, identifizieren und beschreiben.
  8. Ursachen dafür analysieren, Fehlerketten aufzeigen, Bedeutung der Ursachen ermitteln und bewerten.
  9. Aktionen und Maßnahmen entwickeln, die dazu beitragen, die Ursachen zu beseitigen und die Abbruchraten zu verringern.
  10. Maßnahmen umsetzen und Erfolg prüfen.

Nutzen Sie für diese Arbeitsschritte die folgenden Vorlagen zur Messung und Visualisierung der Zahlen für den Verkaufstrichter.

Mit den folgenden Vorlagen können Sie dann die Ergebnisse in der Customer-Journey-Map visualisieren.

Der Aufwand, der mit der Erarbeitung einer Customer-Journey-Map und dem Zusammenstellen aller Informationen einhergeht, lohnt sich nur, wenn Sie danach die Schwachstellen und Pain Points beseitigen und die Touchpoints verbessern. Das soll mehr Kunden zum Kaufabschluss führen.

Dazu im Management-Handbuch

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