Arbeits- und OrganisationspsychologiePsychologische Aspekte der Personalauswahl und Personalentwicklung

Wie passen die Anforderungen eines Arbeitsplatzes mit den Menschen im Unternehmen zusammen und wie lässt sich das herausfinden? Lesen Sie in diesem Abschnitt, was aus organisationspsychologischer Sicht bei der Auswahl der Mitarbeitenden wichtig ist und worauf Sie bei der Personalauswahl und bei der Personalentwicklung achten sollten.

Worum geht es bei der Personalauswahl?

Im Rahmen der Personalauswahl geht es darum zu ermitteln, ob und inwiefern die Anforderungen eines Arbeitsplatzes und die Eignung eines Menschen zueinander passen. Dabei erfolgt ein Abgleich bezüglich folgender Aspekte:

  • Fähigkeiten des Mitarbeiters – Arbeitsanforderungen
  • Interessen, Bedürfnisse, Werthaltungen des Mitarbeiters – Befriedigungspotenzial am Arbeitsplatz
  • Entwicklungspotenzial des Mitarbeiters – Veränderungen am Arbeitsplatz

Eignungsdiagnostik als Methode für die Personalauswahl

Mithilfe der Eignungsdiagnostik wird geprüft, welche Mitarbeiterin oder welcher Mitarbeiter zum Arbeitsplatz passt. Dazu werden Interviews geführt (am bekanntesten sind die Einstellungsgespräche mit Bewerbern), Tests durchgeführt, Fragebögen ausgefüllt oder Kandidaten beobachtet (Assessment-Center, Probezeit). Die Eignungsdiagnostik bezieht sich dabei auf unterschiedliche Kompetenzen:

  • fachliches Wissen
  • Kompetenzen zum Selbstmanagement
  • methodisches Wissen
  • kommunikative und soziale Kompetenzen
  • Kompetenz, Pläne und Vorhaben auch gegen Widerstände umsetzen können

Wodurch zeichnet sich Führungsverhalten aus?

Besondere Anforderungen werden an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt, die Führungsverantwortung tragen oder übernehmen. Es sind nicht nur besondere Persönlichkeitsmerkmale, die eine gute (erfolgreiche) Führungskraft auszeichnen. Folgende Faktoren (mit Beispielen) beeinflussen das Führungsverhalten:

  • Führungssituation: Kultur des Landes, Branche, Organisationsstruktur, Organisationskultur, Funktion, Größe der geführten Gruppe, Art der Legitimation
  • Person des Führenden: Intelligenz, soziale Kompetenz
  • Führungsverhalten: Führungsstil, Interpretation der Führungsrolle, Vorbildverhalten
  • Führungserfolg: Verhalten der geführten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Zufriedenheit, Engagement, Loyalität sowie betriebswirtschaftlicher Erfolg (Zielerreichung)

Personalbeurteilung als Grundlage für die Personalauswahl

Zunächst sind die Verfahren der Personalauswahl darauf ausgerichtet, für einen Arbeitsplatz einen geeigneten Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin (intern oder von außen) zu finden. Hier geht es darum, vorherzusehen, ob diese Person die Anforderungen des Arbeitsplatzes erfüllen wird.

Eine andere Perspektive ist die der Personalbeurteilung. Dazu wird rückwirkend analysiert, ob der Mitarbeiter die in ihn gesteckten Erwartungen auch dauerhaft erfüllt hat.

Personalbeurteilungen sind ein sehr schwieriges Unterfangen, insbesondere wenn daran Leistungsbeurteilungen, Gehaltsbestandteile oder Karrierechancen festgemacht werden. Beurteilungen eines Mitarbeiters durch seinen Vorgesetzten hängen unter anderem vom gegenseitigen Arbeitsverhältnis, der Intensität der Zusammenarbeit, beiderseitigem Verhalten, der Situation zum Zeitpunkt der Beurteilung oder den erwarteten Folgen ab.

Die Folgen können sein, dass die Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter belastet wird oder die (anderen) Mitarbeitenden beunruhigt werden.

Personalbeurteilungen können unter drei Aspekten durchgeführt werden:

  • Eigenschaften der Person
  • Verhalten im Prozess
  • Ergebnisse für die Abteilung oder das Unternehmen

Warum Personalentwicklung wichtig ist

Bei der Personalauswahl geht es darum, für eine gegebene Arbeitsstelle die geeignete Person zu finden. Man geht davon aus, dass die Anforderungen der Stelle und die Kompetenzen der Person zueinander passen – und das dann so bleibt. Ein statisches Konzept. In der Realität verändern sich aber die Anforderungen und die Kompetenzen laufend. Es ist also ein dynamisches Konzept (als Ergänzung) erforderlich.

Freie Stellen im Unternehmen können auch durch Kolleginnen und Kollegen intern besetzt werden. Voraussetzung ist, die betreffenden Personen für die Anforderungen an dieser Position fit gemacht werden, wenn sie (noch) nicht alle Kompetenzen mitbringen.

Beides soll die Personalentwicklung leisten. In der Praxis wird diese fast immer in Form von Aus-, Fort- und Weiterbildung betrieben. Dazu werden Merkmale von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch ausgewählte Maßnahmen stabilisiert oder modifiziert. Nicht immer sind diese Maßnahmen geplant. Es lassen sich unterscheiden:

  • institutionalisierte Bildungsmaßnahmen und
  • informelles Lernen.

Wie informelles Lernen zur Personalentwicklung beiträgt

Studien haben gezeigt, dass das informelle Lernen im Arbeitshandeln und im Austausch mit anderen Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens eine sehr große Bedeutung hat. Bezug nehmend auf diese Erkenntnisse organisieren oder fördern die Unternehmen durch entsprechende Rahmenbedingungen und Maßnahmen das informelle Lernen.

Unternehmen schaffen Gelegenheiten, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter austauschen können. Sie vermitteln neue Erfahrungen durch Maßnahmen wie beispielsweise Learnig-on-the-Job, Learning-by-Doing, Job-Rotation, Action Learning oder ein Mentorenmodell.

Was bei Aus-, Fort- und Weiterbildung wichtig ist

In der Praxis haben Personalentwickler gemeinsam mit Trainern und Ausbildern (oft Psychologen) eine Reihe von Maßnahmen, Methoden und Instrumenten entwickelt, um sehr differenziert Merkmale der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stabilisieren oder zu entwickeln. Das bezieht sich vor allem auf motorische Fähigkeiten, kognitive Fähigkeiten (Wissen), Einstellungen (Ängste, Selbstvertrauen) oder das Verhalten der Beschäftigten (zum Beispiel Motivation, Kommunikation oder Führung von anderen).

Wichtige Schritte bei allen Qualifizierungsprogrammen sind:

  • Festlegung der Lernziele
  • Kriterien zur Überprüfung des Lernerfolgs
  • Entwicklung eines passenden inhaltlichen und methodischen Lernprogramms
  • Durchführung des Lernprogramms
  • Sicherung des Transfers in die Praxis
  • Überprüfung des Lernerfolgs
Tipp

Wie Sie selbstgesteuertes Lernen fördern

Lernen kann durch programmierte Unterweisung erfolgen. Eine Person stellt den Lernstoff vor; die Lernenden sollen ihn nachmachen und üben. Besser ist oft das selbstgesteuerte Lernen; die Lernenden eignen sich den Lernstoff selbstständig an, probieren aus, sammeln Erfahrungen und bekommen Feedback.

Zum einen zeigt sich, dass nur bei ausreichender Lernmotivation auch positive Lerneffekte eintreten; zum anderen ist der Lernprozess nachhaltiger und der Transferprozess gelingt besser.

Eine Form des selbstgesteuerten Lernens ist die Leittextmethode nach dem Ablaufschema: Informieren – Planen – Entscheiden – Ausführen – Kontrollieren – Bewerten.

Warum der Lerntransfer nicht funktioniert

Entscheidend für die betriebliche Praxis ist der Lerntransfer. Die Inhalte, die in einer Qualifizierungsmaßnahme meist an abstrakten oder allgemeinen Beispielen gelernt werden, müssen auf die eigene Arbeitsplatzsituation übertragen werden. Hier zeigen sich in der Praxis erhebliche Defizite. Mögliche Gründe sind:

  • Es wurden die falschen Lernziele und Lerninhalte bestimmt.
  • Während der Qualifizierungsmaßnahmen wurden keine Elemente zur Übung der Transfer-Kompetenz eingebaut.
  • Der räumliche und zeitliche Abstand zwischen Lernen und Anwenden ist zu groß (vier Wochen nach einer Bildungsmaßnahme ist alles vergessen).
  • Die qualifizierten Mitarbeitenden haben nach der Qualifizierung keine Möglichkeit, das Gelernte auszuprobieren und anzuwenden.
  • Die Führungskraft gibt ihnen keine entsprechenden Aufgaben, die Organisation stellt nicht die notwendigen Ressourcen (Zeit und Werkzeuge) zur Verfügung.
  • Die qualifizierten Mitarbeitenden sind aus anderen Gründen nicht motiviert, das Gelernte anzuwenden; zum Beispiel, weil sie Misserfolge erlebt haben oder weil die Zufriedenheit am Arbeitsplatz allgemein schlecht ist.

Die verantwortlichen Personalentwickler und die Führungskräfte müssen deshalb besonders darauf achten, dass ein Lerntransfer überhaupt erfolgen kann. Die Situation am Arbeitsplatz muss das auch zulassen. Sie lässt sich beispielsweise durch die einfache Aufgabe fördern, die nach der Qualifizierungsmaßnahme gestellt werden kann: Welche drei Dinge der täglichen Arbeit sollen nach der Durchführung und den Erkenntnissen aus dem Training geändert werden?

Praxis

Überprüfen Sie, wie in Ihrem Unternehmen die Personalauswahl und Personalbeurteilung durchgeführt werden.

  • Welche Instrumente nutzen Sie?
  • In welcher Form und zu welchen Gelegenheiten setzen Sie diese Instrumente ein?
  • Wo sehen Sie Defizite?
  • Was kann verbessert oder verändert werden?

Halten Sie Ihre Antworten in der folgenden Vorlage fest. Was müssen, können oder wollen Sie verbessern?

Ermitteln Sie, welche Formen der Qualifizierung in Ihrem Unternehmen durchgeführt werden (formal und informell). Stellen Sie diese Maßnahmen zusammen:

  • Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
  • Werden die Schritte zur Qualifizierungsplanung eingehalten?
  • Welche Methoden werden eingesetzt?
  • Werden Qualifizierungsmaßnahmen ausgewertet?
  • Welche Maßnahmen zur Unterstützung des Lerntransfers gibt es?

Halten Sie Ihre Antworten in der folgenden Vorlage fest und klären Sie, was Sie verbessern müssen, können oder wollen.

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