Systemisches FragenSystemische Fragen zur Problemlösung nutzen

Systemische Fragen helfen, schwierige oder unklare Aufgaben und Probleme aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Dadurch lassen sich Fallstricke erkennen und andere Sichtweisen oder gute Lösungsideen nutzen. Das bringt Gespräche und Meetings voran und führt zu besseren Ergebnissen.

Aufgaben und Probleme genau verstehen

Wenn Sie den großen strategischen Fragen Ihres Unternehmens oder den kleinen alltäglichen Problemen im beruflichen Umfeld nachgehen, kommen Sie vermutlich immer wieder an einen Punkt, an dem es nicht weitergeht. Eine gute Antwort oder eine passende Lösung fehlen. Es bleibt im Dunkeln, worin das eigentliche Problem besteht, wer alles davon betroffen ist und welche unterschiedlichen Sichtweisen es darauf gibt.

Erst wenn es gelingt, die vielen möglichen Facetten des Problems zu erkennen, kann eine gute Lösung gefunden werden. Systemische Fragen sind eine sehr hilfreiche Methode, um Licht in eine schwierige Aufgabe oder ein komplexes Problemfeld zu bringen. Wenn Sie die wahren Ursachen eines Problems erkennen wollen, müssen Sie genau hinschauen; Sie müssen hinterfragen.

Insbesondere müssen Sie erkennen, dass sichtbare Probleme meist nur ein kleiner Ausschnitt aus einem umfassenden System sind. Mit dem systemischen Fragen bekommen Sie heraus, was sich alles hinter einem vordergründigen Problem verbirgt. Sie erfahren außerdem mehr über das Denken, das Wollen und das Fühlen eines Gesprächspartners, eines Auftraggebers oder von betroffenen Zielgruppen.

Stichwort

Systemische Fragen

Systemische Fragen sind unterschiedliche Fragetypen, die aus der Systemischen Beratung und der Systemischen Therapie kommen.

Fragetypen beim Systemischen Fragen sind zum Beispiel:

Zirkuläre Fragen, Skalierungsfragen, Wunderfragen, Fragen nach Ausnahmen, nach möglichen Alternativen, zur Motivation und zum Verhalten von Personen, hypothetische Fragen, nach Vergleichen, nach dem Auftreten von Symptomen und deren Ausnahmen, zum Raum und zum zeitlichen Kontext des Problems sowie lösungsorientierte Fragen.

Ziele des Systemischen Fragens

Mit systemischen Fragen wird das Ziel verfolgt, den Gesprächspartner von seiner Fixierung auf die eigene Sichtweise und seine fest verankerte Verhaltensweise zu lösen. Er soll sich auf andere Ansichten, Einstellungen, Meinungen, Gefühle und Werte einlassen und so erkennen, dass es Wechselwirkungen und komplexe Zusammenhänge geben kann.

Der Gesprächspartner soll insbesondere erkennen, dass das Problemfeld ein System ist, das sich aus vielen unterschiedlichen Elementen zusammensetzt. Es soll die Erkenntnis provoziert werden: Da sind ja noch andere beteiligt oder betroffen?!? Das eröffnet dem Befragten sehr oft neue, überraschende und für die Lösung förderliche Einsichten.

Deshalb ist diese Methode sehr hilfreich, um bessere Lösungen für ein Problem zu bekommen. Der Befragte erkennt viel besser, was die oft verborgenen Antriebskräfte, mögliche Einflüsse, Ursachen oder Motivationsfaktoren bei ihm oder bei der Zielgruppe und bei Gesprächspartnern sind. Denn:

Mit systemischen Fragen werden Informationen vom Befragten nicht nur abgefragt, sondern sie kommen überhaupt erst auf – durch sein Nachdenken und das Überlegen der Antwort auf die systemische Frage.

Anwendung Systemischer Fragen

Systemische Fragen helfen in unterschiedlichen Situationen – beruflich und privat. Vor allem dann, wenn Sie

  • das Gefühl haben, dass Sie zu einem Thema nicht alles wissen,
  • noch weitere Informationen zu Meinungen, Hintergründen oder Motiven brauchen,
  • die Ursachen für ein Problem noch nicht erkennen oder
  • eine Aufgabe noch nicht vollständig geklärt haben.

Das kommt zum Beispiel bei folgenden Situationen vor:

Probleme lösen

Sie müssen eine neue, schwierige und komplexe Aufgabe lösen und wissen noch nicht, wie Sie das angehen und worauf Sie achten sollten. Dann können Sie systemische Fragen an sich selbst oder an andere Personen richten, die helfen könnten.

Diskussion in Meetings voranbringen

In einem Meeting dreht sich die Diskussion im Kreis. Immer wieder wird dasselbe gesagt, ohne dass eine Lösung gefunden wird. Mit systemischen Fragen in die Gesprächsrunde lösen sich Denkblockaden auf.

Projekte planen

Ein Projekt muss durchdacht werden. Es geht darum, die Stakeholder und Zielgruppen und deren Anforderungen zu erkennen, Arbeitspakete zu definieren und wichtige Inhalte festzulegen. Mit systemischen Fragen sammeln Sie diese Projektinhalte und können diese dann im Projektstrukturplan behandeln.

Auftrag genau klären

Sie bekommen von einem Kunden oder Vorgesetzten einen Auftrag – ein Konzept, ein Produkt oder eine Lösung zu entwickeln. So richtig klar ist aber nicht, worum es geht und was genau der Kunde oder Vorgesetzte will. Mit systemischen Fragen ergründen Sie das genauer und können dann den Auftrag gemeinsam viel genauer formulieren.

Oft tragen systemische Fragen dazu bei, dass ein Gespräch überhaupt weiter verlaufen kann und nicht abgebrochen wird, weil keiner mehr etwas weiß und alle schweigen – obwohl viele Dinge nicht geklärt und keine Lösung gefunden wurde.

Problem: Gesprächspartner muss diese Frageformen akzeptieren

Manche Menschen fühlen sich durch diese besonderen, oft ungewöhnlichen Frageformen bedrängt. Sie kennen solche Fragen nicht und vermuten eine Falle. Deshalb ist es wichtig, dass dem Gesprächspartner die Funktion der Fragen vorab mitgeteilt wird. Zum Beispiel auf diese Weisen:

„Um der Sache genauer auf den Grund zu gehen, würde ich gerne noch ein paar weitere Fragen mit Ihnen besprechen. …“

„Mir ist Ihre persönliche Meinung sehr wichtig. …“

„Ich würde die Situation gerne noch aus einer anderen Perspektive beleuchten. …“

„Vielleicht können die folgenden Fragen hilfreich sein, um …“.

Zudem sollte der Befragte Wertschätzung erfahren und erkennen, dass er selbst wesentlich zur Lösung beitragen kann.

Praxis

Bedenken und reflektieren Sie noch einmal unterschiedliche Situationen oder Gespräche aus der Vergangenheit, in denen Sie nicht vorangekommen sind:

  • Was waren die Gründe?
  • Was hat gefehlt?

Bereiten Sie sich dann auf vergleichbare Situationen und Gespräche vor, indem Sie sich einige systemische Fragen zurechtlegen. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage.

Klären Sie dabei auch die Situation und die Rahmenbedingungen:

  • Worin könnte das Problem bestehen?
  • Was wollen Sie mit systemischen Fragen erfahren?
  • Was wollen Sie genauer wissen?
  • Wen wollen Sie befragen?

Beachten Sie, dass systemische Fragen für Gesprächspartner oft ungewohnt und vielleicht verwirrend sind. Erklären Sie deshalb kurz vorweg, warum Sie diese Fragen stellen. Oder leiten Sie die systemische Frage ein; zum Beispiel mit den Formulierungen von oben.

Außerdem ist zu beachten: Es gibt keinen festen Fragenkatalog für das Systemische Fragen. Es handelt sich eher um eine Sichtweise und Herangehensweise. Im konkreten Gespräch müssen die Fragen jeweils angepasst und individuell gestellt werden.

Im folgenden Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels ist genau erläutert, wie Sie sich auf Gespräche mit systemischen Fragen vorbereiten können und welche Formulierungsbeispiele es dafür jeweils gibt.

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