Krisenmanagement, Turnaround und InsolvenzverfahrenWann ist ein Unternehmen insolvent?
Was ist eine Insolvenz?
Die Insolvenz eines Unternehmens tritt ein, wenn es jetzt oder in absehbarer Zukunft nicht mehr zahlungsfähig ist und seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann oder wenn es überschuldet ist. Die Insolvenz wird auch als Regelinsolvenz oder Konkurs bezeichnet.
Die Geschäftsleitung muss dann unverzüglich einen Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens stellen.
Gesetzliche Grundlagen zur Insolvenz von Unternehmen
Die Regeln für das Insolvenzverfahren sind in Deutschland in der Insolvenzordnung (InsO) festgelegt.
In Österreich gilt ebenfalls eine Insolvenzordnung (IO), in der Schweiz das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) sowie weitere Gesetze, die die Insolvenz von Unternehmen betreffen.
Neuregelungen zum Insolvenzrecht zur Stabilisierung der Wirtschaft in 2021
In Deutschland ist zum 01.01.2021 das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) in Kraft getreten.
Mit den neuen Regelungen werden zum einen einige Unklarheiten und Überschneidungen bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung in der bestehenden Insolvenzordnung (InsO) beseitigt. Zum anderen ist damit mehr Flexibilität für den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen gegeben.
Gründe für ein Insolvenzverfahren
Wann ein Unternehmen Insolvenz anmelden und ein Insolvenzverfahren beantragen darf, ist gesetzlich geregelt. Die im Gesetz genannten Gründe sind gleichzeitig Anlass, dass das Unternehmen das Insolvenzverfahren beantragen muss. Das ist der Fall bei:
Zahlungsunfähigkeit
Das Unternehmen ist nicht mehr in der Lage, die bestehenden Forderungen von Lieferanten, Behörden (insbesondere Sozialversicherungsträger und Finanzamt) oder anderen Geschäftspartnern zu erfüllen.
Drohende Zahlungsunfähigkeit
Die Geschäftsleitung erkennt, dass das Unternehmen demnächst nicht mehr in der Lage ist, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Damit kann das Unternehmen frühzeitig das Insolvenzverfahren beantragen, um eine Sanierung zu ermöglichen – noch bevor Zahlungsunfähigkeit eintritt.
Überschuldung
Wenn das Vermögen des Unternehmens die Verbindlichkeiten nicht mehr ausgleicht, liegt Überschuldung vor. Auch in diesem Fall muss das Unternehmen Insolvenz anmelden. Allerdings: Ist die Fortführung des Unternehmens wahrscheinlich, muss kein Insolvenzverfahren beantragt werden.
Wie Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird
Wenn ein Unternehmen fällige Forderungen nicht mehr bezahlen kann, ist es zahlungsunfähig. Um diese Situation zu erkennen, müssen alle Forderungen, ihre Höhe (Geldbetrag) und ihr Fälligkeitstermin erfasst werden.
Den Forderungen werden die verfügbaren Zahlungsmittel (Kassenbestand und Kontostand) und alle Einzahlungen, ihre Höhe und der Termin des Geldzugangs gegenübergestellt. Dazu wird ein Finanzplan geführt, in dem Auszahlungen und Einzahlungen erfasst werden.
Wenn ein Unternehmen ausreichend Puffer an verfügbaren Zahlungsmitteln hat, genügt die Finanzplanung auf Basis eines Monats. Wenn Zahlungsmittel knapp werden, sollte der Finanzplan wöchentlich oder sogar täglich zeigen, welche Zahlungsmittel zur Verfügung stehen.
Um die aktuelle und die zukünftige Zahlungsfähigkeit zu ermitteln, muss der Finanzplan für ein Jahr erstellt und laufend angepasst und aktualisiert werden.
In jedem Fall muss die Geschäftsleitung immer darüber informiert sein, ob fällige Forderungen bezahlt werden können. Das betrifft insbesondere:
- Rechnungen von Lieferanten und Dienstleistern
- Zahlungen für Räume (Miete, Nebenkosten)
- Gehaltszahlungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
- Zahlungen an Sozialversicherungsträger (Krankenkassen, Rentenversicherungen)
- Steuerzahlungen (Umsatzsteuervorauszahlungen und Nachzahlungen, Abführung der Lohnsteuer und andere Steuern)
- Gebühren
- Tilgung und Zinszahlungen für Kredite
Alle, die entsprechende Forderungen gegenüber dem Unternehmen haben, sind Gläubiger. Das Unternehmen ist ihnen gegenüber Schuldner.
Wenn der Bestand an Zahlungsmitteln knapp wird, dann lassen sich gegebenenfalls einige der Zahlungen zeitlich verschieben. Der Spielraum ist aber oft gering.
Sobald die Geschäftsleitung erkennt, dass sie jetzt oder in absehbarer Zukunft die Forderungen nicht mehr fristgerecht bezahlen kann, tritt Zahlungsunfähigkeit ein. Dann muss das Insolvenzverfahren eingeleitet werden.
Wie die Überschuldung festgestellt wird
In der deutschen Insolvenzordnung ist festgelegt, was Überschuldung eines Unternehmens bedeutet. Dort heißt es in § 19, Absatz 2 InsO:
„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“
Die Geschäftsleitung eines Unternehmens hat die Pflicht, jederzeit zu prüfen und zu erkennen, wann diese Form der Überschuldung vorliegt. Dies erfolgt in folgenden Schritten:
Bilanzanalyse
Unmittelbar sichtbar wird die Überschuldung mit der Bilanz eines Unternehmens. Wenn die Summe aller Aktiva geringer ist, als die Summe aller Forderungen und Verbindlichkeiten, ist das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital negativ. Dann liegt Überschuldung vor.
Das bedeutet allerdings nicht, dass dann zwangsläufig bereits ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden muss.
Überschuldungsbilanz erstellen
Das Unternehmen kann die Bilanz daraufhin überprüfen, ob einzelne Positionen auf der Aktivseite stille Reserven beinhalten. So kann eine Maschine einen höheren Marktwert haben, als es dem in der Bilanz benannten Buchwert entspricht.
Zudem müssen laut InsO Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen herausgerechnet werden, wenn mit den Gesellschaftern ein Nachrang im Insolvenzverfahren vereinbart wurde. Nachrangvereinbarungen oder Rücktrittserklärungen können auch mit anderen Darlehensgebern vereinbart werden.
Dann wird mit diesen Korrekturen eine Überschuldungsbilanz erstellt. Ergibt sich auch dort ein negatives Eigenkapital, wird die Fortführung des Unternehmens geprüft.
Fortführung prüfen
Die Geschäftsleitung muss dazu prüfen, ob eine Fortführung des Unternehmens wahrscheinlich ist (Fortbestehensprognose). Dazu gehören:
- Der Wille zur Weiterführung des Unternehmens muss vorhanden sein.
- Es wird ein Liquiditätsplan für das laufende und kommende Geschäftsjahr erstellt, aus dem hervorgeht, dass das Unternehmen jederzeit zahlungsfähig ist.
- Zudem wird ein Sanierungskonzept erstellt, das plausibel zeigt, wie die Liquidität sichergestellt wird.
Erst wenn die Fortbestehensprognose negativ ist, muss das Insolvenzverfahren beantragt werden.
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