MotivationSo fördern Sie Eigeninitiative im Unternehmen
- Eigeninitiative der Mitarbeiter nutzen – statt motivieren
- Wodurch zeigt sich Eigeninitiative?
- Vor- und Nachteile von Eigeninitiative
- Freiräume und Selbstvertrauen stärken Eigeninitiative
- Voraussetzungen für Eigeninitiative
- So lässt sich Eigeninitiative fördern
- Wo Sie Eigeninitiative nutzen und von ihr profitieren
- Eigeninitiative als Schlüsselkompetenz
- Wie man mit Eigeninitiative aneckt
- Eigeninitiative als Teil der Unternehmenskultur
- Mit Vorlage im Praxisteil
Eigeninitiative der Mitarbeiter nutzen – statt motivieren
Manche Vorgesetzte haben gelernt, die richtigen Motivationsfaktoren ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzusprechen, sie anzuspornen und besondere Leistungen aus ihnen herauszukitzeln. Wenn Sie herausgefunden haben, was für die einzelne Person motivierend ist, dann versuchen sie das immer wieder ins Spiel zu bringen.
Das funktioniert auf Dauer aber nur bedingt, wird vom Betroffenen durchschaut und vielleicht sogar als Manipulation gewertet. Und immer wieder Motivator und Antreiber zu sein, ist aufwendig.
Oft braucht es aber gar keine großen Anstrengungen oder besondere Worte, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team zu motivieren. Die Beschäftigten zeigen von sich aus so viel Eigeninitiative, dass sie ihre Aufgaben gerne angehen und gute Leistungen erbringen. Sie sind von sich aus motiviert und zeigen Eigeninitiative.
Doch was fördert die Eigeninitiative? Können die Führungskräfte durch die organisatorischen Rahmenbedingungen und durch ihr eigenes Verhalten die Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beeinflussen?
Wodurch zeigt sich Eigeninitiative?
Mit Eigeninitiative wird ein Verhalten von Menschen beschrieben, wenn diese mehr leisten, als üblich ist. Im Beruf leisten Menschen mit Eigeninitiative mehr, als normalerweise von ihnen verlangt wird. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie:
- von allein etwas tun, ohne dass sie dafür einen Auftrag oder eine Anweisung erhalten haben,
- vorausschauend und proaktiv handeln, wobei sie auch Chancen und Risiken ins Kalkül ziehen,
- beharrlich und ausdauernd sind und
- sich von Rückschlägen und Widerständen nicht so leicht entmutigen lassen.
Vor- und Nachteile von Eigeninitiative
Wer genau hinschaut, kann schnell erkennen, wer Eigeninitiative zeigt und wer nicht. Menschen mit Eigeninitiative denken mit und warten nicht, bis ihnen jemand sagt, was sie tun sollen. Sie werden von sich aus aktiv und nehmen die Dinge in die Hand, sie gehen die anstehenden Aufgaben an. Ohne ein solches Engagement wäre kein Unternehmen wettbewerbsfähig.
Doch obwohl Eigeninitiative in fast jeder Stellenanzeige erwartet wird und obwohl sie der Motor für viele Abläufe in Unternehmen ist – allzu oft werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen dabei aber ausgebremst.
Denn Eigeninitiative kann auch Nachteile haben. Manchmal ist sie für die Vorgesetzten und für Kolleginnen und Kollegen unbequem. Sie kann fordernd und anstrengend sein und vielleicht in eine falsche Richtung gehen. Dann ist es schwierig, eigeninitiative Menschen in ihrem Eifer zu bremsen.
Freiräume und Selbstvertrauen stärken Eigeninitiative
Damit Eigeninitiative entsteht und positive Effekte bringt, brauchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Rahmen und Orientierung. Dann wissen sie, was sie mit ihren Verbesserungsvorschlägen und Aktivitäten ausfüllen können.
Die Vorgesetzten müssen diesen Rahmen abstecken und erklären. Innerhalb dieses Rahmens können und sollen alle Beschäftigten selbstständig aktiv werden.
Dazu brauchen sie Selbstvertrauen. Denn Eigeninitiative zeigt sich dann, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- wissen, dass sie tatsächlich Einfluss auf einen Arbeitsprozess oder ein Arbeitsergebnis haben,
- sich selbst diese Einflussnahme zutrauen,
- gern die Verantwortung für Veränderungen übernehmen,
- wissen, dass sie auch mit Rückschlägen oder negativen Konsequenzen zurechtkommen.
Aus dieser Orientierung kann ein sich verstärkender Kreislauf entstehen: Menschen mit Eigeninitiative schaffen sich einen eigenen Handlungsspielraum. Den nutzen sie, um ihr Engagement einzubringen, Erfolge zu verbuchen und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Das ist die Basis für noch mehr Eigeninitiative.
Wer sich dagegen häufig Sorgen macht, Veränderungen als Bedrohung auffasst oder Angst hat, Fehler zu machen, der zeigt wenig Neigung zur Eigeninitiative. Die Handlungsspielräume werden kleiner und das Engagement verkümmert.
Voraussetzungen für Eigeninitiative
Ob jemand Eigeninitiative zeigt oder nicht, wird von drei weiteren Faktoren beeinflusst:
Persönliche Eigenschaften
Zu den persönlichen Eigenschaften für Eigeninitiative zählen insbesondere Leistungsmotivation, Handlungsorientierung und Risikobereitschaft.
Kompetenzen
Kompetenzen führen dazu, dass einem die Routinearbeit leicht von der Hand geht und man deshalb sein Augenmerk auf neue Felder richten kann. Kompetenzen, Know-how und Fertigkeiten führen zu mehr Selbstvertrauen und fördern die Eigeninitiative.
Arbeitssituation
Die organisatorischen Rahmenbedingungen sollten Freiräume bieten wie, selbst Dinge entscheiden und umsetzen zu dürfen, eigene Verantwortungsbereiche zu haben, Fehlertoleranz zu zeigen oder ein offenes Betriebsklima zu pflegen.
Wie Beschäftigte ihre Arbeitssituation empfinden und wie sie diese in Bezug auf ihre Eigeninitiative beurteilen, hängt vor allem vom allgemeinen Betriebsklima und vom Top-Management ab – nicht von den direkten Vorgesetzten. Denn in der Praxis hat sich gezeigt: Eigeninitiative muss oft gerade gegenüber dem direkten Vorgesetzten verteidigt und durchgesetzt werden.
Das gelingt dann, wenn sich die initiative Mitarbeiterin und der Mitarbeiter vom Gesamtbetrieb, vom Betriebsklima und von der propagierten Unternehmenskultur bestätigt sehen.
Erstaunlicherweise kann Stress die Schwelle, selbst aktiv zu werden, senken. Die Betroffenen sehen in ihrem Stress einen unbefriedigenden Zustand, den sie selbst ändern wollen. Sie jammern nicht, sondern werden aktiv, um ihren Stress zu reduzieren.
So lässt sich Eigeninitiative fördern
Schon bei der Bewerberauswahl achten die Unternehmen und die Personalverantwortlichen darauf, dass die neue Mitarbeiterin oder der neue Mitarbeiter Eigeninitiative mitbringt. Doch das allein reicht nicht aus. Denn Eigeninitiative kann im Arbeitsalltag ausgebremst werden, wenn die Arbeitssituation und die Rahmenbedingungen nicht stimmen.
Eigeninitiative lässt sich mit folgenden Stellhebeln ausbauen:
- Erhöhen Sie die Qualifikation Ihrer Beschäftigten, damit sie sich mehr zutrauen.
- Setzen Sie schwierige, aber erreichbare Ziele; das spornt viele an.
- Gehen Sie konstruktiv mit Fehlern um; sehen Sie diese für alle als eine Chance, etwas dazuzulernen. Fehler verheimlichen oder zu bestrafen, erstickt die Eigeninitiative aller Mitarbeitenden.
- Schaffen Sie Handlungsspielräume. Verzichten Sie auf detaillierte Arbeitsanweisungen und lassen Sie Freiraum, damit die Mitarbeitenden eigene Lösungen finden.
- Verbessern Sie das Betriebsklima für Eigeninitiative. Das Top-Management muss deutlich machen, dass es dieses Engagement schätzt und belohnt.
- Gehen Sie selbst mit gutem Beispiel voran und zeigen Sie Eigeninitiative auch in kleinen Dingen.
Wo Sie Eigeninitiative nutzen und von ihr profitieren
Projekte
Projekte und Programme in Unternehmen funktionieren nur, wenn sich das Management auf die Eigeninitiative ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen kann. Nur wenn Innovationen, neue Prozesse, Einführung einer neuen Technik und andere Veränderungen mit einem positiven Klima für die Eigeninitiative kombiniert werden, sind sie erfolgreich.
Voraussetzung dafür ist, dass die Betroffenen in Entscheidungen zum Change-Management, bei Reorganisationen oder bei der Einführung einer neuen Technik einbezogen werden. Und Partizipation funktioniert nur mit Eigeninitiative.
Qualitätszirkel
Ein weiteres Instrument zur Förderung der Eigeninitiative der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist der Qualitätszirkel. Von anderen Arbeitsgruppen unterscheidet er sich durch die Fokussierung auf Qualitätsverbesserungen und die starke Betonung der Freiwilligkeit. Die Freiwilligkeit schafft ein motiviertes Team, das mehr im Unternehmen auf die Beine stellen kann.
Die Mitarbeitenden erkennen im Rahmen der Zusammenarbeit, dass sie selbst etwas verbessern können. Insofern ist der Qualitätszirkel die Plattform, auf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- frei sind, Dinge umzusetzen, und
- willig sind, das auch selbst in die Hand zu nehmen.
Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung
Auch das „Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung“ (Kaizen) basiert ganz wesentlich auf der Eigeninitiative der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese suchen nur dann nach Verbesserungen und nach Ursachen für Verschwendung, wenn sie merken, dass sie damit etwas zum Besseren verändern können.
Ihre Vorschläge zum Kostensparen, zur Beschleunigung von Abläufen oder zur besseren Organisation werden aufgegriffen und unbürokratisch umgesetzt. Das stärkt ihr Selbstvertrauen und das Vertrauen in das Unternehmen.
Eigeninitiative als Schlüsselkompetenz
Selbst wenn die Bedingungen und Möglichkeiten in jedem Unternehmen und jeder Abteilung sehr unterschiedlich sind, ist Eigeninitiative im Allgemeinen eine karriereförderliche Verhaltensweise. Die Unternehmen profitieren in den allermeisten Fällen davon – und machen Eigeninitiative deshalb zur üblichen Anforderung in Stellenbeschreibungen.
Denn Routineaufgaben spielen in fast allen Berufsgruppen eine immer geringere Rolle. Die Beschäftigten
- müssen sich stattdessen auf Neues einstellen,
- wirken in Projekten mit,
- müssen organisatorische Veränderungen in ihrem unmittelbaren Umfeld meistern,
- werden mit neuen Technologien konfrontiert,
- sollen sich lebenslang weiterbilden und
- im Rahmen von kontinuierlicher Verbesserung ständig nach Einsparmöglichkeiten suchen.
Das funktioniert nur, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein gehöriges Maß an Eigeninitiative mitbringen und wissen, wie sie diese in ihrem Arbeitsbereich einbringen. Sie können einschätzen, wann sie selbst aktiv werden können, wie weit sie vorausschauen sollten und wie beharrlich sie sein sollten, um ihr Unternehmen voranzubringen und ihrer eigenen Karriere etwas Gutes zu tun.
Sie wissen aber auch, wann sie ihre Kollegen und Vorgesetzten mit zu vielen Vorschlägen und Neuerungen überfordern.
Quiet Quitting
Das Gegenteil von Engagement und besonderem Einsatz am Arbeitsplatz wird als Quiet Quitting bezeichnet. Es kann reichen von „Dienst nach Vorschrift“ bis zur „stillen Kündigung“.
Dieses Verhalten lässt sich leicht daran erkennen, dass Mitarbeitende auch bei hoher Arbeitslast keine Überstunden leisten und nicht bereit sind, mehr zu tun als das Nötige.
Die Auswirkungen des Quiet Quitting auf das Team und das Unternehmen hängen von den Umständen und von der Zahl der so arbeitenden Beschäftigten ab. Mitarbeitende in der Montage, die „Dienst nach Vorschrift tun“, sind kein Problem. Führungskräfte, die nur das Nötige tun, schon eher.
Wie man mit Eigeninitiative aneckt
Wer von sich aus aktiv wird und etwas unternimmt oder voranbringen will, kann bei Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten auch anecken. Denn die Vorschläge, die ein eifriger Kollege auf die Tagesordnung bringt, bedeuten für die anderen vielleicht mehr Arbeit oder sie machen eine Verhaltensänderung notwendig.
Personen, die viel Eigeninitiative zeigen, werden deshalb häufig als anstrengend oder sogar als rebellisch wahrgenommen. Denn: Kolleginnen und Kollegen werden aus ihren Routinen gerissen, Vorgesetzte werden zu Entscheidungen gezwungen, die ihnen im Moment nicht passen.
Hier kommt das Merkmal der Beharrlichkeit und der Ausdauer zum Tragen. Nur mit Beharrlichkeit und Ausdauer lassen sich die Widerstände überwinden, mit denen viele Beschäftigte mit Eigeninitiative zu kämpfen haben.
In manchen Fällen reagieren die Kolleginnen und Kollegen sogar mit Neid. Sie sehen in der engagierten Mitarbeiterin die Konkurrentin, die sich in der Abteilung profilieren will, die immer Erste sein will, alles besser weiß oder mit nichts zufrieden ist.
Oft wird die initiative Mitarbeiterin von Vorgesetzten auch mehr geschätzt, häufiger gelobt, bei Entscheidungen bevorzugt, und sie macht Karriere. Die Neider können eine bewusste oder unbewusste Abwehrhaltung einnehmen oder sogar offen die Arbeit der Nebenbuhlerin miesmachen. So führt die Eigeninitiative zu Konflikten mit anderen.
Eigeninitiative kann manchmal für das Unternehmen schädlich sein – dann wenn ein engagierter Mitarbeiter eher die eigenen Interessen und seine Karriere verfolgt, als die Ziele des Unternehmens. Er hat nur seinen eigenen Vorteil im Auge und will diesen gegenüber Vorgesetzten und Kollegen durchsetzen. Wenn diese das merken, kann auch das zu Konflikten führen.
Eigeninitiative als Teil der Unternehmenskultur
Aufgabe der Führungskräfte ist es, die Balance zu finden. Sie sollten die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bremsen und Eigeninitiative auf keinen Fall im Keim ersticken. Ansonsten kann eine Kultur des Duckens und des Dienstes nach Vorschrift entstehen. Damit kann kein Unternehmen bestehen.
Alle Führungskräfte müssen die Kultur der Eigeninitiative fördern und pflegen, indem sie
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Eigeninitiative zeigen, loben und belohnen,
- deren Motivation nutzen, um die Leistungen des gesamten Unternehmens zu verbessern, die Eigeninitiative also in die richtigen Bahnen lenken,
- auf drohende Konflikte zwischen den Kolleginnen und Kollegen rechtzeitig reagieren und die Konflikte bearbeiten,
- dort, wo aktive Mitarbeiter übers Ziel hinausschießen, das Gespräch suchen und ihnen erläutern, warum nicht alle ihre Vorschläge gleich umgesetzt werden können.
Vor allem ist das Top-Management gefragt. Es legt fest, wie die Beschäftigten ihre Möglichkeiten, Chancen und Risiken der Eigeninitiative sehen. Die Führungskräfte sind gefordert, eine offene Unternehmenskultur zu schaffen, in der Beschäftigte keine Nachteile befürchten müssen, wenn sie zum Wohle des Unternehmens mitdenken und vorausdenken.
Eigeninitiative fördern, innere Kündigung vermeiden
Nutzen und berücksichtigen Sie die Fragen und Aspekte in der folgenden Vorlage, um
- schon bei der Bewerberauswahl darauf zu achten, dass die neue Mitarbeiterin oder der neue Mitarbeiter Eigeninitiative mitbringt,
- Veränderungen der persönlichen und beruflichen Entwicklung Ihrer Beschäftigten wahrzunehmen.