Krisenmanagement, Turnaround und InsolvenzverfahrenKrisensignale, Indikatoren und falsche Krisenreaktionen erkennen

Strategische Krisen zeigen sich in vielen Indikatoren zum Erfolg des Unternehmens im Wettbewerb mit anderen. Wenn der Gewinn einbricht, Verluste steigen und der Cashflow versiegt, ist es oft schon zu spät. Dass spätestens dann eine Krise herrscht, zeigt sich an den Reaktionen des Managements und der Angst der Beschäftigten.

Signale für eine strategische Krise des Unternehmens

In guten Zeiten, wenn die Wirtschaft und die Branche Zuwächse verzeichnen, lassen sich Managementfehler und strategische Probleme eines Unternehmens kaschieren. Wenn die Rahmenbedingungen schlechter werden und wenn einem die Konkurrenz im hart umkämpften Markt zusetzt, dann können sie existenziell werden.

Wird keine wettbewerbsfähige Strategie gefunden und werden die strategischen Probleme nicht gelöst, ist es meistens nur eine Frage der Zeit, bis das Unternehmen tief in einer strategischen Krise steckt. Diese spiegelt sich in folgenden Indikatoren und Kennzahlen wider:

  • Umsätze und Gewinne gehen zurück.
  • Kunden wandern ab.
  • Die Neukundengewinnung kommt nicht hinterher.
  • Die Auslastung nimmt ab.
  • Qualitätsmängel stellen sich ein.
  • Die Zahl der Ladenhüter nimmt zu.
  • Es kommen keine innovativen Produkte nach.
  • Die Mitarbeiterzufriedenheit sinkt.

Wenn sich das über einen längeren Zeitraum hinzieht, dann droht die Ergebniskrise. Gewinne brechen ein, Verluste steigen an, der Cashflow wird negativ.

Hohe Investitionen, um die strategische und die beginnende Ergebniskrise zu bewältigen, verschärfen die Situation noch. Die Finanzmittel reichen nicht mehr aus, um notwendige Investitionen in Technologie, Produkte oder Marketing zu tätigen. Fremdkapital muss beschafft werden.

Der Handlungsspielraum wird geringer.

Signale für eine Verschärfung der Krise

Neben den genannten Indikatoren und Finanzkennzahlen können weitere Signale sichtbar machen, wenn sich die Krise verschärft und die Situation für das Unternehmen schlimmer wird. Das sind:

Kunden zahlen nicht

Besonders heikel ist, wenn man selbst keine Fehler macht, aber die Kunden einfach nicht bezahlen oder selbst zahlungsunfähig sind. Kleine und kapitalschwache Unternehmen sind dann schnell und unmittelbar von der Zahlungsunfähigkeit betroffen.

Als schwächstes Glied der Kette gehen die Betriebe in Vorleistungen, erhalten ihr Geld für abgeschlossene Aufträge aber erst spät oder gar nicht. Durch Zahlungsrückstände oder Zahlungsausfälle entsteht eine Liquiditätskrise.

Die Unternehmen fallen wie Domino-Steine eines nach dem anderen in die Pleite, wenn ein großer Hauptkunde am Ende der Wertkette die Rechnungen nicht bezahlt.

Gläubiger und Banken werden misstrauisch

„Am Ende ging uns einfach das Geld aus.“ Das ist die ernüchternde Erkenntnis, wenn Unternehmen Insolvenz anmelden. Die Gläubiger stehen Schlange und die Banken drehen den Geldhahn zu.

Mangelhafte Finanzierung ist ein wichtiger Grund, wenn Unternehmen pleitegehen. Doch auch das hat tieferliegende Ursachen. Wenn niemand mehr Kredit oder Zahlungsaufschub gewähren will, dann traut man dem Unternehmen nicht mehr zu, diese fortgeschrittene Form der Krise zu bewältigen. Dann ist es in den meisten Fällen auch zu spät.

Falsche Reaktionen auf die Krisensignale

Wenn sich diese Krisensignale zeigen, kommt es auf richtige und schnelle Reaktionen im Unternehmen an. Doch genau die gibt es oft nicht. Stattdessen passiert Folgendes:

Die Geschäftsleitung ist krisenblind

Ob aus einer Fehlentscheidung eine Krise und die vielleicht sogar zur Katastrophe wird, das hängt davon ab, was die Geschäftsleitung unternimmt.

In der frühen Phase der strategischen Krise neigt sie oft dazu, die Krisensignale zu missachten. Sie interpretiert entsprechende Kennzahlen als Ausrutscher oder als nicht relevant. Warnende Stimmen von Kunden oder Mitarbeitenden werden überhört; man tut sie als Einzelmeinung ab.

Finanzkennzahlen werden nicht regelmäßig analysiert

Der Blick auf die Finanzen und auf die betrieblichen Kennzahlen kann sehr schnell zeigen, wenn die Entwicklung aus dem Ruder läuft. Doch wenn diese Zahlen schlechter werden, blenden die Entscheider sie auch gerne aus. Im Extremfall schauen sie sich diese Ergebniskennzahlen gar nicht mehr an.

Warten auf den Jahresabschluss und die Bilanz

Stattdessen warten sie auf den Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung und haben die Hoffnung, dass alles nicht so schlimm wird.

Doch dieser Blick auf das Unternehmen erfolgt nur einmal im Jahr und kommt dann zu spät, um eine Krise zu bewältigen. Die Bilanzanalyse zeigt nur im Rückblick, wie gut das Unternehmen in der Vergangenheit gearbeitet hat; über die Chancen und Risiken der (unmittelbaren) Zukunft sagt sie nur wenig.

Der Entscheider wird zum Engpass

Wenn Bilanz und Controlling unmissverständlich sagen, dass es schlecht um das Unternehmen bestellt ist, dann zieht eine Person in der Geschäftsleitung, oft der Eigentümer, alle Entscheidungen an sich. Damit sind alle anderen im Unternehmen von dieser einen Person abhängig. Dazu kommt:

  • Der Entscheider umgibt sich nur mit Ja-Sagern.
  • Oder die Konflikte in der Geschäftsleitung eskalieren.
  • Entscheidungen werden verzögert.
  • Die Transparenz geht verloren.
  • Es gibt keine neuen Impulse oder Ideen.
  • Es werden keine Maßnahmen zur Lösung der Krise auf den Weg gebracht.

Oft sieht man es der betroffenen Person auch an: Sie wirkt gestresst, erschöpft, überlastet oder überfordert.

Ursachen für falsche Krisenreaktionen

Die Gründe für solche falschen Reaktionen in der Krise sind sehr vielfältig. Oft stecken psychologische Faktoren beim Top-Management dahinter.

Die früheren strategischen Entscheidungen werden nicht korrigiert, man hat sie ja selbst getroffen. Eine Abkehr wird als ein Eingeständnis der eigenen Inkompetenz fehlgedeutet. Die Kommunikation und der Austausch mit den Mitarbeitenden werden aus Scheu vor berechtigter Kritik vermieden.

So werden Fehlentscheidungen uminterpretiert und nicht mehr korrigiert, das Prinzip Hoffnung überwiegt. Die Unternehmensleitung ist häufiger auf Dienstreisen als am Krisenherd, und die Lage wird nach außen beschönigend dargestellt.

Also lieber weiter so wie bisher. Wer von den Mitarbeitenden das nicht so sieht, der rutscht auf der Karriereleiter schnell nach unten.

Doch manchmal sind in der Tat auch diejenigen das Problem, die eine Strategie vorschnell als gescheitert ansehen, die in allem nur Krisensignale sehen und ohne Geduld und Ausdauer immer wieder neue strategische Zielrichtungen einschlagen.

So ist der Grat zwischen dem Leugnen der Krise und dem Herbeireden der Krise ein sehr schmaler. Denn beides kann eine Krise verschärfen.

Wenn sich Angst breitmacht

Gefährlich ist es für das Unternehmen, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst Krisensignale so wahrnehmen, dass sie meinen, um ihren Arbeitsplatz fürchten zu müssen. Vor allem dann, wenn Unsicherheit herrscht:

  • Wie schlimm steht es um uns wirklich
  • Sind Arbeitsplätze davon betroffen?
  • Was wird aus mir?

Wenn das Management hierauf keine schnellen und klaren Antworten gibt, dann sinken die Moral und die Leistungsbereitschaft aller Mitarbeitenden. Das Betriebsklima leidet und der Umgang zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten wird rauer.

Es wird zu Konflikten zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung kommen. All das kann eine Krise schnell verschärfen.

In der Geschäftsleitung kann sich ebenfalls Angst breitmachen. Was in guten Zeiten optimistisch als Herausforderung bezeichnet wird, wird in schlechten Zeiten zu handfesten Problemen. Da hilft auch kein Schönreden.

Doch das Management ist mit solchen Situationen zu wenig vertraut. Es reagiert entscheidungsschwach oder bricht in operative Hektik aus. Manchmal gerät es sogar in Panik.

Praxis

Frühwarnradar installieren

Entwickeln Sie im Rahmen Ihres Krisenmanagements im Unternehmen ein Frühwarnradar. Identifizieren Sie dazu die Signale Ihres Wettbewerbs, Ihrer Branche, des Marktes, der Kunden und Ihres Unternehmens, die Sie erkennen wollen.

Erstellen Sie dann ein Kennzahlensystem, das als Warnsignalgeber fungiert.

Nutzen Sie dafür Analyseinstrumente und verankern Sie das Frühwarnradar in Ihrem Unternehmen. Informieren Sie sich regelmäßig über:

  • Marktanalysen
  • Kundenbefragungen
  • Brancheninformationen
  • Wirtschaftsnachrichten

Klären Sie, welche Indikatoren und Kennzahlen zeigen, wenn sich in diesen Bereichen Veränderungen oder kritische Entwicklungen ergeben. Das können beispielsweise sein:

  • Kundenzufriedenheit
  • Kundenbindung
  • Kundenbeschwerden
  • Marktanteile
  • Produktneuheiten pro Jahr (Ihre und die der Wettbewerber)
  • Neukundengewinnung
  • Stagnation oder Rückgang beim Auftragseingang und beim Umsatz
  • Probleme bei der Auslastung von Maschinen und Anlagen

Entwickeln Sie mit diesen und anderen Indikatoren das passende Frühwarnradar für Ihr Krisenmanagement. Nutzen Sie dazu die folgende Vorlage.

Beobachten Sie, was im Unternehmen passiert

Wenn sich erste Krisensignale andeuten oder zeigen, beobachten Sie, wie das Management reagiert und was im Unternehmen passiert:

  • Welche Kultur herrscht in Ihrem Unternehmen, wenn es darum geht, mit kritischen Situationen umzugehen?
  • Wie reagiert das Management?
  • Was sagt und tut das Management in Bezug auf die Krisensignale?
  • Sind die Entscheidungen und Maßnahmen langfristig angelegt und konsequent?
  • Was sagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?
  • Wie sehen die Beschäftigten die Erfolgsaussichten für das Unternehmen?

Analysieren Sie das Verhalten der Betroffenen, wenn in Ihrem Unternehmen Krisensignale sichtbar werden, und schätzen Sie ein, ob die Krise richtig angegangen wird.

Wenn die Indikatoren und Kennzahlen die Krise deutlich signalisieren und aus der strategischen Krise eine Ergebniskrise wird, dann muss das Management Gegenmaßnahmen ergreifen. Es muss zudem den unterschiedlichen Stakeholdern erklären, was passiert und was zur Bewältigung der Krise getan wird.

Das setzt aktives und professionelles Krisenmanagement voraus.

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