Notfallplanung für UnternehmenStrategische Vorkehrungen für den Notfall oder Ausfall der Geschäftsleitung treffen
Wenn die Geschäftsleitung langfristig oder dauerhaft ausfällt
Nachdem Sie alle operativen Prozesse und Aufgaben überprüft und Vorsorge für den akuten Notfall getroffen haben, legen Sie Ihren leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch einmal ans Herz, alle Informationen zu wichtigen und weitreichenden Projekten sorgfältig zu führen und den Austausch untereinander zu pflegen. Denn das stellte sich bereits bei vielen Urlaubsvertretungen als ungenügend heraus: Es wird zwar eine förmliche Vertretung benannt, aber die Sachkenntnis ist häufig mangelhaft. Bei allen für das Unternehmen wichtigen Projekten und Kundenaufträgen müssen mehr Personen Bescheid wissen als nur die Projektleiter oder unmittelbaren Kundenbetreuer. Das gilt auch für Strategieprojekte der Geschäftsleitung. Deshalb widmen Sie sich den strategischen Vorbereitungen für den Notfall.
In Schritt 1 und 2 der Notfallplanung aus dem ersten Abschnitt geht es darum, eine Bestandsaufnahme durchzuführen und die grundlegenden Fragen zu klären. In Schritt 3 aus dem vorigen Abschnitt müssen Vorkehrungen getroffen werden, damit das operative Tagesgeschäft und der laufende Betrieb funktionieren. Die Erläuterungen dazu finden Sie in den vorigen Abschnitten. Nun müssen langfristig die Weichen richtig gestellt werden. Wie soll es auf Dauer mit dem Unternehmen weitergehen?
Schritt 4: Wer führt die strategischen Prozesse weiter?
Mit dem Notfallplan für operative Prozesse kann das Unternehmen (fast wie gewohnt) weiterarbeiten, wenn es zu einem Notfall und Ausfall der Geschäftsleitung kommen sollte. Was aber, wenn die Geschäftsleitung sehr lang ausfällt oder wenn eine Wiederaufnahme der Geschäfte gar nicht mehr in Aussicht ist? Dann müssen Sie sich über eine Nachfolgeregelung Gedanken machen. Dazu müssen Sie folgende Fragen klären:
- Gibt es einen Familienangehörigen, eine Mitarbeiterin oder einen Externen, die die Geschäftsführung übernehmen können?
- Gibt es die nötigen Vollmachten, um alle Rechtsgeschäfte zu vollziehen?
- Muss die Unternehmensführung eventuell auf mehrere Personen verteilt werden?
- Ist gar die Rechtsform des Unternehmens zu ändern?
- Steht ein Unternehmensnachfolger schon bereit oder muss er erst gefunden werden?
- Wie kann eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger eingearbeitet werden?
- Ist ausreichend Vorsorge für die Familie getroffen?
- Gibt es ein Testament?
- Gibt es mehrere Erben und müsste das Unternehmen aufgeteilt werden?
- Ist ausreichend Vermögen vorhanden, um die Ansprüche auf den Pflichtteil des Erbes zu befriedigen?
- Wie hoch wird die Erbschaftssteuer sein und könnte diese Belastung dem Unternehmen Schaden zufügen?
Sie sehen, dass es einen gleitenden Übergang zum privaten Bereich gibt. Hier spielen dann Eheverträge und das Testament eine Rolle, aber auch Patientenverfügungen, Betreuungsvollmachten und Vorsorgevollmachten. Bedenken Sie, dass kluge Regelungen, die nur im Testament festgehalten sind, auch erst nach der Testamentseröffnung berücksichtigt werden können. Das kann in vielen Fällen für das Unternehmen zu spät sein.
Vollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht kann man einer anderen Person die Regelung einzelner oder aller Angelegenheiten übertragen.
Mit einer Betreuungsvollmacht kann festgelegt werden, wen das Gericht als Betreuer bestellen soll, wenn es nicht mehr ohne gerichtliche Entscheidung weitergeht. In dieser Regelung können auch Vorgaben inhaltlicher und formaler Natur festgelegt werden.
Die Patientenverfügung sichert die eigene Entscheidungsmöglichkeit, wenn man persönlich im aktuellen Fall dazu nicht mehr in der Lage ist.
Auswirkungen auf die Rechtsform
Die Rechtsform Ihres Unternehmens spielt eine wichtige Rolle bei den Nachfolgeregelungen. Bei Personengesellschaften ist der Tod eines Gesellschafters ein Auflösungsgrund, der nur durch eine Fortsetzungsklausel oder Nachfolgeklausel oder durch eine Eintrittsklausel für den Erben vermieden werden kann. Bei Kapitalgesellschaften bestehen diese Hindernisse nicht. Wenn im Gesellschaftsvertrag nichts Anderes vereinbart wurde – zum Beispiel mit einer Einziehungsklausel oder einer Abtretungsklausel –, können die Unternehmensanteile frei veräußert oder vererbt werden.
Beispiel: Nachfolgeregelungen und Gesellschaftsanteile
Nehmen Sie an, Ihr Unternehmen ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Gesellschaftsanteile waren zwischen Ihnen und Ihrer ersten Frau gleich verteilt. Nach dem Tod Ihrer ersten Frau hatten Sie ein Viertel des Stammkapitals zunächst übernommen und später Ihrer zweiten Frau überschrieben. Das zweite Viertel war auf Ihre Tochter aus erster Ehe übergegangen. Formal wäre nun im Fall Ihrer Handlungsunfähigkeit die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig.
Deshalb sollte es eine Stimmrechtsvollmacht geben. In Ihrem Falle haben Sie daran gedacht, den (angeheirateten) Sohn aus zweiter Ehe an Ihr Unternehmen zu binden und ihm deshalb die Hälfte Ihrer Stimmrechte übertragen; die andere Hälfte der Stimmrechte erhält Ihre Tochter (aus erster Ehe).
In Ihrem Testament haben Sie den Wunsch ausgedrückt, dass Ihre Tochter das Unternehmen weiterführt. Deshalb wurde – in Abstimmung mit Ihrem Anwalt – in einem Erbvertrag festgelegt, dass Ihre Frau einen Erbverzicht unterschreibt und Ihre Tochter (aus erster Ehe) und Ihr Sohn (angeheiratet aus zweiter Ehe) je ein Viertel ihrer Gesellschafterrechte bekommen. Damit wird die Rolle Ihrer Tochter – wie das auch immer schon besprochen worden war – durch die Hälfte der Kapitalanteile in Ihre Fußstapfen treten und gemeinsam mit ihrer Stiefmutter und ihrem Stiefbruder die Gesellschaftsanteile halten. Mit diesen Regelungen haben Sie gut vorgesorgt – gleichgültig, ob Ihr Ableben zu beklagen ist oder ob Sie „nur“ handlungsunfähig sind; juristisch gesehen ein viel komplizierterer Fall.
Wie Sie die Nachfolge in Ihrem Unternehmen regeln und planen können
Viele verdrängen die Nachfolgeplanung in ihrem Unternehmen, weil sie sich nicht vorstellen wollen oder können, dass sie eines Tages aus dem Unternehmen ausscheiden; geplant oder durch einen Schicksalsschlag. Mit der Nachfolge sind neben wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen vor allem emotionale Fragen und Belange der Familie(n) zu beachten. Worauf es bei der Nachfolge im Unternehmen deshalb ankommt, erfahren Sie im Handbuch-Kapitel zur Nachfolgeplanung.
Für den Fall des Eintritts Ihrer Handlungsunfähigkeit, aber auch als Personalentwicklungsplan für Ihre Nachfolger (Tochter oder Stiefsohn aus dem obigen Beispiel) gibt es einen Vorbereitungs- und Qualifizierungsplan. Wenn der Notfall eintritt, bevor Ihre Nachfolger entsprechend qualifiziert sind, können Sie Folgendes vorsehen und regeln.
Vollmachten für den Übergang regeln
Sie erteilen beiden Leitern Ihres Krisenstabes, dem Technischen Leiter und der Prokuristin im kaufmännischen Bereich, eine Generalvollmacht. Die Leiterin des Rechnungswesens hatte anfangs nur Bankvollmacht besessen, vor Kurzem aber Prokura erteilt bekommen. Damit kann sie ebenfalls einige wichtige Aufgaben aus dem operativen und strategischen Management übernehmen – bis die eigentlichen Nachfolger vorbereitet, eingearbeitet und mit allen wichtigen Aufgaben und Prozessen vertraut sind.
Nutzen Sie für diese Übergangsfrist folgende Vorlagen, um Aufgaben und Vollmachten für den Notfall zuzuweisen.
Firmen-Testament und Erbfolge regeln
Entscheidend ist, dass Ihr Unternehmen auch nach Ihrem dauerhaften Ausfall oder Tod erfolgreich existieren und weiter wirtschaften kann. Die beste Vorbereitung ist ein Firmen-Testament. Die gesetzlichen Erbfolgeregelungen sind meist nicht geeignet, den Bestand Ihres Unternehmens zu sichern. Deshalb haben Sie beispielsweise durch ein Vorausvermächtnis Ihrer Tochter sowohl 50 Prozent der Unternehmenswerte gesichert, als auch die Geschäftsführung übertragen. Das ist im Erbvertrag mit Ihrer Frau ebenfalls entsprechend vereinbart. Auf diese Weise reduzieren Sie auch fällige Erbschaftssteuer.
Darüber hinaus können Sie im Firmen-Testament die Vermögenswerte des Unternehmens auflisten und ihre Verwendung festlegen. Zum Beispiel:
- Wertpapiere des Unternehmens: Bank und die Depotnummer sollten aufgeführt sein.
- Teilhabe an anderen Unternehmen: Auf die entsprechenden Dokumente und Verträge verweisen.
- Eigentum an Immobilien: Auf die entsprechenden Dokumente und Verträge verweisen.
Für den Firmenwert sind – für den Außenstehenden nicht so leicht ersichtlich – auch immaterielle Werte von Bedeutung. Sie erstellen deshalb eine Liste Ihrer gewerblichen Schutzrechte. Dazu können beispielsweise die geheim gehaltenen Rezepturen oder Verfahrensanweisungen zählen. Vielleicht gibt es noch einen Hinweis auf einen ausländischen Rechtsstreit, der sich noch Jahre hinziehen wird, von dem Sie aber einen erklecklichen Geldzufluss erwarten können. Auch das sollte im Firmen-Testament festgehalten werden.
Nutzen Sie die folgende Vorlage, um die möglichen Inhalte des Firmen-Testaments zu klären. Die genaue Formulierung und die Regelungen zum Erbe werden dann gemeinsam mit einem Fachanwalt und mit einem Notar entwickelt.
Alle diese klugen Vorbereitungen haben Sie in ihrem Notfallordner abgelegt. Die Kopie Ihres Firmen-Testaments ist darin versiegelt. Überhaupt haben Sie nicht nur umsichtige Vorbereitungen verfügt, sondern auch eine Informationspolitik entwickelt, die alle Beteiligten rechtzeitig mit allem nötigen Wissen ausstattet.