Supply-Chain-Management (SCM)Worum es beim Supply-Chain-Management geht

Mit Supply-Chain-Management soll die gesamte Wertschöpfungskette optimiert werden. Meist geht es dabei um eine intensive Zusammenarbeit mit Lieferanten im Bereich Logistik und Informationsaustausch. Darüber hinaus werden Prozesse zu Kunden und zu Lieferanten des Lieferanten analysiert und verbessert.

Rationalisierungen in der Wertschöpfungskette

Supply-Chain-Management ist für Unternehmen ein wichtiges Konzept, weil es großes Rationalisierungspotenzial beinhaltet. Im Güter- und Warenstrom ist viel Kapital gebunden, Logistik, Lagerung und Transport verursachen hohe Kosten. In der Zusammenarbeit mit Lieferanten und Abnehmern gibt es viele Schnittstellen. So sind die Möglichkeiten zur Optimierung gewaltig. Gerade mit den Schlagwörtern Industrie 4.0 und Digitalisierung sind diese wieder verstärkt ins Blickfeld geraten.

Um Abläufe zu rationalisieren und Optimierungspotenziale zu erschließen, darf die Analyse nicht an den eigenen Unternehmensgrenzen haltmachen. Es gilt die gesamte logistische Wertschöpfungskette zu optimieren. Alles, was damit zusammenhängt, wird unter dem Konzept Supply-Chain-Management zusammengefasst.

Sie umfasst das Netzwerk von Organisationseinheiten, die eine Leistung in Form eines Produkts oder einer Dienstleistung erbringen. Dabei ist es unerheblich, zu welchem Unternehmen die Organisationseinheiten gehören. Im Fokus stehen übergreifende Prozesse, die beschreiben, wie Produkte oder Dienstleistungen erstellt werden, gelagert und transportiert werden und wie sie schließlich beim Kunden ankommen.

Stichwort

Supply-Chain-Management (SCM)

Unter Supply-Chain-Management (SCM) oder Lieferketten-Management wird die Planung und Optimierung des Informations-, Material- und Geldflusses zwischen Lieferanten, Herstellern und Kunden (Abnehmer) und ihren jeweiligen Lager-, Produktions-, Logistik-, Vertriebseinheiten verstanden. Mit Supply-Chain-Management wird ein komplexes Logistiknetzwerk betrachtet, das vom Lieferanten des Lieferanten (Source of Supply) bis zum Kunden des Kunden (Point of Consumption) reichen kann. Dabei kommt es vor allem darauf an, die Planung und die Kommunikation aller Akteure aufeinander abzustimmen und dafür die geeignete Technik einzusetzen.

Anforderungen an die Wertschöpfungskette und die Logistik

Mit Supply-Chain-Management sollen nicht nur Rationalisierungspotenziale erschlossen werden. Es geht vor allem darum, die Anforderungen der Kunden besser zu erfüllen. Online-Handel, Logistikdienstleister und Vorreiterunternehmen wie Amazon haben mit ihrem herausragenden Bestell- und Logistikservice die Erwartungen beim Kunden und Endverbraucher steigen lassen. Dem können sich andere Unternehmen kaum noch entziehen. Im Zuliefergeschäft sind vor allem die Autobauer mit Just-in-Time-Konzepten Vorreiter und setzen die Standards.

Alle Unternehmen müssen deshalb darauf vorbereitet sein, dass ihre Kunden erwarten, dass:

  • sie aus einer Vielzahl von Produkten auswählen können,
  • sie kurzfristig bestellen können,
  • dann schnell beliefert werden,
  • Bestelländerungen flexibel möglich sind,
  • die Lieferzusagen präzise sind und
  • die Liefertermine eingehalten werden.

Daran müssen sich moderne Logistikketten und Logistikmanagement immer wieder messen lassen und sie müssen sich dazu an die dynamischen Herausforderungen anpassen – und zwar entlang der gesamten unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette. Dabei geht es aus Sicht eines Unternehmens darum, diese überbetriebliche Logistikkette zu optimieren. Das Unternehmen blickt also auf alle vorgelagerten und nachgelagerten Prozesse von der Rohstoffbeschaffung bis zum Endkunden.

Lieferpyramide mit OEM und Tier-1-Lieferanten

Auf der Seite der Lieferanten hat sich in einigen Branchen ein Netzwerk aus Unternehmen gebildet, das die Form einer Pyramide hat. An der Spitze der Pyramide steht das Unternehmen, das ein Produkt für den Markt und die Endanwender herstellt: der sogenannte Original Equipment Manufacturer (OEM) oder Erstausrüster. Oft sind das die Unternehmen in einer Lieferkette mit der größten „Logistik-Macht“; von ihnen gehen die wesentlichen Initiativen zum Supply-Chain-Management aus. Beispiele sind: Autobauer, Computerhersteller, Hersteller von Haushaltsgeräten etc.

Auf der Pyramide folgen auf diese OEMs die Zulieferer. Diejenigen Lieferanten, die direkt an den OEM liefern und ihm am nächsten sind, werden als Tier-1-Lieferanten bezeichnet. Deren Lieferanten auf der zweiten Ebene als Tier-2 und so weiter. Die Tier-1-Lieferanten stellen meistens wichtige Baugruppen, Module oder Komponenten her, die speziell für den OEM und seine Produkte entwickelt sind. Auf der Ebene der Tier-2 und Tier-3 geht es um Teile oder Komponenten, die in die Baugruppen eingehen oder die einfache Standard- oder Normteile sind.

Beispiel: Von der Bestellung bis zur Lieferung

Ein gewerblicher Kunde stellt fest, dass seine Vorräte an Büromaterial demnächst aufgebraucht sind. Wie funktioniert der Informations- und der Materialfluss?

  1. Über die Webseite eines Online-Händlers sucht er die Produkte, die er benötigt.
  2. Dabei greift er in seinem Kundenkonto auf den „Bestellschein“ der letzten Bestellung zurück und korrigiert und ergänzt in möglichst kurzer Zeit die Bestellpositionen.
  3. Sämtliche Kundeninformationen, Lieferadresse, Rechnungsadresse, Zahlungsinformationen, technische Hinweise etc. sind bereits hinterlegt.
  4. Der Kunde bestellt durch Knopfdruck und erhält unmittelbar eine Bestätigung per E-Mail.
  5. Bereits nach einer halben Stunde erhält er eine weitere E-Mail mit der Information, dass seine Bestellung fertig bearbeitet und dem Transportdienstleister übergeben wurde.
  6. In dieser Zeit hat ein Mitarbeiter des Online-Händlers in einem Lager für die Konfektionierung die Bestellung auf sein Display erhalten und alle Bestellpositionen zusammengepackt; dabei wurden seine Laufwege optimiert.
  7. Der Transportdienstleister informiert den Kunden per E-Mail, dass die Ware unterwegs ist.
  8. Über einen Link kann der Kunde den Status einsehen und erkennt am nächsten Morgen auf einem Stadtplan, dass sich das Lieferfahrzeug in einem Kilometer Entfernung befindet und die Pakete in etwa 35 Minuten bei ihm sind.

Dieses Beispiel für Logistikmanagement kennt inzwischen jeder, der in einem Online-Shop bestellt. Es lässt sich auf den gewerblichen Bereich übertragen und in der Wertschöpfungskette zurück zu den Lieferanten fortführen. Wenn der Online-Händler oder OEM erkennt, dass in seinen Lagern die Bestände einen Bestellbestandswert erreichen, dann löst er in vergleichbarer Weise seine Bestellungen aus. Das kann sich über viele Stufen der Wertschöpfungskette erstrecken.

Was mit Supply-Chain-Management erreicht werden soll

Das Beispiel zeigt, welche Elemente im Informations- und Materialfluss geplant, gestaltet und optimiert werden können. Der Logistikdienstleister kann seine Fahrrouten optimieren. Er kann die Produkte beim Kunden auspacken und dort einräumen. Er kann die Dienstleistung „Büromaterialversorgung“ beim Kunden anbieten. Der Online-Händler will seine Lagerbestände minimieren. Zudem will er das Einkaufen und Bestellen für seine Kunden so bequem und einfach wie möglich machen und die Kunden dadurch langfristig binden.

Es reicht aber nicht aus, nur einzelne Elemente der Logistikkette zu verbessern, da hierbei ungewollte Effekte auftreten können. So sind beispielsweise eine höhere Auslastung der Kapazitäten und eine Minimierung des Lagerbestands aus Sicht eines einzelnen Unternehmens zwei sinnvolle Ziele. Zudem sollen die Transaktionskosten bei Logistik und Transport sowie beim Austausch von Daten und Informationen aus Sicht des einzelnen Unternehmens minimiert werden.

Aus dem Blickwinkel der gesamten Wertschöpfungskette kann dies aber negative Wirkungen haben – beispielsweise schlechter Kundenservice oder Terminverzug. Das wesentliche Ziel ist deshalb die Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette in Hinsicht auf:

  • perfekte Liefer- und Servicequalität für den Kunden
  • schnelle, pünktliche und zuverlässige Lieferung
  • minimale Kosten und damit minimaler Preis für den Kunden

Diese Optimierung ist nicht einfach, da widersprüchliche Ziele miteinander abgeglichen werden müssen, sowohl innerbetrieblich als auch überbetrieblich. Problematisch ist das dann, wenn der Auftragseingang schwankt, was die Regel sein dürfte. Das führt auf der einen Seite zu einer schwankenden Kapazitätsbelastung, notwendigen Anpassungen oder Puffern, die wiederum Geld kosten. Auch eine Lagerhaltung, die dies ausgleichen soll, bindet das Kapital. Werden die Lagerbestände minimiert, kann dies dazu führen, dass sich Lieferzeiten erhöhen oder der Lieferservice verschlechtert.

Praxis

Machen Sie eine Bestandsaufnahme:

  • Beschreiben Sie Ihre überbetriebliche logistische Wertschöpfungskette.
  • Wo sehen Sie Schwachstellen?
  • Welche Informationen benötigen Sie, um dies zu beurteilen und die Schwachstellen und Verbesserungspotenziale zu erkennen?

Halten Sie in der folgenden Vorlage fest, wie Sie den aktuellen Ist-Zustand in Ihrer Wertschöpfungskette und in der Zusammenarbeit mit Lieferanten und Abnehmern beschreiben und bewerten würden.

Entwickeln Sie dazu ein Bild von der überbetrieblichen Wertschöpfungskette Ihres Unternehmens. Orientieren Sie sich dazu an folgender Darstellungsform.

Wo würden Sie die Schwachstellen und offenen Fragen aus Ihrer Sicht als Hersteller in der folgenden Abbildung 1 markieren?

Abbildung 1: Beispiel einer logistischen Wertschöpfungskette aus Sicht eines Herstellers: Die Supply-Chain

Als Konzept ist Supply-Chain-Management der Rahmen für eine Fülle von Projekten, Aktionen oder Maßnahmen in den Bereichen Logistik, Lieferantenmanagement oder Informationstechnologie (IT) des Unternehmens. Insofern wird Supply-Chain-Management nicht einmalig eingeführt und umgesetzt, sondern permanent betrieben.

Ausgangspunkt sind Schwachstellen oder Aufgabenfelder in der überbetrieblichen Wertschöpfungskette, die identifiziert, analysiert und dann über Projekte, Aktionen oder Maßnahmen verbessert, gelöst oder optimiert werden.

In den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels geht es insbesondere darum, solche Supply-Chain-Projekte zu identifizieren und zu konzipieren. Zudem finden Sie Erläuterungen, worauf Sie bei der Planung und Umsetzung der Projekte achten sollen. Erster Schritt ist, die Ziele für ein Supply-Chain-Projekt richtig zu definieren. Das ist Thema des nächsten Abschnitts.

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