ProzessmanagementProzesse mit KI verbessern

Prozessanalyse, Prozessgestaltung und Prozessverbesserungen gehören zur täglichen Aufgabe im Unternehmen. Sie sind aber aufwendig. Deshalb lohnt es sich zu prüfen, ob und wie Künstliche Intelligenz und KI-Tools im Prozessmanagement helfen können. Hier erfahren Sie, was möglich ist, worauf Sie achten sollten und wie Sie KI-Tools für Prozessverbesserungen einführen und nutzen.

Wie Künstliche Intelligenz (KI) im Prozessmanagement genutzt werden kann

Mit Prozessmanagement und Prozess-Re-Design sollen Prozesse verbessert werden. Dabei kann die Künstliche Intelligenz (KI) unterstützen. Sie basiert darauf, dass große Mengen an Prozessdaten von der KI ausgewertet werden. Die besondere Stärke liegt darin, dass unterschiedliche Datenarten verknüpft und ausgewertet werden. Text, Programmcode, Tonaufnahmen, Fotos, Grafiken und Videos.

Noch viel wichtiger ist aber, dass die am Prozess beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die verantwortlichen Personen bereit sind, miteinander zu arbeiten und den gemeinsamen Prozess zu verbessern. Grundlage dafür ist, dass die Mitarbeitenden erkennen, wo und wie die KI sie bei den Prozessaufgaben unterstützen kann.

Wenn dieses gemeinsame Verständnis und die Bereitschaft bei den Mitarbeitenden vorhanden sind, kann ein Projekt „Prozessverbesserung mit KI“ im Unternehmen initiiert und durchgeführt werden. Die folgenden Schritte sind in diesem Projekt entscheidend.

Tipp: Starten Sie mit dem wichtigsten Prozess für Ihr Unternehmen. In produzierenden Unternehmen ist dies der Prozess „Kundenauftrag erledigen“ – von der Bestellung bis zur Auslieferung des Produkts und der Rechnungsstellung.

Prozessverantwortung festlegen

Bringen Sie alle Personen an einen Tisch, die für den ausgewählten Prozess oder seine Teilprozesse verantwortlich sind. Für die Abwicklung eines Kundenauftrags sind das Mitarbeitende aus:

  • Vertrieb
  • Einkauf
  • Materialwirtschaft
  • Produktion
  • Versand
  • Logistik
  • Finanzen

Je nach Art des Produkts können weitere Akteure wichtig sein. Beachten Sie, dass die Mitwirkenden aus diesen Unternehmensbereichen befugt sind, Entscheidungen im Hinblick auf Prozessverbesserungen und Prozessänderungen zu treffen.

Außerdem sollten alle Mitwirkenden mit den Prozessaufgaben und allen Details der Einzelprozesse aus ihrem Fachbereich vertraut sein, also ausreichend Kompetenzen und Erfahrungen besitzen.

Die Vertreter der Fachbereiche bilden das Projektteam. Aus diesem Personenkreis wird ein Prozess-Owner bestimmt, der die weitere Zusammenarbeit des Teams koordiniert.

Diese verantwortliche Person muss sich darauf einstellen, dass sie alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Ziel führt – ohne dass sie entsprechend die formale Macht für Entscheidungen hat. Dabei kann es viele Konflikte geben, weil jeder Fachbereich (zunächst) seine eigenen Ziele und Interessen verfolgt.

Prozesskunden identifizieren

Im nächsten Schritt müssen die Prozesskunden identifiziert werden. Für den Prozess „Kundenauftrag erledigen“ sind dies externe Kunden, die ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung bei Ihrem Unternehmen bestellen. Ermitteln Sie möglichst genau:

  • Wer sind die Kunden jeweils, die hinter einer Bestellung stehen?
  • Was genau wollen sie (Produkt, Service, Dienstleistung, Liefermenge, Lieferzeitpunkt, Anpassungen, After-Sales-Service …)?
  • Worauf kommt es ihnen besonders an?
  • Wie können diese besonderen Kundenanforderungen erfüllt werden?

Kann eine dieser Fragen nicht genau beantwortet werden, deutet dies darauf hin, dass es Lücken im Prozess gibt oder das Fehler auftauchen können. Vor allem dann sollte der Prozess grundsätzlich analysiert und verbessert werden.

Hier kommt die KI ins Spiel. Analysieren Sie damit alle Daten, die Sie in Ihrem Unternehmen von Kunden haben. Das sind insbesondere:

  • Kundenmerkmale
  • Bestellungen
  • Daten zur Wirtschaftlichkeit eines Kunden (Umsatz, Kosten, Zeitaufwand)
  • Kundenbeschwerden (gegenüber Ihrem Unternehmen oder in Foren)
  • alle Formen der Kundenkommunikation

Bestehenden Prozess beschreiben

Nun beschreiben Sie den Prozess. Dazu wird aufgezeichnet, welche Materialflüsse durch den Kundenauftrag ausgelöst und wie das Material und die Produkte durch Ihr Unternehmen bewegt werden.

Genauso wichtig ist, die Informationsflüsse genau zu beschreiben, die diesen Prozess begleiten:

  • Welche Daten fallen an?
  • Wo fallen diese Daten an?
  • Wer gibt welche Daten an wen weiter?

Für diese Datenanalyse wird KI eingesetzt. Sie kann zeigen, welche Daten an welchen Stellen fehlen und wo Daten nicht rechtzeitig weitergegeben werden. Dazu werden Daten ausgewertet zu:

  • Durchlaufzeit
  • Bearbeitungszeit
  • Liegezeit
  • Wartezeit
  • Lagerbestände (im Prozess)

Solche Daten werden während der laufenden Prozesse im Unternehmen durch unterschiedliche IT-Systeme gesammelt und sind sehr umfangreich. Mit einer „manuellen Auswertung“ sind die Verantwortlichen oft überfordert.

Deshalb ist dies ein besonders geeignetes Spielfeld für Data-Mining und KI. Entsprechende Systeme zeigen die Schwachstellen im Prozess. Damit die KI trainiert werden kann und verlässliche Ergebnisse liefert, braucht sie sehr große Datenmengen.

Aber: In kleinen und mittelständischen Unternehmen ist die Datenmenge für die KI oft zu gering. Sie genügt nicht, um verlässliche Muster zu erkennen, die dann von den Mitarbeitenden genutzt werden können. Prüfen Sie deshalb den Datenbestand, den die KI zum Lernen nutzen kann.

Prozessziele und Kennzahlen festlegen

Wenn Prozesse mithilfe von KI-Tools verbessert werden sollen, brauchen Sie Daten. Deshalb legen Sie fest, welche Prozessdaten für Ihre Leistungsmessung besonders wichtig sind. Diese Daten werden regelmäßig oder permanent gemessen und erfasst. Die Daten sollten sich insbesondere beziehen auf:

  • Kundenzufriedenheit
  • Prozesskosten
  • Prozesszeiten
  • Prozessqualität (Merkmale des Prozess-Outputs)

Außerdem müssen Sie sicherstellen, dass die Daten korrekt sind.

Für die Bewertung der Daten und Messwerte brauchen Sie Ziele. Sie legen also im Vorfeld fest, welche Prozessziele für Sie und den jeweiligen Prozess wichtig sind. Beachten Sie dabei, dass es bei Prozessverbesserungen meist schrittweise vorangeht.

Definieren Sie das Zielniveau also nicht zu hoch, sondern bleiben Sie realistisch. Achten Sie darauf, dass laufend und permanente Prozessverbesserungen auch wirklich erreicht werden.

Prozessdaten analysieren

Insbesondere bei diesem Schritt kommt die KI ins Spiel. Alle Messwerte und Prozessdaten werden von der KI analysiert. Gerade bei Kernprozessen wie Kundenbestellungen, Einkauf, Produktion, Lagerhaltung, Logistik und Rechnungswesen fallen automatisch große Datenmengen an.

Die Stärke der KI liegt darin, unterschiedliche Prozessdaten miteinander zu verknüpfen und Muster zu erkennen. Dazu werden alle Daten zusammengeführt und von der KI ausgewertet. Im Ergebnis zeigt die Analyse mögliche Schwachstellen im Prozess.

Ein Beispiel: Die Durchlaufzeit für einen Kundenauftrag beträgt durchschnittlich 30 Tage; das ist die Zeit vom Eingang der Bestellung bis zur Abnahme beim Kunden. Mithilfe der KI-Analyse zeigt sich, dass dies vor allem auf einen bestimmten Produkttyp zurückzuführen ist. Hier kommt es häufig zu Rückfragen bei Kunden wegen der genauen Spezifikation; die Kundenbestellungen sind zu ungenau.

Kritische Prozessmerkmale identifizieren und verbessern

Ergebnis der KI-Analyse sollte sein, dass die kritischen Prozessmerkmale identifiziert werden, die vor allem maßgeblich für die Prozessleistung sind. Das können unterschiedliche Faktoren sein; zum Beispiel:

  • bestimmte Kunden
  • einzelne Produkttypen
  • Schnittstellen zwischen Kunden und Unternehmen
  • IT-Systeme
  • Engpässe im Prozess
  • Mitarbeitende
  • Lagerfläche
  • Planungsparameter (Disposition)
  • Logistikdienstleister

Mithilfe der KI-Analyse können die maßgeblichen Prozessmerkmale erkannt und dann verbessert werden. Das sind die sogenannten Process Enabler oder Prozess-Befähiger.

Der wesentliche Vorteil der KI ist: Es braucht keine tiefgehenden Kenntnisse zur statistischen Datenanalyse. Vielmehr können alle Mitarbeitenden und insbesondere die Prozessverantwortlichen in ihrer Sprache Fragen an die KI formulieren. Mögliche Fragen an die KI sind:

Beispiel: Warum bekommen die Kunden so spät einen Liefertermin bestätigt?

Einige Kunden beschweren sich, dass es zu lange dauert, bis sie einen Liefertermin zu ihrer Bestellung bestätigt bekommen. Die Datenanalyse zeigt, dass die Kundenbestellungen nicht eindeutig sind. Der Innendienst muss viele Bestellparameter nachfragen und mit dem Kunden klären.

Mit dieser Erkenntnis kann mithilfe der KI der Bestellprozess für den Kunden verbessert werden. Auftragsformulare werden mit der KI optimiert, wichtige Bestelldaten werden von der KI beim Kunden abgefragt etc.

Beispiel: Warum werden die Bauteile am Lagerplatz 1234 nicht schneller bearbeitet?

Verlängert sich die Durchlaufzeit im Prozess, weil es in bestimmten Fällen zu Personalengpässen kommt, kann mithilfe der KI eine solche Situation vorhergesehen werden. Ein geeignetes KI-Tool kann dann gleich Vorschläge machen, wie der Personalengpass beseitigt werden kann (zum Beispiel durch Anpassung des Schichtplans).

Prozess-Re-Design planen und umsetzen

Das zu Beginn eingesetzte Projektteam prüft und bewertet die Vorschläge zur Prozessverbesserung. Es arbeitet neue Prozessabläufe und Prozessbeschreibungen aus und sorgt für deren Umsetzung. Das betrifft unter anderem:

  • Prozessbeschreibungen
  • Arbeitsanweisungen
  • Stellenbeschreibungen
  • IT-Systeme (zur Datenerfassung, Datenintegration oder durchgängigen Datenverarbeitung)
  • Qualifizierung der Mitarbeitenden (unter anderem zur Formulierung von Fragen an die KI)
  • Kundeninformationen
  • Lieferantenanbindung

Bei der Ausarbeitung kann ein geeignetes KI-Tool ebenfalls unterstützen. Aufgrund der Analyseergebnisse schlägt es mögliche Prozessänderungen vor und erstellt automatisch neue Prozessbeschreibungen.

Einige Tools zur Prozessmodellierung und Prozessvisualisierung haben solche KI-Funktionen bereits integriert. Damit lassen sich Prozesse im Vorfeld auch simulieren und testen; Stichwort: Digitale Zwillinge.

Prozess-Monitoring sicherstellen

Mit dem letzten Schritt stellen Sie sicher, dass der re-designte Prozess auch tatsächlich ein besserer Prozess ist. Das bedeutet: Die wichtigen Prozesskennzahlen zur Leistung werden weiterhin regelmäßig ausgewertet und bewertet. Sie sollten zeigen, welche Ziele erreicht und welche Leistungen verbessert werden konnten.

Es dauert oft eine gewisse Zeit (Monate, aber nicht Jahre), bis die Prozessänderungen und Verbesserungen im Unternehmen etabliert und Routine sind. Ist das erreicht, wird der entsprechende Prozess als „stabiler Prozess“ definiert.

Gleichzeitig ergeben sich auch Hinweise für weitere Prozessverbesserungen. Sie tauchen spätestens dann auf, wenn sich

  • Kundenanforderungen ändern,
  • neue Produkte hergestellt werden,
  • neue Technologien im Prozess verfügbar sind,
  • andere Arbeitsformen gefordert sind oder
  • gesetzliche Vorgaben geändert werden.

Die dann notwendigen Prozessverbesserungen können zu gegebener Zeit angegangen werden. So ist Prozess-Re-Design ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.

Praxis

Einsatz von KI im Prozessmanagement prüfen

Zunächst prüfen Sie, welche Prozesse in Ihrem Unternehmen mithilfe von KI-Tools analysiert und verbessert werden könnten. Dafür bietet sich der Kernprozess vieler Unternehmen an: Kundenauftrag bearbeiten.

Für diesen Prozess sind in der folgenden Vorlage einige Anwendungsmöglichkeiten zusammengestellt und erläutert. Prüfen Sie, ob es in Ihrem Unternehmen entsprechende Anwendungen der KI bereits gibt oder ob Sie Potenzial vermuten.

Beschreiben Sie in der Vorlage, wo Sie Potenzial sehen und wie der Einsatz von KI in Ihrem Unternehmen aussehen könnte.

Technische und organisatorische Voraussetzungen für den Einsatz von KI schaffen

Wo Sie Einsatzmöglichkeiten erkennen, müssen Sie die technischen und organisatorischen Voraussetzungen in Ihrem Unternehmen dafür prüfen und gegebenenfalls schaffen. In der folgenden Vorlage sind diese Voraussetzungen aufgeführt.

Beschreiben Sie den Stand der Voraussetzungen im Unternehmen und halten Sie fest, was vorbereitet werden sollte, bevor Sie die Einführung von entsprechenden KI-Tools angehen.

Einführungsplan erstellen

Nutzen Sie dann die folgende Vorlage zur Vorbereitung, Planung und Umsetzung eines entsprechenden Projekts „Einführung KI im Prozess …“.

In der Vorlage sind die einzelnen Prozessschritte und die wichtigen Aufgaben benannt und erläutert. Halten Sie jeweils fest, was Sie in Ihrem Unternehmen entsprechend tun müssen. Erstellen Sie so Ihren KI-Einführungsplan.

Mitarbeitende schulen

Damit die KI-Tools tatsächlich für Prozessverbesserungen eingesetzt werden, müssen Sie die Anwender, Ihre Mitarbeitenden und die Prozessverantwortlichen, schulen. Dazu gehören:

  1. Bedarfsanalyse: Ermitteln Sie, welche Schulungen für welche Abteilung und welche Personen erforderlich sind.
  2. Schulungsplan erstellen: Legen Sie Termine, Inhalte und Verantwortliche fest.
  3. Externe Experten einbinden: Ziehen Sie Schulungsanbieter oder Berater hinzu.
  4. Lern-Plattform nutzen: Bieten Sie Mitarbeitenden flexible, modulare Lerninhalte an (Training-on-the-Job, Seminare, Workshops zum Erfahrungsaustausch, Mentoring durch Key-User, E-Learning …).
  5. Feedback einholen: Sammeln Sie nach jeder Schulung Feedback, um Inhalte und Methoden der KI-Schulungen anzupassen.

In der folgenden Vorlage finden Sie – passend zu diesen Aufgaben – mögliche Schulungsthemen und Schulungsinhalte. Klären Sie, welche Themen für Ihr Unternehmen, Ihre Prozesse und das einzuführende KI-Tool relevant sind und erstellen Sie einen entsprechenden Schulungsplan.

Prompts formulieren

Wichtigstes Ziel bei der Nutzung von KI im Prozessmanagement ist, dass die Mitarbeitenden mithilfe der KI ihre Prozesse, die einzelnen Prozessaufgaben und Tätigkeiten kontinuierlich verbessern; also vereinfachen, beschleunigen, standardisieren sowie robuster oder flexibler machen.

Dazu interagieren Sie mit der KI in der Form, dass Sie Fragen an die KI und die zugrundeliegenden Daten und KI-Modelle stellen – idealerweise in der Sprache, die für die Mitarbeitenden vertraut ist.

Sie sollen keine komplexen statistischen Methoden anwenden, nicht programmieren müssen und keine aufwendigen Tools zur Prozessmodellierung und Prozessvisualisierung benötigen. Genau das soll die KI leisten.

Damit das gelingt, müssen die Mitarbeitenden aber ihre Fragen und Anforderungen in Form von sogenannten Prompts an die KI-Tools stellen. Das braucht Schulung, Training und Erfahrungsaustausch.

In der folgenden Vorlage sind Aspekte zusammengestellt, die für Prompten im Bereich des Prozesses „Kundenauftrag bearbeiten“ relevant sein können. Einfache Formulierungen zeigen, was die KI erwartet und worauf sie gute Antworten liefern kann.

Dazu im Management-Handbuch

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