ProzessmanagementProzessbeschreibung – Prozesse richtig modellieren
Was leisten Prozessmodelle?
Prozessbeschreibungen kann es in einer groben Form, beispielsweise für die übergeordneten Geschäftsprozesse geben; aber auch in sehr detaillierter Form für die Tätigkeitsbeschreibungen eines einzelnen Mitarbeiters (Workflow oder Ablaufbeschreibung und Ablaufdiagramm).
Mit der Prozessbeschreibung soll ein anschauliches „Bild” entstehen, das auf einfache und verständliche Weise zeigt, was einzelne Personen im Unternehmen tun, wie deren Aktivitäten verknüpft sind, wie ein Gesamtprozess abläuft und worauf es ankommt, damit er seinen Zweck erfüllt.
Bei der Prozessmodellierung wird der Prozessablauf in eine „formale Sprache” übersetzt oder in ein standardisiertes Modell übertragen. Es werden vorgegebene Symbole zur grafischen Beschreibung genutzt und alle relevanten Informationen zum Prozess in einer vorgegebenen Form erfasst.
Damit lässt sich ein Prozess mithilfe von spezieller Software besser analysieren und optimieren.
Allgemein lassen sich folgende Aspekte der Prozessmodellierung und Prozessbeschreibung unterscheiden:
- Steuerungsaspekt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen sehen, was wann und warum getan wird. So lassen sich mögliche Fehlerquellen, Inkonsistenzen oder Doppelarbeit erkennen und beseitigen.
- Organisationsaspekt: Mit der Prozessmodellierung werden Aufgaben und Tätigkeiten Abteilungen oder einzelnen Personen zugeordnet.
- Informationsaspekt: Hier wird deutlich, welche Informationen benötigt werden, sodass die Aufgaben richtig ausgeführt werden können.
- Kontrollaspekt: Es wird geprüft, ob der Prozess sein Ziel erreicht. Es kann beispielsweise bestimmt werden, ob die Prozesszeiten oder die Prozesskosten im vertretbaren Rahmen bleiben.
- Sicherheitsaspekt: Schließlich kann es darum gehen, sicherzustellen, dass normative Anforderungen durch den Prozess erfüllt werden. Werden alle Richtlinien und gesetzlichen Vorgaben eingehalten? Ist klargestellt, wer was im Prozess tun darf oder tun muss (zum Beispiel Entscheidungen treffen oder die nächsten Prozessschritte freigeben)?
Das Prozessmodell und die Beschreibung der einzelnen Merkmale wie Prozessschritte, ausführende Stellen, notwendige Informationen oder Leistungsparameter werden darauf ausgerichtet, welcher Zweck im Vordergrund steht. Je mehr Informationen in ein Modell gepackt werden, desto komplexer und für die Anwendung unübersichtlicher wird es.
Deshalb kann ein einzelner Prozess in unterschiedlicher Form beschrieben und modelliert werden. Mal grob für eine Übersicht und strategische Analyse; mal sehr detailliert für eine genaue Analyse und Spezifikation von Prozessmerkmalen.
Beispiele: Prozessmodelle anwenden
Da der Aufwand der Prozessmodellierung meist sehr hoch ist, sollten Sie immer im ersten Schritt klären, wofür das Prozessmodell benötigt wird. Die Prozessmodellierung muss sich an Zwecken und Zielen orientieren, damit das Prozessmodell übersichtlich bleibt und der Modellierungsaufwand sich auch lohnt.
Die folgenden Beispiele zeigen, dass die Art der Prozessbeschreibung und der Modellierung von den Anforderungen und vom Zweck der Prozessbeschreibung abhängt. Ein Prozessmodell kann notwendig sein für:
Strategische Analyse und Planung
Es genügt eine allgemeine Beschreibung der Hauptprozesse wie „Produktentwicklung“ und der dabei relevanten Teilprozesse, wenn es um eine strategische Schwachstellenanalyse geht.
Spezifikation von Software-Anforderungen
Wenn Prozesse automatisiert oder durch Software unterstützt werden sollen, dann sollten diese möglichst detailliert beschrieben werden, um daraus die genauen Spezifikationen der Software ableiten zu können.
Kundenanforderungen erfüllen
Kunden erwarten, dass die zugesagte Lieferzeit bei Bestellungen eingehalten wird. Ist das nicht der Fall und kommt es zu Verzögerungen, liegt das meist an Problemen oder Schwachstellen im Prozess. Prozessmodelle helfen, solche Schwachstellen zu identifizieren und dann zu beseitigen.
Kosten einsparen
Mit einem Prozessmodell wird sichtbar, wo in einem Prozess Doppelarbeit stattfindet, wo hohe Bestände lagern, wo unnötige Tätigkeiten durchgeführt werden. Der Prozess kann so an den unwirtschaftlichen Stellen verbessert werden, damit die Kosten sinken.
Prozesse modellieren für Auditierung und Compliance
Prozessbeschreibungen und Prozessmodelle sind auch bei Audits – zum Beispiel für das Qualitätsmanagement – sehr wichtig, hilfreich und oft gefordert. Was im Unternehmen getan oder nicht getan wird, muss in dieser Form dokumentiert werden.
Wenn es um sensible Prozesse geht, wie bei medizinischen oder lebensmitteltechnischen Produkten, sind sie rechtlich vorgeschrieben. Sie sind Beleg dafür, dass das Management seinen Pflichten nachkommt, für die Einhaltung von Regelungen zu sorgen und Abläufe im Unternehmen zu dokumentieren.
Immer dann, wenn die Geschäftsleitung in der Pflicht ist, bestimmte Gesetze und Vorschriften einzuhalten, sollte dies mithilfe von Prozessmodellen und Beschreibungen dokumentiert sein. Sie dienen im Zweifel (vor Gericht) als Beleg dafür, dass die Geschäftsleitung um die Probleme oder Risiken weiß und Vorkehrungen getroffen hat, dass sie begrenzt bleiben.
Grundformen und Elemente der Prozessmodellierung
Besonders hilfreich bei der Prozessmodellierung sind grafische Elemente. Sie sollen logische Beziehungen zwischen Ereignissen und Aktivitäten abbilden. Die Grundelemente sind ein Sechseck für Ereignisse, ein Rechteck für Aktivitäten sowie Pfeile, die die logische Beziehung beschreiben (siehe folgende Abbildung).
Die Elemente zur Prozessbeschreibung können zu beliebig langen Ablaufketten kombiniert werden. Dabei werden weitere logische Elemente genutzt wie
- UND (alle Aktivitäten werden unabhängig voneinander ausgeführt)
- ODER (mindestens eine der Aktivitäten wird ausgeführt)
- ENTWEDER – ODER (nur eine der Aktivitäten wird ausgeführt)
Für die Praxis der Prozessmodellierung und Prozessbeschreibung wurden unterschiedliche „grafische Beschreibungssprachen“ entwickelt – in Abhängigkeit davon, welcher Zweck im Vordergrund steht und welche beschreibenden Merkmale mit aufgenommen werden sollen. Für viele gibt es softwaretechnische Unterstützung, also Programme, die bei der Visualisierung und Modellierung von Prozessen helfen.
Am bekanntesten und weit verbreitet dürfte Visio von Microsoft sein. Für die Modellierung setzten einige Unternehmen auch ARIS Toolset ein. Teilweise können solche Werkzeuge dazu genutzt werden, um die Entwicklung und Anpassung von betriebswirtschaftlicher Software oder sogenannter Workflow-Systeme zu vereinfachen. Sie sind dafür da, die Prozessausführung zu unterstützen oder zu automatisieren.
Wichtig bei der Auswahl des Werkzeuges ist, dass es beim Prozessmanagement wirklich hilft und nicht nur zum Selbstzweck eingesetzt wird.
Business Process Model and Notation (BPMN) als Standard der Prozessmodellierung
Die Object Management Group Inc. (OMG) ist eine Organisation, die seit vielen Jahren die Grundelemente der Prozessbeschreibung und die Vorgehensweise zur Prozessmodellierung festlegt und standardisiert. Die entsprechenden Regeln sind im sogenannten Business Process Model and Notation (BPMN) detailliert erläutert. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel dafür, wie ein Prozess nach BPMN visualisiert und modelliert wird.
Informationen für die Prozessmodellierung recherchieren
Im Rahmen der Prozessmodellierung müssen die relevanten Prozesse zuerst erfasst und abgebildet werden. Dazu wird der aktuelle Ist-Stand erhoben. Die Recherche dieser Informationen ist mitunter sehr aufwendig, aber wesentliche Voraussetzung für die nächsten Schritte.
Aus diesem Grund ist es wichtig, die richtige und angemessene Methode der Recherche zu nutzen. Möglich sind:
Teilnehmende Beobachtung
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beobachten ihre Kollegen bei der Durchführung der Prozessaktivitäten. Sie erkennen so, wie der Prozess abläuft und aus welchen einzelnen Aktivitäten er sich zusammensetzt. Sie messen außerdem einzelne Kenngrößen wie Bearbeitungszeit, Durchlaufzeit oder Fehlermöglichkeiten.
Selbstbeobachtung
Personen, die den Prozess durchführen, beobachten sich selbst und schreiben alle Informationen in einem Formular oder Logbuch auf.
Dokumentenanalyse
Hier werden bestehende Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen oder Stellenbeschreibungen ausgewertet.
Workshop
In einem Team arbeiten die Prozessbeteiligten unter Moderation und Anleitung der Workshopleitung selbst heraus, wie ihr Prozess aussieht. Sie stellen alle Informationen dafür zusammen. Sie spielen Prozesse durch oder „erinnern“ die einzelnen Prozessaktivitäten.
Interview
Mitarbeitende interviewen ihre Kollegen und erfragen im bilateralen Gespräch alle relevanten Informationen zur Prozessbeschreibung. Dafür kann es einen standardisierten oder teilweise standardisierten Fragebogen geben.
In der Praxis empfiehlt sich ein Methodenmix. Es werden die Rechercheinstrumente eingesetzt, mit denen sich das Analyseziel und die relevante Genauigkeit der Prozessbeschreibung am einfachsten oder mit vertretbarem Aufwand erreichen lassen.
Wie Prozesse ablaufen sollten – und wie es wirklich ist
In vielen Unternehmen gibt es zwei ganz unterschiedliche Prozesswirklichkeiten. Die eine ist in den Akten beschrieben und dokumentiert oder wird von den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erzählt.
Die andere ist, wie die Prozesse tatsächlich ablaufen. Hier kann es große Differenzen geben.
Bei der teilnehmenden Beobachtung, aber auch im Workshop können solche Differenzen vergleichsweise zuverlässig ans Tageslicht treten. Wer seine Prozesse wirklich und genau analysieren und verbessern will, muss das berücksichtigen und den Differenzen auf die Spur kommen.
Prozesse identifizieren und beschreiben
Identifizieren Sie die wichtigen Prozesse in Ihrem Unternehmen und stellen Sie alle relevanten Informationen zur Prozessmodellierung und Prozessbeschreibung mithilfe der folgenden Vorlagen zusammen. Erläutern Sie die Prozesse in der Genauigkeit, die Sie für Ihre Analyse und Bewertung und den jeweiligen Zweck benötigen.
Da die Prozessmodellierung und Prozessbeschreibung sehr aufwendig sein können, gehen Sie Schritt für Schritt vor und setzen Sie Schwerpunkte. Prozessanalyse ist eine kontinuierliche Aufgabe in Ihrem Unternehmen.
Die folgenden Vorlagen unterstützt Sie bei der Zusammenstellung der Informationen für einen Prozess und seine einzelnen Prozessschritte. Sie unterscheiden dabei:
- Sender: Wer oder was stößt den Prozess an? Durch welches Ereignis startet er?
- Input: Welche Materialien, Teile, Mitarbeiter, Kompetenzen und Informationen braucht der Prozess und werden an ihn übergeben? Was wird zur Verfügung gestellt? Welche Ressourcen wie Räume, Maschinen, Geräte, Anlagen, Energie oder Informationen werden außerdem benötigt?
- Lieferant: Wer stellt den erforderlichen Input zur Verfügung?
- Aktivitäten oder Aufgaben: Was genau wird in diesem Prozessschritt alles ausgeführt?
- Dauer: Wie lange dauert der Prozess oder der einzelne Prozessschritt? Wie lange dauert es, vom Anstoß des Prozesses bis zur Lieferung des Ergebnisses (Output)?
- Output: Was genau ist das Ergebnis der Aktivitäten, was stellt der Prozess her – als Produkt, Dienstleistung oder Information?
- Empfänger: Wer erhält das Ergebnis als Anstoß für den nächsten Prozessschritt?
Zudem können Sie Ihre Prozesse mit der folgenden Excel-Vorlage in Prozesse und Teilprozesse unterscheiden und beschreiben.
Wichtige Abhängigkeiten zwischen einzelnen Prozessen und Prozessschritten halten Sie mit dieser Vorlage fest (Input-Output-Matrix):
Und schließlich können Sie Ihre Prozesse unterscheiden bezüglich der Prozessebene. Überprüfen Sie: Handelt es sich um einen Hauptprozess, Teilprozess, Subprozess, Prozessschritt oder um eine einzelne Prozessaktivität?
Prozesse modellieren und detailliert erläutern
Mit den folgenden Excel-Vorlagen können Sie weitere Prozessmerkmale festhalten und planen. Dabei geht es insbesondere um die Aspekte:
- Welches Prozessergebnis (Output eines Prozesses) ist für welche internen und externen Prozesskunden wichtig oder nicht wichtig? So erkennen Sie die Bedeutung der einzelnen Prozessergebnisse.
- Welche Organisationseinheiten (Abteilungen oder Bereiche) sind in welchem Umfang in die einzelnen Prozesse eingebunden? So erkennen Sie, welche Abteilungen, Teams oder Mitarbeiter eventuell eine kritische Rolle spielen oder einen Engpass darstellen können.
- Wie verteilen sich die zeitlichen Aufwendungen für einzelne Prozessschritte auf die Phasen Rüsten, Transfer, Bearbeiten, Kontrolle, Nacharbeit, Warten? So erkennen Sie Schwachstellen im Prozessablauf und Leerläufe.
- Welche Rollenträger (Stellen oder Personen) oder Ressourcen (Maschinen, Geräte, Anlagen, Räume, Energie etc.) sind in welchem Umfang in die einzelnen Prozessschritte eingebunden? Damit erkennen Sie mögliche Engpässe und ungleiche Aufgabenverteilung.
- Welche Teilschritte sind in dem Prozess notwendig und wie sind diese miteinander verknüpft? Mit der Netzplantechnik werden technische oder organisatorische Verbindungen sichtbar, aus denen sich Durchlaufzeiten und Pufferzeiten im Prozess berechnen lassen.