Produktlebenszyklus planenBeispiele für die Visualisierung und Arbeit mit dem Produktlebenszyklus

Mit dem Produktlebenszyklus können die Erfolge eines Produkts oder Chancen und Risiken eines Markts dargestellt und analysiert werden. Je nach Ziel und Fragestellung gibt es unterschiedliche Varianten, den Produktlebenszyklus zu visualisieren. Lernen Sie anhand verschiedener Beispiele, wie Sie den Produktlebenszyklus in diesem Kontext einsetzen können.

Wofür kann man den Produktlebenszyklus nutzen?

Mit dem Konzept oder Modell Produktlebenszyklus wird das Leben eines Produkts beschrieben. Dazu wird meistens über einen längeren Zeitraum grafisch dargestellt, wie viele Produkte pro Jahr oder Quartal verkauft wurden oder wie viel Umsatz mit den Produkten erzielt wurde.

Genauso kann mit dem Produktlebenszyklus herstellerübergreifend die Entwicklung einer Produktkategorie oder einer Produktgattung dargestellt werden. Damit wird die Marktentwicklung in einem Bild beschrieben. Märkte lassen sich mit einer solchen Visualisierung besser einschätzen und bewerten in Bezug auf Attraktivität, Chancen für die Zukunft, Umsatz- und Gewinnaussichten oder Risiken, die sich in diesem Markt ergeben können.

Diese Produkt- und Marktentwicklung und der Produktlebenszyklus werden in Marktstudien zusammengestellt und bewertet. In solchen Marktstudien finden sich Beispiele für Produktlebenszyklus und Beispiele für die unterschiedlichen Darstellungsformen.

Welche Darstellung gut und hilfreich ist, hängt immer von der Fragestellung ab. Im Folgenden sollen einige Beispiele für Produktlebenszyklen zeigen, welche Fragen mit der jeweiligen Form der Darstellung beantwortet werden können.

Beispiel: Attraktivität eines neuen Markts beurteilen

Mögliche Fragen sind:

  • Wie wird sich ein neuer Markt in den nächsten Jahren entwickeln?
  • Ist es sinnvoll, in diesen Markt einzusteigen und dafür Produkte zu entwickeln?

Die erste Phase des Produktlebenszyklus ist die Einführungsphase. Erst am Ende dieser Phase zeigt sich, ob ein Markt oder ein Produkt wirklich attraktiv ist. Für ganz neue Märkte ist eine solche Aussage sehr schwierig.

Um dennoch eine Prognose abzugeben, analysieren Experten Einflussfaktoren auf die Marktentwicklung, Indikatoren zum Marktpotenzial und die Akzeptanz möglicher Kunden und Nutzer. Danach erstellen Sie eine Marktprognose wie im folgenden Beispiel für Telemedizin und E-Health vom Branchenverband BITKOM.

Abbildung 10: Produktlebenszyklus am Beispiel – erwartete Umsätze für Telemedizin und E-Health (ohne Telemedizin) bis 2020 in Europa
Quelle: BITKOM, Roland Berger, BCC Research, DB Research

Beispiel: Phase der Marktentwicklung erkennen

Mögliche Fragen sind:

  • In welcher Phase seines Lebenszyklus befindet sich ein Markt oder eine Produktkategorie?
  • Lohnt sich der Einstieg in einen wachsenden Markt?
  • Oder stagniert der Markt bereits, und die Anbieter kämpfen um Marktanteile?

Wenn die Absatz- oder Umsatzzahlen der letzten Jahre im Modell des Produktlebenszyklus dargestellt werden, lässt sich vor dem Hintergrund des idealtypischen Modells erkennen, in welcher Lebensphase ein Markt sich befindet.

Das folgende Beispiel zeigt die Entwicklung des Markts für Kaminöfen. Der Verlauf lässt sich so interpretieren:

  • Zwischen 1990 und 1999 befand sich der Markt in einer Art Einführungsphase.
  • Von 2000 bis 2006 ist der Markt stark gewachsen, wobei 2006 ein besonderer Effekt eingetreten ist, der das starke Wachstum in diesem Jahr und den starken Rückgang im Jahr 2007 erklären könnte (vermutlich eine Gesetzesänderung oder deren Ankündigung).
  • In der Zeit von 2007 bis 2014 stagniert dieser Markt.
Abbildung 11: Entwicklung des Absatzes für Holzfeuerungsanlagen in Deutschland
Quelle: HKI-Online

Beispiel: Wachstum prognostizieren

Mögliche Fragen sind:

  • Wird der Markt, in dem der Absatz in den letzten Jahren stark angestiegen ist, weiterhin so stark wachsen?
  • Wann wird die Reifephase oder Marktsättigung eintreten?

Märkte, die sich dynamisch entwickeln, und Produktkategorien mit einem starken Wachstum, sind für Anbieter attraktiv; sie ziehen neue Wettbewerber an. Gleichwohl müssen alle auch in diesen Märkten damit rechnen, dass sich das Wachstum abschwächt und der Markt in die Reife- und Sättigungsphase kommt.

Dann kann ein Verdrängungs- und Preiswettbewerb neue Strategien der Marktbearbeitung notwendig machen. Oder das Unternehmen muss sich rechtzeitig neue Wachstumsmärkte, neue Anwendungen oder neue Zielgruppen erschließen – etwa durch regionale Erweiterungen oder Produktdifferenzierungen.

Das folgende Beispiel für Smartphones zeigt, wie dieser Markt nach einer längeren Start- und Einführungsphase (2006 bis 2009) stark gewachsen ist. Seit 2014 hat sich dieses Wachstum allerdings abgeschwächt, sodass nun von einer Reifephase gesprochen werden kann. Möglicherweise liegt die Marktsättigung bei 2,5 bis 3 Milliarden Smartphones als Absatz weltweit und pro Jahr.

Abbildung 12: Anzahl der ausgelieferten Smartphones weltweit; Absatz bis 2015, Prognose 2016 bis 2021
Quelle: BI Intelligence

Beispiel: Probleme der Wachstumsprognose

Mögliche Fragen sind:

  • Wie zuverlässig sind Prognosen für die Marktentwicklung und den Absatz von Produkten?
  • Welche Faktoren können einen Einfluss haben auf den Absatz in der Zukunft?

Marktstudien und ihre Prognosen können Absatzzahlen nicht vorhersagen, sondern allenfalls grob einschätzen und Szenarien beschreiben. Denn die Marktentwicklung unterliegt zahlreichen Einflüssen. Manchmal sind es neuartige Technologien und Erfindungen, die den Absatz alter Produkte einbrechen lassen.

Wichtig sind zudem gesetzliche Veränderungen oder neue Verordnungen sowie spezielle Förderprogramme. Oder Rohstoffpreise und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen einen Markt und seinen Produktabsatz.

Das folgende Beispiel für den Umsatz im IT-Markt zeigt, wie schnell und gravierend Prognosen sich ändern können. Die Marktforschungsexperten von Gartner korrigieren ihre Prognose innerhalb eines Jahres von Wachstum auf ein Schrumpfen des Markts (siehe Abbildung 13).

Abbildung 13: Umsatz im IT-Markt weltweit in Billionen Dollar; Anpassung der Prognose
Quelle: Gartner Group

Beispiel: Einflussfaktoren auf die Marktentwicklung darstellen

Mögliche Fragen sind:

  • Welche Einflussfaktoren sind für die Marktentwicklung von Bedeutung?
  • Wie können diese abgeschätzt werden? Wie kann sich ein Unternehmen darauf einstellen?

Das folgende Beispiel (Abbildung 14) zeigt, dass der Absatz von Wärmepumpen für die Wärmeerzeugung in Gebäuden stark vom Gaspreis abhängt. Bei einem niedrigen Gaspreis sind Wärmepumpen für potenzielle Kunden weniger attraktiv als Gasheizungen; diese sind die wichtigste Alternative für die Wärmeerzeugung in Gebäuden und damit Konkurrenzangebot für Wärmepumpen.

Sowohl der Erfolg bei der Markteinführung eines Produkts und das Wachstum des Markts, als auch die Entwicklung in der Reife- und Sättigungsphase kann von einzelnen Faktoren, wie in diesem Fall dem Gaspreis, stark beeinflusst und geprägt sein.

Eine Abschätzung ist möglich, wenn die Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren analysiert und überprüft werden. Dazu werden die Einflussfaktoren in Form von Indikatoren dargestellt. Außerdem müssen Technologieentwicklung und Gesetzesinitiativen beobachtet und bewertet werden.

Abbildung 14: Absatz der Wärmepumpen bei Heizungssanierung in Deutschland sowie Preisverhältnis Strom (Wärmepumpe) und Erdgas
Quelle: Bundesverband Wärmepumpe (BWP)-Branchenstudie 2015

Beispiel: Marktanteile und ihre Entwicklung erkennen

Mögliche Fragen sind:

  • Welche Anbieter sind im Markt aktiv?
  • Wie erfolgreich sind diese Anbieter?
  • Wer besitzt welche Marktanteile?

Die Marktentwicklung, Absatz und Absatzprognosen allein reichen nicht aus, um einem Unternehmen zu sagen, wie viel Produkte es selbst in diesem Markt verkaufen und welchen Umsatz es erzielen kann. Denn erst mit den Kennzahlen zum Marktanteil kann es erkennen, wie attraktiv der Markt für seine Entwicklung ist und ob sich der Einstieg oder der Verbleib in diesem Markt lohnen.

Auf einer aggregierten Ebene werden Marktanteile in Marktstudien nicht nur für einzelne Anbieter, sondern auch für Technologien dargestellt. Damit wird sichtbar, welche Technologie erfolgreich ist und welche durch bessere abgelöst werden. Abbildung 14 zeigt diese für verschiedene Technologien im Bereich regenerative Energien.

Abbildung 15: Marktentwicklung und Marktanteile für erneuerbare Energien
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Energiedaten Gesamtausgabe, Oktober 2019; Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB), Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien Statistik (AGEE-Stat)

Beispiel: Nachfolgeprodukt planen

Mögliche Fragen sind:

  • Wie entwickeln sich Absatz und Umsatz für ein Produkt eines Unternehmens am Ende seiner Lebenszeit, wenn immer mehr neue Konkurrenzprodukte am Markt auftauchen?
  • Wann ist der geeignete Zeitpunkt, um das Nachfolgeprodukt im Markt einzuführen?
  • Welche Effekte hat das auf das „alte Produkt“?

Wenn der Hersteller eines Produkts aufgrund des Produktlebenszyklus, des Verlaufs der Absatzzahlen und der bekannten Lebensdauer eines Produkts erkennt, dass er das bisherige Produkt durch ein neues ablösen muss, kommt es darauf an, diesen Wechsel möglichst optimal durchzuführen.

Das bedeutet, dass der Absatz des bisherigen und der Absatz des neuen Produkts in der Summe zu (mindestens) gleichem Umsatz und Gewinn führen sollten. Die folgende Abbildung 16 zeigt, wie Volkswagen dies beim Wechsel des VW Golf Modellreihe 4 und 5 zu steuern versucht hat.

Abbildung 16: Produzierte Einheiten des VW Golf, Modell 4 und 5
Quelle: Verband der Automobilindustrie, VDA (in: Dietz, W.: Marketingpolitische Entscheidungen, o.J.)
Praxis

Formulieren Sie die Fragestellungen, die Sie im Rahmen der Marktanalyse, der strategischen Produktplanung oder der Produktpflege beantworten wollen. Zum Beispiel:

  • Sollen wir in den Markt XY mit einem eigenen Produkt einsteigen?
  • Lohnt es sich, für das Produkt Z weiterhin Werbung zu treiben?

Sammeln Sie dann die dafür notwendigen Daten und Informationen, um den Produktlebenszyklus darstellen zu können. Dazu zählen:

  • Markt oder Produktkategorie, die dargestellt werden soll
  • Zeitraster für die Absatzzahlen als Jahr oder Quartal sowie Zeitraum in die Zukunft
  • Zielgruppe und Kundensegmente, die relevant sind
  • Region, Land oder Länder, die für die Darstellung relevant sind
  • Absatz, Umsatz oder andere Kennzahlen oder Indikatoren, die für die Marktentwicklung stehen

Klären Sie dabei jeweils, was Sie betrachten und welche Informationen Sie brauchen – und welche nicht: In-Scope und Out-of-Scope klären. Fassen Sie diese Daten und Informationen in der folgenden Vorlage zusammen und beschreiben Sie dann den Produktlebenszyklus für diesen Markt und diese Produkte.

Nutzen Sie die Beispiele in der folgenden Vorlage, um Ihre eigene Form der Darstellung zu finden.

Die Beispiele zeigen, wie unterschiedlich der Produktlebenszyklus verlaufen kann und wie viele Einflussfaktoren es geben kann. Deshalb wurden in der Wissenschaft Modelle entwickelt, die beschreiben, wie Produktlebenszyklen wahrscheinlich verlaufen. Maßgeblich sind die Diffusionstheorie für Innovationen und das Adopter-Modell für Kunden.

Tipp: Wie Sie das Modell des Produktlebenszyklus anderen erklären

In dieser PowerPoint-Präsentation sind das Modell des Produktlebenszyklus und seine Anwendung im Produktmanagement Schritt für Schritt erklärt. Die Bedeutung des Modells und der einzelnen Parameter wird visualisiert. Stellen Sie mithilfe der Präsentation in Ihrem Unternehmen vor, warum und wie Sie mit dem Produktlebenszyklus arbeiten wollen.

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