Ziele und Strategie der Produktplanung

Eine gute Produktplanung sollte in die strategische Planung des Unternehmens eingebettet sein. Sie ist ein wesentlicher Teil, um die Unternehmensstrategie in die Praxis umzusetzen. Jedes Unternehmen muss ständig das eigene Angebot, Produkte und Dienstleistungen, mit der Nachfrage des Marktes und der (potenziellen) Kunden abstimmen. Das strategische Ziel ist:

  • das richtige Produkt,
  • zur richtigen Zeit,
  • auf den richtigen Markt,
  • an den passenden Kunden,
  • in der gerade erforderlichen Menge,
  • zu dem maximal akzeptierten Preis,
  • mit möglichst geringen Ressourcen anzubieten.

Mit der strategischen Produktplanung sollen die richtigen Produkte identifiziert und ausgewählt werden. Auf der operativen Ebene sollen diese Produkte dann in der richtigen Art und Weise konzipiert, geplant und gestaltet werden.

Die folgende Abbildung zeigt, wie das Produktmanagement diese strategische Vorgabe umsetzen kann. Für die Produktplanung muss das Produktmanagement einerseits mit Marketing und Vertrieb eng zusammenarbeiten, um die Kundenbedürfnisse und Anforderungen richtig zu erfassen. Und es muss andererseits mit Produktentwicklung und Produktherstellung zusammenarbeiten, damit dort die Vorgaben aus der Produktplanung richtig umgesetzt werden.

Einordnung des Produktmanagements und der Produktplanung

Geschäftspotenziale als Grundlage der strategischen Produktplanung

Das Produktmanagement muss im Rahmen der strategischen Produktplanung die Produkte finden, die den größten Erfolg für das Unternehmen versprechen. Dazu müssen Potenziale identifiziert werden, die vielversprechend sind. Solche Potenziale ergeben sich unter anderem aus:

Kundenbedürfnisse

Auslöser für Produktideen können generische und allgemeine Bedürfnisse sein, die alle Menschen haben. Dazu zählen, Essen, Trinken, Gesundheit, soziale Kontakte, Sex, Anerkennung, Abwechslung, Kontrolle oder Spielen.

Oft wissen die Menschen gar nicht, wie sie diese Bedürfnisse durch Produkte befriedigen können. Steve Jobs (Apple) formulierte dies so: „Es ist nicht die Aufgabe des Kunden zu wissen, was er will.“

Aus diesen grundlegenden Bedürfnissen ergeben sich Bedarfe an Lösungen. Sie sollen die Bedürfnisse stillen oder helfen, Aufgaben besser, einfacher oder kostengünstiger zu erfüllen.

Beispiele: Kundenbedürfnisse

Das Bedürfnis nach Sicherheit kann durch Produkte wie Alarmanlagen oder Schließsysteme erfüllt werden. Im gewerblichen Bereich geht es oft um das Bedürfnis, Kosten zu sparen; das kann durch eine spezielle Maschine zur Automatisierung von Prozessen erfüllt werden.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Änderungen von rechtlichen Rahmenbedingungen können ebenfalls Erfolgspotenziale für neue Produkte schaffen. Der Staat legt durch Gesetze und Verordnungen strengere Umweltauflagen fest oder er fördert die Nutzung alternativer und gewünschter Produkte.

Beispiele: Rechtliche Rahmenbedingungen

Der Staat unterstützt den Austausch von Öl-, Kohle- und Gasheizungen, um den Klimawandel aufzuhalten. Für den Einsatz von Wärmepumpen gibt es staatliche Förderprogramme. Die Hersteller sind bestrebt, die Leistung der Wärmepumpen zu verbessern und die Kosten für die Kunden zu senken.

Technologien

Neue Technologien mit speziellen Materialeigenschaften oder Funktionen machen innovative Produkte erst möglich. Oft trägt die technologische Entwicklung dazu bei, dass Produkte günstiger werden, sodass damit neue Anwendungen möglich werden. Produkthersteller können solche Technologien nutzen, um neue Produkte und Anwendungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen.

Beispiele: Technologien

Die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) machen neue Produkte und Anwendungen möglich. Mit den entsprechenden Tools können Bilder oder Videos produziert werden. Die Bearbeitung von Fotos wird verbessert, vereinfacht und beschleunigt.

Im Rahmen der strategischen Produktplanung muss das Produktmanagement (meist gemeinsam mit dem Marketing und der Geschäftsleitung) festlegen, welche dieser Potenziale es nutzen und wozu und wofür es (neue) Produkte entwickeln will. Dazu muss es das bisherige Angebot und Produktportfolio prüfen und mit diesen Potenzialen abgleichen. Es muss prüfen, was in das Produktportfolio passt und welche Kernkompetenzen es besitzt oder ausbauen muss.

Außerdem muss das Produktmanagement im Rahmen der Produktplanung vergleichbare Entwicklungen und Angebote der Wettbewerber analysieren und dann die strategischen Entscheidungen zur Produktplanung treffen.

Die folgende Abbildung zeigt das Zusammenspiel zwischen Produktmanagement und Produktplanung sowie zwischen Marketing und Vertrieb in der Übersicht. Sie macht sichtbar, welche Informationen für die Produktplanung wichtig sind.

Zusammenarbeit Produktmanagement und Marketing und Vertrieb

Ideenentwicklung und Produktfindung

Im nächsten Schritt müssen Produktideen entwickelt werden, die zu den Potenzialen passen, die im ersten Schritt identifiziert und analysiert wurden. Mit der Produktidee wird ein erstes grobes Konzept des Produkts und des Geschäftsmodells entworfen.

Die Ansätze dazu ergeben sich manchmal aus der Potenzialanalyse, indem Produktideen aus den Kundenbedürfnissen und Kundenanforderungen, aus rechtlichen Vorgaben oder aus Technologien abgeleitet werden. Weitere Quellen für Produktideen und Produktfindung sind:

  • Messebesuche
  • Fachzeitschriften
  • Patentrecherchen
  • Analyse von Konkurrenzprodukten
  • Beobachtung fremder Märkte
  • Lösungen, die Kunden selbst entwickelt haben
  • Beobachtung von Kunden bei der Anwendung von Produkten
  • Beschwerden von Kunden
  • Kundenworkshops, Fokusgruppen
  • kreative Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Kooperationen mit Forschungsinstituten oder Erfindern
  • Kooperationen mit Fachleuten
  • Kauf von Start-up- oder anderen Unternehmen

Bereits in dieser frühen Phase der Produktplanung mit der Ideengenerierung und Produktfindung können und sollten erste wesentliche Produktmerkmale betrachtet werden. Dazu zählen:

  • eingesetzte Technologien
  • wesentliche Produktmerkmale, Eigenschaften und Kernfunktionen
  • Preisniveau
  • Design
  • ergänzende Serviceelemente
  • Vertriebskanal und Management der Kundenbeziehung

Positionierung des neuen Produkts

Schon mit den ersten Produktideen und mit der Produktfindung erfolgt eine Positionierung des Unternehmens und seines Produkts auf dem Markt. Mit der strategischen Produktplanung muss geprüft werden, ob diese Positionierung vielversprechend ist und ob sie zum bisherigen Unternehmensauftritt, zum Image und zur Marke passt. Das erfolgt insbesondere in Abgrenzung zu den Angeboten der Wettbewerber und in Bezug zur Markt- und Kundensegmentierung.

Ein neues Produkt kann beispielsweise als Luxusprodukt, innovatives Produkt, Preisbrecher-Produkt oder Nischenprodukt positioniert und definiert werden. Das Unternehmen muss mit der strategischen Produktplanung diese Positionierung in sein bisheriges Markenportfolio integrieren – oder eine neue Marke kreieren, wenn die Integration nicht sinnvoll erscheint.

Wichtig im Wettbewerb ist, die identifizierten Potenziale möglichst gut zu erschließen und gleichzeitig sich von anderen Anbietern abzuheben (Differenzierung) und Merkmale der Einzigartigkeit hervorzuheben (Unique Selling Position).

Ergebnis: Geschäftsidee und Businessplan

Der letzte Schritt und das Ergebnis der strategischen Produktplanung sind eine anschauliche Vorstellung der Geschäftsidee und des Geschäftsmodells sowie der dazugehörige Geschäftsplan oder Businessplan. Dort sind die Kernelemente des neuen Produkts beschrieben. Dazu kommen

  • mögliche Märkte,
  • Zielgruppen und Kundensegmente,
  • die strategische Positionierung,
  • daraus abgeleitete Absatz- und Umsatzpotenziale und
  • Kostenschätzungen für eine Rentabilitätsrechnung.

Oft wird der wirtschaftlich mögliche Erfolg in Form eines Business Case berechnet und beschrieben.

Produktpflege, Produktveränderung, Produktrelaunch oder Produktdifferenzierung

Nicht immer müssen Produkte völlig neu entwickelt werden, wenn vielversprechende Marktpotenziale erkennbar sind; Produktplanung ist nicht gleichbedeutend mit Produktinnovation. Im Rahmen der strategischen Produktplanung kann genauso deutlich werden, dass bestehende Produkte geeignet sind, die erkannten Marktpotenziale zu erschließen.

Im einfachsten Fall bleibt ein Produkt, so wie es ist, weil die Unternehmensziele im Wettbewerb genau damit erreicht und die Strategie damit umgesetzt werden kann.

Oft werden Produkte aber überarbeitet, verbessert, erweitert oder differenziert. Das bedeutet: Das bestehende Produkt wird in seiner Zusammensetzung (Rezeptur) oder in seinen Funktionen und Eigenschaften so verändert, dass es die geänderten Kundenanforderungen erfüllt, für andere Zielgruppen und potenzielle Kunden attraktiv(er) wird und im Wettbewerb bestehen kann. Es erfolgt ein Produktrelaunch.

Wenn durch solche Produktveränderungen mehrere neue, aber ähnliche Produkte entstehen, die gleichzeitig am Markt angeboten werden, spricht man von Produktvarianten. Sie sind jeweils für spezielle Kundenanforderungen geeignet und genau darauf ausgerichtet.

So kann durch Produktvarianten, Produktdifferenzierung und Produktdiversifikation eine Produktfamilie oder ein Produktsortiment entstehen, in dem sich die einzelnen Produkte ergänzen und vielfältige Kundenanforderungen abdecken. Es ist eine strategische Entscheidung des Unternehmens und des Produktmanagements, wie weit dies reichen soll und wie viele Produktvarianten damit letztlich entstehen.

Manchmal genügt es, die Marketing-Kommunikation (Werbung) für ein bestehendes Produkt neu auszurichten oder neue und zusätzliche Vertriebskanäle zu erschließen (Multi-Channel-Marketing). Manchmal braucht es neue Produktvarianten oder Designänderungen bei bestehenden Produkten. Oder einzelne Produkt- und Leistungsmerkmale werden überarbeitet und verbessert.

Es ist die strategische Produktplanung, die aus diesen Optionen geeignete Aktionen und Maßnahmen finden und dann umsetzen muss.

Bewertung der strategischen Produktplanung, der Produktpositionierung und des Businessplans

Im letzten Schritt der strategischen Produktplanung muss die Geschäftsleitung bewerten, was das Produktmanagement ausgearbeitet hat zur Produktinnovation und Neuentwicklung, zu Produktvarianten, Produktdifferenzierung oder zur Produktdiversifikation.

Sie prüft dazu die vom Produktmanagement beschriebenen Produktideen und die Pläne, die Vorschläge zur strategischen Positionierung und zur Markenstrategie sowie den Businessplan oder Business Case mit Erläuterungen zur Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Finanzierung. Das Produktmanagement erarbeitet dazu eine Entscheidungsvorlage.

Die Geschäftsleitung prüft auf dieser Grundlage:

  • Passt die Produktstrategie zur Unternehmensstrategie und werden damit die strategischen Unternehmensziele erreicht? Frage der Effektivität
  • Können die Produktidee und das Geschäftsmodell aus rechtlicher, technischer und organisatorischer Sicht umgesetzt werden? Frage der Machbarkeit
  • Sind die Produktidee und das Geschäftsmodell wirtschaftlich attraktiv? Werden ein ausreichender Gewinn und eine erwartete Rendite erzielt? Frage der Effizienz
  • Welche Budgets und Ressourcen werden für die Umsetzung benötigt? Frage der Finanzierbarkeit

Diese Vorgehensweise zur Ausarbeitung einer Entscheidungsgrundlage und zur Bewertung ist in der folgenden Abbildung dargestellt.

Vorgehensweise Produktplanung und Bewertung nach dem Stage-Gate-Modell

Bewertungsstufen für die Produktentwicklung

Dieser Schritt der Bewertung von Produktidee, Geschäftsmodell und Businessplan folgt dem Stage-Gate-Modell. Demnach werden die Ergebnisse der Produktplanung zu definierten Meilensteinen überprüft, bevor die nächsten Schritte durchgeführt werden.

Beim Stage-Gate-Modell handelt es sich um ein standardisiertes Prozessmodell zur Entwicklung von Produktinnovationen. Dabei wird der Innovationsprozess in mehrere Stufen (stages) unterteilt.

Wenn alle Aufgaben einer Stufe erledigt sind, werden die Ergebnisse anhand vordefinierter Kriterien überprüft. Sie müssen diese Prüfung erst bestehen, bevor die nächste Stufe starten kann.

Bildlich gesehen müssen sie eine Sperre überwinden und das Tor durchschreiten (gate).

Praxis

Erkunden Sie die Marktpotenziale für mögliche neue oder verbesserte Produkte

Erkunden und ermitteln Sie wichtige Trends, Veränderungen und Entwicklungen in Ihrer Branche und in angrenzenden Bereichen.

  • Welche Entwicklungen waren in der Vergangenheit wichtig?
  • Welche Trends sind erkennbar?
  • Was verändert sich bei Kunden, Wettbewerb, rechtlicher Rahmen, Technologien?

Halten Sie die Ergebnisse und Erkenntnisse Ihrer Beobachtungen und Analysen in der folgenden Vorlage fest:

Produktideen finden

Entwickeln Sie auf der Grundlage der Potenziale, die Sie identifiziert haben, Produktideen oder Vorschläge zur Produktverbesserung und Produkterneuerung. Nutzen Sie dabei unter anderem die Methoden der Kreativitätstechniken und Ideenfindung.

Eine weitere Variante, Produktideen herzuleiten und zu finden, ist die Arbeit mit der Innovation Canvas oder Consumer Trend Canvas. Sie ist in der folgenden Vorlage dargestellt (siehe auch Abbildung).

Innovation Canvas: Erläuterungen und Reflexionsfragen
Quelle: trendwatching.com

Geschäftsidee und Businessplan entwickeln

Entwickeln Sie daraus Ihre Geschäftsidee und den Businessplan. Zeigen Sie das wirtschaftliche Potenzial auf, indem Sie den damit verknüpften Business Case erstellen. Nutzen Sie dazu die folgenden Vorlagen.

Entscheidungsvorlage zur strategischen Produktplanung

Prüfen Sie im Produktmanagement zunächst, inwiefern die Geschäfts- oder Produktidee zu Ihrem Unternehmen, seiner Strategie und den Rahmenbedingungen passt. Stellen Sie in der folgenden Vorlage wichtige Aspekte zusammen, die relevant sein können, und bestimmen Sie so den Produkt-Fit:

Stellen Sie Ihre Ideen für neue oder verbesserte Geschäftsmodelle, Produkte, Konzepte, Prototypen und andere Entwicklungsprojekte in der Entscheidungsvorlage in einer Übersicht dar. Nutzen Sie dazu die folgende Innovations-Pipeline, mit der Sie alle Ideen und Entwicklungsprojekte in unterschiedliche Entwicklungsstufen und Phasen einordnen und dann bewerten.

Erstellen Sie dann eine Entscheidungsvorlage für Ihre Geschäftsleitung. Denn diese muss bewerten und entscheiden, ob im Anschluss ein Produktkonzept und ein Lastenheft entwickelt werden sollen. Gehen Sie dabei insbesondere auf diese Aspekte ein:

  • Marktpotenziale
  • Kundenanforderungen
  • Wettbewerb
  • Produktideen und Geschäftsmodell
  • Wirtschaftlichkeit und Rentabilität
  • Finanzierung und Budgetbedarf
  • Chancen und Risiken

Nutzen Sie dazu die Vorlagen und Erläuterungen in der Anleitung Entscheidungsvorlage erstellen. Eine Übersicht zur Bewertung Ihrer Vorschläge können Sie mit den folgenden Excel-Vorlagen erstellen:

Wenn die Entscheidung für eine Geschäfts- oder Produktidee auf der strategischen Ebene gefallen ist, dann geht es in der nächsten Phase auf die operative Ebene der Produktplanung.

Dazu im Management-Handbuch

Vorlagen nutzen

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