Nachfolge im Unternehmen planenDie rationalen Aspekte im Prozess der Unternehmensnachfolge
Rationale Aspekte im Nachfolgeprozess
Klarheit über die emotionalen Aspekte im Nachfolgeprozess ist Voraussetzung, damit die rationalen und finanziellen Aspekte geklärt und vorangebracht werden können. Hier werden die Übergabefähigkeit und Übernahmewürdigkeit des Unternehmens geprüft. Dazu gehören die Analyse der Marktsituation, der Wettbewerbsfähigkeit, der zukünftigen Potenziale sowie der Chancen und Risiken. Wie im vorigen Abschnitt des Handbuch-Kapitels erläutert, sind die emotionalen und die rationalen Aspekte im Prozess der Unternehmensnachfolge miteinander verschränkt, da die Zwischenergebnisse die jeweiligen anderen Abläufe beeinflussen können.
Im Folgenden geht es um die rationalen Aspekte, wie sie in Abbildung 5 hervorgehoben sind. Dabei leiten sich die damit verbundenen Aufgaben immer aus individuellen Rahmenbedingungen und Zielen ab. Zudem sind zahlreiche finanzielle und steuerliche Fragen zu klären. Deshalb sind hier die wichtigen Aspekte nur benannt. Jede Nachfolge ist anders und sehr individuell. Besonders zu rechtlichen und steuerrechtlichen Fragestellungen sollte immer ein Experte aus dem Fachgebiet befragt werden. Ebenso hängen Unternehmensbewertungen und Verkäuflichkeit von der jeweiligen Branche, vom Marktumfeld und auch der gesamten Wirtschaftsstimmung des Landes ab.
Die rationalen Schritte und Aufgaben im Nachfolgeprozess
Abbildung 5 zeigt im unteren Bereich die wesentlichen rationalen Aspekte einer externen Nachfolge. Das sind:
- die Übergabefähigkeit des Unternehmens prüfen
- den Unternehmenswert ermitteln
- potenzielle Käufer finden
- Absichtserklärungen erstellen
- Geheimhaltungsvertrag abschließen
- Unternehmen im Detail prüfen (Due Diligence)
- Kaufvertrag verhandeln
- Kaufvertrag abschließen
Wichtig ist, dass Ihr Unternehmen ökonomisch attraktiv ist für einen potenziellen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) sieht Unternehmen als übergabewürdig an, wenn die zu erwartenden Gewinne über den zu erwartenden Einkünften der potenziellen Nachfolger liegen, die diese aus einer abhängigen Beschäftigung erzielen könnten.
Bestandsaufnahme zur Übergabefähigkeit und zum Unternehmenswert mit der SWOT-Analyse
Eine sorgfältige Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Verhältnisse und die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen der verkaufswilligen Eigentümer sind die Grundlage für weitere Verhandlungen. Die SWOT-Analyse ist ein gutes Analysetool für eine sorgfältige Bestandsanalyse der Rahmenbedingungen von Unternehmen. Folgende Fragen werden dazu geklärt:
Stärken des Unternehmens
- Worin liegen unsere Stärken, was machen wir gut (Prozesse, Produkte, Kunden)?
- In welchen Bereichen sind wir Experten?
- Welche Erfolge können wir verzeichnen?
- Wofür bekommen wir hohe Anerkennung von unseren Kunden, Lieferanten, Umfeld?
- Welche Situationen machen uns Freude?
Schwächen des Unternehmens
- Was fällt uns besonders schwer?
- Welche Misserfolge gab es?
- Was kostet uns große Überwindung?
- Welche Businesspartner finden wir besonders anstrengend?
- Welche Konfliktsituationen gibt es?
Chancen im Umfeld
- Welche Strukturen, Prozesse, Kenntnisse würden wir gerne noch ausbauen?
- Was bringt uns voran?
- Welche Möglichkeiten stehen offen?
- Welche Trends könnten wir nutzen?
- Wie können wir Stärken in Chancen verwandeln?
- Wie schnell sind wir in unseren Entscheidungen?
- Welche Wettbewerbsvorteile sehen wir?
Risiken im Umfeld
- Welche Gefahren werden durch unsere Schwächen ausgelöst?
- Gibt es Fälle von Machtmissbrauch?
- Welche Maßnahmen haben wir für unvorhersehbare Veränderungen getroffen?
- Haben wir einen Notfallplan?
- Wie innovativ sind wir?
So führen Sie eine SWOT-Analyse durch
Im Handbuch-Kapitel zur SWOT-Analyse ist ausführlich erläutert, wie Sie diese Methode anwenden, welche Informationen Sie dafür benötigen und welche Erkenntnisse Sie daraus ableiten können.
Finanziellen Wert des Unternehmens berechnen
Es gibt keinen objektiven Wert für Ihr Unternehmen. Neben den rationalen Kriterien spielen subjektive Wertvorstellungen eine Rolle. Sie als Unternehmerin und Unternehmer haben viel Zeit und Kraft in das Unternehmen gesteckt. Aber es könnte sein, dass das in dem rationalen Wert nicht zu sehen ist. In die Kaufpreisermittlung spielen verschiedene Faktoren hinein: Kundendatei, Standort, Strukturen, Prozesse, Qualifikation der Beschäftigten, finanzielle Situation der Nachfolgerin und des Nachfolgers und viele mehr.
Bei der Bewertung Ihres Unternehmens spielen vor allem drei Bewertungsverfahren eine Rolle:
- Ertragswertverfahren, mit dem auf der Grundlage der zukünftigen Einnahmenüberschüsse ein Wert ermittelt wird.
- Discount-Cashflow-Methode (DCF-Methode), die den zukünftigen Cashflow als Basis der Berechnung nutzt.
- Substanzwertverfahren, das bei hohem Anlagevermögen vom Verkehrswert ausgeht, wenn die Maschinen und Waren veräußert werden würden.
Hilfreiche Fragen zur Vorbereitung auf die Berechnung des Unternehmenswerts sind:
- Ist das Unternehmen konkurrenzfähig?
- Wie hat sich das Unternehmen im Vergleich zu den Mitbewerbern in den letzten Jahren entwickelt?
- Wie viele Konkurrenzunternehmen bestehen auf dem Markt?
- Wie groß ist deren Marktanteil?
- Womit war das Unternehmen in den letzten Jahren besonders erfolgreich?
- Mit welchen neuen Konkurrenten und Geschäftsideen müssen Sie rechnen?
- Inwiefern ist es auf neue Entwicklungen in der Branche vorbereitet?
Ausschlaggebend ist aber schließlich immer die sogenannte „Readiness to pay“. Wie viel ist am Ende ein Käufer bereit für das Unternehmen zu bezahlen; und dies ist leider manchmal erheblich weniger als ein berechneter Unternehmenswert.
Wie Sie den Unternehmenswert berechnen
Es gibt unterschiedliche Methoden, um den Unternehmenswert zu berechnen. Im Handbuch-Kapitel zu Verfahren zur Bewertung von Unternehmen und Beteiligungen sind die wichtigsten erläutert.
Kleine und mittelständische Unternehmen können den Wert des Unternehmens mithilfe des KMU-Rechners der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin ermitteln. Große Unternehmen werden einen Experten für Mergers and Acquisitions (M&A-Partner) hinzuziehen müssen.
Rechtliche und steuerliche Aspekte bei der Nachfolgeplanung
Die rechtlichen und steuerlichen Aspekte sind bei der Unternehmensübergabe sehr komplex. Sie hängen unter anderem ab von der Unternehmenskonstellation und der persönlichen Besteuerung des Unternehmers. An dieser Stelle können nur einige Hinweise und ein Überblick gegeben werden.
Rechtliche Fragen mit Anwalt und Notar klären
Rechtsfragen treten beim Kauf oder Verkauf eines Unternehmens immer auf, da es oft zu verschiedenen Verträgen, und am Ende zu einem Kaufvertrag kommt, der neben rechtlichen auch steuerliche Konsequenzen hat. Mit dem Kauf oder Verkauf wird eine neue Inhaberin oder ein neuer Inhaber bestimmt, die für das Unternehmen zukünftig haften. Handelt es sich um ein Einzelunternehmen, wird durch einen Handelsregistereintrag, die neuen Inhaber rechtlich festgesetzt.
Die Unterstützung eines Rechtsanwaltes oder Notars bei einem Kaufvertrag ist dringend geraten, um Vereinbarungen rechtlich wirksam und später unanfechtbar zu regeln. Vor allem bei der Übertragung von Grundstücken ist eine notarielle Beurkundung notwendig, aber auch Gesellschafter- und Kaufverträge werden notariell beurkundet.
Wichtige rechtliche und steuerliche Fragen
Die wichtigsten Fragen, die mit Steuerberater, Anwalt und gegebenenfalls Notar geklärt werden müssen, sind:
- Wer haftet für Verbindlichkeiten und Altschulden des Unternehmens nach der Übergabe?
- Ist das Unternehmen im Handelsregister eingetragen?
- Wird der Name der Firma mit übernommen?
- Wer haftet für Steuerrückstände?
- Können bestehende Verträge übernommen werden?
- Ist ein Wettbewerbsverbot des Verkäufers erforderlich?
Weitere Fragen ergeben sich in Bezug auf familieninterne, steuerliche Aspekte wie Schenkung oder Freibeträge.
Share Deal oder Asset Deal
Beim Kauf und Verkauf spielt die Rechtsform eine entscheidende Rolle. Handelt es sich um eine GmbH, werden Anteile veräußert, der sogenannte Anteilskauf oder „Share Deal“. Eine notarielle Beurkundung des Vertrags ist sowohl bei der GmbH als auch bei anderen Kapitalgesellschaften erforderlich.
Möglich ist, dass nur einzelne Wirtschaftsgüter des Unternehmens erworben werden. Man spricht hier vom „Asset Deal“, Sachen oder Rechte, zum Beispiel Maschinen, Grundstücke, Produkte, Patente oder Kundendatei, werden aus dem Unternehmen heraus gekauft inklusive der damit verbundenen Verträge und Rechtsverhältnisse. Das Unternehmen bleibt bestehen oder wird anschließend aufgelöst.
Das bietet sich an, wenn die oder der Übernehmende klare Verhältnisse schaffen möchte und nicht alte Vereinbarungen (im Besonderen Verbindlichkeiten) übernehmen möchte. Sind im Kaufvertrag auch Immobilien enthalten, ist es wichtig, sich einen aktuellen Grundbuchauszug zu beschaffen, um zu sehen, wer eingetragener Eigentümer ist, und um nicht Hypotheken oder Grundschulden zu übersehen und diese Belastungen versehentlich übertragen zu bekommen.
Oft wählt man den Asset Deal bei schon angeschlagenen, teilweise kurz vor der Insolvenz stehenden Unternehmen, um gezielt nur einzelne wertige Unternehmensteile zu erwerben.
Umgang mit Beschäftigten des Unternehmens
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) gilt, dass Arbeitsverhältnisse weder von der Käuferin oder vom Käufer noch vom Veräußerer kündbar sind. Das Personal ist über alle sie betreffende Maßnahmen zu informieren, damit es von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen kann.
Fragen des Erbrechts bei Übergabe in der Familie
Daneben sind bei einer familieninternen Übergabe erbrechtliche Fragestellungen zu berücksichtigen. Wenn die Unternehmerin und der Unternehmer kein Testament zur Nachfolgeregelung ihrer Wünsche erstellen, tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
Dies kann im Besonderen bei einer familieninternen Nachfolge zu erheblichen erbrechtlichen Problemen führen und bei einem Eklat mit den anderen Erben zum Not-Verkauf des Unternehmens führen, wenn zum Beispiel einige Erbberechtigte auf Auszahlung ihres Erbanteils bestehen. Deshalb ist es für den Unternehmer wichtig, sich schon im Vorfeld testamentarisch abzusichern und das Fortbestehen der Firma sicherzustellen.
Suche nach geeigneten Käufern des Unternehmens
Bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger oder einer Nachfolgerin kann zunächst im eigenen Umfeld geschaut werden. Sollte sich hier niemand Passendes finden, können im nächsten Schritt M&A-Berater und Unternehmensbörsen hinzugezogen werden. Je nach Größe und Umsatz des Unternehmens gibt es spezielle Plattformen und auch die passenden M&A-Partner.
Ist der Nachfolger gefunden, sollte eine Absprache über den Zeitrahmen der Übergabe getroffen werden. Dabei sollte festgelegt werden, welche Rolle und Aufgabe der übergebende Unternehmer dabeihaben möchte. Eine Einarbeitungszeit durch den alten Inhaber ist oft vom übernehmenden Unternehmer gewünscht und vertraglich dann auch geregelt. Dies ist im Sinne des Unternehmens meist sinnvoll.
Due Diligence durchführen und Kaufvertrag aufsetzen
Vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages wird eine Due Diligence vom neuen Inhaber durchgeführt und das Unternehmen wird einer gründlichen Prüfung unterzogen. Dies kann nur durch einen Fachmann, zum Beispiel einen Wirtschaftsprüfer oder M&A-Berater, erfolgen. Entscheidend sind Fragen nach versteckten Risiken; ob alle Verträge, Patente, Firmenname etc. übernommen werden können.
Ebenso wird ein prüfender Blick meist auf die vergangenen drei Jahre der Gewinn-und-Verlust-Rechnung geworfen und es wird auf die Planung der nächsten drei Jahre geschaut.
Der dann folgende Kaufvertrag sollte notariell beglaubigt sein. Je besser der Unternehmer sein Unternehmen zur Übergabe vorbereitet, desto sicherer kann er sein, ein erfolgreiches Unternehmen verantwortungsvoll hinterlassen zu haben. Hier zeigt er seine Verantwortung und Leistung als Unternehmer.
Wichtig ist, bevor die Gerüchteküche losgeht, zeitnah gemeinsam mit dem Übernehmenden alle Beteiligten und Betroffenen, Beschäftigte, Kunden, Lieferanten, Banken und andere Stakeholder anzusprechen und den Transfer offen zu kommunizieren.
Führen Sie eine SWOT-Analyse für Ihr Unternehmen durch. Nutzen Sie das Modell zu einer eigenen Situationsanalyse.
Sie können die SWOT-Analyse auf Ihr eigenes Unternehmen anwenden oder auf sich selbst als Unternehmer oder als Nachfolger.
Im Handbuch-Kapitel zur SWOT-Analyse finden Sie dazu eine genaue Beschreibung zur Vorgehensweise und Vorlagen, um Ihre Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zu identifizieren.
Nutzen Sie dann als Übergebender den Prozessfahrplan, wie er in der folgenden Vorlage beschrieben ist. Notieren Sie Ihre Fragen bei den einzelnen Schritten. Klären Sie, welche Experten Ihnen dann die richtigen Antworten geben können.
Wenn Sie ein Unternehmen übernehmen wollen, entspricht der Prozessfahrplan für die Übernahme und den Kauf der folgenden Vorlage.